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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: II 205/2003
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 37 Abs. 2 S. 1
AO 1977 § 218 Abs. 2 S. 1
AO 1977 § 309
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

II 205/2003

Abrechnungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 1996

In dem Rechtsstreit

hat der II. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

...

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 30.01.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Streitig ist, ob das Finanzamt zu Recht in einem Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) auf die Umsatzsteuerschuld für 1996 eine Zahlung in Höhe von 106,76 DM, die aufgrund einer Forderungspfändung geleistet wurde, nicht berücksichtigt hat.

Die Klägerin ist eine GmbH in Liquidation, die in der EDV-Beratung unternehmerisch tätig war und die durch A. B. als Geschäftsführer bzw. Liquidator vertreten wird.

Wegen nichtbezahlter Steuerschulden in Höhe von 19.971 DM u.a. für Umsatzsteuer 1996 pfändete das Finanzamt mit Verfügung vom 22.06.2001 die Forderungen der Klägerin auf dem Konto mit der Nr. xxx bei der C. ....Bank AG in ...... D. (Bank), ordnete die Einziehung der gepfändeten Forderungen an und forderte die Bank zur Abgabe der Drittschuldnererklärung auf (§§ 309, 314, 316 AO).

Am 04.07.2001 teilte die Bank dem Finanzamt mit, dass sie die Forderung anerkenne und keine weiteren Vermögenswerte des A. B. vorhanden seien. Sie überwies am 17.07.2001 an das Finanzamt einen Betrag von 106,76 DM, worauf das Finanzamt mit Schreiben vom 20.07.2001 die Klägerin darüber informierte, dass es den Betrag von 106,76 DM auf Umsatzsteuer 1996 verbucht habe, weil ein eindeutiger Verwendungszweck nicht angegeben gewesen sei.

Die Bank forderte jedoch mit Schreiben vom 27.09.2001 den überwiesenen Betrag vom Finanzamt zurück, weil sie die Kontoinhaberschaft der Klägerin versehentlich angenommen habe. Sie legte Unterlagen wie Kontoeröffnungsantrag und Bankauszug vor, aus denen sich ergab, dass nicht die Klägerin, sondern A. B. Inhaber des vom Finanzamt gepfändeten Kontos war. Die Klägerin selbst unterhielt bei der Bank kein Konto. Daraufhin überwies das Finanzamt den Betrag von 106,76 DM am 12.11.2001 an die Bank zurück.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 11.10.2002 einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO, weil in dem ihr vom Finanzamt übersandten Kontoauszug vom 01.10.2002 ihre Steuerschulden betreffend die Restforderung für Umsatzsteuer 1996 nicht nachvollziehbar sei. Gegen den Abrechnungsbescheid vom 21.01.2003 die Umsatzsteuer 1996 (noch offene Forderung von 2.731,18 EUR) und 1997 (noch offene Forderung von 2.719,33 EUR) betreffend, legte die Klägerin Einspruch ein, weil in dem Abrechnungsbescheid die lt. Schreiben vom 20.07.2001 ihr mitgeteilte Zahlung in Höhe von 106,76 DM auf Umsatzsteuer 1996 nicht erkennbar sei. Daraufhin erließ das Finanzamt am 13.02.2003 einen berichtigten Abrechnungsbescheid, in dem die Zahlung der Bank und die Rückzahlung dargestellt und erläutert wurden. Die in dem angefochtenen Abrechnungsbescheid dargestellte Forderung des Finanzamts für Umsatzsteuer 1996 blieb jedoch unverändert, weil sich Zahlung und Rückzahlung die Bank betreffend aufhoben. Die Klägerin hielt ihren Einspruch jedoch aufrecht mit der Begründung, dass die Bank aufgrund einer formell ordnungsgemäßen Pfändung zu ihren Gunsten gezahlt habe. Ob diese Überweisung die Bank schadensersatzpflichtig mache, habe das Finanzamt nicht zu interessieren. Die Rückzahlung zu Lasten ihres Steuerkontos sei somit ohne Rechtsgrundlage erfolgt.

Den Einspruch wies das Finanzamt mit Bescheid vom 07.05.2003 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt,

den Abrechnungsbescheid vom 21.01.2003 in der berichtigten Fassung vom 13.02.2003, diese in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.05.2003 dahingehend zu ändern, dass die Erstattung an die Bank in Höhe von 106,76 DM nicht aufzunehmen ist und sich die Schuld aus Umsatzsteuer 1996 per 21.07.2003 auf 2.676,59 EUR beläuft.

Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:

Die Bank habe als Drittschuldnerin die formell ordnungsgemäße Pfändung anerkannt und an das Finanzamt zu Gunsten ihrer Steuernummer gezahlt. Das Finanzamt habe ihr auch diesen Zahlungseingang bestätigt. Die Drittschuldnerin habe keinerlei Anspruch auf Rückzahlung des Betrages, die Rückzahlung sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Sie, die Klägerin, dürfe durch diese Rücküberweisung nicht belastet werden. Das Finanzamt habe es hier versäumt, die Rechtsgrundlage für die Rückzahlung zu erläutern.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es lediglich auf die Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung.

Darin stellt es dar, dass es nur berechtigt gewesen sei, ein Konto zu pfänden, das der Klägerin zuzurechnen gewesen sei. Da es sich bei dem Kontoinhaber tatsächlich nicht um die Klägerin gehandelt habe, sei es verpflichtet gewesen, den von der Bank überwiesenen Betrag zurückzuerstatten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg, weil der Abrechnungsbescheid in seiner berichtigten Fassung die Zahlungsverpflichtung hinsichtlich der Umsatzsteuerschuld für 1996 zutreffend darstellt, sich daher als rechtmäßig erweist und somit die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt ist (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Gemäß § 218 Abs. 2 Satz 1 AO entscheidet die Finanzbehörde durch Verwaltungsakt über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis im Sinne von § 37 AO betreffen. Der Abrechnungsbescheid ergeht im steuerlichen Erhebungsverfahren und hat nur die Feststellung zum Inhalt, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist, d.h. wirksam gezahlt, aufgerechnet, verrechnet, erlassen, ob Verjährung eingetreten, die Schuld bereits vor Begründung der Zahlungspflicht erloschen oder wie hier im Streitfall der Forderungsausgleich durch Vollstreckungsmaßnahmen erreicht worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 28.04.1992 VII R 33/91, BStBl. II 1992, 781). Der Erlass eines Abrechnungsbescheides setzt also eine Streitigkeit über die Verwirklichung von Steueransprüchen voraus, nämlich ob, in welcher Höhe oder durch welche Handlung ein festgesetzter Steueranspruch erloschen ist (vgl. Pahlke/Koenig/Lindemann, AO-Kommentar, § 218 Rz. 42, 61).

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung, wobei die Zahlung auch durch Dritte bewirkt werden kann (§§ 47, 48 Abs. 1, 224 AO; Pahlke/Koenig/Fritsch, a.a.O., § 224 Rz. 4).

Ist jedoch eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so bestimmt § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, dass derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages hat. Erstattungsberechtigt ist dabei derjenige, der zweckgerichtet die Zuwendung veranlasst hat, wobei es entscheidend auf das der Zahlung zugrunde liegende Rechtsverhältnis ankommt. Demgemäß erfolgen Zahlungen Dritter aufgrund von gegen sie gerichteten Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzbehörde zur Abwendung dieser Zwangsmaßnahmen und nicht, um die Steuerschuld des Vollstreckungsschuldners zu tilgen (vgl. Pahlke/Koenig/Koenig, a.a.O., § 37 Rz. 19, 20 a. E.). Auch gilt im Rahmen der Pfändung und Einziehung einer Geldforderung im Vollstreckungsverfahren (§§ 309, 314 AO) die Drittschuldnererklärung nicht als ein Schuldanerkenntnis (§ 316 Abs. 1 Satz 2 AO).

Da somit der Drittschuldner aus einer eigenen Verpflichtung gegenüber der Finanzbehörde die Zahlung leistet, er damit also auf eigene Rechnung zahlt (vgl. Schwarz, AO-Kommentar, § 37 Rz. 11), ist er auch alleine bei rechtsgrundloser Zahlung der Erstattungsberechtigte im Sinne von § 37 Abs. 2 Satz 1 AO; daraus folgt auch, dass bei einer verschuldeten fehlerhaften Erklärung des Drittschuldners nur ein Schadensersatzanspruch der Finanzbehörde gegen den Drittschuldner in Betracht kommt (vgl. § 316 Abs. 2 Satz 2 AO; vgl. Pahlke/Koenig/Fritsch, a.a.O., § 316 Rz. 6). Das Steuerschuldverhältnis zwischen der Finanzbehörde und dem Vollstreckungsschuldner bleibt aber unberührt.

2. Diese Vorschriften und Rechtsgrundsätze auf den Streitfall angewandt ergibt, dass der angefochtene Abrechnungsbescheid zutreffend die bisher erfolgten Zahlungen und Verrechnungen berücksichtigt und die Umsatzsteuerschuld für 1996 richtig ausweist. Die Zahlung der Bank am 17.07.2001 an das Finanzamt als vermeintlicher Drittschuldner führte nicht zum Erlöschen der Umsatzsteuerschuld für 1996 in Höhe des Teilbetrages von 106,76 DM.

a) Die Pfändung einer Geldforderung im finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahren gemäß § 309 AO setzt nämlich für ihre Wirksamkeit voraus, dass die Forderung dem Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Zustellung der Pfändungsverfügung an den Drittschuldner auch tatsächlich zusteht. Dies war im Streitfall jedoch nicht gegeben, weil das die Pfändung betreffende Konto allein von A. B. in seinem eigenen Namen eröffnet und auch im Zeitpunkt der Pfändung noch als eigenes Konto gehalten wurde. Da die gepfändete Forderung der Klägerin als der Vollstreckungsschuldnerin somit nicht zustand, war sie unwirksam und ging ins Leere (vgl. Pahlke/Koenig/Fritsch, a.a.O., § 309 Rz. 40; Drüen in Tipke/Kruse, AO-/FGO-Kommentar, § 37 AO Tz. 29).

b) Der tatsächliche Kontoinhaber A. B. hat auch die Zahlung der Bank zugunsten der Klägerin nicht nachträglich genehmigt (§ 185 Abs. 2 Satz 1 BGB). Eine solche Genehmigung ist von der Klägerin weder behauptet worden noch lässt sie sich aus den Umständen des Streitfalls erschließen. Alleine die Behauptung der Klägerin, die Zahlung der Bank habe zu ihren Gunsten Erfüllungswirkung gehabt, beinhaltet keine konkludente Genehmigung der Zahlung zu ihren Gunsten. Vielmehr ist aus dem Schreiben der Klägerin vom 09.03.2003, mit dem sie ihren Einspruch aufrecht erhielt, zu schließen, dass eine Genehmigung gerade nicht gewollt war; denn sie führt an, dass es das Finanzamt nicht zu interessieren habe, ob die Überweisung die Bank schadensersatzpflichtig gemacht habe. Da die gepfändete Forderung der Klägerin somit auch nicht durch eine Genehmigung zustand, war sie wirkungslos (vgl. BGH-Urteil vom 26.05.1987 IX ZR 201/86, NJW 1988, 495).

c) Daraus folgt, dass das Finanzamt verpflichtet war, den ohne Rechtsgrund von der Bank an sie gezahlten Betrag von 106,76 DM nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO an die Bank zurückzureichen (vgl. Pahlke/Koenig/Koenig, a.a.O., § 37 Rz. 15). Denn die Pfändung erfasste nicht das Konto der Klägerin als der Vollstreckungsschuldnerin, so dass wegen der Unwirksamkeit der Pfändung die Bank ohne Rechtsgrund gezahlt hatte. Die Bank wollte im Vollstreckungsverfahren eine eigene Verpflichtung und nicht vorrangig als Dritte im Sinne von § 48 Abs. 1 AO die Steuerschuld der Klägerin erfüllen. Die Zahlung war daher in dem Abrechnungsbescheid nicht als Tilgung der Steuerschulden der Klägerin gemäß §§ 47, 224 AO zu berücksichtigen.

Die Klage konnte somit keinen Erfolg haben.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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