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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 15.09.2009
Aktenzeichen: 2 K 1316/08
Rechtsgebiete: UStG, BGB


Vorschriften:

UStG § 10 Abs. 1
UStG § 15
UStG § 17 Abs. 1
UStG § 17 Abs. 2
BGB § 635
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

aufgrund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 15.09.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen

Tatbestand:

Streitig ist, ob als Folge eines im Jahr 2001 geschlossenen Vergleichs u.a. über eine Werklohnforderung, eine Berichtigung gem. § 17 UStG eines im Jahr 1981 vorgenommenen Vorsteuerabzugs im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 2001 durchzuführen ist.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG ( G ). Kommanditisten sind A zu 96,67% und B zu 3,33%. Alleinvertretungsberechtigte Gesellschafterin/Komplementärin ist die C GmbH. Diese wird vertreten durch die gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer A und B.

Geschäftsgegenstand der Klägerin ist die Einrichtung und Vermietung von Warenhäusern. Der Auftrag zur Errichtung des Warenhauses in D wurde der Firma E GmbH & Co KG (im Folgenden: E ) als Generalunternehmen erteilt. Die E hat der Klägerin mit Rechnung Nr. 1925 vom 02.11.1981 hierfür einen Werklohn in Höhe von 34.630.117,29 DM zuzüglich 13% MwSt in Höhe von 4.501.915,25 DM insgesamt 39.132.032,54 DM in Rechnung gestellt. Abzüglich bereits geleisteter Anzahlungen in Höhe von 35.010.765,02 DM ergab sich ein Restbetrag in Höhe von 4.121.267,52 DM. Auf diesen in der Rechnung-Nr. 1925 bezeichneten Restbetrag wurde am 21.01.1982 eine Zahlung in Höhe von 1.700.000 DM und am 12.03.1982 eine weitere Zahlung in Höhe von 1.000.000 DM geleistet. Gleichzeitig erfolgte eine Mitteilung an die E, dass weitere Zahlungen von der Beseitigung von Mängeln, der Geltendmachung von Minderungsansprüchen und der vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe abhängig seien. Der Restwerklohn i.H.v. 1.421.267 DM wurde von der Klägerin in der Folgezeit nicht bezahlt. Er wurde in der Bilanz als offene Verbindlichkeit ausgewiesen. Die in der Rechnung vom 02.11.1981 ausgewiesene Mehrwertsteuer hat die Klägerin in vollem Umfang als Vorsteuer geltend gemacht.

Wegen der Errichtung des Warenhauses D entstanden zwischen der Klägerin und der E verschiedene Rechtsstreitigkeiten. Die Klägerin verklagte die E auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Die E verklagte die Klägerin wegen Zahlung des Restwerklohns. Außerdem klagte die E gegen die F GmbH wegen Kostenvorschuss. Diesem Rechtsstreit ist die Klägerin auf Seiten der E als Streithelferin beigetreten.

Am 27.06.2001 trafen die Klägerin und die E folgende Vereinbarung:

"Vereinbarung

zwischen

G Warenhaus D

- G -

und

E GmbH & Co. KG

- E -

E hat als Generalbauunternehmer 1981 das Warenhaus D für G erstellt. Aus diesem Bauvorhaben sind zwischen den Parteien bislang noch Vertragsstrafen-, Restwerklohn- und Gewährleistungsansprüche streitig. Insoweit sind derzeit folgende Prozesse anhängig:

a. Klage G gegen E wegen Vertragsstrafe

b. Klage E gegen G wegen Restwerklohnforderung

Hilfsaufrechnung G mit Vertragsstrafe und Gewährleistungsansprüchen

c. Klage E gegen F GmbH wegen Kostenvorschuss

G ist dem Rechtsstreit auf Seiten E als Streithelferin beigetreten.

Inzwischen wird das Warenhaus D von der Firma H GmbH betrieben.

Zur Beilegung der jahrzehntelangen Auseinandersetzung schließen die Parteien folgenden Vergleich:

1. E beseitigt auf ihre Kosten bis spätestens 15.06.2001 die an der Abdichtung und Beschichtung aufgetretenen Schäden im Bereich der Parketage 3, die in der Vereinbarung vom 10.04.2001 (Anlage zu dieser Vereinbarung) aufgeführt sind. Die Mängelbeseitigungsarbeiten werden von den Parteien gemeinsam förmlich abgenommen. Eine Gewährleistung auf die Nachbesserungsleistung entfällt.

2. Mit Ausnahme des Nachbesserungsanspruches G gemäß Ziffer 1 dieser Vereinbarung, sind mit Abschluss dieses Vergleichs alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Bauvorhaben "Kaufmarkt D " abgegolten und erledigt.

3. Die Prozesse a. und b. werden durch Klagerücknahme mit Zustimmung der beklagten Partei erledigt. Die Gerichtskosten werden hälftig geteilt und außergerichtlich ausgeglichen. Jede Partei trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die jeweils beklagte Partei stellt keinen Kostenerstattungsantrag.

4. Soweit in dem Rechtsstreit c. die Streithelferin G zur Kostenerstattung verurteilt werden sollte, trägt im Innenverhältnis E die Gerichtskosten und die eigenen außergerichtlichen Kosten und verpflichtet sich insoweit gegenüber G zur Kostenerstattung. G trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

5. Die Kosten dieses Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

6. Mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung erklärt die G aus der von E übergebenen Bürgschaft der I vom 05.03.1982 über den Bürgschaftsbetrag in Höhe von DM 1.956.600,00 keine Rechte mehr herzuleiten. Die Originalbürgschaft ist bei G nicht mehr auffindbar."

Der Vergleich wurde am 21.05.2001 für die E und am 27.06.2001 für die Klägerin unterschrieben.

In ihrer am 24.04.2003 eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2001, die mit dem Tag des Eingangs beim Finanzamt als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkte (§ 168 AO), machte die Klägerin Vorsteuern in Höhe von 36.505,40 DM geltend und errechnete die Umsatzsteuer mit 1.130.394 DM.

Aufgrund einer bei der Klägerin im September/Oktober 2005 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 kürzte der Prüfer im Jahr 2001 die Vorsteuer um 163.509 DM. Er war der Auffassung, dass in diesem Jahr die offene Verbindlichkeit aus dem Bau des Warenhauses D aus dem Jahr 1981 i.H.v. 1.421.267 DM brutto mit Schadensersatzansprüchen aufgrund des Vergleichs vom 21.05.2001 verrechnet worden sei. Laut Vergleichstext seien mit dem Vergleich alle wechselseitigen Ansprüche abgegolten. Es fehle jedoch an einer ausdrücklichen Aufrechnungserklärung sowie an der ausdrücklichen Bezeichnung in welcher Höhe mit welcher Forderung und gegen welche Gegenforderung aufgerechnet werde. Es werde deshalb im Rahmen der Prüfung von einer Entgeltsminderung ausgegangen, die zu einer Vorsteuerkorrektur in Höhe von 163.509 DM führe. Auf den Betriebsprüfungsbericht vom 03.12.2007 Tz. 4.2 wird verwiesen.

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und kürzte die Vorsteuer im nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 14.05.2008 um 163.509 DM. Die festgesetzte Umsatzsteuer betrug 1.293.903 DM (661.562 EUR). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, den Bescheid über Umsatzsteuer für das Jahr 2001 vom 14.05.2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 19.08.2008 aufzuheben.

Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Kürzung der Vorsteuer im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2001 vom 14.05.2008 sei zu Unrecht erfolgt. Als Folge der Vergleichsvereinbarung vom 27.06.2001 sei der Restwerklohnanspruch als erfüllt anzusehen und sie habe die entsprechende Verbindlichkeit mit einem Anspruch auf Vertragsstrafe in gleicher Höhe ausgebucht. Bei dieser Sachbehandlung sei keine Änderung hinsichtlich des ursprünglich geltend gemachten Vorsteueranspruchs auf den Restwerklohn nach § 17 UStG gegeben. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG aufgrund des Vergleichs vom 27.06.2001 ergebe sich nur dann, wenn damit der Werklohnanspruch vermindert werde. Hierfür ergebe sich jedoch nichts aus dem Vergleich. Vielmehr werde unter Nr. 2 vereinbart, dass -mit Ausnahme des Nachbesserungsanspruchs nach Nr. 1- mit Abschluss des Vergleichs alle wechselseitigen Ansprüche als abgegolten gelten. Abgegoltene Ansprüche seien bezahlt. Es sei gegeneinander aufgerechnet und nicht auf Ansprüche verzichtet worden. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage sei somit nicht eingetreten. Es könne dabei dahingestellt bleiben, ob die Ansprüche gegeneinander aufgerechnet worden seien oder ob auf diese Ansprüche gegenseitig verzichtet worden sei, die umsatzsteuerliche Wirkung sei in beiden Fällen die Gleiche.

Aus dem Vergleich ergebe sich, dass der Restwerklohnforderung E ein Anspruch auf Vertragsstrafe gegenübergestanden sei. In dem Vergleich werde geregelt, dass die wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Bauvorhaben "Warenhaus D " abgegolten und erledigt sein sollen. Dem Verzicht auf der einen Seite stehe der Verzicht auf der anderen Seite gegenüber. Es liege somit ein Tausch der Verzichte vor. Ein solcher Tausch sei nicht anders zu beurteilen als ein Tausch zweier Leistungen. Auf Abschnitt 153 UStR werde verwiesen. Im Hinblick auf diese im Tauschweg vollzogene Leistung verbleibe es bei der Umsatzsteuerpflicht des Restwerklohns E in Höhe von 1.421.267,52 DM und der nicht umsatzsteuerbaren Vertragsstrafe G in gleicher Höhe. Die Höhe der Vertragsstrafe sei auch bezifferbar, nämlich 2.851.200,00 DM und ergebe sich aus dem Gegenstandswert laut Vorschusskostenrechnung der Rechtsanwälte J vom 06.02.1984.

Auch scheide eine Berichtigung nach § 17 UStG im Jahr 2001 deshalb aus, weil der Berichtigungstatbestand wegen Nichtbezahlung der Restwerklohnforderung bereits im Jahr 1982, spätestens jedoch mit Klageerhebung der E im Jahr 1984 erfüllt gewesen sei. Die Voraussetzungen des § 17 UStG lägen vor, wenn und soweit der Leistungsempfänger die bestehende Entgeltforderung selbst oder deren Höhe substantiiert bestreite und damit erkläre, dass er die Forderung ganz oder teilweise nicht bezahlen werde. Damit entfalle seine Berechtigung für den Abzug der Vorsteuer und dementsprechend sei die Umsatzsteuerschuld des Leistenden nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu korrigieren. Im Streitfall stehe eindeutig fest, dass die E die Entgeltforderung auf absehbare Zeit nicht habe durchsetzen können und der Leistungsempfänger die Entgeltforderung endgültig verweigert habe; immerhin liege zwischen Rechnungsstellung und Vergleich ein Zeitraum von 19 Jahren. Damit sei bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der Klageverfahren zwischen E und ihr auf absehbare Zeit die Durchsetzung des Anspruchs für die E ausgeschlossen gewesen.

Die Minderung der Bemessungsgrundlage sei somit im Jahr 1982 zu berücksichtigen und im Jahr 2001 aufgrund des geschlossenen Vergleichs zu korrigieren gewesen mit der Folge, dass sich der Vorsteueranspruch erhöhe und sich die festzusetzende Umsatzsteuer 2001 auf 966.885 DM mindere.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es macht im Wesentlichen Folgendes geltend:

Es stehe außer Zweifel, dass die Klägerin von dem ursprünglich für die Errichtung des Warenhauses vereinbarten Entgelts einen Teilbetrag in Höhe von 1.421.267 DM nicht entrichtet habe bzw. diesen auch nicht mehr habe entrichten wollen. Diese Weigerung werde von der Klägerin offensichtlich auch mit den Mängeln in der Bauausführung begründet, die auch im Vergleich vom 27.06.2001 hinsichtlich der noch durchzuführenden Mängelbeseitigungsarbeiten ihren Niederschlag gefunden hätten. Nach dem eindeutigen Inhalt des Vergleichs sollten alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Bauvorhaben "Warenhaus D " abgegolten und erledigt sein. Dies bedeute, dass im beiderseitigen Einvernehmen einerseits die bauausführende E auf den bisher strittigen Forderungsbetrag aus dem Werklieferungsvertrag, zum anderen die Klägerin als Leistungsempfänger auf ihre wie auch immer gearteten Forderungen an die E verzichtet habe; die jeweiligen Ansprüche hätten nicht mehr weiter verfolgt werden sollen. Es sei mit diesem Vergleich rechtsverbindlich vereinbart worden, dass die E endgültig auf einen Teil des ihr vertraglich für die Werklieferung zustehenden Entgelts verzichte und die Klägerin diesen Betrag für die erhaltene Leistung nicht mehr zu entrichten habe. Die Klägerin habe nicht dargelegt und es habe der Prüfer auch nicht feststellen können, welche Forderungen in welcher Höhe noch offen gewesen seien, mit denen bezüglich der offenen Werklohnforderung der E hätte aufgerechnet werden können. Zwar seien die Gerichtsakten des OLG bzw. des LG beigezogen worden. Es habe sich daraus jedoch nicht ergeben, welche Forderung in welcher Höhe seitens der Klägerin vor Abschluss des Vergleichs noch bestanden habe. Der Vergleich enthalte keine ausdrückliche Aufrechnungserklärung, insbesondere keine detaillierte Aufstellung und keine ausdrückliche Bezeichnung in welcher Höhe und mit welchen Gegenforderungen aufgerechnet werden solle.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Mit Abschluss der Vereinbarung der Klägerin mit der E am 21.05.2001/27.06.2001 stand fest, dass die Klägerin die offene Werklohnforderung i.H.v. 1.421.267 DM aus der Rechnung vom 02.11.1981 nicht mehr an die E bezahlt. Der daraus bereits 1981 geltend gemachte Vorsteueranspruch war zu korrigieren. Die Voraussetzungen für eine Aufrechnung der Werklohnforderung mit Schadensersatzforderungen der Klägerin liegen nicht vor.

1. Gemäß § 15 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S.d. § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, so haben der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs.1 Satz 1 UStG 1999). Die Berichtigungen sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 i.V.m. § 18 Abs. 1 und 3 UStG). Entsprechend der Regelung in § 17 Abs. 1 UStG hat gemäß § 17 Abs. 2 UStG eine Berichtigung von Steuerbetrag und Vorsteuerabzug auch im Falle der Uneinbringlichkeit des Entgelts zu erfolgen. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Maßgebend für die Höhe des Entgelts ist, was der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß für die Leistung aufwendet. Dem entspricht, dass die zunächst maßgebende vereinbarte Bemessungsgrundlage durch eine nachträgliche Vereinbarung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung verändert (erhöht oder ermäßigt) werden kann, und dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (BFH-Urteile vom 19.04.2007 V R 44/05, BFH/NV 2007,1548 und vom 16.01.2003 V R 72/01, BStBl. II 2003, 620 m.w.N.).

Damit übereinstimmend ist nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger erhält oder erhalten soll. Besteuerungsgrundlage im Sinne dieser Bestimmung ist die tatsächlich erhaltene Gegenleistung für die erbrachte Leistung (BFH-Urteil vom 16.01.2003 a.a.O.).

Für die Frage, ob sich die Bemessungsgrundlage für einen Umsatz geändert hat, sind umsatzsteuerliche -nicht zivilrechtliche- Kriterien maßgebend (BFH-Urteil vom 19.04.2007 a.a.O.). Dabei macht es umsatzsteuerlich keinen Unterschied, ob der Besteller eines Werks, das sich als mangelhaft erweist, das Werk behält und statt der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. § 635 BGB verlangt (BFH-Urteile vom 19.04.2007 und vom 16.01.2003 a.a.O.).

2. Gemessen an vorstehenden Grundsätzen hat das Finanzamt zutreffend im Jahr 2001 bei der Klägerin die Vorsteuer in Höhe von 163.509 DM gekürzt. Denn es stand aufgrund des Vergleichs vom 21.05.2001/27.06.2001 zwischen der Klägerin und der E endgültig fest, dass sie den Restwerklohn aus der Rechnung vom 02.11.1981 nicht mehr bezahlt.

Unstreitig stand der Klägerin im Jahr 1981 ein Vorsteuerabzug i.H.v. 4.501.915,25 DM aufgrund der Rechnung Nr. 1925 vom 02.11.1981 der Firma E im Zusammenhang mit der Errichtung des Warenhauses D zu. Zwischen den Beteiligten ist weiterhin nicht streitig, dass die Klägerin einen Restbetrag aus dieser Rechnung i.H.v. 1.421.267 DM (brutto) nicht an die E bezahlt hat. In den Bilanzen der Folgejahre bis zum Jahr 2000 ist diese Forderung der E aus der Rechnung vom 02.11.1981 bei der Klägerin als Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen eingestellt (vgl. Bilanz zum 31.12.2000 C. 2.). Die Klägerin hat den Restwerklohn auch endgültig nicht bezahlt. Die Verbindlichkeit ist in der Bilanz zum 31.12.2001 nicht mehr enthalten. Eine Korrektur der im Jahr 1981 geltend gemachten Vorsteuer aus der Rechnung Nr. 1925 wurde im Jahr 2001 von der Klägerin nicht vorgenommen.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat durch den Abschluss des Vergleichs vom 27.06.2001 keine Aufrechnung oder Verrechnung von gegenseitigen Ansprüchen zwischen ihr und der E stattgefunden mit der Folge, dass die Rechnung vom 02.11.1981 in vollem Umfang als bezahlt anzusehen ist. Denn die Voraussetzungen der Aufrechnung liegen nicht vor.

a) Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Bei der Aufrechnung handelt es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft mit der Wirkung der wechselseitigen Tilgung zweier sich gegenüberstehender Forderungen. Die Forderung, gegen die aufgerechnet wird, ist die Hauptforderung (Passivforderung), die Forderung, mit der aufgerechnet wird, die Gegenforderung (Aktivforderung, Aufrechnungsforderung). Die Aufrechnung hat eine doppelte Funktion: Sie bewirkt die Tilgung der Hauptforderung und ist damit ein Erfüllungssurrogat. Zugleich gibt sie dem Schuldner die Möglichkeit, seine Gegenforderung im Wege der Selbsthilfe durchzusetzen ( Palandt/Grüneberg, BGB, Kommentar, 68. Aufl., § 387 Rn 1). Voraussetzung ist, dass die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung vollwirksam und fällig ist, d.h. es muss sich um eine Forderung handeln, deren Erfüllung erzwungen werden kann und der keine Einrede entgegensteht (Palandt, a.a.O., § 387 Rn 11).

Danach liegen die Voraussetzungen für eine Aufrechnung nicht vor, da die Klägerin eine Aufrechnungserklärung als einseitiges Rechtsgeschäft nicht abgegeben hat und zudem eine bezifferte und fällige Gegenforderung (Schadensersatzforderung) mit der die Klägerin hätte aufrechnen können, nach Grund und Höhe nicht wirksam festgestellt ist (Palandt a.a.O. § 387 Rz. 11). Denn es wurde die Klage der Klägerin gegen die E wegen Vertragsstrafe durch Klagerücknahme erledigt. Es lag damit keine bezifferte und fällige und damit durchsetzbare Gegenforderung vor, mit der die Klägerin hätte aufrechnen können.

b) Nach Auffassung des Senats liegt auch kein Aufrechnungsvertrag vor. Die Aufrechnung kann statt durch einseitige Erklärung auch durch Vertrag vollzogen werden. Der Aufrechnungsvertrag ist kein gegenseitiger Erlassvertrag, sondern ein Erfüllungsersetzungsvertrag. Er hat verfügenden Charakter. Seine Zulässigkeit ist allgemein anerkannt. Er kann auch durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden. Die Voraussetzungen der einseitigen Aufrechnung brauchen nicht vorzuliegen. Es genügt, dass die Parteien über die von ihnen zur Aufrechnung gestellten Forderungen verfügen können. Auch können die übrigen Erfordernisse einseitiger Aufrechnung fehlen, wie die Vollwirksamkeit und Fälligkeit der Gegenforderung und die Erfüllbarkeit der Hauptforderung (Palandt, a.a.O., § 387 Rn 19).

Im Streitfall fehlt es jedoch an einer Aufrechnung bzw. Verrechnung gegenseitiger Forderungen. Zum einen haben die Parteien des Vergleichs vom 27.06.2001 eine Aufrechnung bzw. Verrechnung gegenseitiger Forderungen nicht ausdrücklich erklärt. Gegen eine Aufrechnung/Verrechnung spricht ferner, dass die Schadensersatzforderung weder dem Grunde, noch der Höhe nach festgestellt war. Außerdem hat die E bestritten, dass im Rahmen des Vergleichs eine Aufrechnung vorgenommen worden sei. Nach den Ausführungen des Finanzamts in der Einspruchsentscheidung vom 19.08.2008 hat auch die E steuerlich die Restwerklohnforderung nicht als aufgrund des Vergleichs als erfüllt behandelt.

c) Vielmehr stellt der Vergleich und die Formulierung, dass mit Abschluss des Vergleiches alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Bauvorhaben Warenhaus D abgegolten und erledigt seien, einen Verzicht der Vergleichsparteien dar, ihre Forderungen weiterhin im Gerichtswege zu verfolgen. Der Vergleich diente "zur Beilegung der jahrzehntelangen Auseinandersetzung" zwischen der Klägerin und der E zu einem Zeitpunkt, in dem -wie die Vergleichsparteien formulieren- noch Vertragsstrafen-, Restwerklohn- und Gewährleistungsansprüche streitig sind, d.h. über Grund und Höhe der gegenseitigen Forderungen keine Einigkeit bestand. Unter diesen Umständen liegt weder eine Aufrechnung vor noch ein Tausch oder tauschähnlicher Umsatz.

d) Zutreffend hat das Finanzamt die Korrektur der Vorsteuer im Jahr 2001 vorgenommen, da damit endgültig feststand, dass eine Zahlung nicht mehr erfolgt. Der lange Zeitraum der Nichtzahlung des Restwerklohnes führt im konkreten Fall nicht dazu, bereits in einem früheren Zeitraum von einer Änderung der Bemessungsgrundlage auszugehen. Denn die Klägerin war zahlungsfähig und es blieb wegen der andauernden gerichtlichen Verfahren zu erwarten, dass die Zahlung erfolgt oder zu erfolgen hat. Davon ist offensichtlich auch die Klägerin ausgegangen, denn sie hat die Restwerklohnforderung als offene Verbindlichkeit in ihren Bilanzen bis zum 31.12.2000 fortgeführt und eine Vorsteuerberichtigung nicht vorgenommen.

4. Unter den gegebenen Umständen brauchte das Gericht dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägervertreters, Rechtsanwalt K und Herrn L als Zeugen dafür zu vernehmen, dass die von der Klägerin gegenüber der E geltend gemachte Vertragsstrafe/Schadensersatzanspruch den Betrag von zwei Millionen DM überschritten hat, nicht zu folgen. Denn nach Auffassung des erkennenden Senats kann die Höhe des geltend gemachten -und letztlich streitig gebliebenen- Schadensersatzanspruchs im Streitfall dahingestellt bleiben, da eine Aufrechnung oder Verrechnung mit der von der Klägerin geschuldeten Restwerklohnforderung -wie unter 2.und 3. dargestellt- nicht stattgefunden hat. Es ist damit der angebotene Beweis für die Entscheidung unerheblich. Im Übrigen unterstellt das Gericht den Vortrag des Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Vertragsstrafe als wahr (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, Kommentar, 6. Aufl. 2006, § 76 Rz 26).

5. Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung noch auf die BFH-Urteile vom 19.04.2007 V R 44/05, BFH/NV 2007, 1548 und vom 04.05.1994 XI R 58/93, BStBl. II 1994, 589 sowie den BFH-Beschluss vom 04.06.2007 V B 76/06, BFH/NV 2007, 2151 verweist, vermögen diese Entscheidungen die Rechtsansicht der Klägerin nicht zu stützen.

Der BFH-Beschluss vom 04.06.2007 stellt klar, dass die Auslegung des Begriffs der Uneinbringlichkeit i.S.d. § 17 UStG nach ständiger Rechtsprechung geklärt ist. Dies ist unstreitig.

Den BFH-Urteilen vom 19.04.2007 und vom 04.05.1994 wegen Änderung der Bemessungsgrundlage liegen mit dem Streitfall nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde; entweder war tatsächlich eine Rückzahlung durch den leistenden Unternehmer an die vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger erfolgt (Urteil vom 19.04.2007) bzw. lag unstreitig eine Aufrechnung mit einer vertraglich vereinbarten und verwirkten Vertragsstrafe vor.

Für die Entscheidung des Senates war dagegen entscheidend, dass der Vorsteuerabzug im Streitjahr deswegen zu korrigieren war, weil endgültig feststand, dass die Klägerin den Restwerklohn i.H.v. 1.421.267,52 DM aus der Rechnung der E vom 02.11.1981 nicht mehr bezahlt. Der ursprünglich in vollem Umfang geltend gemachte Vorsteuerabzug war somit zu berichtigen. Denn genauso wie die Leistung des Unternehmers letztendlich nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich auf Grund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 19.04.2007 a.a.O.), ist dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug auch nur in Höhe der geleisteten Zahlungen zu gewähren.

Die Klage blieb daher ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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