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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: II 342/2005
Rechtsgebiete: UStG 1999, UStG, 6. EG-Richtlinie 77/388/EG, BGB


Vorschriften:

UStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG 1999 § 3 Abs. 1
UStG § 17 UStG
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 3
6. EG-Richtlinie 77/388/EG Art. 5 Abs. 1
6. EG-Richtlinie 77/388/EG Art. 20 Abs. 1 Buchst. b
BGB § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

II 342/2005

Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2003

In dem Rechtsstreit

hat der II. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

...

am 29.01.2007 beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2003 wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Gründe:

I.

In dem Hauptsacheverfahren ist streitig, ob das Finanzamt zu Recht die Umsatzsteuerfestsetzung für 2003 mit Bescheid vom 24.03.2005 geändert und die Umsatzsteuerschuld um ... EUR erhöht hat. Gegenstand des Streites ist die umsatzsteuerliche Würdigung der Kündigung des Finanzierungs-Leasingvertrages über einen gebrauchten Hubschrauber.

Die Antragstellerin (Ast) ist eine Aktiengesellschaft, die mit Sitz und Geschäftsleitung in A. mit notarieller Urkunde am 04.04.1997 errichtet wurde. Sie firmiert seit dem 30.10.2006 unter der Handelsfirma "B. AG" und hat den Ort der Geschäftsleitung nach C., D.-Str. 3 verlegt. Gegenstand ihres Unternehmens ist vorrangig die Durchführung von Gütertransporten mit Helikoptern.

Die Ast schloss am 25.09.2001 mit der Firma E. AG, F., Schweiz, eine als Finanzierungs-Leasingvertrag bezeichnete Vereinbarung über die Überlassung eines gebrauchten Hubschraubers vom Typ Bell 407 mit einer Laufzeit von 4 Jahren beginnend ab 01.10.2001 und einer Kaufoption nach Ablauf des Leasingvertrages zum Restkaufwert zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. In dem Vertrag wurde der Kaufpreis des Hubschraubers mit einem Nettobetrag von ... DM und der Restkaufwert mit einem Nettobetrag von ... DM bestimmt. Die monatlichen Leasingraten wurden mit einem Nettobetrag von ... DM vereinbart. Die Firma E. stellte der Ast unter dem 25.09.2001 eine berichtigte Pro-forma-Rechnung über den Hubschrauber in Höhe von zuzüglich 16% Mehrwertsteuer von ... DM. Der Hubschrauber wurde der Ast in Deutschland übergeben. Im Einzelnen wird auf den Vertrag und die Rechnung vom 25.09.2001 verwiesen. Entsprechend der Bestimmungen des "Leasing-Erlasses" vom 19.04.1971 (BMF BStBl. I 1971, 264) wurde der Hubschrauber der Ast zugeordnet und in ihrer Bilanz aktiviert. Hinsichtlich der Umsatzsteuer wurde die Überlassung des Hubschraubers als Lieferung an die Ast angesehen (BFH-Urteil vom 01.10.1970 V R 49/70, BStBl. II 1971, 34; A 25 Abs. 4 UStR). Dementsprechend machte die Ast Vorsteuern von zunächst ... DM in der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2001 vom 16.05.2003 und einen weiteren Vorsteuerbetrag von ... DM in der berichtigten Umsatzsteuerjahreserklärung für 2003 vom 16.06.2003, also insgesamt die in der Pro-forma-Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer von ... DM geltend; den Erstattungsbetrag von ... EUR, der sich aufgrund der Steuerfestsetzung nach der Berichtigungserklärung ergab (vgl. Mitteilung für Umsatzsteuer 2001 vom 13.09.2004), wurde an das für die Besteuerung der Firma E. in Deutschland zuständige Finanzamt G. aufgrund der Abtretung vom 26.03.2003 ausgezahlt.

In der Folgezeit zahlte die Ast 27 Monatsraten agrave ... DM, insgesamt ... DM an die Firma E.. Mit Schreiben vom 22.12.2003 kündigte die Firma E. den Finanzierungs-Leasingvertrag aus wichtigem Grund, weil es mit den deutschen Finanzämtern nicht hinnehmbare Schwierigkeiten gebe, der abgetretene Forderungsbetrag von ... EUR nicht erstattet worden sei und die Ast keine Lizenz mehr als Luftfahrtunternehmen habe. Daraufhin übergab die Ast den Helikopter am 27.12.2003 in H., Österreich, an die Firma E.. In dem Übernahmeprotokoll wurde vereinbart, dass die Parteien weitergehende Ansprüche wechselseitig nicht mehr stellen werden.

Die Firma E. machte dementsprechend bei dem Finanzamt G. in der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2003 eine Umsatzberichtigung für frühere Kalenderjahre in Höhe von ... EUR geltend und errechnete einen Erstattungsanspruch von ... EUR. Sie ging dabei von einer Minderung der Bemessungsgrundlage in Höhe von ... DM aus, die sich aus dem Abzug der empfangenen Zahlungsraten von ... DM von der in der Pro-forma-Rechnung ausgewiesenen Nettozahlungsverpflichtung von ... DM errechnete. Das Finanzamt G. entsprach der Umsatzsteuererklärung und erstattete den Betrag von ... EUR an die Firma E..

Demgegenüber beantragte die Ast bei dem Antragsgegner, die in dem Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 13.09.2004 vorgenommene Steuerfestsetzung zu ändern, weil die Kündigung des Leasingvertrages unter Berücksichtigung des Urteils des BFH vom 13.11.2003 (V R 79/01, BFH/NV 2004, 685)) ein Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstelle. Den Antrag wies das Finanzamt mit Bescheid vom 16.03.2005 zurück, weil es davon ausging, dass die Kündigung des Vertrages im Jahre 2003 zu einer Rücklieferung geführt habe.

Die Ast reichte am 30.09.2004 die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2003 ein und berechnete eine Umsatzsteuerzahllast von ... EUR; in der Erklärung berücksichtigte sie den Vorgang der Kündigung des Finanzierungs-Leasingvertrages nicht. Das Finanzamt stimmte der Erklärung zunächst zu, so dass sie einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (§ 168 AO). Mit Bescheid vom 24.03.2005 änderte das Finanzamt gemäß § 164 Abs. 2 AO die Umsatzsteuerfestsetzung für 2003, erhöhte die steuerpflichtigen Umsätze zu 16% um .........EUR wegen der Kündigung des Finanzierungs-Leasingvertrages und setzte eine Umsatzsteuerschuld von ... EUR fest; dies führte zu einem Nachzahlungsbetrag von ... EUR.

Über den fristgemäß eingelegten Einspruch hiergegen hat das Finanzamt noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2003 vom 24.03.2005 lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 21.11.2005 ab.

Die Ast stellt nun bei Gericht den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2003 vom 24.04.2005.

Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:

Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bereits deshalb, weil sich das Finanzamt bei der Beurteilung der rechtlichen Folgen der Kündigung des Leasingvertrages nicht im Klaren sei, ob die Berichtigung der Umsatzsteuer als Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG oder als Rücklieferung im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG anzusehen sei. Im Streitfall sei jedoch keine Berichtigung vorzunehmen.

Bei dem Leasingvertrag, der zwischen dem Leasinggeber mit Sitz in der Schweiz und ihr, der Ast als Leasingnehmer mit Sitz in Deutschland, abgeschlossen worden sei, handele es sich unter der Geltung der deutschen Rechtsordnung um einen Mietvertrag, auf den, soweit keine ausdrücklichen Regelungen getroffen wurden, die Regeln des Mietrechts gemäß §§ 535 BGB ff Anwendung fänden. Bei Beendigung des Leasingvertrages sei der Mietgegenstand nach § 546 BGB zurückzugeben, soweit der Leasingnehmer nicht von einem ihm eingeräumten Recht zur Übernahme des Leasinggegenstandes Gebrauch mache. Die Rückgabepflicht des Mieters/Leasingnehmers sei der Ausfluss des ursprünglich auf eine Nutzungsüberlassung auf Zeit gerichteten Vertrages. Der Anspruch des Leasinggebers auf Rückgabe des Leasinggegenstandes sei auch nicht Teil eines ihm gegebenenfalls wegen ausstehender Leasingraten zustehenden Schadenersatzanspruches.

Danach sei keine der vom Finanzamt vertretenen Auffassungen zutreffend. Die vorliegende vorzeitige Kündigung des Leasingvertrages wirke sich zivilrechtlich nicht auf die ursprüngliche Lieferung aus. Der Rückgabeanspruch des § 546 BGB habe nichts mit dem ursprünglichen Liefergeschäft zu tun, sondern entstehe unabhängig vom Anlass der Vertragsbeendigung. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde im Streitfall könne daher nicht eine Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG sein. Erst recht liege keine erneute steuerpflichtige Rücklieferung vor, denn die Rückgabe des Leasinggegenstandes sei Pflicht des Leasingnehmers und keine steuerbare Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.

Auch auf die Vorschrift des § 17 Abs. 1 UStG könne die Berichtigung nicht gestützt werden, weil insoweit Voraussetzung sei, dass sich die ursprüngliche Bemessungsrundlage geändert habe. Dies sei bei einer vorzeitigen Kündigung aus wichtigem Grunde aber nicht der Fall. Denn die Kündigung beende als Gestaltungsrecht den Vertrag mit Wirkung ex nunc, lasse die Wirksamkeit des Vertrages jedoch unberührt.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides ergäben sich auch unter dem Gesichtspunkt, wie Finanzierungs-Leasingverträge nach der 6. EG-Richtlinie zu beurteilen seien. So sei nicht geklärt, was als Gegenstand eines Finanzierungs-Leasingvertrages anzusehen sei, etwa die Lieferung des Gegenstandes oder die Nutzung des Gegenstandes als sonstige Leistung. Zweifel ergäben sich insbesondere aus der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21.03.2002 C 451/99, HFR 2002, 663), in dem die Leistung des Leasinggebers nicht als Liefergeschäft, sondern als Dienstleistung qualifiziert worden sei. Ungeklärt sei auch, ob die Kündigung eines Leasingvertrages als Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs im Sinne des Art. 20 Abs. 1 Buchstabe b der 6. EG-Richtlinie anzusehen sei.

Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsauffassung zu Finanzierungs-Leasingverträgen aus ertragsteuerlichen Gesichtspunkten heraus entwickelt worden sei. Die umsatzsteuerliche Betrachtung folge dem lediglich. Ob dies im Einklang mit den Vorgaben der 6. EG-Richtlinie stehe, sei jedenfalls auch zweifelhaft.

Das Finanzamt beantragt,

den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzuweisen.

Zur Begründung trägt es Folgendes vor:

Unstreitig sei aufgrund der Bestimmungen des Leasingerlasses der Hubschrauber dem Unternehmen der Ast zugeordnet worden, so dass die Übergabe des Leasinggegenstandes umsatzsteuerlich als Lieferung gleich einem Kreditkauf zu beurteilen gewesen sei (BFH-Urteil vom 01.10.1970 V R 49/70, BStBl. II 1971, 34; A 25 Abs. 4 UStR). Ausgehend davon sei das Entgelt mit 3.136.000 DM ermittelt und in Rechnung gestellt worden; die ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... DM habe die Ast im Voranmeldungszeitraum September 2001 als Vorsteuer abgezogen.

Aufgrund der außerordentlichen Kündigung des Leasing-Vertrages im Dezember 2003 verringere sich die ursprüngliche Bemessungsgrundlage; die neue Bemessungsgrundlage könne nunmehr aus den tatsächlich gezahlten Leasingraten errechnet werden. Dabei sei die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten sei. Daraus folge, dass der ursprünglich entstandene Steueranspruch im Jahr 2001 nicht berührt werde (BFH-Urteil vom 24.08.1995 V R 55/94, BStBl. II 1995, 808). Die Berichtigung sei daher zu Recht im geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2003 erfolgt.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides für 2003 bestehen. Nach überschlägiger Prüfung hat das Finanzamt zu Recht im Streitjahr eine Änderung der Bemessungsgrundlage des Leasinggeschäftes nach § 17 UStG vorgenommen; auch an der zutreffenden Berechnung der Besteuerungsgrundlagen bestehen keine Zweifel.

1. Auf Antrag kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen (§ 69 Abs. 7 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn eine überschlägige Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit und Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. Beschlüsse vom 10.02.1967 III B 9/66, BStBl. III 1967, 182 und vom 19.05.1999 V B 5/99, BFH/NV 1999, 1495).

Die Entscheidung im Aussetzungsverfahren ist auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zu fällen. Die Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen ist nur soweit erforderlich, dass entschieden werden kann, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Dabei sind nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 28.07.1987 V B 68/86, BFH/NV 1988, 198 und vom 22.03.1988 VII R 39/84, BFH/NV 1990, 133).

2. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1999 geändert, so hat der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Diese Berichtigung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Dies gilt sinngemäß, wenn eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 3, Abs. 2 Nr. 3 UStG 1999).

Lieferungen eines Unternehmers sind gem. § 3 Abs. 1 UStG 1999 Leistungen, durch die er den Abnehmer befähigt, über einen Gegenstand zu verfügen. Diese Verschaffung der Verfügungsmacht besteht darin, den Abnehmer zu befähigen, wie ein Eigentümer über den körperlichen Gegenstand zu verfügen (Artikel 5 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie). Sie setzt die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag des Gegenstandes voraus, ist aber nicht notwendig mit der Übertragung des bürgerlich rechtlichen Eigentums verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 09.02.2006 V R 22/03, BStBl. II 2006, 727 m.w.N.).

Ob bei einem Leasinggeschäft eine Übertragung der Verfügungsmacht vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Dieses ergibt sich aus dem von den Vertragspartnern nach den vertraglichen Vereinbarungen vorgesehenen normalen und störungsfreien Ablauf des Leasinggeschäftes. Eine für alle Erscheinungsformen des Leasing einheitliche Beurteilung ist dabei nicht möglich, weil sich beim Leasinggeschäft Elemente mehrerer zivilrechtlicher Vertragstypen in unterschiedlicher Gewichtung miteinander verbinden können. Die Frage nach den umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen kann nur auf der Grundlage der konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung beantwortet werden (vgl. bereits BFH-Urteil vom 01.10.1970 V R 49/70, BStBl. II 1971, 34; BFH-Urteil vom 09.02.2006 V R 22/03, a.a.O.). In der Form des Finanzierungs-Leasings etwa behält sich der Leasinggeber das Volleigentum an dem Gegenstand vor und verpflichtet sich, dem Leasingnehmer während der vereinbarten Leasingdauer den Gebrauch des Gegenstandes zu überlassen und zu gewähren (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.1995 V R 55/94, BStBl. II 1995, 808; Fritsch in Reiß/Kreußel/Langer, UStG-Kommentar, § 3 Rz. 173; Lange, Umsätze bei Sale and Leas Back Geschäften, UR 2004, 574, III. 1. B, bb).

Ob beim Scheitern eines Leasinggeschäftes die Leistung gem. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht worden ist, oder ob eine Rücklieferung vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die Beteiligten ein neues Umsatzgeschäft eingehen und der Leasingnehmer als Empfänger der Hinlieferung dieses dadurch erfüllt, dass er dem ursprünglichen Lieferer (Leasinggeber) die Verfügungsmacht an den hingelieferten Gegenstand in Erwartung einer Gegenleistung überträgt (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.1995 V R 27/94, BStBl. II 1995, 756).

3. Der angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2003 erweist sich unter Berücksichtigung dieser Grundsätze jedenfalls bei überschlägiger Prüfung als rechtmäßig. Denn das Finanzamt hat in der Kündigung des Leasingvertrages und in der Rückgabe des Leasinggegenstandes zutreffend eine Änderung der Bemessungsgrundlage gem. § 17 UStG angenommen, die für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen war, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.

a) Der Vertragsschluss der Ast mit der Firma E. am 25.09.2001 stellt sich unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung des Geschäftes als Finanzierungs-Leasingvertrag dar. Das Gericht wertet die Vereinbarung nicht vorrangig als Mietvertrag (§ 535 BGB alt) sondern als Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt (§§ 433, 455 BGB alt) mit einer Ratenzahlung des Kaufpreises und einer Option zum Eigentumserwerb. Denn in dem Vertrag wird ausdrücklich von einem Kaufpreis des Leasinggegenstandes gesprochen und in der berichtigten Pro-Forma-Rechnung ist der Gesamtkaufpreis ausgewiesen. Es war daher unter den Bedingungen des Vertrages die Übergabe des Hubschraubers an die Ast als eine Lieferung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UStG anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 01.10.1970 V R 49/70, a.a.O., dort Tz. 3). Dieses Ergebnis deckt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auch mit den Vorstellungen der Vertragsparteien und der betroffenen Finanzbehörden. Denn sie gingen einverständlich von der Anwendung des Leasingerlasses und der Zuordnung des Hubschraubers bei der Ast aus; dieser wurde der gesamte Vorsteuerabzug im Besteuerungszeitraum der Lieferung gewährt (§§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG).

b) Durch die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses und die einvernehmliche Rückgabe des Hubschraubers am 27.12.2003 an den Leasinggeber (Firma E.) ist die steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG. Denn durch die letztlich einvernehmliche Beendigung des Leasingvertrages kam es zu einem Rückgewährschuldverhältnis in Erledigung dessen die Ast die Verfügungsmacht wieder auf den Leasinggeber zurückübertragen hat. Dabei ist es unerheblich, ob sich dieses Rückgewährschuldverhältnis an mietrechtliche Vorschriften (vgl. § 556 Abs. 1 BGB alt) oder an den schuldrechtlichen Regelungen des § 346 BGB alt anlehnt (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, UStG-Kommentar, § 17 Rz. 160). Denn nach dem erklärten Willen der Vertragsparteien wurde der Leasinggegenstand ohne weitergehende wechselseitige Ansprüche zurückgegeben. Damit ist jedenfalls eine selbständige ggf. steuerbare Rücklieferung des Hubschraubers an die Firma E. in Erwartung einer bestimmten Gegenleistung nicht erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.1995 V R 27/94, a.a.O.). Ohne Bedeutung ist, ob das Finanzamt die Änderung der Bemessungsgrundlage auf die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Nr. 2 oder § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG stützte, weil es im Ergebnis zu der zutreffenden Umsatzsteuerfestsetzung gekommen ist.

c) Zutreffend hat das Finanzamt die Berichtigung des der Klägerin im Jahre 2001 gewährte Vorsteuerabzugs im Streitjahr 2003 vorgenommen. Dies ergibt sich bereits eindeutig aufgrund der gesetzlichen Bestimmung in § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG; nach dem die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen ist, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage, also hier die Rückabwicklung des Leasinggeschäftes aufgrund der Kündigung eingetreten ist; denn erst durch die Übergabe am 27.12.2003 verlor die Ast die Verfügungsmacht über den Hubschrauber und damit die Gebrauchsmöglichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.1995 V R 55/94, BStBl. II 1995, 808; vgl. Klenk in Sölch/Ringleb a.a.O. § 17 Rz. 7, 87, 165). Es entspricht einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass § 17 UStG eine eigenständige Korrekturvorschrift darstellt, die der allgemeinen Regelung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorgeht (vgl. Pahlke/König, AO-Kommentar, § 175 Rz. 35). Die von der Klägerin angeführte Entscheidung des BFH (Urteil vom 13.11.2003 V R 79/01, BFH/NV 2004, 685) betraf den besonderen Fall der Entstehung der Umsatzsteuer bei nachträglicher Rechnungserstellung und ist mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt in keiner Weise vergleichbar.

4. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides erheben sich auch nicht im Hinblick auf die Regelungen der 6. EG-Richtlinie. Danach bestimmt Artikel 5 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie, dass als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung gilt, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Danach ist die Verschaffung der Verfügungsmacht nicht notwendig mit dem Begriff des bürgerlich rechtlichen Eigentums gem. § 903 BGB verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 09.02.2006 V R 22/03, a.a.O.). Ob bei Leasingverträgen mit Finanzierungsfunktion vergleichbar der im Streitfall vorliegenden Vereinbarung eine Lieferung anzunehmen ist, obliegt der Beurteilung des nationalen Gerichts (vgl. Martin in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 3 Rz. 97). Auch hinsichtlich der Bestimmungen in Artikel 11 Teil C Abs. 1 und Artikel 20 Abs. 1 Buchstabe a und b der 6. EG-Richtlinie hat das Gericht keine Bedenken, dass die Vorschriften in § 17 UStG und den für den Streitfall maßgeblichen Vorschriften zutreffend umgesetzt worden sind. Die zugrunde liegenden Vorschriften der 6. EG-Richtlinie eröffnen ausreichenden Raum zur Entscheidung über mögliche nationale Regelungen bei Leasinggeschäften. Danach verbleibt es der Entscheidung im Einzelfall, ob ein Leasinggeschäft als Lieferung oder als sonstige Leistung zu bewerten ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Ast angeführten Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21.03.2002 C 451/99, HFR 2002, 663).

5. Schließlich kommt auch eine Aussetzung der Vollziehung aus Billigkeitsgründen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 2. alt FGO) nicht in Betracht. Denn für den Streitfall ist zu berücksichtigen, dass der Ast bereits in 2001 ein Vorsteuerbetrag von ... DM bezogen auf den gesamten Kaufpreis von ... DM gewährt worden war, obgleich sie diesen gerade nicht bezahlt hat, sondern lediglich ein Entgelt von insgesamt ... DM bis zur Rückgängigmachung des Geschäftes aufwenden musste. Zudem ging die Ast selbst von einer Rückzahlungsverpflichtung aus, als sie beantragte, wegen der Kündigung des Leasingvertrages die Umsatzsteuerfestsetzung für 2001 zu ändern.

Danach konnte der Antrag unter keinem Gesichtspunkt erfolgreich sein.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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