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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 15.01.2009
Aktenzeichen: IV 338/06
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 4. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 15.01.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin eine grunderwerbsteuerpflichtige Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG erlangt hat.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, an deren Vermögen die beiden Kommanditisten - die seit 28.09.2000 verheirateten Ehegatten A und B - jeweils zur Hälfte beteiligt sind (Grundbucheintragung vom 06.06.2003).

I.

Mit Kaufvertrag vom 25.06.1996 erwarben Herr A, seine Schwester C und deren Ehemann D die im Grundbuch des Amtsgerichts 2 Zweigstelle 1 von 1 eingetragenen Grundstücke mit den Flurnummern X1 ( Str. 3, Wohnhaus mit Gastwirtschaft), X2 ( Str. 1 ) und X2 /2 ( Str. 2 ) zu Miteigentum von 1/2 ( A ) bzw. jeweils 1/4.

Mit privatschriftlichem Vertrag vom 20.10.1996 gewährte der Miteigentümer A der Besitzgemeinschaft ein Darlehen in Höhe von 140.000 DM zur Ablöse der Rentenverpflichtung aus dem Kaufvertrag.

Am 08.12.1996 trafen die Miteigentümer eine privatschriftliche Vereinbarung, nach welcher das Grundvermögen gesamthänderisch gehalten wird, die Gesamthänder am laufenden Gewinn und Verlust im Verhältnis ihrer im Grundbuch festgehaltenen Bruchteile und am Vermögen und den daraus ausfließenden Erlösen im Veräußerungsfall im Verhältnis der von Ihnen aufgenommen Bankkredite von je 20/93 ( D und C ) sowie 53/93 ( A ) beteiligt sind. Der Darlehensvertrag vom 20.10.1996 galt uneingeschränkt fort.

Herr A stellte der Besitzgemeinschaft in den Jahren 1999 bis November 2002 weitere Darlehensbeträge in Höhe von insgesamt 21.250 EUR zur Verfügung.

II.

Mit notariellem Vertrag vom 18.01.2002 veräußerten die Miteigentümer das Grundstück an Frau E im Wege des Mietkaufs. Die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch datiert vom 31.01.2002.

III.

Da die Erwerberin im Kalenderjahr 2002 zu keinem Zeitpunkt die entsprechenden Raten erbrachte und die Erfüllung der Vereinbarung vom 18.01.2002 zweifelhaft erschien, die kreditierenden Banken den ursprünglichen Käufern mit der Kündigung der Kredite drohten und die Miteigentümer D und C die auf sie entfallenden Raten nicht erbringen konnten, wurde eine anderweitige Verwertungsstrategie hinsichtlich des Grundstücks entwickelt:

Mit § 2 der privatschriftlichen Einbringungsvereinbarung vom 20.01.2003 überließen die drei Eigentümer der Klägerin "den Grundbesitz dem Werte nach" (quoad sortem). Ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums oder ein Verfügungsrecht der Gesellschaft über das Eigentum war ausdrücklich nicht vorgesehen. Die Klägerin war nach § 3 des Vertrages u.a. berechtigt, das vertragsgegenständliche Grundstück in Besitz zu nehmen sowie in beliebiger Weise und zeitlich unbeschränkt zu nutzen, im Falle einer Veräußerung des Grundstücks den gesamten Veräußerungserlös zu vereinnahmen, auch soweit dieser durch eine Wertsteigerung bewirkt worden war, alle sonstigen Nutzungs- und Verwertungsbefugnisse eines Eigentümers auszuüben sowie alle Rechte aus der Vereinbarung vom 18.01.2002 entweder selbst im eigenen Namen oder im Namen der Eigentümer gegen die Käuferin geltend zu machen. Die "Verwertungsbefugnis" umfasste auch die Geltendmachung von Schadensersatz- und Nutzungsentschädigungsansprüchen aus der vorgenannten Vereinbarung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Eigentümer waren verpflichtet, Verfügungen über das Grundstück nur mit Zustimmung der Gesellschaft vorzunehmen (§ 3.2 des Vertrages). Sie waren von allen Verbindlichkeiten freizustellen (§ 4.1.4 des Vertrages), vereinbarten eine Zuzahlungsverpflichtung für den Fall der Rückabwicklung des Verkaufes vom 18.01.2002 und einer anschließenden Veräußerung (§ 8.1) und waren sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche gegenseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundbesitzes abgegolten und erledigt waren (§ 8.3 des Vertrages).

Aufgrund der Einlage erhöhte sich das Kapitalkonto II des Kommanditisten A bei der Klägerin um 70.385,74 EUR. Hinsichtlich der Berechnung wird auf § 6 der Vereinbarung vom 20.01.2003 verwiesen.

IV.

Spätestens im September 2003 war über das Vermögen von Frau E das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Az. { } ). Der Insolvenzverwalter machte mit Schreiben vom 16.12.2003 von seinem gesetzlichen Wahlrecht Gebrauch, den Kaufvertrag zwischen der Eigentümergemeinschaft A+B sowie der Käuferin vom 18.01.2002 nicht zu erfüllen und erklärte, eine Löschung der Auflassungsvormerkung herbeizuführen. Die Löschung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch erfolgte am 20.01.2004.

V.

Das Finanzamt wertete den privatschriftlichen Vertrag vom 20.01.2003 zwischen den ursprünglichen Eigentümern A, C und D sowie der Klägerin als Erlangung der Verwertungsbefugnis an dem Grundbesitz in 1 gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG und setzte mit Bescheiden vom 19.10.2005 Grunderwerbsteuer wie folgt fest: Hinsichtlich des Erwerbs vom Miteigentümer und Kommanditisten A behandelte es diesen gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG zu 1/2 als steuerfrei sowie hinsichtlich des Erwerbs von den Miteigentümern D und C zu 1/2 als steuerpflichtig und setzte aus einer Bemessungsgrundlage von 284.165 EUR (= 1/2 der übernommenen Verbindlichkeiten) Grunderwerbsteuer in Höhe von 9.945 EUR fest.

Die Klägerin hat Einspruch gegen die Festsetzung von Grunderwerbsteuer eingelegt. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2006 setzte das Finanzamt aufgrund geänderter Berechnung der Gegenleistung die Grunderwerbsteuer auf 9.509 EUR herab, im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos.

VI.

Während des Einspruchsverfahrens veräußerten die drei im Grundbuch eingetragenen Miteigentümer - rechtlich im eigenen Namen handelnd, wirtschaftlich jedoch für die Klägerin unter Hinweis auf die der Einbringung quoad sortem - mit notariellem Vertrag vom 28.12.2005 den Grundbesitz in 1 weiter. Die Klägerin stimmte in der Urkunde der Veräußerung zu, der Kaufpreis war, soweit er nicht zur Lastenfreistellung benötigt wurde, ausschließlich auf ein Konto der Klägerin zu entrichten.

Am 13./14.04.2006 brannte das auf dem Vertragsgrundstück aufstehende Gebäude weitgehend ab.

Die Auflassungsvormerkung für den Erwerb vom Dezember 2005 wurde am 22.10.2007 im Grundbuch gelöscht.

Bereits mit notariellem Vertrag vom 25.04.2007 veräußerten die drei Miteigentümer den Grundbesitz an die F GmbH. Die Kaufpreiszahlung war ausschließlich an die Klägerin zu erbringen. Mit notarieller Urkunde vom 21.08.2008 veräußerte die F GmbH den Grundbesitz an die Stadt 1 gegen Zahlung eines Kaufpreises von 1 EUR.

VII.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 19.10.2005, St.Nr. { } , und die Einspruchsentscheidung vom 17.10.2006 aufzuheben. Sie begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Die Vereinbarungen vom 25.06.1996, 20.10.1996 und 08.12.1996 seien dahingehend auszulegen, dass bei Erwerb des Grundstücks abweichend vom Eintrag der Bruchteilsgemeinschaft im Grundbuch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Gesamthandsvermögen in der Form einer Innengesellschaft gegründet worden sei. Hierdurch sei die Verwertungsbefugnis auf die BGB-Gesellschaft übergegangen. Auf eine konkrete Außenwirkung komme es zwingend nicht an.

Die Einbringung zunächst des Kaufpreisanspruchs in die Klägerin mit Vereinbarung vom 20.01.2003 sei bereits deshalb grunderwerbsteuerfrei, weil es sich um die Einbringung eines Anspruchs und nicht um die Übertragung eines Grundstücks oder eines Anspruchs an einem Grundstück handele.

Erst mit Ausübung des Wahlrechts durch den Insolvenzverwalter sei noch im Jahr 2003 die Verwertungsbefugnis (quoad sortem) in die Klägerin eingebracht worden. Die Einbringung sei deshalb grunderwerbsteuerfrei, weil eine Einbringung des Grundstücks unmittelbar in die Klägerin ebenfalls grunderwerbsteuerfrei geblieben wäre: In einem ersten Schritt seien nach Ablauf der Fünfjahresfrist D und C aus der BGB-Gesellschaft ausgeschieden, die entsprechende Anwachsung des Vermögensanteils sei nach §§ 5, 6 GrEStG bei A grunderwerbsteuerfrei, weil zwischen der ursprünglichen Anschaffung und der Veränderung der Geschäftsanteile mehr als fünf Jahre vergangen seien. Die nachfolgende Einbringung in die Klägerin als zweiter Schritt sei grunderwerbsteuerfrei, weil an der Klägerin nur A und seine Ehefrau B - für welche die Befreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG greife - beteiligt seien.

Es handele sich bei der Einbringung nicht um einen Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG.

In jedem Falle liege § 6 Abs. 3 GrEStG vor, da das Grundstück von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand übergegangen sei. Insoweit sei auf jeden Fall auf die vorhergehende Beteiligung von A zu 53/90 abzustellen. Soweit eine Übertragung von A an seine Ehefrau erfolgt sei, sei der Vorgang gemäß § 3 Nr. 4 GrEStG grunderwerbsteuerfrei.

Nach Auffassung der Klägerin sei der Vorgang derart zu werten, dass A von den Mitgesellschaftern der BGB-Gesellschaft 40/93 der Vermögensanteile grunderwerbsteuerfrei nach Ablauf der fünf Jahre für eine logische Sekunde erworben habe. Der weitere Übertragungsvorgang an die Klägerin bleibe ebenfalls gänzlich steuerfrei.

Das Finanzamt hat beantragt,

die Klage abzuweisen, und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Es liege die Übertragung einer Verwertungsbefugnis von den Eigentümern auf die Klägerin vor, wobei der Übergang des halben Miteigentumsanteils von A steuerfrei (§ 5 i.V.m. § 3 Nr. 4) geblieben sei.

Die Klägerin sei nach dem Vertrag vom 20.01.2003 zwar nicht berechtigt gewesen, den Grundbesitz in eigenem Namen zu veräußern, sie habe ihn jedoch auf eigene Rechnung verwerten können. Das Eigentumsrecht sei wirtschaftlich völlig ausgehöhlt gewesen. Die Miteigentümer D und C hätten sich mit dem Vertrag wirtschaftlich bzw. wertmäßig von ihrem Bruchteilseigentum von je 1/4 endgültig getrennt. Spätestens mit der Löschung der Auflassungsvormerkung für Frau E am 20.01.2004 seien die aufschiebend bedingten Vereinbarungen über das wirtschaftliche Eigentum wirksam geworden. An die Stelle der Einbringung nur dem Werte nach, also des Kaufpreises, sei die wirtschaftliche Einbringung des Grundstücks getreten.

Der Rechtsträgerwechsel habe sich dabei zwischen den Bruchteilseigentümern und der Klägerin vollzogen, die BGB-Gesellschaft sei insoweit grunderwerbsteuerrechtlich nicht relevant. Auf die BGB-Gesellschaft sei auch keine Verwertungsbefugnis übergegangen, denn es genüge nicht, dass der Grundbesitz einkommensteuerlich als Betriebsvermögen angesehen werde.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Überlassung des Grundstücks durch die Miteigentümer dem Werte nach an die Klägerin ist jeweils grunderwerbsteuerbar gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG.

1.a. Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Wird ein Grundstück nur dem Werte nach in eine Gesellschaft eingebracht, erfordert die Einräumung der Verwertungsbefugnis, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft ein ihm gehörendes Grundstück mit Gebäude dieser zur Fruchtziehung und Lastentragung zur Verfügung gestellt hat, sowie außerdem, dass sich die Gesellschafter für die Fälle der Veräußerung des Grundstücks, des Ausscheidens eines Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft über die Verteilung des Veräußerungserlöses bzw. der Wertsteigerungen oder Wertminderungen geeinigt haben (BFH-Urteil vom 27.08.1975 II R 52/79, BStBl. 1976, 30; BFH-Urteil vom 24.07.1974 II R 32/67, BStBl. II 1974, 773). Die Einbringung "dem Werte nach" ist nicht beurkundungspflichtig (Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 256).

Der ideelle (unabgeteilte) Miteigentumsanteil zählt als Grundstück, soweit es um das Recht des Eigentümers an der Grundfläche und nicht um die Grundfläche selbst geht (Boruttau/Viskorf, GrEStG, § 2 Rn. 11).

1.b. Im Streitfall haben die drei Miteigentümer A, D und C mit der privatschriftlichen Einbringungsvereinbarung vom 20.01.2003 (§ 2) den Grundbesitz in 1 der Klägerin dem Werte nach überlassen. Da die Miteigentümer den Grundbesitz bereits am 18.01.2002 weiterveräußert hatten, konnte der Klägerin eine Verwertungsbefugnis nur unter der aufschiebenden Bedingung der Nichterfüllung dieser Veräußerungsvereinbarung vom 18.01.2002 eingeräumt werden. In § 3 der Einbringungsvertrages vom 20.01.2003 wurde der Klägerin lediglich das Recht zur Besitznahme und Nutzung eingeräumt sowie im Falle einer Veräußerung des Grundstücks das Recht zur Vereinnahmung des gesamten Veräußerungserlöses. Mit der Ablehnung der Kaufvertragserfüllung durch die Erwerberin E vom 16.12.2003 ist die aufschiebende Bedingung eingetreten, der Besitz und die Nutzung des Anwesens auch in tatsächlicher Hinsicht auf die Klägerin übergangen. Nunmehr war die Klägerin auch über einen bloßen Kaufpreisanspruch hinaus an der Substanz des Grundstücks in Form von Wertsteigerungen und -minderungen beteiligt; zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin die Verwertungsbefugnis über das Grundstück erlangt.

1.c. Die Verwertungsbefugnis ist nicht von der BGB-Gesellschaft auf die Klägerin übergegangen.

Sind mehrere Personen als Bruchteilseigentümer im Grundbuch eingetragen, sind sie grunderwerbsteuerrechtlich auch dann nicht als übertragende "Gesamthand" anzusehen, wenn zwischen ihnen eine Innengesellschaft besteht (FG Köln Urteil vom 04.10.1989 11 K 4113/88, EFG 1990, 122).

Im Streitfall hat die BGB-Gesellschaft in der der Besteuerung zugrunde liegenden Einbringungsvereinbarung vom 20.01.2003 keinerlei Erwähnung gefunden. Hinsichtlich der überlassenden Partei liegen der Vereinbarung die (Mit-) Eigentümerstellungen von A, C und D zugrunde, nicht jedoch Gesellschafterstellungen bzw. eine Überlassung durch die BGB-Gesellschaft, auch nicht wirtschaftlich oder in Form einer Verwertungsbefugnis von ihr. Im Streitfall ist daher auch vom Finanzamt zurecht der Übergang der Verwertungsbefugnis von den (Mit-) Eigentümern der Besteuerung zugrunde gelegt worden.

1.d. Nicht erforderlich ist, dass die verwertungsbefugte Gesellschaft auch zur Veräußerung des Grundstücks berechtigt ist (BFH-Urteil vom 13.03.1970 II R 135/68, BStBl. II 1970, 522; vgl. Boruttau/Fischer, GrEStG, § 1 Rn. 742a). Im Schrifttum (Daragan, in Festschrift 50 Jahre Arbeitsgemeinschaft der Fachanwälte für Steuerrecht e.V. 1999, 293 ff) wird jedoch die Auffassung vertreten, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG erst und nur dann ausgelöst werde, wenn die Gesellschaft zu einer Verfügung über das dem Werte nach eingebrachte Grundstück ermächtigt und nicht lediglich am Ergebnis einer vom Willen des Einbringenden abhängigen etwaigen Verwertung beteiligt sei (vgl. Boruttau/Fischer, GrEStG, § 1 Rn. 742a). Denn auch die Rechtslage beim atypischen Makler sehe vor, dass dieser die Verwertung aus eigenem Recht selbst herbeiführen können müsse.

Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 GrEStG legt der Besteuerung die Erlangung entweder der rechtlichen oder der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis zugrunde. Die Übertragung von Besitz und Nutzungen sowie die Vereinbarung einer Substanzbeteiligung reichen aus, um wirtschaftliches Eigentum (vgl. Boruttau/Fischer, GrEStG, § 1 Rn. 742a) und wirtschaftliche Verwertungsbefugnis wegen Substanzberechtigung anzunehmen. Das zeitgleiche Vorliegen auch der rechtlichen Verwertungsbefugnis in Form einer formwirksamen Ermächtigung zur Veräußerung erscheint aufgrund der Alternativität des Wortlautes der Vorschrift nicht geboten. Darüber hinaus zielt ein Maklerverhältnis lediglich auf eine Veräußerung ab; "verwerten" bedeutet jedoch nicht zwingend "auf eigene Rechnung veräußern". Auch die umfassende Nutzungsberechtigung an der Substanz eines Grundstücks stellt eine Verwertungsmöglichkeit dar. Davon abgesehen waren im Streitfall die Miteigentümer zudem vertraglich verpflichtet, über die Grundstücke nur mit Zustimmung der Klägerin zu verfügen. Auch konnte die Klägerin erheblichen und entscheidenden Einfluss bei der Frage einer Veräußerung der Grundstücke nehmen, weil ihr Kommanditgesellschafter A mit einem Anteil von 1/2 in diesem Umfang zugleich an der verfügungsberechtigten Miteigentümergemeinschaft beteiligt war.

2. Eine Steuerbefreiung des § 6 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 3 Nr. 4 GrEStG greift ebenso wenig wie die des § 5 Abs. 1 GrEStG, soweit der Übergang der Verwertungsbefugnis hinsichtlich der Miteigentumsanteile von D und C auf die Klägerin betroffen ist.

2.a. Geht ein Grundstück von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit die prozentuale Beteiligung am gesamthänderisch gebundenen Vermögen in beiden Gesamthandsgemeinschaften übereinstimmt, §§ 6 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 GrEStG. Sind mehrere Personen als Bruchteilseigentümer im Grundbuch eingetragen, sind sie auch dann nicht als übertragende "Gesamthand" i.S.d. Vorschrift anzusehen, wenn zwischen ihnen eine Innengesellschaft besteht (FG Köln Urteil vom 04.10.1989 11 K 4113/88, EFG 1990, 122).

Im Streitfall ist die Verwertungsbefugnis nicht von der BGB-Gesellschaft, sondern von den Miteigentümern auf die Klägerin übergegangen (vgl. oben 1.c.). Die Vorschrift des § 6 GrEStG, welche eine Steuerbefreiung beim Übergang von einer Gesamthand vorsieht, greift daher nicht.

2.b. Gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG wird die Steuer beim Übergang eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht. Weiterhin werden die personenbezogenen Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG grundsätzlich uneingeschränkt angewandt, wenn und soweit ein Gesellschafter die Merkmale erfüllt, die entweder in seiner Person oder in seinem Verhältnis zum Veräußerer des Grundstücks begründet sind (Pahlke/Franz, GrEStG, § 3 Rn. 9). Gemäß § 3 Nr. 4 GrEStG ist der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers von der Besteuerung ausgenommen.

Im Streitfall betrug der Bruchteil von A am Grundbesitz 50 v.H., ebenso wie seine Beteiligung an der Klägerin; insoweit war die Verschaffung der Verwertungsbefugnis - zurecht - steuerbefreit. Hinsichtlich des Erwerbs der Verfügungsbefugnis der Gesellschaft von den Miteigentümern C und D greifen keinerlei Befreiungsvorschriften: § 5 Abs. 1 GrEStG ist mangels zivilrechtlicher (Mit-)Eigentümerstellung der Gesellschafterin B nicht anwendbar. § 3 Nr. 4 GrEStG trifft nicht zu, da die Gesellschafterin B nicht Ehegattin der "Veräußerer" D und C ist.

Die Tatsache, dass A - mindestens - 53/93 des zur Finanzierung erforderlichen Geldbetrages getragen hat und sein Anteil im Innenverhältnis nach der Vereinbarung vom 08.12.1996 auch 53/93 betragen soll, ändert die grunderwerbsteuerliche Zuordnung von 1/4, 1/4 und 1/2 nicht. § 5 Abs. 1 GrEStG stellt auf die Höhe des Anteils des Bruchteilseigentümers ab, ebenso wie die Beteiligung am Vermögen der erwerbenden Gesamthand eine dingliche Mitberechtigung des übertragenden Eigentümers erfordert. Die Höhe des Anteils des Bruchteilseigentums ist dabei durch die im Grundbuch eingetragene starre Quote vorgegeben, sie ist nicht flexibel. Das Bruchteilseigentum ist ein selbständiges Eigentumsrecht, der Miteigentumsanteil wird als Grundstück i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG behandelt; grunderwerbsteuerrechtlich liegen beim Erwerb von Miteigentum daher so viele Erwerbsvorgänge vor, wie Miteigentumsbruchteile erworben werden (Pahlke/Franz, GrEStG, § 2 Rn. 7). Reine Innengesellschaften schuldrechtlicher Art reichen für die in § 5 vorausgesetzte dingliche Berechtigung nicht aus (Pahlke/Franz, GrEStG, § 5 Rn. 14 zur stillen Gesellschaft). Im Streitfall kann die Ermittlung des steuerbegünstigten Anteils daher nicht von der - grundsätzlich variablen - Beteiligung am Vermögen einer nur im Innenverhältnis bestehenden Gesamthandsgemeinschaft bzw. einer nur im Innenverhältnis bestehenden abweichenden Auseinandersetzungsquote abhängig gemacht werden.

3. Ergänzend weist das Gericht die Klägerin darauf hin, dass bei Ausscheiden aller Gesellschafter bis auf einen und Eintritt der Anwachsung bei diesem Gesellschafter der Vorgang der Anwachsung grunderwerbsteuerpflichtig ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG.

Weiterhin weist das Gericht darauf hin, dass gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG lediglich Erwerbe durch Personen, welche mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind, von der Besteuerung ausgenommen sind; dies sind nicht Erwerbe unter Geschwistern.

4. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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