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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 15.08.2008
Aktenzeichen: 6 K 739/2008
Rechtsgebiete: KraftStG


Vorschriften:

KraftStG 2002 § 8 Nr. 1
KraftStG 2002 § 9 Abs. 1 Nr. 2 d) cc)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

6 K 739/2008

Kraftfahrzeugsteuer

[ betreffend das Fahrzeug 223 ]

In dem Rechtsstreit

...

hat der 6. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

gemäß § 79a Abs. 2 und 4 der Finanzgerichtsordnung -FGO-

am 15. August 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob das Finanzamt das Kraftfahrzeug des Klägers zu Recht als nicht schadstoffarmen Pkw besteuert hat.

Der Kläger ist seit dem 24.08.2007 (Erstzulassung) Halter des streitgegenständlichen Fahrzeugs "REX Quad 250" des Herstellers Standard Motor Corp. mit dem amtlichen Kennzeichen 223. Aus der Zulassungsbescheinigung Teil I ergeben sich für das Fahrzeug folgende verkehrsrechtliche Daten: Fahrzeugklasse L7e (4rädr. Fz.B. 400 o. 550 kg), Benzinmotor, nationale Emissionsklasse 2002/51;A:FZM.3-4RAED. mit der Schlüsselnummer 0309, Hubraum 234 cm³, Nennleistung 13 kW, Höchstgeschwindigkeit 85 km/h, Leermasse 180 kg, zulässige Gesamtmasse 330 kg, Sitzplätze (einschl. Fahrersitz) 2.

Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 04.09.2007 setzte das Finanzamt eine Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 11,00 EUR für die Zeit vom 24.08. bis zum 31.10.2007 und in Höhe von 42,00 EUR für die Zeit ab 01.03.2008 jeweils für die Monate März bis Oktober fest. Unter "Grundlagen der Festsetzung" finden sich in dem Bescheid folgende Angaben:

"Fahrzeugart Personenkraftwagen, Erstzulassungsdatum 24.08.2007, zulässige Gesamtmasse 330 kg, Hubraum 234 cm³, entspricht 3 angefangene 100 cm³, Kraftstoffart/Energiequelle 0001 Benzin, Emissionsklasse 0419 S:93/59/EWG II (entspricht 0309), Steuersatz 21,07 EUR je angefangene 100 cm³ nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d KraftStG"

Der Einspruch des Klägers vom 28.09.2007, von seinen Prozessbevollmächtigten damit begründet, dass die für das Fahrzeug, ein sog. Quad, ausgewiesene Emissionsschlüsselnummer 0309 laut Kraftfahrt-Bundesamt der Emissionsgruppe EURO 2 entspreche, und deshalb der anzusetzende Steuer-Satz 1ediglich 7,36 EUR pro angefangene 100 cm³ betrage, blieb ohne Erfolg. Nach einem vorherigen Erläuterungsschreiben wurde er mit Einspruchsentscheidung vom 08.04.2008 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung verwies das Finanzamt auf die ständige (höchstrichterliche) Rechtsprechung, nach der Ultraleichttraktoren (sog. Quads) für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer als Personenkraftwagen einzustufen seien. Entsprechend der beiliegenden "Übersicht zur Vergleichbarkeit von Emissionsschlüsselnummern nach EU-Harmonisierung der Fahrzeugpapiere" werde daher die in den Fahrzeugpapieren eingetragene Emissionsklasse 0309 programmgesteuert auf 0419 umgeschlüsselt. Nach § 8 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes -KraftStG- bemesse sich die Kraftfahrzeugsteuer bei Personenkraftwagen nach dem Hubraum und der verbindlich in den Fahrzeugpapieren eingetragenen Emissionsklasse (§ 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 KraftStG). Entgegen der Auffassung des Klägers betrage der Steuersatz für das streitige Fahrzeug seit dem 01.01.2005 21,07 EUR je angefangene 100 cm³ Hubraum gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 d) cc) KraftStG.

Mit seiner Klage vom 08.05.2008 begehrt der Kläger weiterhin die Herabsetzung der mit Bescheid vom 04.09.2007 festgesetzten Kraftfahrzeugsteuer auf einen Steuersatz von 7,36 EUR pro angefangene 100 cm³.

Zur Begründung haben seine Prozessbevollmächtigten im Wesentlichen nochmals betont, dass das Fahrzeug in die Emissionsklasse 0309 eingeschlüsselt sei und deshalb die Voraussetzungen der EURO 2 Norm erfülle (Hinweis auf die Publikation des Kraftfahrt-Bundesamtes "Methodische Erläuterungen zur Fahrzeugstatistik", Stand Dezember 2007). Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 d KraftStG seien nur solche Fahrzeuge, die als nicht oder bedingt schadstoffarm eingestuft seien, mit 21,07 EUR pro 100 cm³ zu versteuern. Grundlage der Besteuerung sei das Gesetz und nicht eine Broschüre der Finanzverwaltung oder ein Computerprogramm.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2008 den Kraftfahrzeugsteuerbescheid des Finanzamts vom 04.09.2007 dahin zu ändern, dass für sein Fahrzeug 223 lediglich ein Steuersatz von 7,36 EUR pro angefangene 100 cm³ angesetzt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unbestritten sei für das streitige Fahrzeug von der Zulassungsstelle die Emissionsgruppe 0309 eingetragen worden. Bei dieser Emissionsgruppe handele es sich jedoch um eine sog. "Quad-Schlüsselnummer". Da das Fahrzeug nach ständiger Rechtsprechung jedoch kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Pkw zu behandeln sei, sei diese sog. "Quad-Schlüsselnummer" 0309 für Zwecke der Besteuerung in die vergleichbare "Pkw-Schlüsselnummer" 0419 umzuschlüsseln.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Das beklagte Finanzamt hat das Kraftfahrzeug des Klägers - abweichend von der verkehrsrechtlichen Einstufung als Kraftrad - zutreffend als Pkw nach dem Hubraum (§ 8 Nr. 1 KraftStG) besteuert und die Kraftfahrzeugsteuer mit Steuerbescheid 04.09.2007 frei von Rechtsfehlern nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d Doppelbuchst. cc KraftStG festgesetzt.

1. Die verkehrsrechtliche Einstufung des Kraftfahrzeugs des Klägers als Kraftrad, hier konkret als zulassungspflichtiges leichtes vierrädriges Kraftfahrzeug L7e (vgl. hierzu das von Klägerseite vorgelegte Merkblatt des Kraftfahrt-Bundesamtes "Methodische Erläuterungen zur Fahrzeugstatistik"), ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht bindend (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- seit dem Urteil vom 30. September 1981 II R 56/78, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1982, 82; vgl. Urteile vom 29. April 1997 VII R 1/97, BStBl II 1997, 627 und vom 26. August 1997 VII R 60/97, BStBl II 1997, 744; Beschluss vom 17. Juli 2000 VII B 79/00, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2001, 1049). Verbindlich für das Finanzamt sind die Feststellungen der Zulassungsbehörde nach § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 KraftStG nur für die Einstufung eines Fahrzeugs in Emissionsklassen und für die Beurteilung von Besteuerungsgrundlagen "technischer Art" (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 1997 VII R 1/97, BStBl II 1997, 627 mit weiteren Nachweisen).

2. Die steuerrechtliche Einstufung eines vierrädrigen, offenen Kraftfahrzeugs mit Motorradsitz und Motorradlenker, auch Quad oder Ultraleichttraktor genannt, als Pkw ist nach den Urteilen des Bundesfinanzhof -BFH- vom 3. April 2001 VII R 7/00 (BStBl II 2001, 451) und vom 18. November 2003 VII R 42/02 (BFH/NV 2004, 822) geklärt. Mit Urteilen vom 12. September 2005 VI 188/2004 und vom 23. September 2005 VI 233/2004 (beide nicht veröffentlicht) hat sich auch der erkennende Senat dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung angeschlossen.

(Vgl. zu allem auch Bruschke, Funmobile und Kraftfahrzeugsteuer - Steuerliche Behandlung von Trikes und Quads -, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht -UVR- 2005, 20.)

3. Die in der Zulassungsbescheinigung Teil I verkehrsrechtlich vorgegebene Emissionsschlüsselnummer 0309 gilt für die verkehrsrechtliche Fahrzeugart Kraftrad, sie kann nicht gelten für die steuerrechtlich maßgebende Fahrzeugart Pkw. Für letztere Fahrzeugart muss sie zwingend umgeschlüsselt werden. Aus den ersten beiden Ziffern 03 (kennzeichnend für Krafträder als 3- und leichte 4-rädrige Kfz der Klasse L5e und L7e) werden somit die Ziffern 04 (kennzeichnend für Pkw) und bei den letzten beiden das Schadstoffverhalten des Fahrzeugs kennzeichnenden Ziffern wird aus dem Schadstoffschlüssel 09 beim Kraftrad der Schadstoffschlüssel 19 beim Pkw. An der Richtigkeit dieser Umschlüsselung (0309 ( 0419), beruhend auf einer von der Finanzverwaltung bundeseinheitlich verwendeten Tabelle (vgl. Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 05.12.2005, Az. S 6104 - 8 St 3408; vgl. hierzu auch Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer-Kommentar, Stand Juni 2008, § 9 Rz. 36d, m.w.N.), hat das Gericht keinen Zweifel.

4. Wenn der Kläger glaubt, die Erfüllung der EURO 2 Norm beim Kraftrad müsse gleichermaßen auch bei einem Pkw gelten, dann übersieht er die in den einschlägigen EG-Richtlinien normierten völlig unterschiedlichen Schadstoff-Grenzwerte für Kraftrad und Pkw.

4.1 Wie aus dem Feld 14 (nationale Emissionsklasse) der Zulassungsbescheinigung Teil I ersichtlich, ist Grundlage für die verkehrsrechtliche Schadstoffeinstufung des Fahrzeugs des Klägers in die Emissionsgruppe EURO 2 die Richtlinie 2002/51/EG vom 19. Juli 2002 (Amtsblatt -Abl.- EG Nr. 1 252 vom 20.09.2002, S. 20). Nach dieser (S. 27) sind die (EURO2-)Grenzwerte für das streitgegenständliche Vierradfahrzeug mit Benzinmotor folgende:

 Kohlenmonoxid (CO)Kohlenwasserstoffe (HC)Stickoxide (NOx)
g/kmg/kmg/km
7,01,50,4

Unverändert finden sich diese Grenzwerte auch in der nachfolgenden Richtlinie 96/69/EG vom 8. Oktober 1996 (Abl. EG Nr. 1 282 vom 01.11.1996, S. 64 <67>), die in der klägerseits vorgelegten Publikation des Kraftfahrt-Bundesamtes "Methodische Erläuterungen zur Fahrzeugstatistik" für Pkw der Emissionsgruppe EURO 2 als Rechtsgrundlage erstgenannt ist.

Ganz anders stellen sich die Grenzwerte für die Erfüllung der EURO 2 Norm beim Pkw dar. Nach der hier einschlägigen Richtlinie 70/220/EWG vom 20. März 1970 (Abl. EG Nr. 1 076 vom 06.04.1970, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 94/12/EG vom 23. März 1994 (Abl. EG Nr. 1 100 vom 19.04.1994, S. 42 <46>) lauten diese Grenzwerte für ein Fahrzeug mit Benzinmotor wie folgt:

 Kohlenmonoxid (CO)Summe der Kohlenwasserstoffe (HC) und Stickoxide (NOx)
g/kmg/km
2,20,5

Wie die beiden vorstehenden Übersichten verdeutlichen, sind die gesetzlichen Anforderungen an das Schadstoffverhalten eines Fahrzeugs für jede Fahrzeugklasse spezifisch festgelegt. Ein EURO2-Kraftrad ist - nach steuerrechtlich bedingter Umschlüsselung - nicht auch ein EURO2-Pkw. Folglich kann sich der Kläger auch nicht auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb KraftStG und den hier normierten Steuersatz von 7,36 EUR pro angefangene 100 cm³ berufen, weil die für sein (verkehrsrechtlich als Kraftrad eingestuftes) Fahrzeug gültigen (EURO2-)Grenzwerte gerade nicht die Anforderungen der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten EG-Richtlinie 94/12/EG (hier "unter Nummer 5.3.1.4") erfüllen.

Soweit in dem angegriffenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 04.09.2007 unter "Grundlagen der Festsetzung" bei der Emissionsklasse die EG-Richtlinie 93/59/EWG (Abl. EG Nr. 1 186 vom 28.07.1993, S. 21 <25>) angegeben ist, so finden sich in dieser (noch) die Grenzwerte für die Erfüllung der EURO 1 Norm beim Pkw, nämlich

 Kohlenmonoxid (CO)Summe der Kohlenwasserstoffe (HC) und Stickoxide (NOx)
g/kmg/km
2,720,97

Offenkundig sind auch diese Werte deutlich anspruchsvoller als die oben unter Ziffer 4.1 dargestellten (EURO2-)Grenzwerte für das streitgegenständliche Quad (Kraftrad) des Klägers.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III.

Da die Beteiligten nicht übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, hält es der Berichterstatter aufgrund der eindeutigen Rechtslage für sachdienlich, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 79a Abs. 2 und 4 FGO).



Ende der Entscheidung

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