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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: V 279/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 3
EStG § 18 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der V. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 22.02.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Strittig ist, ob die Klägerin freiberuflich oder gewerblich tätig ist.

Gegenstand der Klägerin ist der Betrieb eines Ingenieurbüros (§ 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 17.12.1997). Beteiligt waren (Vermögens- und Gewinnbeteiligung):

Die Gesellschafterin A - Ingenieure war weiter beteiligt an den als "Standortgesellschaften" bezeichneten P -Ingenieure U, der P -Ingenieure Q, der P Ingenieure R, der P Ingenieure T, der P Ingenieure V, der P Ingenieure S sowie der W GmbH (Management Konzepte und Unternehmensberatung). Zwischen den Standortgesellschaften und der Gesellschaft A - Ingenieure besteht eine Vereinbarung über die Erbringung von Dienstleistungen im Konzern und deren Vergütung. Danach übernimmt die Holding verschiedene Leistungen im Interesse und zum Nutzen der Gesellschaften (Teil I, § 1 Abs. 1). Die Gesellschaften haben der Holding dafür die Kosten zu erstatten (Teil I, § 2 Abs. 1). Daneben werden im Konzern Kostenumlagen eines Arbeitskreises berechnet (Teil II, § 4, § 7, Anlage 3). Wegen der Einzelheiten wird auf diese Vereinbarung verwiesen (BP-Handakte).

Die Gesellschafter C, E, G, K und M sind Ingenieure, der Gesellschafter I ist unstrittig ingenieurähnlich tätig. N O ist Diplom-Volkswirt und Fachgruppenleiter der Klägerin für kaufmännische Verwaltung und Controlling. Nach einem Gutachten des Instituts X vom 16.04.2003 soll er in den Jahren 1998, 1999 ca. 1.152 Stunden für die Klägerin, ca. 648 Stunden für die übrigen Standortgesellschaften wie folgt tätig gewesen sein:

Nach S.6 des Gutachtens Y vom 17.04.2003 soll O vorwiegend mit der Abrechnung von Ingenieurleistungen nach der HOAI für die Klägerin befasst gewesen sein, Angebote erstellt, Aufträge kalkuliert und artverwandte Tätigkeiten erledigt haben. Insgesamt sei er für die betriebswirtschaftliche Effizienz der Klägerin verantwortlich gewesen.

Das Finanzamt vertrat im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Auffassung, die Klägerin sei gewerblich tätig; O sei für die Klägerin und die Standortgesellschaften im Innenverhältnis eingesetzt. Nach außen sei er nicht beratend und damit nicht freiberuflich tätig.

Am 13.01.2004 erging ein Gewerbesteuermessbescheid 1998. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.11.2004 erhöhte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen:

O und damit auch die Klägerin seien freiberuflich tätig, der Gewerbesteuermessbescheid sei aufzuheben.

O s Aufgabenbereich habe verschiedene Arbeitsgebiete umfasst. So habe er kaufmännische Aufgaben für die Klägerin erledigt. Für sie habe er auch Teilnahmeanträge für EU-weite Ausschreibungen bearbeitet, Honorar- und Nachtragsangebote erstellt, Verträge erstellt und geprüft - z.B. Ingenieurverträge mit Subunternehmern -, an der Erstellung von Formblättern mitgewirkt. Daneben habe er entgeltlich Unternehmensberatung gegenüber anderen Standortgesellschaften betrieben (insbes. Angebotserstellung, Aufbau des damit verbundenen Formularwesens, Beratungen und Schulungen zum Mahnwesen, Beratung, Schulungen und Überprüfungen im Zusammenhang mit dem Aufbau eines Controllings). Für die anderen Standortgesellschaften sei er auch teilweise tätig gewesen, ohne dass dies explizit in Rechnung gestellt worden sei; die Leistungen seien entweder nicht abrechenbar oder durch die allgemeine Kostenverteilung abgedeckt gewesen. Für 1998 und 1999 ergebe sich sein Tätigkeitsspektrum aus dem Gutachten des X. Weitere Leistungen O s seien in die Tätigkeiten der Klägerin gegenüber ihren Auftraggebern eingeflossen. Die Klägerin erbringe Ingenieurleistungen für Großprojekte wie den Z -Bau in Aa, den U und den Bb. Der Gesellschafter sei in die Leistungsphasen 1, 2, 7, 8, 9 der HOAI eingebunden gewesen (1:Grundlagenermittlung; 2: Vorplanung; 3: Entwurfsplanung; 7: Mitwirken bei der Vergabe; 8: Objektüberwachung; 9: Objektbetreuung und Dokumentation).

Das FA ist der Auffassung, die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin sei gewerblich tätig; der Gesellschafter O sei nach außen nicht als beratender Betriebswirt tätig gewesen. Dies mache die Tätigkeit der Klägerin zum Gewerbebetrieb.

O sei als Gesellschafter der Klägerin geschäftsleitend tätig. Seine Tätigkeit im Betrieb der Klägerin sei keine beratende. Auch nach außen erfolge keine Beratung. Soweit er Vertragsverhandlungen mit Kunden führe, seien dies originäre unternehmerische Entscheidungen. Gleiches gelte für das Erstellen von Bewerbungen, von konkreten Angeboten an potenzielle Auftraggeber und die Rechnungserstellung. Die Beratung der Mitarbeiter, die Beratung beim Aufbau eines Formularwesens und der Aufbau eines Controllings bei den einzelnen Standorten sei nur untergeordneter Teil seiner kaufmännischen Gesamttätigkeit. Soweit O gegenüber Standortgesellschaften tätig gewesen sei, sei dies im Übrigen unentgeltlich geschehen.

Die Klägerin beantragt,

den Gewerbesteuermessbescheid 1998 vom 13.01.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 13.01.2004 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Gericht haben die Handakten über die Betriebsprüfungen für 1998 und 1999 bei der Klägerin und der A Ingenieure vorgelegen.

Hinsichtlich der Tätigkeit des Gesellschafters O wird auch auf das von ihm am 23.05.2003 verfasste Aufgabenspektrum (BP-Handakte) sowie die eingereichten Leitzordner I und II Bezug genommen ("Unterlagen BP O ").

Am 09.03.2006 ging ein nachgereichter Schriftsatz , am 13.03.2006 gingen darin erwähnte Unterlagen bei Gericht ein. Wegen der Einzelheiten des Vorgebrachten wird darauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin war nicht freiberuflich tätig.

1. Eine Personengesellschaft ist freiberuflich tätig, wenn alle Gesellschafter in ihrer Verbundenheit selbständig und nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen und als freiberufliche Mitunternehmer zu qualifizieren sind (BFH-Urteile vom 23.11.2000 IV R 48/99, BStBl. II 2001, 241 und vom 15.05.1997 IV R 33/95, BFH/NV 1997, 751). Da die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit nicht von der Gesellschaft selbst erfüllt werden können, müssen sie in der Person der Gesellschafter gegeben sein. Erfüllen nicht alle Gesellschafter in vollem Umfang die Merkmale eines freien Berufes, so betreibt die Personengesellschaft einen Gewerbebetrieb (BFH-Urteile vom 23.11.2000 a.a.O. , vom 10.08.1994 I R 133/93, BStBl. II 1995, 171 m.w.N. und vom 11.06.1985 VIII R 254/80, BStBl. II 1985, 584).

Ist nämlich eine Personengesellschaft teils freiberuflich, teils gewerblich tätig, so gilt ihre Tätigkeit - soweit sie in Einkunftserzielungsabsicht erfolgt - als Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist die Umqualifizierung sämtlicher von der Personengesellschaft erzielter Einkünfte zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (sog. Abfärbewirkung). Unerheblich ist, ob der gewerblichen Tätigkeit im Rahmen des gesamten Unternehmens nur geringfügige wirtschaftliche Bedeutung zukommt (z.B. BFH-Urteil vom 13.11.1997 IV R 67/96, BStBl II 1998, 254 und vom 19.02.1998 IV R 11/97, BStBl II 1998, 603).

Bei der Beurteilung der Betätigung eines Gesellschafters sind seine Tätigkeiten getrennt zu beurteilen, sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist (z.B. BFH-Beschluss vom 25.07.2000 XI B 41/00, BFH/NV 2001, 204, Schmidt, EStG, 24. Aufl., § 18 Rz. 50). Eine einheitlich gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit liegt nur vor, wenn die Tätigkeiten so miteinander verbunden sind, dass sie sich gegenseitig unauflösbar bedingen (z.B. BFH-Urteile vom 24.04.1997 IV R 60/95, BStBl. II 1997, 567 und vom 11.07.1991 IV R 102/90, BStBl. II 1992, 413); in einem solchen Fall ist die Betätigung danach zu qualifizieren, welcher Teil ihr das Gepräge gibt (z.B. BFH-Urteil vom 02.10.2003 IV R 48/01, BStBl. II 2004, 363).

Freiberuflich kann eine Mitunternehmerschaft auch sein, wenn sie sich aus Angehörigen unterschiedlicher freier Berufe zusammensetzt; denn grundsätzlich ist es für die Annahme der Freiberuflichkeit nicht erforderlich, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Vielmehr reicht es aus, dass die Berufsträger die mit einem übernommenen Auftrag verbundenen Aufgaben untereinander aufteilen und jeder den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich aufgrund seiner Sachkenntnis eigenverantwortlich leitet (vgl. BFH-Urteil vom 23.11.2000 a.a.O.).

2. Zu den freiberuflicher Tätigkeiten i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehört auch die des beratenden Betriebswirts.

"Beratender Betriebswirt" ist, wer nach entsprechendem Studium, verbunden mit praktischer Erfahrung, mit den hauptsächlichen Bereichen in der Betriebswirtschaft vertraut ist, diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seinen praktischen Tätigkeiten einsetzen kann und tatsächlich einsetzt. Zu den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre gehören Unternehmensführung, Leistungserstellung (Fertigung von Gütern/Bereitstellung von Dienstleistungen), Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungs- sowie Personalwesen. Diesem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts entsprechend liegt ein ähnlicher Beruf vor, wenn er auf einer durch Selbststudium erworbenen vergleichbar breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbar breiten betrieblichen Bereich erstreckt. Die an die fachliche Breite der Beratungstätigkeit zu stellenden Anforderungen sind auch dann schon erfüllt, wenn die Beratung wenigstens einen Hauptbereich der Betriebswirtschaftslehre umfasst (z.B. BFH-Urteil vom 28.08.2003 IV R 21/02, BStBl. II 2003, 919). "Umfassen" erfordert dabei, dass sich die Tätigkeit auf einen gesamten Hauptbereich der Betriebswirtschaft erstreckt, nicht nur einen Teil davon (BFH-Urteil vom 19.09.2002 IV R 74/00, BStBl. II 2003, 27).

Bei weiter gehender Spezialisierung handelt es sich nicht um eine umfassende betriebswirtschaftliche Beratung, sondern lediglich eine Betätigung auf einem engen betrieblichen Sektor, die als gewerblich einzustufen ist (z.B. BFH-Urteile vom 27.05.75 VIII R 199/73, BStBl. II 1975, 665 zur Datenverarbeitung, BFH-Urteil vom 25.04.1978 VIII R 149/74, BStBl. II 1978, 565 zum Public-Relation-Berater). Für beratende Tätigkeit ist dabei charakteristisch, dass sie den Auftraggeber bei seinen unternehmerischen Entscheidungen unterstützt und sie vorbereitet (BFH-Urteil vom 19.09.2002 IV R 70/00, BStBl. II 2003, 25).

3. Für die Frage, ob ein Gesellschafter freiberuflich tätig ist, kommt es darauf an, welche Leistungen er - im Rahmen der Tätigkeit seiner Gesellschaft - gegenüber Auftraggebern erbringt. Nicht entscheidend ist, ob und inwieweit er (auch) für organisatorische und geschäftsleitende Aufgaben im Innenverhältnis des Unternehmens zuständig ist. Solche Tätigkeiten - wie z.B. Vordruckerstellung, Anweisungen an die Buchhaltung, Leitung des Personalwesens - sind zwar für den Betrieb eines Unternehmens erforderlich, stellen aber keine freiberuflichen Leistungen dar; diese können nur gegenüber Auftraggebern erbracht werden.

Erledigt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft derartige Aufgaben, die nicht in Leistungen gegenüber Auftraggebern einfließen, ist er nicht freiberuflich tätig. Die Eigenschaft einer Personengesellschaft als freiberuflich ist aber nicht beeinträchtigt, wenn sich Gesellschafter dahin verständigen, dass einer von ihnen für die Organisation des Betriebs zuständig und daneben nur untergeordnet - aber nicht unwesentlich - im Außenverhältnis freiberuflich tätig ist. Schließlich stellt die Arbeit im Innenverhältnis keine gewerbliche Tätigkeit dar, die auf eine freiberufliche Tätigkeit der Gesellschaft abfärben könnte.

Nicht anders ist die Rechtslage, wenn ein Gesellschafter zwar im Außenverhältnis tätig ist, aber weitgehend Arbeiten besorgt, die zwar durch freiberufliche Leistungen veranlasst, aber selbst nicht freiberuflicher Natur sind (Hilfstätigkeiten). Dies sind z.B. Rechnungsstellungen (vgl. die Abrechnung einer ärztlichen Verrechnungsstelle) und Honorarangebote. Werden solche Tätigkeiten von einem Mitunternehmer ausgeführt, so qualifizieren sie ihn zwar nicht als Freiberufler, ihre Ausführung beeinträchtigt aber auch nicht seine im Übrigen freiberufliche Tätigkeit. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch, wenn er nicht auf dem Gebiet freiberuflich tätig ist, zu dem die von ihm erledigten Hilfstätigkeiten gehören; denn diese bedürfen keiner besonderen Qualifikation (der Betriebswirt schreibt Ingenieurrechnungen); damit sind sie nicht notwendigerweise dem Aufgabenbereich des Freiberuflers zuzuweisen, für den sie erfolgen.

4. Die dargestellten Grundsätze, wonach eine Gesellschaft nur dann freiberuflich tätig ist, wenn alle Gesellschafter als freiberufliche Mitunternehmer zu qualifizieren sind, gelten auch, wenn eine weitere Personengesellschaft (Obergesellschaft) Mitunternehmerin ist. Für die freiberufliche Qualifikation der Obergesellschaft im Rahmen der Untergesellschaft kommt es dabei nur auf die Obergesellschafter an, die im Rahmen der Untergesellschaft tätig sind; denn die Art der Einkünfte der Untergesellschaft wird durch die Tätigkeit ihrer Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit bestimmt (BFH - Beschlüsse vom 11.05.2005 GrS 2/02, BStBl II 2005, 679 unter C 2 und vom 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 unter C III 3 a). Ist ein Gesellschafter der Obergesellschaft in der Untergesellschaft nicht tätig, kann er auch deren Einkünfte nicht beeinflussen. Seine Qualifikation ist deshalb nicht relevant. Gleiches gilt für die Art der Einkünfte der Obergesellschaft. Sind sie gewerblicher Natur, hat dies keinen Einfluss auf die Einkunftsart der Untergesellschaft, die sich ausschließlich aus ihrer Betätigung ableitet. Die Rechtslage ist insoweit anders als bei einer Kapitalgesellschaft als Obergesellschafterin. Im Gegensatz zur Personengesellschaft ist sie gewerblich tätig, ohne dass die Qualifikation und Betätigung ihrer Gesellschafter eine Rolle spielt; dies gilt folglich auch, wenn es um die Qualifikation der Einkünfte der Untergesellschaft geht (z.B. BFH-Urteil vom 17.01.1980 IV R 115/76, BStBl. II 1980, 336). Gleiches gilt, wenn die Obergesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft gewerblich geprägt ist (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 EStG).

5. Im Streitfall unterhält die Klägerin einen Gewerbebetrieb.

Zwar sind die Gesellschafter, die als Ingenieure oder ingenieurähnlich eingesetzt sind, unstrittig freiberuflich tätig. Der Gesellschafter O dagegen ist dies nicht. Seine Betätigung ist nicht die eines beratenden Betriebswirts.

5.1 Der freiberuflichen Betätigung der Klägerin steht zunächst nicht entgegen, dass die (überwiegend beteiligte) Gesellschafterin A - Ingenieure einen Gewerbebetrieb unterhält, wie der Senat mit Urteilen vom gleichen Tag entschieden hat. Die für die Klägerin tätigen "Obergesellschafter" haben gegenüber Auftraggebern ausschließlich Ingenieurleistungen erbracht und waren damit freiberuflich tätig. Andere Leistungen im Außenverhältnis sind auch seit dem 01.05.2001 nicht ersichtlich, dem Zeitpunkt seit dem der Mitgesellschafter der Obergesellschaft Cc - ein Betriebswirt - (Mit )Geschäftsführer geworden ist.

5.2 Hinsichtlich des in Rede stehenden Gesellschafters O ist unstrittig, dass er einem Diplom-Betriebswirt vergleichbare Kenntnisse besitzt. Er hat den Abschluss als Diplom-Volkswirt und im Rahmen seines Studiums Betriebswirtschaft studiert.

5.3 Allerdings qualifizieren die nach Auffassung des Senats relevanten Tätigkeiten O s diesen nicht zum "beratenden Betriebswirt" i.S.d. § 18 EStG.

5.3.1 Unerheblich für die Einstufung der Tätigkeit O s ist zunächst seine Beschäftigung im Innenverhältnis der Klägerin als Fachgruppenleiter für kaufmännische Verwaltung und Controlling; Leistungen nach außen hat er insoweit nicht erbracht.

Nicht relevant sind auch seine Hilfstätigkeiten zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks der Klägerin. Insoweit ist er zwar im Außenverhältnis tätig geworden; er hat dabei aber nur Tätigkeiten ausgeführt, die in Zusammenhang mit Ingenieurleistungen anfielen. Die Ausführung solcher im Rahmen eines Unternehmens zwangsläufig anfallender Hilfstätigkeiten durch einen (Mit-)Unternehmer ist unschädlich, wenn er im Übrigen auch freiberuflich tätig wird. Dass O verantwortlich war für die Erstellung von Angeboten und Honorarrechnungen, Bearbeitung von Teilnahmeanträgen für Ausschreibungen, Fassung von Ingenieurverträgen und Subunternehmerverträgen - insoweit keine beratende Tätigkeit gegenüber Dritten - stünde einer freiberuflichen Tätigkeit nicht entgegen.

5.3.2 Mit den für die Einordnung seiner Tätigkeit relevanten Leistungen war O aber nicht als beratender Betriebswirt tätig.

Ausschlaggebend sind zwei Tätigkeitsbereiche. Zum Einen war O in die Erledigung von Ingenieuraufträgen eingebunden. Zum Anderen hat er Leistungen für andere Standortgesellschaften und die Obergesellschaft erbracht; auch für letztere war er tätig, wie die Anlage zum Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 21.02.2006 zeigt. Damit ist O nicht nur gegenüber unterschiedlichen Kreisen von Auftraggebern tätig geworden, die Betätigungen hatten auch völlig unterschiedliche Leistungsgegenstände. Beide Betätigungen qualifizieren O nicht zum beratenden Betriebswirt.

5.3.3 O war nicht als "beratender Betriebswirt" tätig, soweit er in die Erledigung der Ingenieuraufträge der Klägerin eingebunden war.

Zwar schadet es nach Auffassung des Senats nicht, dass er als Betriebswirt Leistungen erbrachte, die als Ingenieurleistungen nach der HOAI abgerechnet wurden; schließlich erledigte er nur die im Rahmen von Ingenieuraufträgen anfallenden Aufgaben mit wirtschaftlichem und rechtlichem Einschlag. Das Betätigungsfeld von Betriebswirten reicht insoweit in das der Ingenieure hinein.

Zweifel bestehen aber bereits, ob man die Betätigung O s in diesem Bereich (siehe dazu das "Aufgabenspektrum" O s) überhaupt als beratend ansehen kann. Sie enthält in den Leistungsphasen 2 und 3 keine beratenden Elemente; es wurden Kostengliederungen mit den technischen Abteilungen des Hauses abgeklärt, nicht aber Auftraggeber beraten. Gewisse Beratungstätigkeit mag in der Leistungsphase 1 angefallen sein, wo es um die Aufgabenstellung durch den Auftraggeber geht; hier können u.a. die kostenmäßigen Auswirkungen technischer Alternativen und Anforderungen dargelegt und Entscheidungshilfen für die Konkretisierung der Aufträge gegeben worden sein. Für Entscheidungen des Auftraggebers grundlegend - und damit beratender Natur - dürfte aber ein Großteil der Tätigkeit auf den Gebieten der Leistungsphasen 7 - 9 gewesen sein. Sie war Grundlage für den Vergabevorschlag (Leistungsphase 7) und die Vergabe durch den Auftraggeber. Auch die Rechnungsprüfung, die Feststellung von Gewährleistungs- und Verjährungsfristen dürften den Auftraggebern Entscheidungsgrundlagen geboten haben (Leistungsphasen 8 und 9).

Geht man von einer einheitlichen Tätigkeit O s in diesem Bereich aus, und nimmt man weiter an, dass die beratenden Teile diese Tätigkeit geprägt haben (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14.03.1991 IV R 135/90, BStBl II 1991, 769), so sind die Anforderungen an einen beratenden Betriebswirt dennoch nicht erfüllt. Die Tätigkeit ist nicht umfassend genug. Sie umfasst nur einen geringen Ausschnitt des Aufgabenbereichs eines Ingenieurs. Übt sie ein Betriebswirt aus, weil wirtschaftliche und rechtliche Fragen tangiert sind, betätigt er sich deswegen noch nicht als beratender Betriebswirt i.S.d. § 18 Abs. 1 EStG. Der Tätigkeitsbereich ist zu eng und speziell. Andernfalls würde ein Ingenieur, der u.a. diese zu seinem Berufsbild gehörenden Leistungen erbringt - ohne betriebswirtschaftliches Studium oder vergleichbare Fortbildung - wie ein beratender Betriebswirt tätig sein. Allein dieser Vergleich zeigt, dass die in Rede stehende Betätigung einem Betriebswirt nicht annähernd die Möglichkeit bietet, die für seine Ausbildung erforderliche Breite seines Wissens einzusetzen. Ebensowenig deckt sie einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft ab.

5.3.4 Auch mit seinen Leistungen gegenüber anderen Gesellschaften des Konzerns ist O nicht als "beratender Betriebswirt" tätig.

Diese Tätigkeiten sind nicht schon deswegen irrelevant, weil sie an konzernangehörige Gesellschaften erbracht wurden; denn diese stehen sich als selbständige Dritte gegenüber. Dies ist im Verhältnis zu den Kapitalgesellschaften selbstverständlich. Nicht anders ist dies bei der Schwesterpersonengesellschaft P -Ingenieure U. Schwesterpersonengesellschaften sind selbständige Subjekte der Einkunftserzielung und Gewinnermittlung. Lediglich auf die Anwendung von § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Hs. 2 EStG ist zu achten, wenn die leistende Gesellschaft freiberuflicher Natur ist, die empfangende gewerbliche Einkünfte bezieht: Die Zahlungen der gewerblichen Gesellschaft sind bei ihr insoweit Sondervergütungen, als dieselben Gesellschafter an beiden Gesellschaften beteiligt sind (vgl. dazu Schmidt/Wacker, EStG, 24.A., § 15 Rdnr. 606, BFH-Urteil vom 22.11.1994 VIII R 63/93, BStBl. II 1996, 93). Auch gegenüber der A Ingenieure als Obergesellschaft gilt insoweit keine Besonderheit.

In die Beurteilung einzubeziehen sind nur konkret vergütete Tätigkeiten. Unentgeltliche Tätigkeit ist durch die Gesellschaftsverhältnisse im Konzern bestimmt und erfolgt nicht in Gewinnerzielungsabsicht, ist steuerlich also unerheblich. Gleiches gilt für die Tätigkeiten, die durch die "allgemeine Kostenverteilung abgedeckt" sind; zum einen ist hier die Art der Tätigkeiten schon nicht ersichtlich, zum anderen wurde sie tatsächlich nicht vergütet. Eine allgemeine Kostenverteilung im Konzern, mit der solche Tätigkeiten "abgedeckt" werden sollen, lässt keinen Bezug zur ggf. erbrachten Leistung O s erkennen; eine Tätigkeit O s in Gewinnerzielungsabsicht ist also auch insoweit nicht gegeben. Nichts anderes gilt, wenn es sich bei der mit allgemeiner Kostenverteilung abgedeckten Tätigkeit um Einsätze in den Arbeitskreisen des Konzerns handeln sollte. In Arbeitskreisen erfolgt eine Zusammenarbeit im gegenseitigen - also auch eigenem Interesse - zur Entwicklung gemeinsamer Projekte, zum Austausch von Erfahrung, Wissen und know how. Ohne Auftraggeber, der einen bestimmten Auftrag vergütet - die Kosten der Arbeitskreise tragen die Standortgesellschaften nach einem vereinbarten Schlüssel - und dem Entscheidungsgrundlagen geliefert werden, kommt es nicht zu beratender Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG.

Die genannten Tätigkeiten O s dürften auch das für eine selbständige Tätigkeit erforderliche Merkmal der "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" erfüllen. Schließlich reicht hierzu die Tätigkeit gegenüber einem einzigen Kunden/Abnehmer (BFH-Urteil vom 16.03.2002 IV R 94/99, BStBl. II 2002, 565 zu den Leistungen eines Piloten gegenüber einer Fluggesellschaft) oder einem eng begrenzten Kreis von Personen (z.B. BFH-Urteil vom 28.06.2001 IV R 10/00, BStBl. II 2002, 338 zu Leistungen gegenüber Angehörigen). O hat sich insoweit zwar nur an eine begrenzte Allgemeinheit gewandt, ist aber damit auch nach Außen in Erscheinung getreten (z.B. gegenüber den Mitarbeitern der anderen Standortgesellschaften) und hat eine Tätigkeit entfaltet, die erkennbar auf Leistungsaustausch gerichtet war (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28.06.2001 a.a.O.).

Nach den zur mündlichen Verhandlung vorliegenden Unterlagen erfolgte die Beratung O s auch hier im Wesentlichen zum Betätigungsfeld von Ingenieuren (Kostenaufteilung, Abrechnung, Rechnungsstellung). Den Unterlagen ist allerdings auch zu entnehmen, dass weitergehende Beratungen erfolgt sind. So belegt die beispielhaft eingereichte Rechnung vom 30.10.2001 an die P Ingenieure R (Rechnungsbetrag für O netto 2.468,75 DM) zwei Stunden Beratung (a 125 DM) zu Bilanzfragen. Die Rechnung vom 27.01.2003/31.12.2002 an die P Ingenieure R weist 1,5 Stunden (a 64 EUR/Stunde) für "Förderprogramm Dd " aus (Gesamtrechnungsbetrag 336 EUR). O ist nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung Spezialist für Förderprogramme und hat in diesen Angelegenheiten beraten. Bei Bilanzfragen sei es vorwiegend um den Ansatz teilfertiger Leistungen gegangen. Ausgehend von allen den Konzerngesellschaften in Rechnung gestellten Beträgen (Streitjahr: 6.796,35 EUR, Folgejahre bis 2002: zwischen 3.259,49 EUR und 10.701,34 EUR; mit Schriftsatz v. 21.02.2006 eingereichte Übersicht) kann aber nur ein ganz geringer Teil der Tätigkeit O s über ingenieurtypische Fragen hinausgegangen sein. O kann hier nicht annähernd gefordert gewesen sein, die für seine Ausbildung erforderliche Breite seines Wissens einzusetzen. Auch davon, dass sich die Tätigkeit O wenigstens auf einen gesamten Hauptbereich der Betriebswirtschaft erstreckt hätte, kann nicht die Rede sein.

5.3.5 Zum Ergebnis einer gewerblichen Betätigung O s kommt man unabhängig davon, ob die beiden Tätigkeitskreise getrennt oder zusammen beurteilt werden. Auch zusammen betrachtet erledigte O im Wesentlichen Arbeiten auf dem Betätigungsfeld eines Ingenieurs. Er hatte deshalb nicht die Gelegenheit die Bandbreite seines betriebswirtschaftlichen Wissens einzusetzen oder wenigstens einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft mit seiner Arbeit abzudecken.

5.3.6 Soweit vorgetragen ist, O sei auch auf weiteren Gebieten für die anderen Standortgesellschaften tätig gewesen - Controlling, Mahnwesens, Erstellung von Formblättern -, konnte dies nach den zur mündlichen Verhandlung vorliegenden Unterlagen nicht seiner entgeltlichen Tätigkeit zugeordnet werden. Diese Tätigkeiten müssen unentgeltlich erfolgt sein. So soll O z.B. Standortgesellschaften zu Monatszahlen beraten haben; wäre dies abgerechnet worden, so müsste dies auch aus den unter 5.3.4 genannten Rechnungen an die P Ingenieure R ersichtlich sein. Dass O zum großen Teil ohne Berechnung für die Standortgesellschaften tätig gewesen ist, zeigt das Gutachten des X. Danach soll er 1998 und 1999 648 Stunden Leitungen für andere Standortgesellschaften erbracht haben. Davon wurden z.B. für 1998 nur 106 Stunden vergütet (1998 13.992 DM = 6796,25 EUR in Rechnung gestellt zu einem Stundensatz von 125 DM). Soweit O unterrichtend tätig war (zur Angebotserstellung und zum Aufbau des entsprechenden Formularwesens), spielt dies bei der Beurteilung der Freiberuflichkeit keine Rolle.

6. Die mündliche Verhandlung war nicht wieder zu eröffnen.

Es gibt keine Gesichtspunkte, die den Senat aufgrund des nachgereichten Schriftsatzes zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung veranlassen. Soweit vorgetragen wird, O habe auch schwerpunktmäßig bezüglich Finanzierung und Controlling beraten, ebenso habe seine Beratung das Rechnungswesen und den Vertrieb betroffen, wird auf die bereits zur mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen verwiesen. Sie wurden bereits gewürdigt. Soweit neben der nochmaligen Vorlage der Rechnungen für die Tätigkeiten O s gegenüber den Konzerngesellschaften nun auch die dazu gehörenden Stundennachweise eingereicht wurden - von denen bisher nur ein geringer Teil vorgelegen hat; Anlagen zum Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 15.08.2005 - hätte dies bereits zur mündlichen Verhandlung erfolgen können und sollen (Schreiben des Gerichts vom 08.02.2006). Die Unterlagen veranlassen deshalb nicht zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung. Davon abgesehen bestätigen sie ohnehin die Rechtsauffassung des Senats, dass die Tätigkeit O s nicht die eines beratenden Betriebswirts war. Die relativ geringfügige Tätigkeit außerhalb des Ingenieurbereichs kann zusammen mit der ingenieurtypischen Arbeit nicht den Einsatz der erforderlichen Breite betriebswirtschaftlichen Wissens erfordert oder wenigstens einen Hauptbereich der Betriebswirtschaft abgedeckt haben. Daran ändert es nichts, dass O auch wenige Stunden in Zusammenhang mit Vertragsgestaltungen und vor allem 1999 einige Stunden für die A - Ingenieure in Sachen "Controlling-Programm" und "Pflichtenheft EDV" entgeltlich tätig war, wie die Unterlagen nun zeigen.

7. Dahinstehen kann nach alldem, ob nicht ohnehin die häufige Vergabe von Subunternehmerleistungen der Leistungsphase 8 nach der HOAI (Objektüberwachung; siehe "Aufgabenspektrum O " unter Tz. 5) einer freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin entgegensteht.

Einen freien Beruf übt nur aus, wer aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich tätig ist. Dies ist der Fall, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 20.12.2000, XI R 8/00, BStBl II 2002, 478). Ob dies der Fall war kann ungeprüft bleiben.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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