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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 10.09.2009
Aktenzeichen: 6 K 30/2009
Rechtsgebiete: KraftStG, StVZO, AO, FZV


Vorschriften:

KraftStG § 3b Abs. 1 S. 7 Hs. 2
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1
StVZO § 23 Abs. 1b
StVZO § 27 Abs. 4a
StVZO § 27 Abs. 6
AO § 351 Abs. 1
FZV § 9 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 6. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

unter Mitwirkung

mit Einverständnis der Beteiligten

ohne mündliche Verhandlung

in der Sitzung vom 10. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob das Finanzamt zu Recht Kraftfahrzeugsteuer für den Mindestbesteuerungszeitraum von einem Monat festgesetzt hat, obwohl das Fahrzeug noch vor Beginn des bei der Zulassung beantragten Betriebs-/Saisonzeitraums wieder abgemeldet wurde.

Die Klägerin betreibt den gewerblichen Handel mit Nutzfahrzeugen. Im Rahmen dieser Tätigkeit schafft sie Fahrzeuge an, die sie bei der Zulassungsstelle an- und abmeldet und weiter veräußert.

Das streitgegenständliche Fahrzeug, ein aus Portugal importierter Lkw "Iveco", wurde von der Klägerin am 08.09.2008 für den Zeitraum Oktober/November angemeldet. Zusammen mit dem entsprechenden Saisonkennzeichen wurde der Klägerin hierbei die Zulassungsbescheinigung Teil I und II ausgehändigt. Bereits einen Tag später , am 09.09.2008, wurde das Fahrzeug wegen Außerbetriebsetzung wieder abgemeldet.

Wie sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen ergibt, hat die Behörde zu diesem An- und Abmeldevorgang insgesamt drei Bescheide erlassen. Zunächst setzte sie mit Erstbescheid vom 26.09.2008 - fälschlicherweise als Änderungsbescheid bezeichnet - Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 08.09.2008 bis 07.10.2008 in Höhe von 17,00 EUR fest. Anschließend wurde die Kraftfahrzeugsteuer mit Bescheid vom 21.10.2008 zunächst für den Saisonzeitraum 01.10.2008 bis 30.11.2008 in Höhe von 35,00 EUR und schließlich mit Bescheid vom 22.10.2008 wiederum für die Zeit 08.09.2008 bis 07.10.2008 in Höhe von 17,00 EUR festgesetzt. Unter "Sonstige Erläuterungen" heißt es in diesem letztgültigen Bescheid:

"Die Steuerpflicht dauert mindestens einen Monat (§ 5 Kraftfahrzeugsteuergesetz)."

Der von der Klägerin gegen den Bescheid vom 22.10.2008 eingelegte Einspruch, begründet damit, dass das Fahrzeug noch vor Beginn des angemeldeten Saisonzeitraums wieder abgemeldet worden und folglich nie in Betrieb gewesen sei, blieb ohne Erfolg. Nachdem das Finanzamt zunächst in einem an den Prozessbevollmächtigten gerichteten Erläuterungsschreiben dargelegt hatte, dass Zweck der Vorgehensweise der Klägerin - (Tages-)Zulassung außerhalb des beantragten Saisonzeitraums - ausschließlich die Umgehung der Mindeststeuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes -KraftStG- sei und in diesen Fällen maßgebend für den Beginn der Steuerfestsetzung der Tag der tatsächlichen Zulassung und nicht der Beginn des Saisonzeitraums sei, wurde der Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 08.12.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Entscheidung der Behörde wird Bezug genommen.

Mit ihrer Klage vom 08.01.2009 begehrt die Klägerin die Aufhebung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 22.10.2008. Ihr Prozessbevollmächtigter hat zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:

Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG lägen nicht vor. Mit dem Merkmal der Zulassung zum Verkehr könne nur der Zeitraum gemeint sein, in welchem das Fahrzeug auf der Straße benutzt werden dürfe.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG unterliege der Kraftfahrzeugsteuer das Halten - das Recht zur Benutzung - von Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Bei der Erteilung von Saisonkennzeichen nach § 23 Abs. 1b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung -StVZO- dürfe das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen nur während des auf dem Kennzeichen angegebenen Zeitraums verwendet werden. Im Streitfall liege ein solches Halten nicht vor, da das Fahrzeug vor Beginn des Verwendungszeitraums wieder abgemeldet worden sei. Insoweit liege kein Halten von Fahrzeugen vor, was grundsätzliche Voraussetzung für den Steuertatbestand sei.

Die Anmeldung der Fahrzeuge bei der Zulassungsstelle mit Saisonkennzeichen erfolge nicht mit dem Ziel der Steuerumgehung, sie bezwecke vielmehr den Erhalt deutscher Fahrzeugpapiere; mit diesen sei ein Verkauf erheblich einfacher zu bewerkstelligen. Dieser außersteuerliche Grund rechtfertige das Vorgehen der Klägerin.

Die vom Gesetzgeber bei der Verwendung von Saisonkennzeichen vorausgesetzte typische Gestaltung im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes sei, dass ein Steuertatbestand nur dann entstehe, wenn und sobald das Fahrzeug nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen werde.

Die Ausnutzung von steuerlichen Lücken sei nicht an sich zu missbilligen.

Die Klägerin beantragt,

den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 22.10.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 08.12.2008 ersatzlos aufzuheben, so dass die Kraftfahrzeugsteuer 0 EUR beträgt.

Sie beantragt weiterhin

die Zulassung der Revision. Die Frage der Fahrzeugan- und -abmeldung vor Beginn des angemeldeten Saisonzeitraums, von der viele Firmen Gebrauch machten, sei von grundsätzlicher Bedeutung.

Das Finanzamt beantragt

die Abweisung der Klage.

Unter Verweis auf die Einspruchsentscheidung vom 08.12.2008 führt die Behörde in ihrer Klageerwiderung vom 05.02.2009 ergänzend aus, dass erst seit Januar 2008 - anders als bis Ende des Kalenderjahres 2007 - die Tageszulassungen der Klägerin jeweils mit dem Antrag auf einen fiktiven Saisonzeitraum in der Zukunft erfolgen würden, womit die Umgehung der Mindeststeuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG bezweckt werden solle. Insofern handele es sich um einen Missbauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten.

Aktuell lägen dem beklagten Finanzamt 75 Einsprüche der Klägerin mit vergleichbarem Sachverhalt vor.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 90 Abs. 2 FGO).

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat das beklagte Finanzamt mit Steuerbescheid vom 22.10.2008 für das Fahrzeug der Klägerin Kraftfahrzeugsteuer für den Mindestbesteuerungszeitraum von einem Monat nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG (in der bis 04.11.2008 gültigen Fassung vom 26.09.2002, Bundesgesetzblatt -BGBl- I 2001, 3818) festgesetzt. Mangels Bestandskraft der vorausgegangenen Bescheide vom 26.09. und vom 21.10.2008 standen dem Erlass des (allein) angegriffenen Bescheides vom 22.10.2008 keine verfahrensrechtlichen Hindernisse (§ 351 Abs. 1 der Abgabenordnung -AO-) entgegen.

1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG dauert die Steuerpflicht bei einem inländischen Fahrzeug grundsätzlich solange, wie das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, mindestens jedoch einen Monat. Unstreitig hat die Klägerin vorliegend ihr Fahrzeug am 08.09.2008 ordnungsgemäß zum Straßenverkehr zugelassen, dokumentiert durch die ihr übergebenen Fahrzeugpapiere (Zulassungsbescheinigung Teil I und II) und das ausgehändigte Saisonkennzeichen. Die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs am 09.09.2008, verbunden mit der Rückgabe des Saisonkennzeichens und dem entsprechenden Eintrag in der Zulassungsbescheinigung Teil I, hat die Zulassung auf einen Tag beschränkt.

2. Diese Zulassung zum Verkehr am 08.09.2008 wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass dieser Tag außerhalb des auf dem Saisonkennzeichen ausgewiesenen Betriebszeitraums Oktober/November (vgl. hierzu § 23 Abs. 1b Satz 1 StVZO , seit 01.03.2007 § 9 Abs. 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung -FZV-) liegt.

2.1 Wie der Bundesfinanzhof -BFH- in seinem Urteil vom 13. Januar 2005 VII R 12/04 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 2005, 365 <366>) - Leitsatz: "Für die Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung für besonders schadstoffreduzierte PKW kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug wegen eines Saisonkennzeichens für einen gewissen Zeitraum im Jahr im Straßenverkehr nicht betrieben werden darf" - ausdrücklich festgestellt hat, wird durch die Zuteilung eines Saisonkennzeichens lediglich die Befugnis zum Betrieb des Fahrzeugs, nicht dagegen die Geltung der Zulassung zeitlich begrenzt. Ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen ist daher ununterbrochen zugelassen, also auch während des jeweiligen negativen Betriebszeitraums.

2.2 Mit dieser Entscheidung bestätigt der BFH auch ausdrücklich die Rechtsansicht der Vorinstanz (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Januar 2004 8 K 106/02, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2004, 771), dass ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen außerhalb des Betriebszeitraums nicht im Sinne des § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG vorübergehend stillgelegt ist. Eine vorübergehende Stilllegung erfolge nach § 27 Abs. 4a Nr. 1 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 StVZO bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen durch Ablieferung des Scheins und Entstempelung des amtlichen Kennzeichens; eben diese Voraussetzungen fehlten bei einem Saisonkennzeichen. Zur Begründung dafür, dass die verkehrsrechtliche Zulassung eines Fahrzeugs bei Erteilung eines Saisonkennzeichens - anders als bei der vorübergehenden Stilllegung - auch außerhalb des Betriebszeitraums nicht erlischt, verweist das Gericht u.a. auch auf die Begründung der Bundesregierung zur 23. Verordnung zur Änderung der StVZO vom 12. November 1996 - BGBl. I 1996, 1738 - im Bundesverkehrsblatt 1996, 619f.

2.3 Der BFH beruft sich in der vorgenannten Entscheidung auch auf das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts -OVG- vom 14. August 2001 3 Bf 385/00 (Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht -NZV- 2002, 150; [...]Dokument Nr. MWRE 113510100), betreffend den Versicherungsschutz bei einem Kraftfahrzeug mit Saisonkennzeichen. Hier macht das OVG deutlich, dass das Saisonkennzeichen in § 23 Abs. 1b Satz 1 StVZO ausdrücklich als amtliches Kennzeichen bezeichnet ist und diese Eigenschaft auch hat in der Zeit, in der das Fahrzeug nach § 23 Abs. 1b Satz 2 StVZO auf öffentlichen Straßen nicht in Betrieb gesetzt oder abgestellt werden darf.

3. Dieser aufgezeigten Rechtsprechung folgend hat der Senat keinen Zweifel, dass - entgegen der Rechtsansicht des Prozessbevollmächtigten - die verkehrsrechtliche Zulassung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG nicht gleichzusetzen ist mit dem auf dem Saisonkennzeichen ausgewiesenen Betriebs-(Benutzungs-)zeitraum des Fahrzeugs. Das Saisonkennzeichen begrenzt lediglich die Befugnis zum Betrieb des Fahrzeugs, nicht aber die Geltung der (ununterbrochenen) Zulassung.

Liegen folglich - wie im Streitfall - Zulassung /Anmeldung und Stilllegung /Abmeldung des Fahrzeugs zeitlich vor Beginn des ersten Saisonzeitraums, tritt an die Stelle der üblichen unbefristeten Steuerfestsetzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Gültigkeit des Kennzeichens für die Dauer der Gültigkeit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 KraftStG die Festsetzung der einmonatigen Mindeststeuer ab dem Datum der Zulassung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG.

4. Das vorstehende Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Finanzverwaltung erst ab Beginn des Jahres 2008 bei Tageszulassungen in Verbindung mit dem Antrag auf einen Saisonzeitraum außerhalb der tatsächlichen Zulassung diese einmonatige Mindeststeuer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG festsetzt (vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer-Kommentar, Stand Juni 2009, § 5 Rz. 52). Die sich aus dem Gesetz ergebende Rechtslage richtet sich nicht danach, ob die Verwaltung ihr folgt oder nicht.

Das vorstehende Ergebnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Gesetzgeber durch Art. 2 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmepakets "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" vom 21.12.2008 (BGBl. I 2008, 2896) mit Wirkung ab 05.11.2008 § 5 Abs. 1 Nr. 4 KraftStG neu gefasst und durch die (Eingangs-)Worte "bei einem Saisonkennzeichen und ..." sprachlich deutlicher gemacht hat, dass auch bei Zuteilung eines Saisonkennzeichens die Kraftfahrzeugsteuer für mindestens einen Monat festzusetzen und zu erheben ist. Diese geänderte Fassung der Vorschrift dient der gesetzlichen Klarstellung (vgl. Gesetzesmaterialien in BTDrucks 16/10930, S. 10; auch Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer- Kommentar, Stand Juni 2009, § 5 Rz. 52), sie ändert nicht die sich schon vorher aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG ergebende Rechtslage.

5. Die Klägerin erreicht durch ihr Handeln - Tageszulassung in Verbindung mit Saisonkennzeichen - keinen steuerlichen Vorteil. Insofern stellt sich nicht die Frage einer Steuerumgehung bzw. eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Für die vom Vertreter der Klägerin beantragte Zulassung der Revision fehlt es an den nach § 115 Abs. 2 FGO notwendigen Voraussetzungen. Das vorliegende Urteil des Senats entspricht - wie aufgezeigt - der höchstrichterlichen Rechtsprechung und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in dem Sinne, dass die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. BFH-Beschluss vom 24. März 1987 I B 129/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1987, 595), ist für das Gericht nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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