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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 22.03.2007
Aktenzeichen: IV 249/06
Rechtsgebiete: BewG, AO 1977
Vorschriften:
BewG § 22 Abs. 1 | |
BewG § 84 | |
AO 1977 § 110 | |
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2 |
Finanzgericht Nürnberg
Einheitsbewertung
In dem Rechtsstreit
hat der IV. Senat des Finanzgerichts Nürnberg
aufgrund mündlicher Verhandlung am 22.03.2007
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Die Klägerin erwarb mit notarieller Urkunde vom 14.12.1990 das damals noch unbebaute und 5.388 qm große Grundstück Fl.Nr. xxx in A. zum Kaufpreis von 12,50 DM/qm. Das Grundstück liegt im Gewerbegebiet B. der Gemeinde A. und ist im Bebauungsplan vom 30.10.1993 als Bauland ausgewiesen.
Das Finanzamt bewertete im Wege der Nachfeststellung auf den 01.01.1991 das Grundstück als unbebautes Grundstück, rechnete es der Klägerin zu und stellte den Einheitswert auf 21.500 DM fest. Den Bodenwert legte es dabei mit 4 DM/qm zugrunde.
Auf dem Grundstück wurde zunächst eine Ende 1993 fertiggestellte Montagehalle mit Büro und Sozialräumen errichtet und später ein Anbau mit Lager und Abstellhalle. Nachdem dazu trotz Aufforderung durch das Finanzamt eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts nicht abgegeben wurde, führte das Finanzamt mit Bescheiden vom 08.02.1999 zum einen auf den 01.01.1994 eine Wert- und Artfortschreibung durch, traf hierbei die Artfeststellung Geschäftsgrundstück und stellte den Einheitswert auf 147.100 DM fest und zum andern eine Wertfortschreibung auf den 01.01.1996, mit der es den Einheitswert zu diesem Stichtag auf 179.300 DM feststellte. In beiden Bescheiden setzte es den Bodenwert mit 12 DM/qm an. In einer Anlage zum Einheitswertbescheid auf den 01.01.1994 führte es dazu aus, dass der Wert für ein erschlossenes Grundstück in A. zwischen 12 DM bis 15 DM/qm liege und daher der Bodenwert mit 12 DM/qm angesetzt werde. Die Klägerin erhob gegen beide Einheitswertbescheide vom 08.02.1999 Einspruch, begründete diesen trotz Aufforderung durch das Finanzamt beide Mal jedoch nicht. Mit bestandskräftigen Entscheidungen vom 06.05.1999 wies das Finanzamt die Einsprüche gegen die Einheitswertbescheide auf den 01.01.1994 und 01.01.1996 als unbegründet zurück.
Mit als "Antrag auf Einheitswertänderung/Fortschreibung" bezeichnetem Schreiben vom 20.12.2005 beantragten die Klägerin für ihr Grundstück und ihr Sohn für sein angrenzendes Grundstück Änderung der bisherigen Einheitswertbescheide. Sie führten dazu aus, dass auf den Grundstücken ein sogenanntes Antennenmessfeld mit insgesamt drei aufgebauten Antennenmasten für Nahfeld- und Fernfeldmessung bestehe und die Verbindungsstrecke zwischen den Antennen völlig frei sein müsse, um störungs- und fälschungsfreie Messungen vornehmen zu können. Daher könne auf dem Grundstück der Klägerin eine Teilfläche von 2.096 qm nicht bebaut werden.
Den Antrag der Klägerin lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 01.03.2006 ab und führte dazu aus, dass dem Antrag auf Wert- und Artfortschreibung nicht entsprochen werden könne, weil eine solche nur bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks in Betracht käme. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liege jedoch nicht vor, weil zum einen das Grundstück im Bebauungsplan als Bauland festgesetzt und gemäß § 69 Abs. 3 BewG dem Grundvermögen zuzurechnen sei und zum andern die zulässige Bebauung mit Antennenmasten und das sich daraus ergebende Antennenmessfeld zu keiner Minderung des Bodenwerts führe. Den dagegen eingelegten Einspruch der Klägerin wies das Finanzamt mit Entscheidung vom 28.06.2006 als unbegründet zurück.
Die Klägerin wandte sich gegen die Einspruchsentscheidung mit Schreiben an das Finanzamt. Bei einer Besprechung am 27.07.2006 teilte das Finanzamt dem Ehemann der Klägerin mit, dass der Ansatz des Bodenwerts mit 12 DM/qm unzutreffend sei und das innerhalb eines Bebauungsplans gelegene Grundstück bei der Einheitsbewertung vielmehr zutreffend mit nur 4 DM/qm anzusetzen sei.
Die Klägerin hat wegen der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2006 sowie des vorausgegangenen Ablehnungsbescheids Klage erhoben. Sie beantragt, den Ablehnungsbescheid vom 01.03.2006 und die Einspruchsentscheidung hierzu vom 28.06.2006 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, die Einheitswertfeststellung für das streitige Grundstück ab 01.01.1996 dahin zu ändern, dass der Einheitswert unter Ansatz des Bodenwerts mit 4 DM/qm ab diesem Zeitpunkt bis zum 01.01.2006 niedriger festgestellt wird.
Mit Wertfortschreibungsbescheid auf den 01.01.2006 vom 09.11.2006 hat das Finanzamt den Einheitswert für das Grundstück auf 74.035 EUR (= 144.800 DM) festgestellt. Es hat in dem Bescheid den Bodenwert mit 4 DM/qm angesetzt und in den Erläuterungen darauf hingewiesen, dass der Bescheid die Einspruchsentscheidung vom 28.06.2006 ändere.
Zur Begründung ihrer Klage bringt die Klägerin im Wesentlichen vor:
Im Antrag vom 20.12.2005 auf Änderung des Einheitswerts sei bereits dargelegt worden, dass ein Teil des Grundstücks wegen des Antennenmessfelds nicht bebaubar sei. Wegen der nicht bebaubaren Grundstücksfläche für das Antennenmessfeld sei dem Antrag vom 20.12.2005 ein Beratungsgespräch bei der Außenstelle C. des Finanzamts vorangegangen. Bei diesem Gespräch sei ihr und ihrem Sohn nahegelegt worden, den Antrag auf Änderung des Einheitswerts zu stellen. Während ihr Antrag vom 20.12.2005 abgelehnt worden sei, sei dem Antrag ihres Sohnes durch die Außenstelle C. entsprochen worden. Selbst wenn das Gericht in diesem Punkt nicht der Auffassung der Außenstelle C. folge, habe das Finanzamt ihre bisher entstandenen Kosten zu tragen. Denn es gebe keinen vernünftigen Grund, dass der Staat für falsch erteilte Auskünfte nicht haften solle. Bei der Besprechung am 27.07.2006 sei ihr von der Sachbearbeiterin mitgeteilt worden, dass bei Überprüfung des Sachverhalts festgestellt worden sei, dass in der Vergangenheit der Bodenwert fälschlich mit 12 DM/qm statt mit 4 DM/qm angesetzt worden sei. Nach § 173 AO seien aber Steuerbescheide und entsprechend Einheitswertbescheide zu ändern, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorlägen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran treffe, dass diese erst nachträglich bekannt geworden seien. Nur dem Finanzamt, welches die Bodenwerte im Einheitswertbescheid ansetze, lägen die entsprechenden Gutachten und Tabellen dazu vor. Der Bürger müsse davon ausgehen können, dass die Behörde gewissenhaft arbeite. So sei ein von ihr an die zuständige Verwaltungsgemeinschaft gerichtetes Auskunftsbegehren vom 28.07.2006 bisher unbeantwortet geblieben. Unter diesen Umständen treffe sie kein Verschulden, wenn sie auf die von einer staatlichen Behörde im Bescheid angesetzten Bodenwerte vertraue. Unbestritten sei, dass zum einen das Finanzamt falsche Bodenwerte angesetzt und rückwirkend berechnet habe und ihm zum andern erst im Einspruchsverfahren diese Tatsachen/Beweismittel bekannt geworden seien. Wenn das Finanzamt 1999 die Möglichkeit gehabt habe, den Bodenwert rückwirkend auf den 01.01.1994 falsch festzustellen, müsse es diese Feststellung rückwirkend auch zugunsten des Steuerpflichtigen wieder ändern können. Der Grundsatz von Treu und Glauben verbiete es dem Finanzamt willkürlich vorzugehen. Es habe durchaus die Möglichkeit, die Angelegenheit ohne Antragstellung nach § 110 AO abzuhandeln.
Das Finanzamt beantragt dagegen
Klageabweisung.
Zur Begründung bringt es im Wesentlichen vor, dass hinsichtlich der von der Klägerin begehrten Änderung der bisherigen Einheitswertfeststellung wegen der teilweisen Nutzung des Grundstücks als Antennenmessfeld lediglich eine Fortschreibung nach § 22 Abs. 4 Nr. 1 BewG wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in Betracht komme. Eine solche sei jedoch abgelehnt worden, weil sich durch die Errichtung der Messantennen keine bewertungsrelevanten Änderungen ergeben hätten. Das durch die Errichtung der Antennen geschaffene Messfeld sei durch den eigenen Gewebebetrieb der Familie der Klägerin verursacht. Die Beeinträchtigung des Grundstücks liege damit in ihrem Verantwortungsbereich. Durch die Person des Eigentümers begründete Verfügungsbeschränkungen hätten jedoch als lediglich persönliche Verhältnisse für die Bestimmung des gemeinen Werts unberücksichtigt zu bleiben (§ 9 Abs. 2 Satz 3 BewG). Der im Rahmen des Einspruchsverfahrens festgestellte fehlerhafte Ansatz des Bodenwerts sei inzwischen im Wege einer fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung auf den 01.01.2006 korrigiert worden. Eine Feststellung auf einen früheren Zeitpunkt sei allerdings nicht möglich.
Von Seiten der Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden, dass die Antennenmasten, soweit erinnerlich, im Jahr 1998 errichtet worden sind.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt (§ 79a Abs. 3, 4 FGO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Das Finanzamt hat zu Recht den Antrag der Klägerin vom 20.12.2005 auf Fortschreibung bzw. Änderung der letzten Einheitswertfeststellung wegen Beeinträchtigung einer Teilfläche des Grundstücks durch ein Antennenmessfeld abgelehnt. Hinsichtlich der durch das Antennenmessfeld beeinträchtigten Teilfläche des Grundstücks sind im Sinn des Klageantrags weder die Voraussetzungen für eine Fortschreibung des Einheitswerts nach § 22 BewG noch für eine Änderung der letzten Einheitswertfeststellung vom 08.02.1999 gegeben.
a) Der Einheitswert wird nach § 22 Abs. 1 BewG im Wege einer Wertfortschreibung neu festgestellt, wenn der in DM ermittelte und auf volle 100 DM abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunktes nach unten um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 500 DM, oder um mehr als 5.000 DM abweicht. Eine Fortschreibung des Einheitswerts findet auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BewG). Eine Fortschreibung ist vorzunehmen, wenn dem Finanzamt bekannt wird, dass die Voraussetzungen für sie vorliegen. Einer Fortschreibung werden die tatsächlichen Verhältnisse im Fortschreibungszeitpunkt und die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt, dem 01.01.1964, zugrunde gelegt (§ 22 Abs. 4 Satz 2 BewG). Gemäß § 22 Abs. 4 Satz 3 BewG ist Fortschreibungszeitpunkt bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt, und bei einer Fortschreibung zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, bei einer Erhöhung des Einheitswerts jedoch frühestens der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird. Eine Fortschreibung des Einheitswerts führt von ihren Voraussetzungen her zwingend zu einer Neufeststellung des Einheitswerts auf einen späteren Stichtag als in dem zuletzt festgestellten Einheitswert.
In dem Entstehen des Messfelds durch die Errichtung der Antennen und der dadurch nach Angaben der Klägerin bedingten Unbebaubarkeit einer Teilfläche ihres Grundstücks von 2.096 qm liegt keine für den Wert des Bodenwerts maßgebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Für das im Sachwertverfahren (§ 83 ff. BewG) bewertete Grundstück der Klägerin ist bei Ermittlung des Grundstückswerts vom Bodenwert, dem Gebäudewert und dem Wert der Außenanlagen auszugehen. Der Grund und Boden ist dabei nach § 84 BewG mit dem Wert anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre. Der Grund und Boden des bebauten Grundstücks ist demnach zur Ermittlung des Einheitswerts des bebauten Grundstücks mit dem Wert eines fiktiv unbebauten Grundstücks anzusetzen. Der Wert des fiktiv unbebauten Grundstücks wird aber nicht durch seine Bebauung beeinträchtigt. Für den anzusetzenden Wert macht es daher keinen Unterschied, ob die jeweilige Teilfläche des Grundstücks mit einem Gebäude bebaut ist, eine Freifläche oder eine Hoffläche bildet oder wegen der bestehenden Gebäude und sonstigen Einrichtungen während des Bestehens dieser Gebäude und Einrichtungen nicht mehr bebaut werden kann. Für die Wertermittlung als fiktiv unbebautes Grundstück nach § 84 BewG kommt es demnach nicht darauf an, ob eine bebaute Teilfläche oder eine unbebaute Teilfläche vorliegt und ob letztere unter der bestehenden Bebauung noch bebaut werden könnte oder nicht.
b) Auch soweit der Bodenwert im letzten Einheitswertbescheid statt mit 4 DM/qm mit 12 DM/qm angesetzt wurde und damit die Einheitswertfeststellung in materieller Hinsicht fehlerhaft war, kann der Ansatz des Grund und Bodens mit 12 DM/qm statt mit 4 DM/qm nicht für einen Stichtag vor dem 01.01.2006 durch Fortschreibung korrigiert werden. Denn es handelt sich bei diesem zu hohen Wertansatz um einen Fehler der letzten Wertfeststellung; davon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus. Ein solcher Fehler kann -wie durch den Wertfortschreibungsbescheid vom 09.11.2006 inzwischen geschehen- nach der ausdrücklichen Vorschrift in § 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG erst ab dem Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, durch Wertfortschreibung behoben werden. Der fehlerhafte Wertansatz im Einheitswertbescheid ist dem Finanzamt jedoch erst im Jahr 2006 (Besprechung vom 27.07.2006) bekannt geworden. Im Umfang der Fehlerbeseitigung ab 01.01.2006 ist der Ablehnungsbescheid vom 01.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2006 durch den Wertfortschreibungsbescheid vom 09.11.2006 eingeschränkt und damit modifiziert worden; nach den Erläuterungen im Wertfortschreibungsbescheid vom 09.11.2006 ändert dieser die Einspruchsentscheidung vom 28.06.2006.
Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die eine Fortschreibung zu einem früheren Stichtag ermöglichen würde, ist hinsichtlich des fehlerhaften Wertansatzes von 12 DM/qm statt 4 DM/qm für den Bodenwert nicht ersichtlich und nicht gegeben.
c) Wegen einer Beeinträchtigung durch das Antennenmessfeld kommt auch nicht eine Änderung der Einheitswertfeststellung auf den 01.01.1996 vom 08.02.1999 (oder den 01.01.1994) in Betracht.
Ein Steuerbescheid und ebenso ein Einheitswertfeststellungsbescheid (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO) ist nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Wie oben unter a) ausgeführt, bewirkt das Vorhandensein eines Antennenmessfeldes und eine nach Angaben der Klägerin dadurch bedingte Unbebaubarkeit des Grundstückteils keine Änderung des nach § 84 BewG maßgeblichen Bodenwerts. Das Antennenmessfeld und eine dadurch bedingte Unbebaubarkeit einer Teilfläche des Grundstück bilden demnach keine für die Einheitswertfeststellung i.S.d. § 173 AO relevante Tatsache. Davon abgesehen war bei Antragstellung im Jahr 2005 auch hinsichtlich des Feststellungsstichtags 01.01.1996 bereits Feststellungsverjährung eingetreten.
d) Das Finanzamt war ferner nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, den Antrag vom 20.12.2005 gegenüber der Klägerin abzulehnen, selbst wenn demselben Antrag ihres Sohnes für dessen Grundstück entsprochen worden ist. Das Finanzamt ist im Sinne einer Gleichbehandlung nicht verpflichtet, bei Ermittlung des Bodenwerts für ein bebautes Grundstück nach § 84 BewG objektiv fehlerhaft eine teilweise Unbebaubarkeit dieses Grundstücks aufgrund bestehender Anlagen auf dem Grundstück zu berücksichtigen. Es liegt auch keine entsprechende Zusage des Finanzamts vor. Nach dem Vorbringen seitens der Klägerin hat der Sachbearbeiter der Bewertungsstelle der Außenstelle C. bei einem Beratungsgespräch lediglich die Auskunft gegeben, dass das Antennenmessfeld bewertungsrechtlich unberücksichtigt bleiben müsse und die Stellung eines entsprechenden Antrags auf Änderung der Einheitswertfeststellung nahegelegt. Derartige Auskünfte binden das Finanzamt jedoch nicht. Die Klägerin hat aufgrund dieser Auskunft auch nicht für die Wertfeststellung dieses Grundstücks maßgebliche Dispositionen getroffen. Auch die Antennen waren bereits vor Erteilung der Auskunft errichtet worden.
e) Die Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrte Änderung der Einheitswertfeststellung bzw. deren Wertfortschreibung vor dem 01.01.2006 auch im Hinblick auf den fehlerhaften Ansatz des Bodenwerts ergeben sich schließlich auch nicht aus § 110 AO. Die Vorschrift gilt nicht für Fristen, die von einer Behörde einzuhalten sind; sie gilt damit nicht für die Festsetzung bzw. Feststellungsfristen (vgl. BFH-Urteil vom 19.08.1999 III R 57/98, BStBl. II 2000, 330; Tipke/Kruse, AO, § 110 Tz. 5).
2. Auch der Antrag auf Verpflichtung des Finanzamts, den Einheitswert ab 01.01.1996 bis 01.01.2006 nach einem Bodenwert von 4 DM/qm (um 2.300 DM) niedriger festzustellen, ist ohne Erfolg.
Obgleich dieses Begehren hinsichtlich der Auswirkung auf den Einheitswert dem Betrage nach in dem Antrag vom 20.12.2005 Platz findet, fehlt es dafür gleichwohl an einem entsprechenden Ablehnungsbescheid des Finanzamts und einem insoweit erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren (§ 44 Abs. 1 FGO). Der Antrag vom 20.12.2005 einschließlich der Einspruchsentscheidung hierzu betraf lediglich die Fortschreibung bzw. Änderung des Einheitswerts wegen der Beeinträchtigung durch das Antennenmessfeld. Ein fehlerhaft um 8 DM/qm zu hoher Ansatz des Bodenwerts im festgestellten Einheitswert wurde der Klägerin erst aufgrund der Besprechung beim Finanzamt am 27.07.2006 und damit nach Stellung ihres Antrags vom 20.12.2005 sowie der Einspruchsentscheidung dazu bekannt. Dieser Fehler bei Ansatz des Bodenwerts war daher weder Gegenstand ihres Antrags noch des Ablehnungsbescheids vom 01.03.2006 noch des Einspruchsverfahrens und der Einspruchsentscheidung hierzu.
Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass sich aus dem um 8 DM/qm zu hohen Ansatz des Bodenwerts in der Einheitswertfeststellung vom 08.02.1999 auch in der Sache keine Verpflichtung des Finanzamts ergibt, über die Fortschreibung des Einheitswerts auf den 01.01.2006 hinaus für die zurückliegende Zeit den Fehler in der Einheitswertfeststellung zu korrigieren. Wie bereits oben unter 1. a) und b) dargelegt, kann dieser Fehler durch Wertfortschreibung erst ab Beginn des Kalenderjahres, in dem er bekannt geworden ist, beseitigt werden. Der um 8 DM/qm zu hohe Ansatz des Bodenwerts in der Wertfeststellung hängt auch nicht im Sinn des § 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG mit einer Änderung der für den Bodenwert maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse zusammen.
Wegen des fehlerhaft um 8 DM/qm zu hoch angesetzten Bodenwerts liegen auch nicht die Voraussetzungen für eine Änderung der Einheitswertfeststellungen vom 08.02.1999 nach § 173 AO vor. Diese Vorschrift setzt nachträglich bekannt gewordene Tatsachen oder Beweismittel voraus, wobei sich letztere ebenfalls auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen beziehen müssen. Der anzusetzende Wert des fiktiv unbebauten Grundstücks als solcher ist jedoch keine Tatsache im Sinn des § 173 AO. Die geänderte Einstellung des Finanzamts zu dem für das Grundstück der Klägerin anzusetzenden Bodenwert beruht nicht auf erst später bekannt gewordenen tatsächlichen und für den Wert des Grundstücks bestimmenden Grundlagen. Vielmehr liegt wegen des um 8 DM/qm zu hohen Wertansatzes in den Bescheiden vom 08.09.1999 ein Rechtsfehler vor. Ein solcher kann nicht nach § 173 AO korrigiert werden. Eine Korrektur dieses Fehlers ist auch nicht durch Berichtigung der Bescheide vom 08.02.1999 nach § 129 AO möglich. Nach dieser Vorschrift kann das Finanzamt Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Besteht allerdings auch nur die Möglichkeit, dass ein Sach- oder Rechtsirrtum zu der Unrichtigkeit im Bescheid geführt hat, scheidet eine Berichtigung nach § 129 AO aus (vgl. Tipke/Kruse, AO, § 129 Tz. 13). Nachdem das Finanzamt in der Anlage zum Einheitswertbescheid vom 08.02.1999 den Ansatz des Bodenwerts mit 12 DM/qm statt zuvor 4 DM/qm näher erläutert hat, liegt ein solcher Irrtum vor und scheidet eine einem Schreib- und Rechenfehler ähnliche offenbare Unrichtigkeit aus. Davon abgesehen stünde einer Änderung der Bescheide vom 08.02.1999 auch der zwischenzeitliche Eintritt der Feststellungsverjährung entgegen.
3. Der Ersatz von Kosten, die der Klägerin durch den erfolglosen Antrag vom 20.12.2005 und den um 8 DM/qm zu hohen Ansatz des Bodenwerts entstanden sind, sind -soweit sie nicht unter die Entscheidung über die Kosten dieses Verfahrens fallen- nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Auch der Klageantrag umfasst solche Kosten nicht.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO. Die Klägerin hat danach die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil ihre Klage erfolglos geblieben ist.
Ende der Entscheidung
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