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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 15.01.1997
Aktenzeichen: XII (IX) 568/93
Rechtsgebiete: AO 1977
Vorschriften:
AO 1977 § 152 |
Finanzgericht Niedersachsen
Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1990
In dem Rechtsstreit
...
hat der XII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 15. Januar 1997,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht ... 2. Richter am Finanzgericht ... 3. Richter am Finanzgericht ... 4. ehrenamtlicher Richter ... 5. ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Tatbestand:
Streitig ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in Höhe von 40 DM wegen der verspäteten Abgabe der Einkommensteuererklärung 1990.
Das beklagte Finanzamt (FA) gewährte der Klägerin auf ihren An- trag vom 16. September 1991 antragsgemäß eine Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 1990 bis zum 28. Februar 1992. Die Anträge vom 27. Februar und vom 5. Mai 1992 auf weitere Fristverlängerungen lehnte das FA durch Bescheide vom 6. März und 14. Mai 1992 ab.
Am 1. Juni 1992 legte die Klägerin ihre Einkommensteuererklärung 1990 dem FA vor. Am 10. August 1992 wurde der Eingabewertbogen für das Rechenzentrum vom zuständigen Sachbearbeiter gezeichnet. Durch Bescheid vom 7. September 1992 setzte das FA Einkommensteuer in Höhe von 2.797 DM und den streitigen Verspätungszuschlag in Höhe von 40 DM fest. Die Abschlußzahlung betrug 1.553 DM.
Mit Schreiben vom 8. Oktober 1992 legte die Klägerin gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags Beschwerde ein mit der Begründung, daß bei einer Bearbeitungszeit vom 1. Juni 1992 bis zum 7. September 1992 für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags kein Ermessensspielraum mehr bestehe. Es sei für den Steuerbürger kein Zusammenhang zwischen der verspäteten Abgabe und dem Zuschlag erkennbar. Die Oberfinanzdirektion wies durch Bescheid vom 11. November 1992 die Beschwerde als unbegründet zurück. Sie hält die Festsetzung des Verspätungszuschlags nach § 152 Abs. 1 AO dem Grunde und der Höhe nach für gerechtfertigt. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die Seiten 3 bis 5 des Beschwerdebescheids Bezug genommen.
Mit der vorliegenden, frist- und formgerecht erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiter gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags. Sie widerspricht der im Beschwerdebescheid vertretenen Auffassung, daß die Bearbeitungszeit seitens des FA in keinem Fall einen Grund darstelle, von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags abzusehen. Es komme nicht selten vor, daß die Steuererklärung verspätet eingehe, die Finanzbehörde aber bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht in der Lage sei, das Besteuerungsverfahren durchzuführen. Erfolge die Bearbeitung dann erst neun Wochen später, so dokumentiere das FA mit diesem Verhalten, daß es kein ernsthaftes Interesse an einer vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung hatte. Anderenfalls wäre zu erwarten gewesen, daß durch organisatorische Maßnahmen des FA die bevozugte Bearbeitung der verspätet abgegebenen Steuererklärung 1990 sichergestellt worden wäre. Da dies nicht geschehen sei, verkomme die Festsetzung des Verspätungszuschlags zu einer Bestrafung. An die Stelle der im Gesetz vorgeschriebenen Ermessensausübung trete eine "Festsetzungsautomatik", bei der die Terminüberschreitung als solche geahndet werde.
Die Klägerin beantragt,
die Festsetzung des Verspätungszuschlags in Höhe von 40 DM und den Beschwerdebescheid vom 11. November 1993 aufzuheben.
Der Beklagte hält unter Bezugnahme auf die Gründe des Beschwerdebescheids an der Festsetzung des Verspätungszuschlags fest und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die vom FA vorgelegten Steuerakten der Klägerin Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FA bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Ein- kommensteuer des Streitjahres von seinem Ermessen nicht in fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht (§ 102 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zutreffend sind das FA und die Beschwerdebehörde davon ausgegangen, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags gem. § 152 AO im Streitfall dem Grunde und der Höhe nach vorgelegen haben. Die Klägerin bestreitet dies im Grunde auch nicht, sie hält vielmehr - wie ihrem Klagevorbringen zu entnehmen ist - dem FA entgegen, daß es bei Ausübung des Ermessens gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 AO keine Bedeutung der von ihm selbst in Anspruch genommenen Bearbeitungszeit beigemessen habe.
Abgesehen davon, daß die Bearbeitungszeit des FA im vorliegenden Fall mit 71 Tagen nicht außergewöhnlich lang gewesen ist, verkennt die Klägerin die Rechtslage, wenn sie die Verhängung eines Verspätungszuschlags davon abhängig macht, daß a) das Veranlagungsgeschäft durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung tatsächlich gestört worden ist, b) das FA die verspätet abgegebene Steuererklärung bevorzugt bearbeitet.
Das Gesetz stellt eindeutig nicht auf das "Veranlagungsgeschäft", sondern darauf ab, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten. Es will auf diesen einen bestimmten Druck ausüben, um die Erfüllung der steuerlichen Pflichten zu gewährleisten. Dieser Gesetzeszweck steht eindeutig im Vordergrund, wenn auch damit die Absicht verbunden ist, den ordnungsmäßigen Gang der Veranlagung zu sichern. Die tatsächlich eingetretene Störung des Veranlagungsgeschäfts durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung ist ebensowenig Voraussetzung für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wie die bevorzugte Bearbeitung der verspätet abgegebenen Steuererklärung durch das FA. Mit dem Wortlaut des § 152 AO, ebenso mit dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist die entgegengesetzte Rechtsauffassung der Klägerin nicht vereinbar.
Die Klage war daher, wie geschehen, als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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