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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: 2 K 1204/08
Rechtsgebiete: EStG, UStG, FGO, BGB, AO
Vorschriften:
EStG § 6 Abs. 1 | |
UStG § 2 Abs. 1 | |
UStG § 14 | |
UStG § 14a | |
UStG § 15 | |
FGO § 100 | |
BGB § 94 | |
AO § 39 |
In dem Rechtsstreit
...
hat der 2. Senat des Finanzgerichts Nürnberg
durch
den Richter am Finanzgericht
aufgrund mündlicher Verhandlung
am 19.05.2009
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Änderungsbescheide vom 21.11.2007 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.07.2008 werden dahin geändert, dass die Umsatzsteuer für 2004 in Höhe von - 128 EUR und für 2005 in Höhe von - 6.042, 17 EUR festgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen für die Erstellung eines statischen Gutachtens und der Baumaßnahmen für die Verstärkung des Dachstuhls seines Wohnhauses zusteht.
Der Kläger ist zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer des Grundstücks in 1, Str. 1, das mit einem Einfamilienhaus bebaut ist und den Eheleuten zu Wohnzwecken dient. Er beabsichtigte im Jahr 2004 als Unternehmer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach seines Wohnhauses zu errichten und beauftragte ein Ingenieurbüro mit der statischen Begutachtung der Dachkonstruktion. Über die gutachterliche Leistung erhielt er die Rechnung vom 20.10.2004 über 800 EUR mit gesondert ausgewiesener USt zu 16% in Höhe von 128 EUR, die er am 22.10.2004 bezahlte. Der Gutachter kam in seinem Bericht vom 05.05.2005 zu dem Ergebnis, dass die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach nur unter Einbau einer Unterstützung der Dachsparren in der Verbindung mit einer zusätzlichen Holzbalkenanlage statisch vertretbar ist.
Im Frühjahr 2005 ließ der Kläger durch eine Holzbaufirma den bestehenden Dachstuhl entsprechend der Vorgaben des Statikers verstärken. Über diese Arbeiten erhielt er die Rechnung vom 23.05.2005 über 10.304 EUR mit gesondert ausgewiesener USt zu 16% in Höhe von 1.648,64 EUR. In der Folgezeit errichtete der Kläger die Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 6,4 KWp und schloss mit dem Energieversorgungsunternehmen einen Einspeisungsvertrag ab. Den mit der Anlage produzierten Strom lieferte er zu 100% an das Energieversorgungsunternehmen, wobei er mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer abrechnete. Auf die Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG verzichtete er.
Den ausgewiesenen Vorsteuerbetrag aus der Rechnung vom 20.10.2004 machte der Kläger in der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2004, den Vorsteuerbetrag aus der Rechnung vom 23.05.2005 in der Voranmeldung für Mai 2005 geltend. In den entsprechenden Vorauszahlungsbescheiden jeweils vom 06.07.2005 versagte das Finanzamt insoweit den Vorsteuerabzug. Gegen die Vorauszahlungsbescheide legte der Kläger Einspruch ein. In der Umsatzsteuererklärung für 2004 vom 24.02.2006 und in der Umsatzsteuererklärung für 2005 vom 02.03.2007 machte der Kläger die Vorsteuerbeträge erneut geltend. Das Finanzamt stimmte den Erklärungen zunächst zu, so dass sie einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich standen (§§ 168, 164 Abs. 1 AO). Mit der Steuerfestsetzung für die Jahre 2004 und 2005 erledigten sich die Vorauszahlungsfestsetzungen (vgl. § 124 Abs. 2 AO). In den Änderungsbescheiden jeweils vom 21.11.2007 ließ das Finanzamt wiederum die streitbefangenen Vorsteuerbeträge nicht mehr zum Abzug zu. Es setzte in den Bescheiden die Umsatzsteuer für 2004 in Höhe von 0 EUR und für 2005 in Höhe eines Erstattungsbetrages von 4.393,53 EUR fest. Die Änderungsbescheide wurden zum Gegenstand der Einspruchsverfahren (§ 365 Abs. 3 Satz 1 AO).
In der Entscheidung vom 04.07.2008 wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück.
Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt,
die Änderungsbescheide vom 21.11.2007 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.07.2008 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2004 in Höhe von - 128 EUR und für 2005 in Höhe von - 6.042, 17 EUR festgesetzt wird.
Weiter beantragt er,
die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte vor:
Nach den für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs maßgeblichen Grundsätzen in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG seien sowohl die Vorsteuern aus der Rechnung vom 20.10.2004 über die statische Begutachtung als auch aus der Rechnung vom 23.05.2005 über die Zimmermannsarbeiten abziehbar, weil die Leistungen ausschließlich im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage bezogen worden seien , die als Unternehmer zu betreiben er beabsichtigt habe. Der Betrieb der Anlage auf dem Dach des Wohnhauses sei aus statischen Gründen nur zu ermöglichen gewesen, wenn der Dachstuhl für diese Zwecke verstärkt werde. Auf zivilrechtliche Gesichtspunkte hinsichtlich des Eigentumerwerbs an den Materialien für den Dachstuhl komme es nicht an. Für die Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken sei die Dachverstärkung weder erforderlich gewesen noch habe sich dadurch eine Erhöhung der Wohnqualität ergeben.
Unter diesen Umständen halte auch die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug für möglich. Er verweise auf die Verfügung der OFD Frankfurt am Main vom 05.07.2007 (Az. S 7300 A-156-St 111).
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es führt zur Begründung in der Replik vom 19.11.2008 Folgendes aus:
Der beantragte Vorsteuerabzug sei nicht zu gewähren, weil sowohl das Gutachten als auch die Dachverstärkung einen Leistungsbezug allein für den nichtunternehmerischen Bereich des Klägers, nämlich für das Wohnhaus, darstellten. Die Materialen zur Dachverstärkung seien nach dem Einbau in das Gebäude keine eigenständigen Gegenstände geblieben, sondern Bestandteile des Wohnhauses geworden, dessen Wert sich dadurch dauerhaft erhöht habe.
Das zu privaten Wohnzwecken dienende Grundstück sei umsatzsteuerlich von der auf dem Dach des Gebäudes angebrachten Photovoltaikanlage zu unterscheiden. Nur diese befinde sich im Unternehmensvermögen des Klägers. Die Zuordnung eines Leistungsbezuges zum Unternehmen sei jedoch nicht möglich, wenn der Unternehmer einen Gegenstand oder eine Dienstleistung ausschließlich für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwende.
Im Übrigen verweise es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 04.07.2008.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreites durch den Berichterstatter einverstanden erklärt (§ 79a Abs. 3 und 4 FGO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat Erfolg.
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinem Recht auf den Vorsteuerabzug aus § 15 UStG. Die Umsatzsteuererstattungen sind in der vom Kläger beantragten Höhe festzusetzen (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO).
Dem Kläger steht aus der Rechnung vom 20.10.2004 über das statische Gutachten und aus der Rechnung vom 23.05.2005 über die Verstärkung der Dachkonstruktion jeweils der Vorsteuerabzug in der Höhe der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer zu, weil er die Leistungen für sein beabsichtigtes Unternehmen der Stromgewinnung aus der Photovoltaikanlage bezogen hat.
1. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1999 kann der Unternehmer als Vorsteuerbeträge die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.
Als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer gilt bereits, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt (ständige Rspr. vgl. BFH-Urteil vom 08.03.2001 V R 24/98, BStBl. II 2003, 430 und BFH-Beschluss vom 21.04.2008 V B 231/07, BFH/NV 2008, 1358). Der Betrieb einer Photovoltaikanlage erfüllt die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit, wenn er als Nutzung eines Gegenstandes der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.2008 V R 10/07, BFHE 221, 456, UR 2008, 750 m.w.N.).
2. Für den Streitfall ist es unter den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger in den Streitjahren den Betrieb einer Photovoltaikanlage als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG beabsichtigte und erste Investitionsmaßnahmen ergriffen hat. Weiter besteht kein Streit darüber, dass die Rechnungen, aus denen er den Vorsteuerabzug begehrt, den in §§ 14, 14a UStG genannten Voraussetzungen genügen. Unstreitig ist auch, dass die Rechnung vom 20.10.2004 am 22.10.2004 bezahlt (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG) und die in der Rechnung vom 23.05.2005 dargestellte Leistung im April bzw. Mai 2005 ausgeführt wurde. Auch das Gericht hat nach den Umständen des Streitfalls an diesen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug keine Zweifel.
3. Die streitbefangenen Leistungen wurden für das beabsichtigte Unternehmen des Klägers, nämlich den Betrieb der Photovoltaikanlage, ausgeführt. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steht dem Kläger somit der Vorsteuerabzug aus den ausgestellten Rechnungen zu. Die darin abgerechneten Leistungen sind ausschließlich dem Unternehmen des Klägers zuzuordnen.
a) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG verlangt als Voraussetzung für das Recht auf den Vorsteuerabzug eine gegenstandsbezogene Zuordnung der empfangenen Leistung zum Unternehmen. Die für das deutsche Umsatzsteuergesetz maßgebliche Richtlinienregelung bestimmt in Art 17 Abs. 2 der 6. EG-RL aber eine tätigkeitsbezogene Zuordnung des Leistungsbezuges.
Art 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL trifft folgende Regelung:
"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen: die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleitungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden."
Die für die Entscheidung maßgebliche Rechtsprechung des BFH und des EuGH kommt jedoch hinsichtlich der Kriterien, nach denen eine Zuordnung des Leistungsbezuges zum Unternehmen zu beurteilen ist, zu gleichen Ergebnissen (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, UStG-Kommentar, § 15 Rz. 232 m.w.N.). So ist nach dem BFH-Beschluss vom 10.03.2006 (V B 81/05, BFH/NV 2006, 1364) bereits geklärt, "dass ein Unternehmer einen Gegenstand seinem Unternehmen zuordnen darf, wenn der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll. Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Er muss in Zweifelsfällen darlegen, dass die bezogene Leistung seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit hat fördern sollen." Entscheidend ist also hinsichtlich des Leistungsbezuges auf den objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit abzustellen (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 259 m.w.N.).
Erwirbt der Unternehmer Investitionsgüter, die er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke verwenden kann, so ist er berechtigt, diese Gegenstände in vollem Umfange seinem Unternehmen zuzuordnen und die beim Erweb geschuldete Umsatzsteuer ebenso in vollem Umfange zum Abzug zu bringen (vgl. BFH-Urteile vom 17.12.2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009,798 und vom 31.01.2002 V R 61/96, BStBl. II 2003, 813; Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 267).
Werden von einem Unternehmer Gegenstände als Teil des Privatvermögens erworben und verwendet er diese Gegenstände des Privatvermögens für sein Unternehmen, so können gleichwohl die Aufwendungen für den unternehmerischen Gebrauch zum Vorsteuerabzug führen. Das Recht auf Abzug der Vorsteuer aus den laufenden Aufwendungen hängt dabei von dem Zusammenhang mit den besteuerten Umsätzen des Unternehmers ab, auch wenn der Gegenstand selbst Privatvermögen bleibt (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2008 XI R 64/06, a.a.O.; vgl. Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 268).
b) Nach diesen Grundsätzen ist dem Kläger der Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 20.10.2004 über die gutachterliche Leistung des Ingenieurbüros in vollem Umfange zu gewähren, weil diese in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Unternehmung der Stromerzeugung steht. Denn der Kläger hat den Auftrag zur statischen Überprüfung der Dachkonstruktion seines Wohnhauses ausschließlich aus dem Grunde erteilt und die Leistung in Anspruch genommen, um die Tragfähigkeit des Daches als Unterbau einer unternehmerisch genutzten Photovoltaikanlage in Erfahrung zu bringen. Für eine private Veranlassung der Begutachtung etwa zur Überprüfung der Dacherneuerung, zur Neueindeckung des Daches oder des Umbaus des Dachstuhls für die Errichtung weiteren Wohnraums oder Ähnliches ergibt sich weder aus der gestellten Rechnung noch aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten statischen Berechnungen ein Anhaltspunkt. Ohne die beabsichtigte Errichtung der Photovoltaikanlage wäre also das Gutachten für den Kläger nicht erforderlich gewesen.
Eine andere Beurteilung kann sich nicht daraus ergeben, dass der begutachtete Dachstuhl selbst nicht Gegenstand des beabsichtigten Unternehmens war oder geworden ist. Zutreffend weist das Finanzamt zwar darauf hin, dass das Wohngebäude und damit die Dachkonstruktion zum Privatvermögen des Klägers gehörten. Jedoch ist die hier streitige Leistung der statischen Berechnungen nur und ausschließlich für die Errichtung der Photovoltaikanlage veranlasst und von Bedeutung gewesen. Die hieraus entstandenen Kosten sind daher wie etwa bei der unternehmerischen Nutzung eines privaten Pkw aufgrund ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges dem Unternehmen zuzuordnen (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2008 XI R 64/06, a.a.O; vgl. Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 268). Der Vorsteuerabzug wurde zu Unrecht versagt.
c) Der Kläger kann auch den Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 23.05.2005 über die im April und Mai 2005 ausgeführten Zimmermannsarbeiten in vollem Umfange geltend machen. Denn sowohl die Werkleistung als auch die zur Dachverstärkung eingebauten Materialien stehen in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Unternehmung der Stromerzeugung. Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass mit den Baumaßnahmen auch eine Dachsanierung oder eine Erweiterung oder Verbesserung des privaten Wohngebäudes verbunden gewesen ist. Vielmehr erschließt sich aus den in der Rechnung ausgewiesenen Positionen, dass nur die in dem statischen Gutachten für erforderlich gehaltenen Maßnahmen zur Ausführung gekommen sind. Somit sind diese Kosten ausschließlich durch die Errichtung der Photovoltaikanlage veranlasst und können nicht anders beurteilt werden als Kosten für eine Trägerkonstruktion, die etwa zum Betrieb einer Stromerzeugungsanlage auf einem freien Feld erforderlich sind. Der Kläger war somit berechtigt, diese Werkleistungen und Gegenstände in vollem Umfange seinem Unternehmen zuzuordnen und die beim Erweb geschuldete Umsatzsteuer ebenso in vollem Umfange zum Abzug zu bringen (vgl. BFH-Urteile vom 17.12.2008 XI R 64/06, a.a.O. und vom 31.01.2002 V R 61/96, a.a.O.).
d) Entgegen der Ansicht des Finanzamt führte der Einbau der Dachverstärkung in das private Wohngebäude nicht zum Verlust des Rechts auf den Vorsteuerabzug, auch wenn nun die eingefügten Bauteile gemäß § 94 BGB zu wesentlichen Bestandteilen des privaten Gebäudes geworden sind. Denn der objektive wirtschaftliche Zusammenhang mit der Photovoltaik und damit der wirtschaftliche Bezug zum Unternehmen blieb gleichwohl erhalten. Die gelieferten und eingebauten Konstruktionsteile und die Werkleistung waren ausschließlich für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet worden und waren daher für das Unternehmen des Klägers bezogen.
Eine Wertsteigerung des Gebäudes aufgrund der vorgenommenen Zimmermannsarbeiten wie sie das Finanzamt vorträgt, hat das Wohngebäude nicht erfahren. Es ist nicht ersichtlich, dass die Baumaßnahmen auch durch einen Reparaturbedarf veranlasst waren oder zur Verbesserung der Wohnbedingungen führten. Eine Erhöhung der Marktwerte von privaten Immobilien ergibt sich nicht zwangsläufig daraus, dass sie mit Photovoltaikanlagen versehen sind. Es kann auch der Einbau einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Wohnhauses je nach den Umständen der Lage des Gebäudes oder der Interessen möglicher Käufer zu einer Wertminderung des Objekts führen. Der Vorsteuerabzug wurde daher auch insoweit zu Unrecht versagt.
4. Das Gericht kann der Argumentation des Finanzamtes auch nicht dahin folgen, wenn es den Vorsteuerabzug versagt, weil die Dachkonstruktion mit dem Einbau ihre körperliche oder wirtschaftliche Eigenart verloren hat. Entscheidend bleibt nämlich der objektiv gegebene wirtschaftliche Zusammenhang des Leistungsbezuges mit der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers.
Der Abzug von Vorsteuerbeträgen ist tragendes Merkmal des europarechtlichen Mehrwertsteuersystems. Als Grundprinzip zur Gewährleistung der Neutralität der Mehrwertsteuer in der Unternehmerkette (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb; a.a.O., § 15 Rz. 21 ff, 26) kann er nicht durch spezielle deutsche Regelungen der Abgabenordnung (z.B. § 39 Abs. 1 AO), des Bilanzsteuerrechts oder des Zivilrechts (z.B. § 94 BGB) verlustig gehen. Bei der Entscheidung über die Zuordnung eines Investitionsgutes zum Unternehmen des Steuerpflichtigen oder über die Berechtigung des Vorsteuerabzugs ist nämlich auf den Regelungszweck des Mehrwertsteuerrechts abzustellen, wobei den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Vorrang vor dem nationalen Recht einzuräumen ist (vgl. EuGH-Urteil vom 15.07.1964 Rs. 6/64 - Costa -, NJW 1964, 2371; vgl. Klenk in Sölch/Ringleb; a.a.O., vor § 1 Rz. 13) und damit nationale Rechtsvorschriften so auszulegen sind, dass sie nicht in Widerspruch zu Vorschriften in Richtlinien der EU stehen (vgl. BFH-Urteil vom 24.07.2003 V R 39/99 - Seeling -, BStBl. II 2004, 371).
Somit kann es bei der Frage über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug keine Rolle spielen, ob das für die unternehmerische Tätigkeit bezogene Investitionsgut ertragsteuerlich gemäß § 6 Abs. 1 EStG zu einem Betriebsvermögen des Klägers zu rechnen oder ob es ihm steuerrechtlich nach § 39 AO zuzurechnen ist oder ob es eigentumsrechtlich nach § 94 BGB wesentlicher Bestandteil eines privaten Wohngebäudes geworden ist.
Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze hält auch die Finanzverwaltung einen Vorsteuerabzug aus Baumaßnahmen zur Dachverstärkung im Zusammenhang mit dem Einbau von Photovoltaikanlagen für möglich (vgl. etwa Verfügungen der OFD Karlsruhe vom 28.01.2009 Az. S 7104, [...] und der OFD Frankfurt vom 05.07.2007 S 7300 A-156-St 111, SIS 07 37 65)
5. Schließlich kann der Auffassung des Finanzamts auch nicht unter Berücksichtigung der von ihm ergänzend zur Argumentation zitierten Rechtsprechung gefolgt werden.
Die Entscheidung des FG Köln (Urteil vom 30.01.2008 Az. 7 K 3232/05, EFG 2008, 901) betrifft den Fall, dass ein Unternehmer den Vorsteuerabzug aus der Errichtung eines privaten Wohngebäudes deswegen begehrt, weil er es auf einem Betriebsgrund errichtete. Dieser Sachverhalt trifft auf den Streitfall nicht zu, weil der Kläger hier Investitionen für sein Unternehmen der Stromerzeugung tätigte und nicht für private Zwecke.
Die Entscheidung des FG München (Urteil vom 07.01.2008 Az. 14 K 3283/06, [...]) betrifft die Frage, ob ein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Gegenständen des privaten Bedarfs gestattet ist. Auch dieser Sachverhalt ist mit dem Streitfall nicht vergleichbar.
Die Entscheidung des BFH (Urteil vom 18.10.2001 V R 106/98, BStBl. II 2002, 551) und die Verwaltungsregelung in A 24b Abs. 2 UStR 2005 beschäftigen sich mit der Frage der umsatzsteuerlichen Folgen der Entnahme von Gegenständen aus dem Unternehmensbereich. Im Streitfall ist jedoch keine Entnahme zu beurteilen, sondern die Frage des Vorsteuerabzugs aus dem Bezug von Leistungen für das Unternehmen
Somit konnte unter keinem Gesichtspunkt der Auffassung der Finanzverwaltung gefolgt werden.
Das Finanzamt hat als der unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen (§§ 135 Abs. 1 FGO).
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war für notwendig zu erklären, weil die Rechtslage nicht so einfach war, dass sich der Kläger selbst hätte vertreten können (§§ 139 Abs. 3 Satz 3, 143 Abs. 1 FGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf den gefestigten Grundsätzen der Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug beruht (vgl. § 115 Abs. 2 FGO).
Ende der Entscheidung
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