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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 30.10.2008
Aktenzeichen: VII 220/2004
Rechtsgebiete: AIG, AO, EStG, BGB


Vorschriften:

AIG § 2 Abs. 1 S. 3
AO § 45 Abs. 1
EStG § 2a Abs. 3
EStG § 10d
BGB § 1922
BGB § 1967
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

...

aufgrund mündlicher Verhandlungin der Sitzung vom 30.10.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist noch die Nachversteuerung von Verlustabzugsbeträgen des Erblassers gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG (bzw. der Nachfolgevorschrift § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG) durch den Erben als Gesamtrechtsnachfolger.

Die Kläger wurden im Streitjahr 1986 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger ist an der Firma A KG ( A ) beteiligt. Die A ist eine geschäftsleitende Holding mehrerer gewerblich tätiger Gesellschaften unterschiedlicher Rechtsformen. Der Kläger ist sowohl mittelbar über die A als auch unmittelbar an der Betriebsstätte der B GmbH & atypisch stille Gesellschaft in den USA beteiligt. Der zum 31.12.1981 verbliebene ausländische Verlust i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG des Klägers aus dieser Beteiligung belief sich auf 5.374 DM. Die Hinzurechnungsbeträge 1986 des Klägers nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG aus dieser Betriebstätte wurden letztmals unmittelbar im Bescheid vom 18.05.1998 i.H.v. 565 DM und mittelbar über die A im Bescheid vom 11.01.1998 i.H.v. 229 DM gesondert und einheitlich ausgewiesen.

Der Kläger ist zu 1/5 Miterbe seines am 06.11.1982 verstorbenen Vaters, C. Dieser hatte aus der Betriebsstätte in den USA einen Verlustabzug nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG i.H.v. insgesamt 8.370 DM in Anspruch genommen. Davon wurde dem Kläger im Jahr 1982 im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge ein Anteil des verbliebenen ausländischen Verlustes i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG von 1.674 DM zugerechnet, woraus sich ein Verlustabzugsbetrag von insgesamt 7.048 DM ergab. Nach Hinzurechnung von 432 DM verblieb zum 31.12.1982 ein Verlustabzug von 6.615 DM. Im Streitjahr betrug der Hinzurechnungsbetrag nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG 795 DM. Bei einem Verlustabzugsbetrag zum 31.12.1985 von 1.135 DM verblieb danach zum 31.12.1986 noch ein Verlustabzug von 340 DM.

Der Einkommensteuerbescheid 1986 vom 28.06.1988 wurde wiederholt nach § 164 Abs. 2 AO geändert. Gegen den Änderungsbescheid vom 10.06.1998 legten die Kläger Einspruch ein. Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens ergingen weitere Änderungsbescheide. Mit Einspruchsentscheidung vom 09.07.2004 wies das Finanzamt den Einspruch gegen den angefochtenen Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheids vom 18.06.2002 als unbegründet zurück.

Dagegen haben die Kläger Klage eingelegt.

Die Klage wurde zunächst u.a. mit der Unzulässigkeit des zweistufigen Feststellungsverfahrens bei doppelstöckigen Personengesellschaften und den daraus resultierenden Folgen hinsichtlich der Anwendung der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, der Verjährung von Folgesteuern nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO und der Bestimmtheit des Grundlagenbescheids für die A begründet.

Die Klage beschränkt sich nunmehr auf die Vererblichkeit der Nachversteuerungspflicht des Erblassers gemäß § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG a.F. bzw. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG im Hinblick auf die Entscheidung des BFH vom 17.12.2007 zum Übergang des Verlustvortrags auf den Erben nach § 10d EStG. Höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände gingen bereits nach allgemein anerkannten Grundsätzen weder im Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Satz 1 AO noch im Anwendungsbereich des bürgerlichen Rechts auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger über.

Die isolierte Auslegung des § 2a Abs. 3 EStG a.F. bzw. des § 2 Abs. 1 AIG ergebe keinen zwingenden Schluss auf eine Vererblichkeit der in § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG a.F. bzw. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG normierten Nachversteuerungspflicht. Diese Vorschriften gewährten einem Steuerpflichtigen lediglich die Ausgleichs- und Abzugsmöglichkeit von ausländischen DBA-Betriebsstättenverlusten sowie die Hinzurechnung der im Inland berücksichtigten Verlustbeträge. Ihnen sei keine Aussage zur Zulässigkeit eines interpersonellen Verlustabzugsausgleiches durch Übergang dieser Nachversteuerungspflicht auf einen Rechtsnachfolger zu entnehmen.

Unerheblich sei dabei, ob der potenziellen Nachversteuerungspflicht dem Grunde nach ein wirtschaftlicher - im Streitfall negativer - Vermögenswert zukomme. Denn ein solcher begründe nach dem Rechtsverständnis des Großen Senats nicht die Vererblichkeit der Rechtsposition.

Die Konzeption der Einkommensteuer als Personensteuer und die daran anknüpfende, streng personenbezogene Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen hindere beim Erben einen Übergang der vom Erblasser abgezogenen Verluste aus ausländischen Betriebsstätten als Tatbestandsvoraussetzung für die spätere Hinzurechnung positiver Beträge. Die Personenbezogenheit der aus den Einkünften bedingten Leistungsfähigkeit gelte sowohl für die durch negative Einkünfte begründete negative Leistungsfähigkeit als auch für die durch Gewinne und Einnahmeüberschüsse vermittelte positive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Die durch den Verlustabzug gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AIG geänderte Leistungsfähigkeit des Erblassers als Tatbestandsvoraussetzung für die Rückabwicklung dieser Änderung in der Leistungsfähigkeit durch die später erfolgende Nachversteuerung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG hindere als personenbezogenes Merkmal einen Übergang auf den Erben.

Ebenso sei der Übergang der Nachversteuerungspflicht auf den Erben nicht nach dem sog. Totalitätsprinzip gerechtfertigt. Eine Minderbesteuerung des Erblassers durch den Verlustabzug nach § 2 Abs. 1 AIG sei als Konsequenz der strengen Personenbezogenheit der Einkommensteuer genauso hinzunehmen wie die personenbezogene Überbesteuerung.

Die Vererblichkeit der Nachversteuerungspflicht sei auch nicht aus § 24 Nr. 2 letzter Halbsatz EStG abzuleiten. Diese Vorschrift regele den Sonderfall einer gespaltenen Tatbestandsverwirklichung in der Gestalt, dass der Erblasser den Einkünfteerzielungstatbestand nur insoweit noch nicht erfüllt habe, als ihm die Einkünfte noch nicht zugeflossen seien. Im Fall der Nachversteuerungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG habe jedoch der Erblasser den Einkünfteerzielungstatbestand in Gestalt von negativen Einkünften aus einer ausländischen DBA-Betriebsstätte in vollem Umfang bereits verwirklicht, während die Nachversteuerung von positiven Einkünften aus der ausländischen Betriebsstätte in Form eines Hinzurechnungsbetrags allein in vollem Umfang beim Erben erfolge. Es liege weder eine gespaltene Tatbestandsverwirklichung noch eine Tatbestandsverklammerung vor.

Ein Übergang einer Nachversteuerungspflicht auf den Erben könne weder aus § 6 Abs. 3 EStG noch aus § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG i.d.F. vor dem Inkrafttreten des SEStEG abgeleitet werden.

Die tragenden Gründe im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 gegen die Vererblichkeit des Verlustvortrags gemäß § 10d EStG sprächen auch in gleicher Eindeutigkeit gegen die Vererblichkeit der Nachversteuerungspflicht des Erblassers gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG.

Die Rechtsprechung des Großen Senats des BFH sei auf den Streitfall nicht erst mit Wirkung für die Zukunft anzuwenden, weil eine Abkehr von der bisher als vererblich betrachteten Nachversteuerungspflicht des Erblassers gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG nicht zu einer belastenden Rückwirkung für die Erben führe.

Der Einwand des Beklagten, die zu Lasten der Kläger nach § 2a Abs. 3 EStG a.F. vorgenommene Hinzurechnung in Höhe von 795 DM für die in den USA gelegene Betriebsstätte sei auch ohne den Übertrag der vom Erblasser stammenden Verlustabzugsbeträge durchzuführen, sei unzutreffend, weil im Streitjahr eine aus eigenen Verlustabzugsbeträgen resultierende Hinzurechnung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG nicht mehr in Betracht komme. Ebenso gehe der Hinweis auf R 2a Abs. 4 EStR ins Leere, weil die dortige Verweisung auf die sinngemäße Anwendung des § 10d EStG mit Beschluss des BFH hinfällig geworden sei.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1986 vom 18.06.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.07.2004 dahin zu ändern, dass der Hinzurechnungsbetrag nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG aus der ausländischen Betriebsstätte der B GmbH & atypisch stille Gesellschaft von 795 DM nicht angesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt aus, die Bindung des Erblassers aus seinem Antrag auf Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG gehe auf die Erben über. Der Beschluss des Großen Senats vom 17.12.2007 zur Vererblichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG sei nicht auf Verluste nach § 2 AIG bzw. § 2a EStG anwendbar. § 2a EStG schließe Verluste aus bestimmten Auslandsaktivitäten vom allgemeinen Verlustausgleich aus. Es sei nur eine Verrechnung der Verluste mit positiven Einkünften derselben Einkunftsart und aus demselben Staat zulässig. Aufgrund der objekt- und einkunftsbezogenen Ausgestaltung der Vorschrift gingen Verluste nach § 2a EStG auf den Erben über.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat zu Recht auch hinsichtlich des verbleibenden Verlustabzugsbetrags des Erblassers in Höhe der sich aus der Betriebsstätte in den USA ergebenden positiven Beträge gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG eine Hinzurechnungsbesteuerung vorgenommen.

1. Sind nach einem Abkommen zu Vermeidung der Doppelbesteuerung bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen aus einer in einem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätte stammende Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit von der Einkommensteuer zu befreien, so ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG 1982 auf Antrag des Steuerpflichtigen ein Verlust, der sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes bei diesen Einkünften ergibt und nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes vom Steuerpflichtigen ausgeglichen oder abgezogen werden könnte, wenn die Einkünfte nicht von der Einkommensteuer zu befreien wären, bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte insoweit abzuziehen, als er nach diesem Abkommen zu befreiende positive Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit aus anderen in diesen ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten übersteigt. Der nach Satz 1 abgezogene Betrag ist, soweit sich in einem der folgenden Veranlagungszeiträume bei den nach diesem Abkommen zu befreienden Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit aus in diesem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten insgesamt ein positiver Betrag ergibt, in dem betreffenden Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte wieder hinzuzurechnen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 AIG, gemäß § 8 Abs. 5 AIG i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.07.1988, BGBl. I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224, letztmals anwendbar auf Verluste des Veranlagungszeitraums 1989; für die Veranlagungszeiträume 1990 bis 1998 Übernahme der Reglung in § 2a Abs. 1 Satz 1 und 3 EStG, die Nachversteuerungsregelung des § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG ist gemäß § 52 Abs. 3 Satz 3 EStG weiterhin anwendbar).

Nach gängiger Verwaltungspraxis geht im Erbfall der nach § 2a Abs. 3 EStG a.F. vom Erblasser abgezogene und bei diesem noch nicht hinzugerechnete Betrag im Rahmen der Erbfolge auf den Erben über (vgl. R 2a Abs. 4 EStR 2007; Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 2a EStG Anm. 336). Diese Verwaltungsauffassung hat durch die Entscheidung des BFH vom 17.12.2007 GrS 2/04, BStBl II 2008, 608, zum Verlustübergang nach § 10d EStG keine Änderung erfahren.

2. Nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung konnte der Erbe gemäß § 10d EStG einen beim Erblasser nicht mehr ausgeglichenen Verlust bei seiner eigenen Besteuerung geltend machen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29.03.2000 I R 76/99, BStBl II 2000, 622; vom 22.10.2003 I ER - S - 1/03, BStBl II 2004, 414). In Anlehnung an die Regelungen des § 10d EStG fand diese Rechtsprechung bei ausländischen Verlusten nach § 2 Abs. 1 AIG entsprechende Anwendung. Mit Beschluss vom 17.12.2007 hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und den Übergang eines vom Erblassers nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10d EStG auf den Erben im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge verneint. Der erkennende Senat hält hinsichtlich der Nachversteuerungspflicht nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG bzw. § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG aufgrund vorangegangener Berücksichtigung von Verlusten aus einer ausländischen Betriebsstätte an der bisherigen Rechtsprechung fest.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH erwirbt der Erbe gemäß §§ 1922, 1967 BGB, 45 Abs. 1 Satz 1 AO im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge nicht nur die Forderungen und Schulden des Erblassers, sondern tritt darüber hinaus in dessen gesamte materielle und verfahrensrechtliche Stellung ein. Dieser Grundsatz gilt nur insoweit, als es nicht um Positionen geht, die unlösbar mit der Person des Erblassers verbunden und in diesem Sinne höchstpersönlich sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29.03.2000 I R 76/99, BStBl II 2000, 622; BFH-Beschluss in BStBl II 2008, 608). Dies ist bei der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG der Fall.

3. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG hat das Ziel, steuerliche Nachteile zu beseitigen, die deutsche Auslandsinvestitionen in Staaten mit Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) behindern.

a) Unbeschränkt steuerpflichtige Personen unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 EStG mit ihrem gesamten Einkommen ("Welteinkommen") der deutschen Einkommensteuer, es sei denn, das Besteuerungsrecht hinsichtlich der im Ausland erzielten (positiven und negativen) Einkünfte steht nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) einem anderen Staat zu.

Der Umstand, dass die in DBA-Ländern entstandenen Verluste mit den im Inland erzielten Gewinnen bei der Einkommensteuerveranlagung nicht ausgeglichen werden können, kann in gewissem Umfang durch die Inanspruchnahme der Vergünstigung nach § 2 Abs. 1 AIG gemildert werden. Die Vorschrift sieht für bestimmte ausländische Verluste, die nach dem Recht der DBA im Inland nicht berücksichtigt werden, einen Verlustausgleich bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte vor.

Mit der Schaffung des § 2 AIG durch das StÄndG 1969 wollte der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BFH abmildern, nach der die in den Betriebsstätten in DBA-Ländern erzielten Verluste bei der Ermittlung der Inlandseinkünfte nicht berücksichtigt werden können. Das AIG sollte "steuerliche Hemmnisse, die sich bei Auslandsinvestitionen besonders störend auswirken, beseitigen und dadurch dazu beitragen, dass die allgemein für dringend erachtete Steigerung der deutschen Direktinvestitionen im Ausland nicht durch Bestimmungen des deutschen Steuerrechts behindert wird" (Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses zu BT-Drucks V/4287). Es sollten deshalb Anrechnungsmöglichkeiten für Verluste eingeführt werden, die von den in den DBA-Ländern belegenen gewerblichen Betriebstätten erzielt werden. In dem Bericht des Finanzausschusses (zu BT-Drucks V/4287) wird dazu ausdrücklich hervorgehoben, dass "der Verlustausgleich nur bei Betriebstätten, d.h. nur bei gewerblicher Betätigung, als der hier im Vordergrund stehenden Investitionsform gewährt werden soll" (vgl. BFH-Urteile vom 28.04.1983 IV R 122/79, BStBl II 1983, 566; vom 05.06.1986 IV R 268/82, BStBl II 1986, 659 und IV R 338/84, BStBl II 1986, 661). Der Verlustabzug des § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG hat daher - wie auch seine systematische Stellung untermauert - keine Zweckbeziehung zur Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Entsprechendes gilt für seine Umkehrung.

b) Der nach Satz 1 der Vorschrift abgezogene Betrag ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG dem Gesamtbetrag der Einkünfte wieder hinzuzurechnen, soweit sich in einem der nachfolgenden Veranlagungszeiträume bei den nach dem DBA zu befreienden Einkünften aus den in dem ausländischen Staat belegenen Betriebstätten insgesamt ein positiver Betrag ergibt.

Nach dem Bedeutungszusammenhang der Vorschrift und deren Zielsetzung werden nicht die "Einkünfte", sondern nur "der nach Satz 1 abgezogene Betrag" mit Wirkung ex nunc dadurch korrigiert, dass dieser wieder ganz oder teilweise hinzugerechnet wird. Damit werden nicht etwa im Ausland erzielte Einkünfte besteuert; es werden vielmehr zeitweilig steuerfrei gebliebene Teilbeträge des Einkommens nachversteuert. Die ausländischen Betriebsstättengewinne bilden lediglich Anknüpfungspunkt und Berechnungsgrundlage für die Höhe des Hinzurechnungsbetrages. Dies zeigt sich u.a. darin, dass selbst dann höchstens der nach Satz 1 abgezogene Betrag wieder hinzuzurechnen ist, wenn der spätere Gewinn diesen Betrag übersteigt.

Nach der Zielsetzung des § 2 Abs. 1 AIG ist der durch den Verlustausgleich gewährte steuerliche Vorteil nur unter der Voraussetzung zu belassen, dass nicht in späteren Jahren entsprechende Betriebsstättengewinne entstehen. Dies verdeutlicht die Begründung des Gesetzes, die von "Nachholung der Besteuerung" (BT-Drucks V/3890 S.20) bzw. von "Nachversteuerung" (BT-Drucks V/4287 S. 6) spricht. Der Steuerpflichtige soll so behandelt werden, als sei der gewerbliche Verlust nur in der geminderten Höhe angefallen. Der ursprünglich gewährte Verlustausgleich sollte in Höhe der späteren Nachversteuerung lediglich die Wirkung einer Steuerstundung haben (vgl. BFH-Urteil vom 08.03.1989 X R 181/87, BStBl II 1989, 541).

Die Vorschrift soll auch deshalb nur die Wirkung einer Steuerstundung haben, weil sie im Vergleich zu einem abkommenslosen Zustand nicht zu einer Steuervergünstigung führen soll. Diese würde eintreten, wenn der im Abzugsbetrag berücksichtigte Verlust in der Folge auch im Ausland durch Absetzung von späteren Gewinnen steuermindernd geltend gemacht werden kann; deswegen ordnet das Gesetz bei späteren Gewinnen aus Betriebsstätten im Auslandsstaat die Hinzurechnung des Abzugsbetrags an, sofern nach ausländischem Recht nicht nachweislich ein Abzug früherer Verluste ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.1989 IV R 143/85, BStBl II 1990, 204).

Darin unterscheidet sich die Regelung vom Verlustvortrag nach § 10d EStG. Diese Vorschrift trägt dadurch der personenbezogenen Leistungsfähigkeit Rechnung, dass sie einen globalen interperiodischen Verlustausgleich zulässt, soweit die Verluste im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung nicht ausgeglichen werden können. Dadurch werden Härten, die sich durch die Anwendung des dem Einkommensteuergesetz zugrunde liegenden Abschnittsprinzips ergeben, vermieden.

Beide Vorschriften sind in ihrer Zielrichtung, ihrem Regelungsgegenstand und ihrer Ausgestaltung grundlegend verschieden und daher nur eingeschränkt vergleichbar.

4. Ausgehend von diesen Grundsätzen geht die Nachversteuerungsverpflichtung des Erblassers i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG unter Berücksichtigung des Zwecks und der Ausgestaltung der Vorschrift als steuerrechtliche Rechtsposition auf den Erben über.

a) Soweit der Verlustvortrag und damit die Steuerbegünstigung i.S. des § 2 Abs. 1 AIG zu Lebzeiten des Steuerpflichtigen nicht aufgebraucht bzw. zurückgeführt wurde, tritt der Erbe, wie es § 2 Abs. 1 Satz 4 AIG voraussetzt, hinsichtlich der Nutzung des ausländischen Verlustvortrags im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge in die steuerrechtliche Rechtsposition des Erblassers ein.

§ 2 Abs. 1 Satz 4 AIG gilt entsprechend für den Erben. Denn auch beim Erben kommt eine Hinzurechnung nur dann in Betracht, wenn er im Ausland den Verlustvortrag des Erblassers, der betragsmäßig dem inländischen Verlustabzug nach § 2 Abs. 1 AIG entspricht, steuerrechtlich beanspruchen kann.

Im Streitfall hat der Kläger weder vorgetragen noch nachgewiesen, dass er als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers dessen Verlustvortrag in den USA nicht in Anspruch nehme könne. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen DBA-USA werden Verluste wie Gewinne aus der Betriebstätte in den USA der Besteuerung in den USA unterworfen (vgl. auch BFH-Urteil in BStBl II 1990, 204). Eine Hinzurechnungsbesteuerung ist daher nach § 2 Abs. 1 Satz 4 AIG beim Kläger als Erben nicht ausgeschlossen.

b) Der Kläger tritt im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auch hinsichtlich der inländischen Hinzurechnungsbesteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG in die Rechtsposition des Erblassers ein.

Die steuerliche Förderung von Auslandsinvestitionen nach § 2 I AIG stellt auf die ausländische Betriebstätte und deren wirtschaftliche Entwicklung ab. Als Gesamtrechtsnachfolger setzt der Erbe die Geschäftstätigkeit des Erblassers fort und nutzt in der Eigenschaft als Unternehmer in der ausländischen Betriebstätte die Verlustvorträge, die nach der inländischen Besteuerung zur Steuerbegünstigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG geführt haben. Durch den (antragsgebundenen) Verlustabzug hat der Rechtsvorgänger die Rechtsgrundlage für eine spätere Hinzurechnungsbesteuerung gelegt. Der abgezogene Verlust ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG wieder hinzuzurechnen, sobald sich aus den Betriebsstätten des betreffenden Staates ein positiver Betrag ergibt. Die Hinzurechnung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG geht von einer Fortführung der ausländischen Betriebsstätte aus. Die hieraus erzielten positiven Beträge sind bis zum Ausgleich des vom Erblasser berücksichtigten Verlustabzugs bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte hinzuzurechnen. Mit der Fortführung der ausländischen Betriebsstätte tritt der Erbe im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auch hinsichtlich der hieraus resultierenden Hinzurechnungsbesteuerung in die Rechtsposition des Erblassers ein.

c) Außerdem ist die Hinzurechnungsbesteuerung derart eng mit dem vorangegangenen Abzug von Verlusten aus der ausländischen Betriebsstätte verbunden, dass sie nur zusammen mit der Betriebsstätte als "Einkunftsquelle" auf den Erben übergeht.

Der Hinzurechnung nach § 2 Abs. Abs. 1 Satz 3 AIG liegt eine streng objekt- und einkunftsquellenbezogene Konzeption zugrunde. Sie ist unlösbar mit der Betriebsstätte bzw. den Betriebsstätten des Staates verknüpft, aus dem die Verluste sowie die positiven Beträge stammten bzw. stammen. Es ist nur der positive Betrag aus den im betreffenden ausländischen Staat belegenen gewerblichen Betriebsstätten hinzuzurechnen. Während der Verlustabzug i.S. des § 10d EStG losgelöst von den einzelnen Einkunftsquellen lediglich eine Rechengröße auf dem Weg zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens darstellt (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2008, 608, 615), setzt die Hinzurechnung einen unmittelbaren gegenständlichen Bezug zu der betreffenden Betriebsstätte bzw. den Betriebsstätten des betreffenden Staates voraus.

Deswegen hat die Hinzurechnungsbesteuerung ausschließlich beim Steuerpflichtigen bzw. beim Erben als Gesamtrechtsnachfolger zu erfolgen. Dabei ist nicht der Gewinn aus der ausländischen Betriebstätte des jeweiligen Staates Gegenstand der Besteuerung. Eine Besteuerung dieses Gewinns wäre mit dem Doppelbesteuerungsabkommen DBA-USA, das Verluste wie Gewinne aus der Betriebstätte in den USA der Besteuerung in den USA unterwirft, nicht vereinbar (vgl. BFH-Urteile vom 02.03.1989 IV R 128/86, BStBl II 1989, 543; in BStBl II 1990, 204). Mit der Hinzurechnungsbesteuerung wird nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht nur ein früherer Verlustabzug rückgängig gemacht, wobei sowohl laufende als auch außerordentliche Gewinne aus allen (gewerblichen) Betriebstätten desselben DBA-Staates zu berücksichtigen sind. Vielmehr geht es bei der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG letztlich darum, eine dem Erblasser außerhalb des Besteuerungsrechts durch Abzug ausländischer Verluste gewährte "Steuerstundung" rückgängig zu machen. Auch wenn es sich hierbei nur untechnisch um eine "Stundung" handelt, trifft der Ausgleich - wie bei einer technischen Stundung i.S. des § 222 AO - den Erben als Gesamtrechtnachfolger des Erblassers. Dies erfolgt wie die Gewährung der (untechnischen) "Steuerstundung" im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte.

5. Nach dem Sinn und Zweck, der Ausgestaltung und der Systematik des § 2 Abs. 1 AIG stehen der Vererblichkeit der Hinzurechnungsbesteuerungspflicht Prinzipien und grundlegende Wertungen des Einkommensteuerrechts also nicht entgegen.

Die Einkommensteuer ist eine Personensteuer. Sie erfasst die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Person. Sie wird daher vom Grundsatz der Individualbesteuerung und vom Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beherrscht. Die personale Anknüpfung der Einkommensteuer garantiert die Verwirklichung des verfassungsrechtlich fundierten Gebots der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die einzelne natürliche Person ist das Zurechnungssubjekt der von ihr erzielten Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG). Die persönliche Steuerpflicht erstreckt sich auf die Lebenszeit einer Person; sie endet mit ihrem Tod. In diesem Fall ist die Veranlagung auf das bis zum Tod erzielte Einkommen zu beschränken. Erblasser und Erbe sind zwar verschiedene Rechtssubjekte, die jeweils für sich zur Einkommensteuer herangezogen werden und deren Einkünfte getrennt ermittelt und dem jeweiligen Einkommensteuerrechtssubjekt zugerechnet werden (vgl. BFH-Beschluss vom 17.12.2007 GrS 2/04, BStBl II 2008, 608). Wegen der Verklammerung der Tatbestandsverwirklichung sowie der damit verbundenen Wirkung der "Steuerstundung" geht die Verpflichtung auf den Erben über.

Diese Grundsätze schließen bei einem anderen Einkommensteuerrechtssubjekt im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht die Hinzurechnung von positiven in Höhe des beim Erblasser verbliebenen Verlustabzugsbetrags nach § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 AIG aus.

Daher ist die Hinzurechnungsbesteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG nicht unlösbar an den Steuerpflichtigen, der die Steuerbegünstigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG in Anspruch genommen hat, gebunden. Denn mit der Hinzurechnung wird ein Steueranspruch des Steuergläubigers aus einem (vorläufigen) Steuervorteil realisiert, der nach dem Willen des Gesetzgebers dem Erblasser außerhalb des inländischen Besteuerungsrechts lediglich vorübergehend bis zur Erzielung von positiven Beträgen aus den Betriebsstätten des betreffenden Staates in der Form einer Steuerstundung gewährt wurde. Diese Verpflichtung des Erblassers geht im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über.

Der Kläger ist damit hinsichtlich der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG in die Rechtsposition des Erblassers eingetreten.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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