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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 17.04.2007
Aktenzeichen: II 174/04
Rechtsgebiete: UStG, KStG
Vorschriften:
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
UStG § 2 Abs. 3 | |
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 | |
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6 | |
KStG § 4 Abs. 1 | |
KStG § 4 Abs. 3 |
Finanzgericht Nürnberg
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Senat des Finanzgerichts Nürnberg
durch
aufgrund mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 17.04.2007
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 23.12.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2004 wird dahin abgeändert, dass die Umsatzsteuer mit ./. 4.577,50 DM festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Unternehmereigenschaft eines Wasserbeschaffungsverbandes.
Der Kläger ist der Zweckverband zur Wasserversorgung 1 und Umgebung. Nach der Verbandssatzung vom 29.06.1967 ist er eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, der seine Aufgaben ohne Gewinnabsicht erfüllt und ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne des Steuerrechts dient (§§ 1, 4 Abs. 2 der Satzung). Aufgabe des Klägers ist es, eine Wasserversorgungsanlage zur gemeinsamen Förderung und Abgabe von Trink- und Gebrauchswasser an die Verbandsmitglieder, nämlich die Stadt 1 und die beiden Wasserversorgungsgruppen links und rechts der 2 zu errichten, zu betreiben und zu erhalten (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Endverbraucher beliefert der Kläger nicht und er verfügt über kein eigenes Rohrleitungsnetz zu den Endverbrauchern. Die Übergabe des Wassers an die Abnehmer (Verbandsmitglieder) erfolgt unmittelbar im Maschinen/Pumpenhaus des Klägers.
Mit Schreiben vom 06.09.1990 teilte das Finanzamt dem Kläger unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 30.11.1989, BStBl. II 1990, 452 mit, dass er als reiner Wasserbeschaffungsverband keinen Betrieb gewerblicher Art unterhalte und damit die Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen sowie das Recht auf Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen ab dem 01.01.1991 entfalle. In der Folgezeit wurden keine Umsatzsteuererklärungen mehr eingereicht. Anlässlich einer Prüfung des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes gelangte dieser zu der Auffassung, dass die Tätigkeit des Klägers nach Artikel 4 Abs. 5 6. EG-Richtlinie i.V.m. Anhang D Nr. 2 als Wasserlieferung eine unternehmerische Tätigkeit darstelle. Daraufhin reichte der Kläger am 03.12.2003 für das Jahr 1996 erstmals wieder eine Umsatzsteuererklärung ein, in der er Lieferungen und sonstige Leistungen zu 7% i.H.v. 181.316 DM erklärte und unter Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen i.H.v. 17.269 DM eine Umsatzsteuererstattung i.H.v. 4.577 DM errechnete.
Das Finanzamt stimmte der Erklärung nicht zu (§ 168 Satz 2 AO). Mit Bescheid über Umsatzsteuer für das Jahr 1996 vom 23.12.2003 setzte es mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über Umsatzsteuer für das Jahr 1996 die Umsatzsteuer auf 0 DM fest. Es teilte dazu mit, dass der Kläger eine hoheitliche Aufgabe erfülle und die Unternehmereigenschaft nicht gegeben sei.
Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1996 vom 23.12.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13.05.2004 dahin abzuändern, dass die Umsatzsteuer wie erklärt mit ./. 4.577,50 DM festgesetzt wird.
Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen Folgendes aus:
Er werde mit seiner Wasserlieferung an die Stadt 1 und die angeschlossenen Zweckverbände unternehmerisch tätig. Das Finanzamt stelle in seiner Einspruchsentscheidung vom 13.05.2004 unzutreffend darauf ab, dass eine unternehmerische Tätigkeit nur dann vorliege, wenn eine tatsächliche Wasserlieferung an den Endverbraucher mit Hilfe eines eigenen Rohrleitungsnetzes durchgeführt werde. Dies sei dem Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 3 KStG nicht zu entnehmen. Maßgebend sei, dass der Betrieb dazu "diene", die angeschlossenen Endverbraucher mit Wasser zu versorgen. Dabei bedeute "dienen", dass der Betrieb in den Trinkwasserversorgungsprozess, der mit der Wasserförderung beginne und mit der Lieferung an den Endverbraucher ende, involviert sei. So habe der BFH im Urteil vom 16.03.1965, HFR 1965, 423 einem Wasser- und Bodenverband, der in den Mitgliedsgemeinden die Trink- und Brauchwasserversorgung sicherzustellen hatte, die Eigenschaft als Betrieb gewerblicher Art nur deswegen versagt, weil die Tätigkeit nicht von einigem Gewicht gewesen sei.
Der BFH habe mit Urteil vom 30.11.1989, BStBl. II 1990, 452 entschieden, dass ein Wasserversorgungsverband, der die Wasserbeschaffung zur Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser betreibe, mit seiner Wasserversorgung unternehmerisch tätig werde und die Tätigkeit der Wasserbeschaffung als eine die Wasserversorgung vorbereitende Tätigkeit hinter die Versorgung zurücktrete, mit der Folge, dass die Wasserbeschaffung Bestandteil der unternehmerischen Tätigkeit werde. Im Ergebnis nicht anders verhalte es sich bei der mittelbaren Trinkwasserversorgung der Endverbraucher über die Zweckverbandsmitglieder. Die Wasserbeschaffung stelle eine Tätigkeit dar, die bereits für sich genommen der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser diene. So habe das FG Düsseldorf (Urteil vom 14.02.1996, EFG 1996, 678, rechtskräftig) die Abgabe von Rohwasser durch einen Wasser- und Bodenverband an einen Wasserversorgungsverband, der das Wasser aufbereitet und an die Endverbraucher weitergeleitet habe, als unternehmerische Tätigkeit gesehen. Auch die Verfügungen der OFD Münster vom 22.09.1982, der OFD Düsseldorf vom 08.11.1982 und der OFD Köln vom 21.01.1983 sähen die Wasserbeschaffung in dem dort dargestellten Sachverhalt, in dem ein Wasser- und Bodenverband eine Talsperre sowie eine Wasseraufbereitungsanlage mit Pumpwerk betrieben haben, als Teil der Wasserversorgung an, selbst wenn nicht der Zweckverband selbst, sondern auch die Mitgliedsgemeinden über deren Versorgungsbetriebe das Wasser an die Endverbraucher weiterleiteten.
Jedenfalls sei die Unternehmereigenschaft nach Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie i.V.m. Anhang D Nr. 2 zu bejahen. Danach seien Einrichtungen des öffentlichen Rechts in Bezug auf die aufgeführten Tätigkeiten, zu denen auch die Lieferung von Wasser gehöre, in jedem Fall als Steuerpflichtige zu sehen, sofern der Umfang der Tätigkeit nicht unbedeutend sei. Diese Voraussetzung erfülle er, da er unstreitig zwei Wasserzweckverbände und eine Kommune mit Trinkwasser beliefere und im Streitjahr einen Nettoumsatz i.H.v. 181.316 DM erzielt habe. Die Lieferung an Endverbraucher sei nicht als Voraussetzung in Anhang D genannt und könne nicht aus dem Sinn der Vorschrift abgeleitet werden.
Unabhängig davon sei er auch deshalb steuerpflichtig, weil die Behandlung als Nichtsteuerpflichtiger zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 6. EG-Richtlinie). Größere Wettbewerbsverzerrungen lägen nach dem BFH-Urteil vom 27.02.2003 V R 78/01, BStBl. II 2004, 431 bereits dann vor, wenn durch die Tätigkeit einer juristischen Person der Marktzutritt Dritter erschwert oder behindert werde. Im Streitfall bestehe ein wettbewerbsrelevanter Markt für die Wasserbeschaffung; so erhalte die Gruppe rechts der 2 auch Wasser in geringerem Umfang von (damals) der EWAG (Energie- und Wasserversorgung AG). Im Übrigen dürften an die Vergleichbarkeit der Leistungen nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, um das Wettbewerbskriterium nicht auszuhöhlen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es trägt im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Kläger werde mit der Wasserlieferung an die Stadt 1 und an die beiden angegliederten Zweckverbände hoheitlich tätig. Nach der Rechtsprechung des BFH sei die unmittelbare Belieferung der Endverbraucher mit Trinkwasser Voraussetzung dafür, dass die Wasserversorgung ein Betrieb gewerblicher Art i.S.d. § 4 Abs. 3 KStG sei.
Der Kläger könne sich wegen der Unternehmereigenschaft auch nicht auf Art. 4 Abs. 5 3. Unterabsatz der 6. EG-Richtlinie berufen. Denn die entsprechenden Vorschriften der 6. EG-Richtlinie seien über § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 Abs. 3 KStG hinreichend in das nationale Recht umgesetzt. Nicht alle Lieferungen von Wasser müssten nach Art. 4 Abs. 5 3. Unterabsatz 6. EG-Richtlinie zwingend einem Betrieb gewerblicher Art zugeordnet werden. Es stehe dem Mitgliedstaat frei, hier Differenzierungen zu treffen, die im allgemeinen öffentlichen Interesse lägen. Gerade bei der Wasserbeschaffung seien öffentliche Belange zu berücksichtigen und es sei deshalb diese Tätigkeit dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat Erfolg.
Der Kläger wird mit der Lieferung von Wasser an die Stadt 1 und an die angeschlossenen beiden Zweckverbände unternehmerisch tätig.
Voraussetzung für die Besteuerung von Umsätzen für Lieferungen und sonstige Leistungen als auch für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist -neben weiteren- das Tätigwerden als Unternehmer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Für juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie es der Kläger als Zweckverband in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts unstreitig ist (§ 1 Abs. 1 der Verbandssatzung), bestimmt § 2 Abs. 3 UStG, dass diese nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes) gewerblich oder beruflich und damit unternehmerisch tätig werden. Es wird damit umsatzsteuerrechtlich zwischen der insoweit irrelevanten Betätigung im eigentlichen Aufgabenbereich einerseits (nichtunternehmerische Sphäre) und der umsatzsteuerrechtlich relevanten Tätigkeit im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art sowie von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben andererseits (unternehmerische Sphäre) unterschieden (BFH-Urteil vom 20.12.1984 V R 25/76, BStBl II 1985, 176).
Gemäß § 4 Abs. 1 KStG sind Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. Nach § 4 Abs. 3 KStG gehören zu den Betrieben gewerblicher Art ausdrücklich die Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. Dagegen gehören nicht zu den Betrieben gewerblicher Art die Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), § 4 Abs. 5 KStG.
b) Dabei stellt sich das systematische Verhältnis der Abs.3 und 5 in § 4 KStG zueinander wie folgt dar: Abs.3 ist die speziellere Norm und geht als solche dem Abs.5 vor. Da die in Abs.3 angeführten Betriebe, soweit sie nicht in Rechtsformen des Privatrechts tätig werden, nach allgemeiner Auffassung zum öffentlichen Recht öffentliche Gewalt ausüben (sog. schlichte Hoheitsverwaltung bzw. Handeln im Rahmen der Daseinsfürsorge), ergibt sich hieraus zugleich, dass das Körperschaftsteuerrecht (§ 4 Abs. 5 KStG) und damit auch das diesem insoweit angeglichene Umsatzsteuerrecht (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG) im Verhältnis zum allgemeinen Verwaltungsrecht den Begriff der Ausübung öffentlicher Gewalt enger fassen und dementsprechend nicht jede Ausübung öffentlicher Gewalt im verwaltungsrechtlichen Sinne als Hoheitsbetrieb behandeln (BFH-Urteil vom 28.01.1988 V R 112/86, BStBl II 1988, 473 m.w.N.).
c) So geht der BFH für Zwecke der Umsatzsteuer davon aus, dass für ein unternehmerisches Tätigwerden eines Wasserzweckverbandes nicht notwendig ein Vertragsverhältnis zum Endverbraucher bestehen muss. Vielmehr wird auch ein Zweckverband, der satzungsgemäß Trinkwasser an die Mitgliedsgemeinden liefert, gewerblich tätig und es sind die Umlagen dafür, -gemessen an dem anteiligen Wasserverbrauch- steuerpflichtige Leistungsentgelte. Denn es hat insoweit ein Leistungsaustausch stattgefunden (BFH-Urteil vom 04.07.1985 V R 35/78, BStBl II 1985,559).
2. Es ist kommt deswegen nach Auffassung des Senats für Zwecke der Umsatzbesteuerung nicht auf die Auslegung des Begriffs der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser i.S.d. § 4 Abs. 3 KStG an, wie sie der I. Senat für die Körperschaftsteuer getroffen hat. Danach ist die Wasserbeschaffung dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen (BFH-Urteile vom 16.03.1965 I 277/62, HFR 1965, 423 undvom 15.03.1972 I R 232/71, BStBl. II 1972, 500) und gehört deshalb grundsätzlich nicht zu den Betrieben gewerblicher Art. Dagegen ist die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung als Betrieb gewerblicher Art anzusehen (BFH-Urteil vom 30.11.1989 I R 79, 80/86, BStBl. II 1990, 452). Deshalb setzt der Begriff der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser körperschaftsteuerrechtlich voraus, dass der Betrieb aufgrund von Rechtsbeziehungen zum Endverbraucher zur Wasserlieferung verpflichtet ist und nur ausnahmsweise die Tätigkeit eines Wasserbeschaffungsverbandes als gewerblich unter den Begriff der Wasserversorgung einzuordnen ist, wenn nämlich die juristische Person des öffentlichen Rechts zwar nur Rechtsbeziehungen mit seinen Mitgliedsgemeinden unterhält, d.h. nicht mit dem Endverbraucher, jedoch das von ihm beschaffte Wasser durch ein eigenes und von ihm unterhaltenes Rohrleitungsnetz bis zu den Endverbrauchern leitet. In diesem Fall tritt die Tätigkeit der Wasserbeschaffung hinter die Tätigkeit der Wasserversorgung zurück und ist damit steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 30.11.1989 I R 79, 80/86, BStBl. II 1990, 452).
Die Auffassung, dass die Wasserbeschaffung und Abgabe des Wassers durch den Kläger an seine Mitgliedsverbände gegen Entgelt einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch darstellt, wird auch durch Artikel 4 Abs. 1 und 5 Unterabsatz 3 i.V.m. Anhang D Ziff. 2 der 6. EG-Richtlinie bestätigt.
Gemäß Artikel 4 Abs. 1 6. EG-Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Abs.2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten z.B. als Erzeuger, Händler, Dienstleistender selbstständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
Für Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts -zu denen auch der Kläger als juristische Person des öffentlichen Rechts zählt- gilt nach Art. 4 Abs. 5 6. EG.-Richtlinie Folgendes: Staaten, Länder....gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben (Unterabsatz 1). Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben und Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als nicht Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Unterabsatz 2). Die vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist (Unterabsatz 3). In Anhang D Ziff. 2 zu Artikel 4 Abs. 5 Unterabsatz 3 sind die Lieferung von Wasser, Gas, Elektrizität und thermischer Energie genannt.
Danach ist es nach Auffassung des Senates mit der Regelung der 6. EG-Richtlinie nicht vereinbar, die Beschaffung von Trinkwasser durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts zur Weitergabe an Mitgliedsverbände ohne Leitungskontakt zum Endverbraucher nicht als Lieferung von Wasser und damit als steuerpflichtig nach Art 4 Abs. 5 Unterabsatz 3 6.EG-Richtlinie i.V.m. Anhang D Ziff. 2 anzusehen.
Denn nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 6. EG-Richtlinie i.V.m. Anhang D Ziff. 2 ist jede Lieferung von Wasser durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts eine unternehmerische Tätigkeit. Anhang D Ziff. 2 lässt sich nicht entnehmen, dass eine Lieferung von Wasser nur dann steuerpflichtig ist, wenn ein unmittelbarer Kontakt zum Endverbraucher besteht. Entsprechend hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 14.02.1996 5 K 595/90 U, EFG 1996, 678 entschieden (rkr.), dass die Abgabe von nicht aufbereitetem Wasser (Rohwasser) durch einen Wasser- und Bodenverband (Körperschaft des öffentlichen Rechts) an einen Wasserversorgungsverband eine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 3 KStG (Wasserversorgung) darstellt und eine andere Auslegung der 6. EG-Richtlinie widerspricht. Auch in der umsatzsteuerlichen Kommentierung wird die Auffassung vertreten, dass Versorgungsbetriebe ihre Leistungen nicht unmittelbar an die Bevölkerung erbringen müssen (Stadie in Rau/Dürrwächter § 2 Anm. 931).
Nur in diesem Sinne steht die Behandlung der Versorgungsbetriebe als gewerbliche Betätigung i.S.d. § 4 Abs. 3 KStG in Einklang mit Artikel 4 der 6. EG-Richtlinie und ist die 6. EG-Richtlinie über § 2 Abs. 3 UStG, § 4 Abs. 3 KStG hinreichend umgesetzt (vgl. Reiß in Reiß/Kraeußel/Langer, UStG § 2 Rz.187).
Danach hat die Klage Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird im Hinblick auf die zu § 4 Abs. 3 und 5 KStG ergangene Rechtsprechung des I. Senates des Bundesfinanzhofs mit der dort getroffenen Unterscheidung von Wasserbeschaffung und Wasserversorgung und der Frage der Auswirkung auf die Umsatzsteuer zur Wahrung der Einheit der Rechtsprechung zugelassen.
Ende der Entscheidung
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