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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: 2 K 649/08
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 56 Abs. 1
FGO § 79b Abs. 1
FGO § 79b Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

2 K 649/2008

Umsatzsteuer 2005 und 2006

In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 14.10.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist die Zulässigkeit der Klage.

Der Kläger ist im Bereich Werbe-Design und Werbetechnik tätig. Nachdem er trotz mehrfacher Aufforderung für die Streitjahre 2005 und 2006 Umsatzsteuererklärungen nicht einreichte, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Bescheid vom 29.03.2007 die Umsatzsteuer 2005 und mit Bescheid vom 23.10.2007 die Umsatzsteuer 2006 jeweils i.H.v. ....,.. EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) fest. Mit weiterem Bescheid vom 23.10.2007 hob es den Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid vom 29.03.2007 betreffend das Jahr 2005 auf (§ 164 Abs. 3 AO).

Der Einspruch gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen für Jahre 2005 und 2006 blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 14.03.2008 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung zur Umsatzsteuerfestsetzung 2006 aufgehoben (§ 164 Abs. 3 AO).

Mit Schreiben vom 14.04.2008, eingegangen beim Finanzgericht am 17.04.2008 hat der Kläger Klage wegen Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2006 erhoben. Zur Begründung trug er vor, die Schätzung in den Bescheiden sei viel zu hoch. Das Finanzamt sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen und er bringe neue Tatsachen vor. Einen Abgabetermin für die Steuererklärungen habe er mit dem Finanzamt Xxx für Ende April 2008 vereinbart.

Nachdem in der Folgezeit Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2005 und 2006 nicht eingereicht wurden und der Kläger auch sonst keine Angaben machte, in welcher Höhe nach seiner Auffassung die Umsatzsteuer festzusetzen sei, setzte die Berichterstatterin dem Kläger mit Schreiben vom 04.07.2008 gem. § 65 Abs. 1 und 2 FGO eine Ausschlussfrist bis 05.08.2008 zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens, weiter eine Frist nach § 79b Abs. 1 FGO zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sich der Kläger beschwert fühlt sowie eine Frist gem. § 79b Abs. 2 FGO zur Vorlage der Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2005 und 2006 samt G u. V-Rechnung bzw. Aufzeichnungen nach § 22 UStG. Das Schreiben wurde am 05.07.2008 mit Zustellungsurkunde an der Wohnanschrift des Klägers durch Übergabe an den erwachsenen Familienangehörigen A. B. zugestellt.

Das Schreiben blieb unbeantwortet.

Gegen den Gerichtsbescheid vom 11.08.2008, mit dem die Klage des Klägers abgewiesen wurde, hat er Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 2005 und 2006 vom 23.10.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14.03.2008 aufzuheben und die Umsatzsteuer für die Streitjahre entsprechend noch einzureichender Umsatzsteuererklärungen festzusetzen.

Der Kläger trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Schätzung des Finanzamts sei zu hoch. Er habe nach seiner Einschätzung in den Jahren 2005 und 2006 jeweils ca. .....,.. EUR Einnahmen erzielt. Er habe jedoch auch in erheblichem Maße Investitionen getätigt, aus denen er Vorsteuer geltend machen könne. Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre und eine Gewinn- und Verlustrechnung könne er nicht vorlegen. Er habe jedoch Aufzeichnungen für seine Zwecke gemacht, die er aber nicht dabei habe. Das Schreiben des Gerichts vom 04.07.2008 betreffend die Ausschlussfrist habe er nicht erhalten. Die Ausführungen zum Schreiben vom 04.07.2008 im Gerichtsbescheid vom 11.08.2008 habe er nicht verstanden.

Das Finanzamt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 14.10.2008 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

1. Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger nicht durch die Bezeichnung des Streitgegenstandes das Ziel seines Begehrens hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat (BFH-Beschluss vom 26.11.1979, GrS 1/78, BStBl. II 1980, 99). Lediglich die Benennung des angegriffenen Bescheids bzw. der Einspruchsentscheidung genügt nicht. Das Gericht muss nicht nur erkennen können, dass und welcher Verwaltungsakt angefochten wird, sondern auch, inwiefern der Kläger glaubt, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. BFH-Beschluss vom 26.11.1979 a.a.O.).

2. Diesen Anforderungen genügt die Klage nicht. Der Kläger hat durch die Erhebung der Klage nur zu erkennen gegeben, dass er die angefochtene Entscheidung des Finanzamts für nicht zutreffend hält. Er hat aber diese Auffassung nicht innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist substantiiert. Es ist unklar geblieben, inwiefern er eine Änderung anstrebt (vgl. auch BFH-Urteil vom 17.10.1990 I R 118/88, BStBl. II 1991, 242, 243, zu 2e).

Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 14.04.2008 zwar zum Ausdruck gebracht, dass er die festgesetzte Umsatzsteuer in den Umsatzsteuerbescheiden für 2005 und 2006 jeweils vom 23.10.2007, in denen die Besteuerungsgrundlagen geschätzt wurden bzw. der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, für zu hoch hält. Dies ist jedoch für die Bezeichnung des Klagebegehrens nicht ausreichend (vgl. BFH-Urteil vom 08.07.1998 I R 23/97, BFH/NV 1998, 1575 m.w.N.). Denn es bleibt der Umfang der vom Kläger begehrten Änderung unklar, solange er weder die ausstehenden Steuererklärungen abgibt, noch auf andere Weise die von ihm angestrebte Steuerfestsetzung präzisiert. Damit ist das Finanzgericht nicht in der Lage, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) zu bestimmen oder überhaupt zu erkennen, über welche Streitpunkte es nach dem Willen des Klägers entscheiden soll. Eine Klage, die hierüber keinen Aufschluss gibt, ist unzulässig (BFH-Urteil vom 08.07.1998 a.a.O.). Hinzu kommt, dass der Kläger auch im Einspruchsverfahren eine Begründung nicht eingereicht hat.

3. Die Klage bleibt auch deswegen ohne Erfolg, weil der Kläger nicht innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist die Tatsachen zur Beschwer i.S.d. § 79b Abs. 1 FGO angegeben hat. Bis zum Ablauf der gesetzten Frist sind sachverhaltsmäßig abgegrenzte Streitkomplexe nicht erläutert worden (vgl. BFH-Beschluss vom 08.03.1995 X B 243, 244/94, BStBl II 1995, 417).

Außerdem hat der Kläger bis Fristablauf die nach § 79b Abs. 2 FGO angeforderten Umsatzsteuererklärungen und Unterlagen nicht eingereicht.

4. Die Voraussetzungen wegen Versäumnis der Ausschlussfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend §§ 65 Abs. 2 Satz 3, 56 FGO zu gewähren, liegen nicht vor. Der Kläger hat einen Antrag auf Wiedereinsetzung nicht ausdrücklich gestellt. Aber auch soweit sein Vortrag, das Schreiben des Gerichts vom 04.07.2008 nicht erhalten zu haben, als sinngemäßer Antrag zu werten ist, so bleibt auch dieser ohne Erfolg.

a) Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist jemanden, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 56 Abs. 2 FGO).

b) Daran gemessen, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren.

Die Wiedereinsetzung ist bereits deswegen zu versagen, weil der Kläger nicht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses einen Antrag auf Wiedereinsetzung -auch nicht sinngemäß- gestellt hat. Denn spätestens dem Gerichtsbescheid vom 11.08.2008, der dem Kläger am 15.08.2008 zugestellt worden ist, war eindeutig zu entnehmen, dass ihm vom Gericht mit Schreiben vom 04.07.2008 eine Frist bis 05.08.2008 mit ausschließender Wirkung zur Begründung der Klage bzw. Vorlage der Umsatzsteuererklärungen 2005 und 2006 und Unterlagen gesetzt worden ist. Der Kläger hat hierauf jedoch nicht innerhalb von zwei Wochen reagiert und nicht mitgeteilt ein solches Schreiben nicht erhalten zu haben. Dies wäre ihm jedoch zuzumuten gewesen.

Ausserdem hat er keine Tatsachen zur Begründung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand glaubhaft gemacht. Der bloße Vortrag -erstmals in der mündlichen Verhandlung am 14.10.2008- das Schreiben vom 04.07.2008 nicht erhalten zu haben, genügt hierfür nicht.

Der Kläger hat darüber hinaus nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen seit Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger weder Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre noch sonst aussagekräftige Unterlagen vorgelegt.

Es ist abschließend darauf hinzuweisen, dass der Kläger letztmals im Jahr 2002 eine Umsatzsteuererklärung eingereicht hat. Er verletzt damit seit Jahren seine steuerlichen Pflichten, die ihn als Unternehmer treffen. Demgegenüber ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamts willkürlich und offensichtlich fehlerhaft ist. Dass das Finanzamt ggf. an die obere Grenze des Schätzungsrahmens geht, muss derjenige Steuerpflichtige, der Anlass zur Schätzung gibt, hinnehmen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Kommentar, § 162 AO Tz. 98). Auch ist nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt im Schätzungswege Vorsteuern je Streitjahr in Höhe von ... EUR angesetzt hat. Denn grundsätzlich kann Vorsteuer überhaupt nicht geschätzt werden (BFH-Beschluss vom 14.11.2006 V B 88/05, BFH/NV 2007,509). Die Nachweispflicht hierfür obliegt dem Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht (Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, Kommentar, § 15 UStG Rz.82).

Danach blieb die Klage ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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