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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 7 K 1954/07
Rechtsgebiete: EStG, LStR 1999, LStR 2000


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 12 S. 2
EStG § 3 Nr. 50
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3
LStR 1999 Abschn. 13 Abs. 3 S. 1
LStR 2000 R 13 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

7 K 1954/07

Einkommensteuer 2001 bis 2006

In dem Rechtsstreit

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

...

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 23.04.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger eine Aufwandsentschädigung seines Arbeitgebers für das Vorhalten eines häuslichen Arbeitszimmers teilweise versteuern muss.

Der Kläger und seine Ehefrau wurden für die Streitjahre 2001 - 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Prüfer im Außendienst bei einer Rentenversicherung und seine Ehefrau als Bürohilfe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger erhielt von seinem Arbeitgeber eine zunächst steuerfrei belassene monatliche Aufwandsentschädigung für das Vorhalten eines häuslichen Arbeitszimmers i. H. v. 213,00 DM im Jahr 2001, 109,00 EUR im Jahr 2002 bzw. jeweils 113,00 EUR in den Jahren 2003 - 2006. Die Aufwandsentschädigung überschritt die steuerlichen Höchstbeträge für den Abzug von Werbungskosten bezüglich eines häuslichen Arbeitszimmers, das nicht Mittelpunkt der Berufstätigkeit ist, um 156,00 DM (2001), 58,00 EUR (2002) bzw. jeweils 106,00 EUR (2003 - 2006).

Nachdem das Finanzamt aufgrund einer Lohnsteueraußenprüfung beim Arbeitgeber des Klägers von diesem Sachverhalt erfahren hatte, erfasste das Finanzamt die entsprechende Differenz zusätzlich bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit und änderte am 21. Juli 2006 die Einkommensteuerbescheide für 2001 bis 2005 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entsprechend. Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 18. April 2007 setzte das Finanzamt die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit erklärungsgemäß fest.

Der Kläger und seine Ehefrau legten gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 2001 - 2005 am 3. August 2006 und gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 am 20.4.2007 Einspruch ein und begehrten, dass von der Versteuerung der Aufwandsentschädigung wegen § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG vollständig abgesehen werde, da es sich um Zahlungen aus einer öffentlichen Kasse gehandelt habe. Der Kläger teilte dem Finanzamt telefonisch mit, dass der Donnerstag in der Regel sein Bürotag sei und er sich an den anderen Arbeitstagen im Wesentlichen im Außendienst befinde.

Das Finanzamt wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen jeweils vom 29. Oktober 2007 als unbegründet zurück. Bezüglich der Einsprüche gegen die geänderten Bescheide für 2001 - 2005 gab das Finanzamt zur Begründung an, dass die Aufwandsentschädigung nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 29.11.2006 VI R 3/04, BStBl. II 2007, 308) nur dann nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG als steuerfrei anzusehen sei, soweit sie auf Aufwendungen entfalle, die den Empfänger zum Werbungskostenabzug berechtigten. Dies sei jedoch nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht der Fall, soweit die Zahlungen den Höchstbetrag für den Werbungskostenabzug für ein Arbeitszimmer überschritten. Im vorliegenden Fall sei von den Höchstbeträgen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auszugehen, da das Arbeitszimmer des Klägers nicht den Mittelpunkt von dessen Berufstätigkeit bilde, sondern diesen die Prüfung in den Betrieben darstelle. Auch eine Behandlung als steuerfreier Aufwendungsersatz nach § 3 Nr. 50 EStG komme nicht in Betracht, da die Einrichtung des häuslichen Arbeitsplatzes nicht allein im Interesse des Arbeitgebers, sondern auch im Interesse des Klägers erfolgt sei, der damit keinen festen Bürozeiten unterliege. Bezüglich des Einkommensteuerbescheides 2006 ging das Finanzamt davon aus, dass in den erklärten Einkünften die Aufwandsentschädigung noch nicht enthalten sei, da die Nachversteuerung erst im Jahr 2007 vorgenommen worden sei.

Hiergegen richtet sich die am 30. November 2007 erhobene Klage. Der Kläger trägt vor, als Außendienstprüfer der { } werde ihm kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Er müsse deshalb in der Privatwohnung ein Arbeitszimmer unterhalten, das mit vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten Büromöbeln und technischer Ausstattung eingerichtet sei. Dieses müsse er als Dienstsitz anerkennen lassen. Zur Abgeltung des hierfür entstehenden Aufwands gewähre der Arbeitgeber eine pauschale Aufwandsentschädigung auf der Grundlage von § 17 BBesG, die durch Bescheid gegenüber der { } festgesetzt und im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde (BMI) gezahlt werde. Sein Arbeitgeber habe die Aufwandsentschädigung bis 2005 als steuerfrei behandelt und erst Infolge einer Betriebsprüfung ab 2006 die 1.250 EUR übersteigenden Teile der Aufwandsentschädigung der Steuer unterworfen.

Der Kläger ist der Ansicht,

sein Arbeitgeber

sei eine öffentliche Kasse i.S.d. § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG, da ihr Haushalt zu 31% Bundesmittel enthalte. Da die Außendienstprüfer verpflichtet seien, ein Arbeitszimmer vorzuhalten, fielen bei ihnen Aufwendungen an, die durch die Besoldung nicht abgegolten seien. Diese Aufwendungen würden durch die Entschädigung abgegolten. Die Entschädigung werde im Einvernehmen zwischen Bundesinnen- und Bundesfinanzministerium festgesetzt, was voraussetze, dass sie Aufwand abgelte, der dem Grunde nach als Werbungskosten anzusehen sei. Die Aufwandsentschädigung sei auch im Bundeshaushalt veranschlagt, so dass die Auszahlung aus einer öffentlichen Kasse erfolge und nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG Steuerfreiheit eintrete, was nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1998 (2 BvL 10/95) nicht von der Finanzverwaltung überprüft werden dürfe. Aber auch bei einer Beurteilung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG trete Steuerfreiheit ein, da das Finanzamt nach R 13 Abs. 3 Satz 3 der Lohnsteuerrichtlinien -LStR- nicht kleinlich zu verfahren habe, so dass den Empfängern Nachweise über ihnen entstehenden Aufwand nicht zuzumuten seien. Eine entsprechende Besserstellung von öffentlich Bediensteten sei verfassungskonform. Außerdem sei der nach den LStR prüfungslos anzuerkennende Grenzbetrag von monatlich 154 EUR nicht überschritten.

Der Kläger meint außerdem, dass es sich bei seinem Büro nicht um ein häusliches Arbeitszimmer handele, da dieses sein alleiniger Arbeitsplatz sei. Die Zurverfügungstellung liege im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers. Das Büro bilde auch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, da sowohl die Organisation der anstehenden Prüfungen als auch die Auswertungen der Prüfungsunterlagen und Erstellung der Prüfberichte und ggf. Forderungsbescheide hier erfolge und die zeitweilige Anwesenheit in den zu prüfenden Betrieben nicht den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit "beeinträchtige". Die Fahrten, die er, der Kläger, von seinem Büro aus unternehme, seien als Dienstreisen anzusehen.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2001 bis 2005 vom 21.07.2006 und die Einspruchsentscheidung vom 29.10.2007 aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 18.04.2007 dahin abzuändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 106 EUR niedriger angesetzt werden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt verweist auf die Einspruchsentscheidungen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist auch bezüglich des Einkommensteuerbescheides 2006 beschwert, da er zwar erklärungsgemäß veranlagt wurde, in den erklärten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach seinen Angaben jedoch die aus seiner Sicht steuerfreie Aufwandsentschädigung enthalten ist.

II. Die Aufwandsentschädigung für das Vorhalten eines Arbeitszimmers ist, soweit sie den als Werbungskosten abziehbaren Betrag übersteigt, steuerpflichtiger Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Zum Arbeitslohn gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn ist jeder mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumte geldwerte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist.

1. Die Aufwandsentschädigung ist nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei. Die Aufwandentschädigung wurde nicht aus einer öffentlichen Kasse des Bundes oder eines Landes gezahlt. Die Aufzählung in § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG ist abschließend.

Der Arbeitsgeber des Klägers ist keine Bundeskasse, auch wenn sie aus dem Bundeshaushalt finanziert wird, sondern fällt als sonstige öffentliche Kasse unter § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG.

2. Die Aufwandsentschädigung ist nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei, soweit sie den als Werbungskosten abzugsfähigen Betrag der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer überschreitet. Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sind Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, steuerfrei, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Der BFH hat die Vorschrift verfassungskonform dahingehend ausgelegt, dass die Erstattung nur solcher Aufwendungen von der Steuer befreit ist, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind (BFH-Urteile vom 9. Juli 1992 IV R 7/91, BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50; vom 8. Oktober 1993 VI R 9/93, BFH/NV 1994, 312; vom 27. Mai 1994 VI R 67/92, BFHE 175, 57, BStBl II 1995, 17). Der BFH hält an dieser Rechtsprechung fest. Er sieht sich darin durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. November 1998 2 BvL 10/95 (BStBl II 1999, 502) zu § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG bestärkt (vgl. dazu auch Senatsentscheidung vom 21. Oktober 1994 VI R 15/94, BFHE 175, 368, BStBl II 1995, 142). Nach diesen Grundsätzen hat der BFH in einem ähnlichen Fall einer Außendienstprüferin (BFH-Urteil vom 29.11.2006 VI R 3/04, BStBl. II 2007, 308) § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG nicht angewandt, da deren damalige Aufwendungen nicht als Werbungskosten abziehbar gewesen seien. Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG nicht anzuwenden, soweit die Aufwandsentschädigung den als Werbungskosten abzugsfähigen Betrag überschreitet.

Die LStR orientieren sich an der Rechtsprechung des BFH (von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Rdnr. B 12/102). Denn nach Abschn. 13 Abs. 3 Satz 1 LStR 1999 bzw. R 13 Abs. 2 Satz 1 LStR 2000 ist Voraussetzung für die Anerkennung als steuerfreie Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG, dass die gezahlten Beträge dazu bestimmt sind, Aufwendungen abzugelten, die steuerlich als Werbungskosten abziehbar wären. Soweit in Abschn. 13 Abs. 4 LStR 1999 bzw. R 13 Abs. 3 LStR 2000 Anweisungen "zur Erleichterung der Feststellung, inwieweit es sich in den Fällen des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG um eine steuerfreie Aufwandsentschädigung handelt", getroffen werden, kommen diese erst zur Anwendung, wenn der Werbungskostenabzug dem Grunde nach gegeben ist. Für eine anderes Verständnis fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (BFH-Urteil vom 9.12.1999 III R 74/97, BFHE 191, 125, BStBl II 2001, 311; Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 4 AO Rz. 93).

3. Die Aufwandsentschädigungen überstiegen die vom Kläger als Werbungskosten geltend zu machenden Beträge der Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer, da dieses nicht den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bildet.

a) Beim Arbeitszimmer des Kläger handelt es sich um ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG. Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Der Rechtsprechung des BFH zufolge erfasst die Abzugsbeschränkung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (BFH-Urteil vom 18.8.2005 VI R 39/04, BStBl. II 2006, 428 m.w.N.). In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein Arbeitszimmer regelmäßig dann, wenn es sich in einem Raum befindet, der zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört (BFH-Urteile vom 23. September 1999 VI R 74/98, BFHE 189, 438, BStBl. II 2000, 7; in BFHE 201, 27, BStBl. II 2003, 185; in BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350). In diesem Sinne bestimmt sich die Häuslichkeit beruflich genutzter Räumlichkeiten danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zugehörig darstellen.

So verhält es sich im vorliegenden Fall, da das Arbeitszimmer des Klägers sich in seiner Privatwohnung befindet. Eine Anerkennung als Dienstsitz mit Betretungsrecht durch bestimmte Personen steht dem nicht entgegen (vgl. BFH-Beschluss vom 15.6.2007 XI B 93/06, BFH/NV 2007, 1650, betreffend ein Büro der Lohnsteuerhilfe). Sonderumstände wie Publikumsverkehr oder Beschäftigung fremder Dritter waren im Fall des Klägers nicht vorhanden. Sein Arbeitszimmer ist daher als häusliches Arbeitszimmer im steuerrechtlichen Sinn anzusehen.

b) Seit dem Veranlagungszeitraum 1996 sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten abziehbar (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG). Ein auf höchstens 2.400 DM (im Streitjahr 2001) bzw. 1.250 EUR (in den Streitjahren 2002 - 2006) beschränkter Abzug ist nach Satz 2 i.V.m. Satz 3 Halbsatz 1 § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i. d. für die Streitjahre geltenden Fassung dann möglich, wenn die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50% der gesamten beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Beschränkung der Höhe nach gilt dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet (Satz 3 Halbsatz 2 der Vorschrift). § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG setzen jedoch voraus, dass das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird (Blümich/Wacker, § 4 EStG Rz. 285k; Blümich/Lindberg, § 12 EStG Rz. 69). Im vorliegenden Fall konnte der Kläger gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG Aufwendungen für sein Arbeitszimmer i. H. v. 2.400 DM bzw. 1.205 EUR als Werbungskosten geltend machen, da ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand.

c) Ein über diese Beträge hinausgehender Abzug war dem Kläger jedoch nicht möglich, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt seiner gesamten und beruflichen Tätigkeit i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG bildete.

Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, bildet nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der "Mittelpunkt" bestimmt sich somit nach dem inhaltlichen qualitativen Schwerpunkt der beruflichen und betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Wo er liegt, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der gesamten Tätigkeit einschließlich einer etwaigen Nebentätigkeit festgestellt werden (vgl. BFH-Urteile vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62; vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43; vom 9. April 2003 X R 75/00, BFH/NV 2003, 917; vom 29. April 2003 VI R 78/02, BFHE 202, 303, BStBl II 2004, 76; vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212; BFH-Beschlüsse vom 23. Dezember 2005 VI B 62/05, BFH/NV 2006, 737; vom 24. Juli 2006 VI B 112/05, BFH/NV 2006, 2071; vom 22. Oktober 2007 XI B 12/07, BFH/NV 2008, 47 , vom 17. Dezember 2008 VI B 43/08, BFH/NV 2009, 585).

Der Kläger als Außendienstprüfer hat den Mittelpunkt seiner Tätigkeit sowohl vom zeitlichen Umfang als auch von der prägenden Bedeutung der jeweils ausgeübten Tätigkeiten im Außendienst und nicht in seinem häuslichen Arbeitszimmer.

Schon vom zeitlichen Umfang her überwiegen nach Überzeugung des Senats die außerhalb des Büros verbrachten Zeiten (Prüfungen vor Ort, Fahrzeiten, Fortbildungen). Der Kläger selbst hat gegenüber dem Finanzamt angegeben, tagsüber nur einen Tag in der Woche regelmäßig in seiner Wohnung zu erreichen zu sein, nämlich donnerstags. Dieses Vorbringen, nämlich die Ableistung von rd. 50 festen Bürotagen im Jahr, hat der Klägervertreter auch in der mündlichen Verhandlung wiederholt. Soweit er im Widerspruch dazu durch die Vorlage von Reisekostenabrechnungen für den Zeitraum von Februar 2004 - November 2005, den Anträgen auf Kfz-Vergütungen für März und Juli 2005 sowie der Zeitnachweise über Datenzugriffe von seinem Arbeitszimmer aus auf die Datenbanken der Versicherung im Jahr 2005 einen höheren Anteil der im Arbeitszimmer verbrachten an der gesamten Arbeitszeit nachweisen wollte, kann der Senat auch diesen Unterlagen nur einen wesentlich höheren Zeitanteil der Arbeit vor Ort entnehmen. Die in den Reisekostenabrechnungen enthaltenen Tagegelder wurden erst ab einer Dauer des Außendienstes von mehr als acht Stunden gewährt. Der Kläger war jedoch an den übrigen Tagen meist bis zu acht Stunden unterwegs. Dies zeigen die Verbindungszeiten mit den Datenbanken der Versicherung, wonach der Kläger in der Regel nur an einem, in manchen Wochen an zwei Tagen während des Tages immer wieder auf die Datenbank zugegriffen hat. In vielen Wochen fanden die Zugriffe nur während eines ganzen Tages und einem Vormittag oder einem Nachmittag statt. An den übrigen Tagen fanden die Zugriffe sehr früh zwischen 5.40 Uhr und ca. 8 Uhr oder am Abend zwischen 18 und 24 Uhr statt. Das sich daraus ergebende Bild der Tätigkeit entsprach den ursprünglichen Angaben eines festen Bürotages und sonst regelmäßiger Außendiensttätigkeit mit Vor- und Nachbereitungen im Büro. Dieses Bild bestätigen auch die Abrechnungen über die Privat- und Dienstkilometer. Es müssen - wie auch die Größe des Prüfungsgebietes nahe legt - erhebliche Fahrtzeiten angefallen sein, da der Kläger in den beiden beispielhaft vorgelegten Monaten über 1.000 km und - wie sich aus der versehentlich auf das Vorjahr bezogenen Eintragung in der Zeit "kalenderjährliche, dienstliche Fahrleistung bis zum Vormonat der Abrechnung" ergibt - im Jahr 2004 22.821 km allein mit dem Dienstfahrzeug gefahren ist.

Auch der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers liegt eindeutig, wie schon der Begriff des Außenprüfers nahe legt, in den außerhalb des Dienstsitzes durchgeführten Prüfungen. Das Herunterladen der gemeldeten Daten und die Endauswertung und bescheidmäßige Umsetzung im Arbeitszimmer sind Vor- und Nachbereitungstätigkeiten, während die Prüfung, also der Abgleich der gemeldeten mit den in den Lohnbuchhaltungen enthaltenen Daten, der entscheidende und prägende Teil der Tätigkeit ist. Auch wenn der Kläger gelegentlich von seinem Arbeitszimmer aus Erkundigungen über nicht angemeldete Betriebe eingezogen haben sollte, hat er jedenfalls im Erfolgsfall seine Tätigkeit in den aufgefundenen Betrieben fortgesetzt. Eventuelle kleinere Prüfungen in seinem Arbeitszimmer waren jedenfalls die Ausnahme. Die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte Tätigkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf das Vor- und Nachbereiten der Prüfungen. Diese Tätigkeiten bilden weder zeitlich noch qualitativ den Schwerpunkt der Berufstätigkeit des Klägers. Prägend ist der Außendienst. Der Kläger hatte den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit daher nicht in seinem Arbeitszimmer.

4. Auch eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 50 EStG ist nicht anzunehmen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Aufwendungen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgten, sondern der Kläger hat im eigenen Interesse wie im Interesse des Arbeitgebers eine entsprechend größere Wohnung beschafft. Die Aufwandsentschädigung sollte lediglich einen Ausgleich dafür gewähren, dass die Besoldung der Außendienstprüfer diese zusätzlichen Aufwendungen nicht abdeckte. Ein gesondertes Rechtsverhältnis etwa aus Vermietung und Verpachtung war nicht beabsichtigt (vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2006 IX R 76/01, BFH/NV 2006, 1810).

Der Aufwendungsersatz ist daher, soweit er 2.400 DM im Jahr 2001 und 1.250 EUR in den Jahren 2002 - 2006 übersteigt, steuerpflichtig. Das Finanzamt hat die Einkommensteuerbescheide 2001 - 2005 daher zutreffend geändert. Ob der übersteigende Zufluss im Einkommensteuerbescheid 2006 bei den Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit überhaupt erfasst wurde, kann dahinstehen, da die Steuer in diesem Fall zutreffend und ansonsten allenfalls zu niedrig festgesetzt wäre.

Die Klage ist daher abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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