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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 01.02.2007
Aktenzeichen: VII 52/06
Rechtsgebiete: EStG, FördG, BGB, AO


Vorschriften:

EStG § 7
FördG § 1 Abs. 1 S. 1
FördG § 3 S. 2 Nr. 1
FördG § 4
BGB § 640 Abs. 1 S. 3
BGB § 644 Abs. 1 S. 2
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

VII 52/06

Einkommensteuer 1996 bis 2003

In dem Rechtsstreit

...

hat der VII. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 01.02.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 vom 02.11.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.03.2006 wird die Einkommensteuer auf 122.424,75 EUR (239.442 DM) herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist die nachträgliche Versagung von Sonder- und Normalabschreibungen nach § 4 FördG bzw. § 7 EStG mangels Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten von 8 Doppelhaushälften.

Die Kläger wurden in den Streitjahren 1996 bis 2003 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 23.12.1996 zwei Grundstücksflächen in A (Thüringen). Die Veräußerin verpflichtete sich, bis 01.09.1997 bzw. 15.09.1997 4 Doppelhaushälften und bis 01.10.1997 bzw. 15.10.1997 weitere 4 Doppelhaushälften zu errichten. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 3.193.500 DM, von dem 442.000 DM auf den Grund und Boden, 2.664.000 DM auf die 8 Doppelhaushälften samt Außenanlagen, 56.000 DM auf die Hausanschlusskosten, 28.500 DM auf die Architektenkosten und 3.000 DM auf die Plangenehmigung entfielen. Der Kaufpreis war am Tag der Beurkundung Zug um Zug gegen die Gestellung einer unbefristeten Bankbürgschaft der Kreis- und Stadtsparkasse B zur Zahlung fällig. Nach den vertraglichen Bestimmungen gingen Besitz, Nutzen, Lasten und die Gefahr des Vertragsobjektes mit dessen Übergabe und Abnahme des Bauwerkes auf den Käufer über. Der Verkäufer hatte dem Käufer den Tag der Bezugsfertigkeit rechtzeitig mitzuteilen und zur Abnahme des Bauwerks aufzufordern.

Darüber hinaus verpflichteten sich die Vertragsparteien unter III. des Kaufvertrags, die Messungsanerkennung und die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen und die erforderlichen Grundbuchanträge zu stellen, wenn das amtliche Vermessungsergebnis vorliegt, das Bauvorhaben fertiggestellt und der volle Kaufpreis gezahlt ist.

Der Kaufpreis wurde gegen Gestellung einer Bürgschaft der Kreis- und Stadtsparkasse B am 27.12.1996 gezahlt. In den Jahren 1997 und 1998 fielen Anschaffungsnebenkosten von 121.764 DM bzw. 11.644 DM an.

Die 8 Doppelhaushälften wurden von der Veräußerin im Zeitraum März bis Dezember 1997 errichtet. Der Kläger verweigerte jedoch die Abnahme der Gebäude wegen nicht vertragsgemäßer Herstellung.

Wegen vom Kläger behaupteter Mängel wurde im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens von dem Sachverständigen 1 aufgrund einer Ortsbesichtigung vom 01.12.1998 ein Schiedsgutachten erstellt. Darin stellte der Gutacher u.a. Mängel in der Ausführung der Böschung zum Kellerbereich und der damit in Zusammenhang stehende Oberflächen- und Schichtenwasserabführung sowie in der Ausführung des Anschlusspunktes Fensterbank-Betonabdeckung-Brüstungsgeländer fest, deren Beseitigung Voraussetzung für die sichere Benutzung und Erhaltung der Gebäude ist.

In dem am 22.10.1999 von der Veräußerin angestrengten Klageverfahren wegen Herausgabe der Bürgschaft der Kreis- und Stadtsparkasse B vor dem Landgericht C verweigerte der Kläger deren Herausgabe wegen nicht ordnungsgemäßer Fertigstellung. In diesem Verfahren fasste das Landgericht am 15.03.2000 den Beschluss, u.a. über die Behauptung der Klägerin, die von ihr erstellten 8 Doppelhaushälften seien mängelfrei und abnahmefähig, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Veräußerin verständigte sich der Kläger im Wege eines Vergleichs am 06.8.2003 mit der Kreis- und Stadtsparkasse B auf die Übertragung seines Rechts aus dem Kaufvertrag vom 23.12.1996 an die Kreis- und Stadtsparkasse B gegen Zahlung eines Betrags von 1.150.000 EUR.

Der Kläger machte in den Einkommensteuererklärungen 1996 bis 2002 für diese Objekte folgende Werbungskosten geltend:

 1996 DM1997 DM1998 DM1999 DM2000 DM2001 DM2002 EUR
Sonder-AfA : (50 % bzw. 20 %)1.375.75021.9182.329    
Normal-AfA 4.76953.85553.85557.55357.55327.535
Zinsaufwendungen2.028137.235101.11769.26151.28815.771 
Maklergebühr 4.960     
Anwaltskosten  37.42811.8774.194 28.489
Sonstiges     600 
Summe Werbungskosten1.377.778168.882194.729134.993113.03573.92456.024

Im Streitjahr 2003 erklärte der Kläger aus der Veräußerung der 8 Doppelhaushälften einen Verlust nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG von 548.581,68 EUR.

Mit Bescheiden für die Jahre 1996 bis 2003 vom 28.08.1997 (1996), 30.04.1999 (1997), 24.05.2000 (1998), 13.08.2001 (1999), 19.02.2002 (2000), 04.08.2003 (2001), 22.07.2004 (2002) und 03.05.2005 (2003) setzte das Finanzamt die Einkommensteuer antragsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Nach der Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 erließ das Finanzamt am 02.03.2000 Änderungsbescheide und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

In der Anschlussprüfung für die Jahre 1998 bis 2001 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Doppelhäuser bis zum Ende des Prüfungszeitraums nicht bezugsfertig waren, und versagte die Gewährung von Abschreibungsbeträgen.

Daraufhin änderte das Finanzamt am 02.11.2004 die Bescheide 1996 und 1997 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und minderte die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um die bisher gewährten Sonderabschreibungen auf Anzahlungen und Anschaffungsnebenkosten hinsichtlich der Objekte in A . Die übrigen Werbungskosten blieben einschließlich der Normalabschreibungen unverändert.

Die Bescheide 1998 bis 2002 änderte es am 03.05.2005 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Dabei kürzte es mangels Anschaffung in den Jahren 1998 und 1999 die Sonder- und Normalabschreibungen und versagte ab dem Jahr 2000 wegen des Fehlens einer Einkunftserzielungsabsicht mit Ausnahme von Rechtsanwaltskosten im Jahr 2002 den Abzug von Werbungskosten.

Die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2003 vom 02.11.2004 und 03.05.2005 hatten nur hinsichtlich der Jahre 2000 und 2001 teilweise Erfolg.

In der Einspruchsentscheidung führte das Finanzamt zu den Einkommensteuerbescheiden 1996 und 1997 aus, der Kläger sei nicht zum Abzug von AfA-Beträgen berechtigt, weil tatsächlich keine Anschaffung von Gebäuden vorliege. Die vertraglich vereinbarte Übergabe sei wegen der verweigerten Abnahme der Objekte durch den Kläger nicht zustande gekommen. Der Kläger habe deshalb kein wirtschaftliches Eigentum an den Objekten erlangt. Er habe in den Erläuterungen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie im Schreiben an das Finanzamt X vom 20.01.2003 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die betreffenden Objekte wegen Rechtsstreitigkeiten noch nicht abgenommen seien und deshalb nicht vermietet hätten werden können. Entsprechend sei er seiner vertraglichen Verpflichtung, die Auflassung zu erklären, nicht nachgekommen.

Die Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrag an die Kreis- und Stadtsparkasse B am 06.08.2003 dokumentiere, dass innerhalb des Begünstigungszeitraumes keine begünstigte Anschaffung im Sinne des FördG vorgelegen habe.

Diese Abtretung stelle ein Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar, weil es dadurch dem Kläger unmöglich geworden sei, eine der Anzahlung folgende Anschaffung zu tätigen. Die bei der Prüfung der Streitjahre 1996 und 1997 gewonnenen Erkenntnisse seien unbeachtlich.

Der Kläger habe auch kein wirtschaftliches Eigentum an den Objekten erlangt, weil er die Gebäude tatsächlich nicht abgenommen habe und aufgrund seiner rechtlichen Stellung die Eigentümerin nicht von deren Einwirkung auf die Wirtschaftsgüter habe ausschließen können. Es fehle an der erforderlichen AfA-Berechtigung.

Der vermeintlich bestehende Abnahmeverzug sowie die Möglichkeit, den erforderlichen Übergang von Nutzen und Lasten durch die ausstehende Abnahme faktisch zu vollziehen, sei nicht entscheidungserheblich. Dies gelte entsprechend für die mögliche Einkunftserzielung durch Abschluss entsprechender Mietverträge.

Der Grundsatz von Treu und Glauben stehe der Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide nicht entgegen. Aus dem Umstand, dass das Finanzamt trotz der Kenntnisse über die laufenden Rechtsstreitigkeiten mit dem Bauträger den Sachverhalt nicht vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO behandelt habe, sei nicht zum Ausdruck gekommen, dass das Finanzamt von einer Anschaffung ausgehe und die AfA-Beträge endgültig positiv verbescheiden wolle. Aus dem Fehlen der Nebenbestimmung könne nicht gefolgert werden, dass das Finanzamt ein für alle Mal auf künftige Änderungsmöglichkeiten verzichte.

Das Finanzamt ging auch in den Jahren 2000 und 2001 von einer Vermietungsabsicht aus und ließ die bisher versagten Zinsaufwendungen von 51.288 DM bzw. 16.371 DM als Werbungskosten zu.

Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2003 verneinte das Finanzamt wegen der am 06.08.2003 erfolgten Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrag eine Einkunftserzielungsabsicht und lehnte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe der Normal-AfA ab.

Mit ihrer Klage bringen die Kläger im Wesentlichen vor, der Kläger habe spätestens mit Bestätigung des Vergleichs über die Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrag vom 23.12.1996 an die Kreis- und Stadtsparkasse B gegen Rückgabe der Bürgschaft am 06.08.2003 das wirtschaftliche Eigentum an den Doppelhäusern erlangt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt seien Besitz, Nutzen und Lasten der 8 Doppelhaushälften auf den Kläger übergegangen, weil er ansonsten diese nicht an die Kreis- und Stadtsparkasse B hätte übertragen können.

Bereits im Jahr 1999 habe die Veräußerin den Besitz aufgegeben und dem Kläger die Besitzerlangung ermöglicht. So habe der Prozessbevollmächtigte der Veräußerin vor dem Landgericht C in der Klageschrift vom 21.10.1999 erklärt, die Mängel seien lt. Gutachten des Sachverständigen beseitigt worden und die Doppelhaushälften seien abnahmereif. Werde die Abnahme verweigert, sei dies rechtsmißbräuchlich und könne den Eintritt der Wirkungen der Abnahme nicht beeinträchtigen.

Der Kläger habe auch den Besitz angenommen, wenngleich er die Abnahme verneint habe. Er habe zu den 8 Doppelhäusern die Schlüssel besessen. Bereits im Herbst 1997 habe er einen Makler mit der Vermittlung von Mietverträgen beauftragt. In seinem Interesse seien Mietinteressenten durch die Häuser geführt und Mietverträge abgeschlossen worden, die er jedoch nicht unterschrieben habe, um dadurch nicht die Abnahme der Doppelhäuser vorzunehmen.

Der Umstand, dass der Kläger die von der Veräußerin geforderte Abnahme der Doppelhaushälften verweigert habe, stehe der rechtlich verwirklichten Abnahme nicht entgegen. Denn die vorhandenen Mängel hätten die Verpflichtung zur Abnahme nicht ausgeschlossen. Dies sei dem Kläger im Verfahren der Veräußerin auf Herausgabe der Bürgschaft vor dem Landgericht C deutlich gemacht worden.

Das Finanzamt habe nach Abschluss der Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 geänderte Bescheide erlassen. Dabei habe es den Anschaffungsvorgang bejaht und die Sonderabschreibungen für die Anzahlungen anerkannt. Ebenso habe es erstmals für das Jahr 1997 die Normalabschreibungen auf die Anschaffungskosten des Gebäudes anerkannt. Diese wären zu versagen gewesen, wenn noch keine Anschaffungskosten verwirklicht worden wären. Der Einwand des Finanzamts, bei Abschluss der Betriebsprüfung habe der Anschaffungsvorgang noch nicht festgestanden, sei unzutreffend, weil dies die Gewährung von Normalabschreibungen ausgeschlossen hätte.

Außerdem fehle es an einer Rechtsgrundlage für die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 vom 02.03.2000 bzw. 10.07.2000. Die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO seien deshalb nicht erfüllt, weil dem Beklagten aufgrund der Betriebsprüfung bekannt gewesen sei, dass der Kläger die Abnahme der Bauwerke abgelehnt habe und ein Rechtsstreit wegen der Rückgabe der Bürgschaften beim Landgericht C anhängig sei. Der am 06.08.2003 vor dem Landgericht B geschlossene Vergleich sei weder eine Tatsache noch ein Beweismittel im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Durch ihn werde deutlich, dass der Kläger seine Position als wirtschaftlicher Eigentümer der 8 Doppelhaushälften geltend gemacht und die beklagte Kreis- und Stadtsparkasse B als Bürge für Verpflichtungen in Anspruch genommen habe. Außerdem sei eine Änderung der Bescheide gemäß § 173 Abs. 2 AO ausgeschlossen.

Ebenso sei die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht einschlägig, weil kein rückwirkendes Ereignis vorliege.

Bei der im Jahr 1999 durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997, die zum Erlass der Änderungsbescheide geführt habe, sei im Ergebnis der Anschaffungsvorgang bejaht worden, weil endgültige, nicht mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehene Einkommensteuerveranlagungen durchgeführt worden seien. Nach Bekanntgabe der geänderten Bescheide sei kein Sachverhalt eingetreten, der die von der Finanzverwaltung angenommene Anschaffung rückwirkend beseitigt habe. Der Kläger habe weder die Wandlung des notariellen Kaufvertrags vom 23.12.1996 noch einen Rücktritt von diesem Kaufvertrag erklärt.

Der Vergleich mit der Kreis- und Stadtsparkasse B stelle kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar, weil die Rechte des Klägers aus dem Kaufvertrag lediglich durch eine Auflassungsvormerkung gesichert gewesen seien. Die dingliche Sicherung durch eine Auflassungsvormerkung stehe der Annahme eines wirtschaftlichen Eigentums nicht entgegen, weil der Kläger den Kaufpreis vorab gezahlt habe, die Doppelhaushälften fertig gestellt worden seien und dem Kläger der Besitz verschafft worden sei.

Die Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrag vom 23.12.1996 stelle wirtschaftlich einen Weiterverkauf der 8 Doppelhaushälften dar. Eine Übertragung des Eigentums auf die Kreis- und Stadtsparkasse B sei daran gescheitert, dass der Kläger noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen gewesen sei. Seine Rechtsposition sei lediglich durch eine Auflassungsvormerkung gesichert gewesen.

Der Weiterverkauf der 8 Doppelhaushälften sei kein rückwirkendes Ereignis bezüglich des bejahten Anschaffungsgeschäftes.

Für den Zeitraum 01.01. bis 06.08.2003 sei noch die Normalabschreibung von 2 % zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2003 vom 02.11.2004 bzw. 03.05.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.03.2006 dahin zu ändern, dass

1. im Jahr 1996 die Sonderabschreibungen nach § 4 FördG von 1.171.105 DM,

2. im Jahr 1997 Sonderabschreibungen nach § 4 FördG von 22.088 DM und Normalabschreibungen von 4.723 DM,

3. im Jahr 1998 weitere Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 97.211 DM,

4. im Jahr 1999 weitere Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 69.331 DM,

5. im Jahr 2000 weitere Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 67.747 DM,

6. im Jahr 2001 weitere Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 57.553 DM,

7. im Jahr 2002 weitere Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 29.426 EUR und

8. im Jahr 2003 weitere Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 17.655 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

In Ergänzung zur Einspruchsentscheidung führt er sinngemäß aus, im Streitfall liege keine Anschaffung vor. Der Umstand der Abnahmereife der Doppelhaushälften sowie die vermeintliche Inbesitznahme der Gebäude in Form der Schlüsselgewalt seien unbeachtlich. Im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 sei lediglich die nach den Bestimmungen des FördG mögliche Begünstigung der im Prüfungszeitraum geleisteten Anzahlungen bejaht worden. Eine Anschaffung sei unter Hinweis auf die zivilrechtlichen Auseinandersetzungen und den jährlichen Angaben des Klägers in den Steuererklärungen ausdrücklich nicht angenommen worden. Gerade wegen der Zweifelhaftigkeit der künftigen Anschaffung sei vom Prüfer die Vorläufigkeit der Änderungsbescheide angeregt worden.

Für die Beurteilung der Frage, ob der vor dem Landgericht B geschlossene Vergleich ein rückwirkendes Ereignis darstelle, sei die "Qualität" dieses Vergleichs bzw. die "Position" aus derer dieser geschlossen worden sei, nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung.

Auf das Schreiben der Kläger vom 05.02.2007 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat zu Recht die Sonderabschreibungen nach § 4 FördG und die Normalabschreibungen nicht zum Abzug zugelassen.

1. Der Kläger ist nicht zur Vornahme von Sonderabschreibungen ( § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG) und Normalabschreibungen ( § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 EStG) berechtigt, weil er nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Doppelhäuser geworden ist.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FördG können Steuerpflichtige für begünstigte Investitionen im Sinne der §§ 2 und 3, die im Fördergebiet durchgeführt werden, Sonderabschreibungen nach § 4 FördG vornehmen. Begünstigt sind u.a. die Anschaffung und die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Die Anschaffung eines abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsguts ist nur begünstigt, wenn das Wirtschaftsgut bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden ist und für das Wirtschaftsgut weder Absetzungen für Abnutzungen nach § 7 Abs. 5 EStG noch erhöhte Absetzungen oder Sonderabschreibungen in Anspruch genommen worden sind (§ 3 Satz 2 Nr. 1 FördG). Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter ( § 4 Abs. 1 Satz 1 FördG). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG können Sonderabschreibungen bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden.

Da begünstigte Investitionen nach § 3 Satz 2 Nr. 1 FördG die Anschaffung und die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern sind, sind Anzahlungen auf Anschaffungskosten lediglich Vorleistungen auf ein zu einem späteren Zeitpunkt noch zu vollziehendes Anschaffungsgeschäft (vgl. dazu BFH-Urteile vom 28.06.2002 IX R 51/01, BStBl II 2002, 758, und vom 26.06.2003 III R 16/01, BStBl II 2004, 22), und zwar auch dann, wenn sie in Höhe des geschuldeten Kaufpreises erbracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 14.01.2004 IX R 33/03, BStBl II 2004, 750; vgl. zum zivilrechtlichen Begriff der Vorausleistungen Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., § 362 Rz. 10, m.w.N.).

Zweck der - in zahlreichen Fördergesetzen vorgesehenen - zeitlich vorgezogenen Zulagenförderung ist es, die Liquidität des Unternehmers schon im Zeitpunkt des Geldabflusses und nicht erst im Zeitpunkt der späteren Anschaffung des Wirtschaftsgutes zu stärken. Zugleich soll die von der Zulagenförderung ausgehende Anreizwirkung zum frühzeitigen Investieren intensiviert werden (vgl. BFH-Urteil vom 02.06.1978 III R 48/77, BStBl II 1978, 475, zu § 19 BerlinFG).

Hingegen wollte der Gesetzgeber keine von der - notwendigerweise - nachfolgenden Anschaffung unabhängige eigenständige Investitionszulage schaffen. Es wird lediglich der Zeitpunkt vorverlegt, zu dem die nach § 3 FördG zu gewährenden Sonderabschreibungen geltend gemacht werden können. Da Anzahlungen auf Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts nicht selbständig begünstigt sind, stehen dem Anspruchsberechtigten Sonderabschreibungen nur dann endgültig zu, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 2 und 3 FördG erfüllt sind. Insbesondere muss das angezahlte Wirtschaftsgut tatsächlich später angeschafft werden (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 1978, 475; vom 28.06.2002 IX R 51/01, BStBl II 2002, 758).

Mit der Gewährung von Sonderabschreibungen auf Anzahlungen wird lediglich der erst bei der späteren Anschaffung des Wirtschaftsguts endgültig entstehende Anspruch (teilweise) vorweggenommen. Der Anspruchsberechtigte kann wählen, ob er seinen Anspruch erst nach Abschluss der Investition geltend macht oder ob er entsprechende Abschreibung bereits für die Anzahlungen beantragt. Macht er Sonderabschreibungen bereits für eine Anzahlung geltend, folgt aber der Anzahlung keine Anschaffung nach, so fehlt es an einer der Voraussetzungen für die Gewährung einer Sonderabschreibung. Bereits gewährte Abschreibungen auf die Anzahlung sind dann zu berichtigen (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 1978, 475; vom 26.06.2003 III R 16/01, BStBl II 2004, 22, zum InvZulG 1993).

Der Begriff "Anschaffung", der aus dem Handelsrecht in das Einkommensteuerrecht übernommen worden ist (BFH-Urteil vom 28.04.1977 IV R 163/75, BStBl II 1977, 553) wird im EStG nicht ausdrücklich definiert. Allerdings setzt § 9a EStDV den Begriff der Lieferung jenem der Anschaffung gleich (BFH-Urteil vom 02.09.1988 III R 53/84, BStBl II 1988, 1009). Lieferung bedeutet wie im Umsatzsteuerrecht (vgl. § 3 Abs. 1 UStG) Verschaffen der Verfügungsmacht. Es kommt somit auf den Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 07.11.1991 IV R 43/90, BStBl II 1992, 398 , und vom 12.04.2000 X R 69/98, BFH/NV 2000, 1331).

Weder der Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrags noch die Auflassung ( §§ 873, 925 BGB) führen als solche zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Maßgebend ist allein, wann der Erwerber nach dem Willen der Vertragsparteien wirtschaftlich über das Wirtschaftsgut verfügen kann. Das ist bei der Übertragung eines Grundstücks in der Regel der Fall, wenn Eigenbesitz, Gefahr, Lasten und Nutzen auf diesen übergehen. Denn maßgebend für eine Zurechnung aufgrund wirtschaftlichen Eigentums ist vor allem, dass Substanz und Ertrag des Grundstücks wirtschaftlich dem Nutzungsberechtigten zustehen. Solange Nutzen, Lasten und die Gefahr des zufälligen Untergangs noch nicht auf den Erwerber übergegangen sind, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. BFH-Urteile vom 27. September 2001 X R 67/00, BFH/NV 2002, 327; vom 04.06.2001 X R 49/01, BStBl II 2003, 751).

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger im Streitfall keine wirtschaftliche Verfügungsbefugnis über die Doppelhäuser erlangt.

Nach dem notariellen Vertrag vom 23.12.1996 sollten Besitz, Nutzen, Lasten und die Gefahr des Vertragsobjekts mit dessen Übergabe und Abnahme des Bauwerkes auf den Käufer übergehen.

a) Eine rechtsgeschäftliche Abnahme der Doppelhäuser fand im Streitfall nicht statt. Der Kläger weigerte sich, wegen der vorhandenen Mängel die Abnahme zu erklären. So wurde auf Antrag des Klägers wegen der behaupteten Baumängel im Jahr 1998 ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. In diesem Zusammenhang erstellte der Sachverständige 1 aufgrund des Ortstermins vom 01.12.1998 ein Schiedsgutachten, nach dem für die sichere Benutzung und Erhaltung der Gebäude noch entsprechende Arbeiten erforderlich waren. Nachdem laut Sachvortrag die Veräußerin angeblich die festgestellten Mängel hatte beseitigen lassen, der Kläger jedoch nach wie vor den Erfüllungsanspruch geltend machte, klagte die Veräußerin am 22.10.1999 vor dem Landgericht C auf Herausgabe der Bürgschaft der Kreis- und Stadtsparkasse B . Dieses Verfahren endete mit dem Beweisbeschluss unter Mitwirkung des Richters 2 vom 15.03.2000 über die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Zur Erstellung des Gutachtens kam es wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Veräußerin jedoch nicht mehr. In der Folge erhob der Kläger am 02.12.2002 Klage gegen die Kreis- und Stadtsparkasse B auf Zahlung aus der Bürgschaft vom 23.12.1996 Zug um Zug gegen Herausgabe der Originalurkunde. Damit hat der Kläger auch nach dem Beweissicherungsverfahren die Abnahme der Bauwerke nicht erklärt.

Ebenso kam es zu keiner fingierten Abnahme nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB. Nach dieser Regelung, die erst zum 01.05.2000 in das BGB eingefügt wurde und folglich erst ab diesem Zeitpunkt gilt, wird eine Abnahme fingiert, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Dies setzt voraus, dass das Bauwerk mangelfrei und damit abnahmereif ist. Dies war nach Überzeugung des Senats bis zur Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrag durch den Kläger an die Kreis- und Stadtsparkasse B nicht der Fall.

In seinem Gutachten vom 01.12.1988 (insbes. S. 47) führt der Gutachter 1 u. a. aus: "Für die Beseitigung anderer Mängel, wie z.B. die Ausführung zum Kellerbereich und die damit in Zusammenhang stehende Oberflächen- und Schichtenwasserabführung sowie die Ausführung des Anschlusspunktes Fensterbank-Betonabdeckung-Brüstungsgeländer ist eine Detailplanung erforderlich. Die Lösung dieser Probleme ist Voraussetzung für die sichere Benutzung und Erhaltung der Gebäude."

Es kann nach Auffassung des Senats keinen Zweifel unterliegen, dass gravierende Mängel der bezeichneten Art, die die sichere Nutzung und Erhaltung der Gebäude in Frage stellten, das Fehlen der Abnahmereife der einzelnen Gebäude kennzeichnen.

Die Kläger haben aber nicht nachgewiesen, dass die Veräußerin die größten Mängel beseitigt und die Abnahmereife der Gebäude bewirkt hat. Zwar berufen sie sich auf das Klageverfahren der Veräußerin gegen den Kläger sowie insbesondere darauf, dass der Richter am Landgericht C, 2 im Rahmen dessen zum Ausdruck gebracht habe, dass die vorliegenden Mängel "wohl" nicht zu einer Wandlung des Kaufvertrags berechtigten und somit eine Abnahme nach § 640 BGB vorliege. Indes sind der diesbezügliche Sachvortrag und der dazu angebotene Beweis unbehelflich. Die Kläger übersehen nämlich, dass die Äußerung des Richters 2 - die der Senat als wahr unterstellt - lediglich eine vorläufige Meinungsäußerung des Richters aufgrund der Behauptungen der Klägerin über zwischenzeitlich durchgeführte Mängelbeseitigungen darstellt. Denn wie der Beweisbeschluss vom 15.03.2000 bestätigt, sah sich das Landgericht nicht aufgrund eigener Sachkunde imstande, selbst die Abnahmereife zu beurteilen. So beschloss es, "über die Behauptung der Klägerin", die von ihr erstellten 8 Doppelhaushälften seien mängelfrei und abnahmefähig, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben. Daraus sowie aus der Formulierung "wohl" ergibt sich, dass sich der Richter 2 auch nach dem eigenen Vorbringen der Kläger eben nicht sicher war, dass tatsächlich bereits die Abnahmereife vorgelegen hat, vielmehr Feststellungen hierüber durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens für erforderlich hielt. Die von den Klägern angebotene Zeugenaussage des Richters 2 ist deshalb unbehelflich und im Übrigen nicht entscheidungserheblich.

Da die Erstellung des Sachverständigengutachtens wegen des zwischenzeitlich eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin unterblieb, fehlt ein entsprechender Nachweis darüber, dass die Behauptungen der Klägerin jenes Verfahrens den Tatsachen entsprachen. Im Ergebnis fehlt es an einer rechtsverbindlichen Feststellung dahingehend, dass eine Abnahmereife bestand und dadurch die gesetzlichen Wirkungen der Abnahme kraft Gesetzes eingetreten sind. Entgegen der Auffassung der Kläger ist damit keine Aussage über das Erlöschen des Erfüllungsanspruchs möglich. Ebenso fehlt ihrer Auffassung, aus dem Umstand, dass der Richter von Wandlung gesprochen habe, sei zu schließen, dass nach dessen Ansicht der Erfüllungsanspruch des Klägers bereits erloschen und nur noch eine Mängelbeseitigung möglich gewesen sei, die Tatsachengrundlage. Danach lagen die Voraussetzungen für eine fingierte Abnahme nicht vor.

b) Davon abgesehen fehlt es im Streitfall an der vertraglich vorgesehenen Übergabe der bebauten Grundstücke. Nach X. Abs. 1 des Kaufvertrags gehen Besitz, Nutzen, Lasten und die Gefahr des Vertragsobjektes mit dessen Übergabe und Abnahme des Bauwerkes auf den Käufer über. Eine Übertragung des unmittelbaren Besitzes an den Doppelhäusern auf den Kläger ist jedoch nicht erfolgt.

Im Streitfall kam es tatsächlich zu keiner förmlichen Übergabe der Doppelhäuser an den Kläger. Er hatte nach der angeblichen Fertigstellung weder die Schlüsselgewalt über die Häuser noch konnte er sie nutzen noch hat er zu irgendeiner Zeit die Lasten für die Objekte getragen Nach den Angaben des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger für die Häuser zu keiner Zeit z.B. die öffentliche Lasten oder Versicherungsbeiträge entrichtet. Ebenso ist mangels festgestellter Abnahmereife gemäß § 644 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB die Gefahr des Untergangs nicht auf ihn übergegangen.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, er sei berechtigt gewesen, die Häuser zu vermieten, handelte es sich lediglich um Vorbereitungsmaßnahmen für die noch vorzunehmende Besitzübertragung nach Fertigstellung der Objekte. Die Überlassung der Schlüssel im Oktober/November 1997 für die Besichtigung der Häuser durch Mietinteressenten diente ausschließlich der Vermittlung von Mietverträgen. Der Kläger weigerte sich jedoch, Mietverträge zu unterzeichen, um dadurch nicht eine Abnahme der Objekte zu erklären. Dieses Verhalten stellt jedoch keine endgültige Inbesitznahme in Form einer förmlichen Übergabe dar, zumal der Kläger dies gerade vermeiden wollte. Diese Maßnahmen, die noch während der Bauphase ergriffen wurden, waren auf die spätere, nach der Fertigstellung beabsichtigte Nutzung der Häuser durch den Kläger gerichtet und endeten spätestens mit der Ablehnung der Abnahme durch den Kläger. Zu einer tatsächlichen Besitzverschaffung an den Kläger kam es in der Folge nicht. Entsprechend machte der Kläger im Klageverfahren vor dem Landgericht C auf Herausgabe der Bürgschaft der Kreis- und Stadtsparkasse B nach wie vor einen Erfüllungsanspruch aus dem Kaufvertrag vom 23.12.1996 geltend.

Dass die Veräußerin den Kläger zur Vermietung der Vertragsobjekte ermächtigte, ist nachvollziehbar. Die diesbezügliche Berechtigung, die als wahr unterstellt wird, hat der Kläger jedoch nicht angenommen, sodass es bei einem angeblichen Angebot auf Übergabe der Häuser seitens der Veräußerin verblieb. Eine Übergabe i.S. des notariellen Vertrags kann daraus mangels tatsächlicher Besitzverschaffung nicht abgeleitet werden.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass die Verkäuferin vor dem Landgericht C auf Herausgabe der Bürgschaft klagte. Dieses dem Kläger als Sicherheit dienende Dokument wollte er wegen seines Interesses an einer ordnungsmäßigen Herstellung der Gebäude gerade nicht aus der Hand geben. Wie der Kläger hierzu vorträgt, brachte der Richter in der mündlichen Verhandlung u.a. zum Ausdruck, dass auch der Bauträger nicht das Recht habe, die Herausgabe der Bürgschaft zu verlangen, weil diese als Sicherungsinstrument für eine vollständige mängelfreie Herstellung der Häuser diene. Danach war die Veräußerin nur gegen Rückgabe der Bürgschaft zur Besitzverschaffung bereit. Auch daraus wird deutlich, dass es zu keiner Zeit zu einer tatsächlichen Besitzübertragung durch die Veräußerin gekommen ist.

Schließlich vermittelte auch die Abtretung der Rechte aus dem Kaufvertrag vom 23.12.1996 kein wirtschaftliches Eigentum. Bei dieser Abtretung handelte es sich lediglich um eine Übertragung schuldrechtlicher Ansprüche aus dem Kaufvertrag. Besitz- und Eigentumsrechte waren davon nicht betroffen, weil dem Kläger insoweit vorher keine Rechte übertragen wurden. Wie die Begründung der schuldrechtlichen Ansprüche mit Kaufvertrag vom 23.12.1996 zu keiner wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Grundstücke mit den noch zu errichtenden Doppelhäuser geführt hat, so war mit der Abtretung dieser Rechte keine Aufgabe einer entsprechenden Verfügungsmacht verbunden. Es handelt sich hierbei um schuldrechtliche Vorgänge, die das wirtschaftliche Eigentum der Veräußerin unberührt ließen.

c) Aus dem Umstand, dass das Finanzamt in den Jahren ab 1997 die Normalabschreibung sowie Sonderabschreibungen auf Anschaffungsnebenkosten anerkannt hat, kann der Kläger nicht das Vorliegen eines wirtschaftlichen Eigentums an den Doppelhäusern ableiten. Die Gewährung von Normalabschreibungen und Sonderabschreibungen hat keinen feststellenden Charakter gar mit Bindungswirkung für die Folgejahre. Sie beruhte auf den Angaben des Klägers in den Steuererklärungen und im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 1995 bis 1997. Sie beinhaltet lediglich eine rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts, die nach dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung in jedem Veranlagungszeitraum erneut vorzunehmen ist. Sie lässt daher keine Aussage über einen tatsächlichen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Kläger zu.

Danach hat der Kläger nicht die zur Vornahme von Abschreibungen erforderliche wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Wirtschaftsgüter erlangt. Es fehlt mangels Abnahme und Übergabe der Doppelhäuser an einer Anschaffung i.S.d. § 3 Satz 2 Nr. 1 FördG bzw. § 7 Abs. 4 EStG. Die für die Doppelhäuser aufgewendeten Anschaffungskosten und Anschaffungsnebenkosten sind daher nicht nach § 3 Satz 2 Nr. 1 FördG begünstigt.

2. Für die einzelnen Streitjahre ergibt sich hieraus Folgendes:

a) Das Finanzamt konnte den Einkommensteuerbescheid 1996 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ändern.

Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Aus dem Bedeutungszusammenhang, in dem diese Norm steht, ergibt sich, dass der Begriff "Ereignis" alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge umfasst. Dazu rechnen nicht nur solche mit ausschließlich rechtlichem Bezug, sondern auch tatsächliche Lebensvorgänge. Das Ereignis muss ferner stattfinden, nachdem der Steueranspruch entstanden ist und für die Fälle der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids, nachdem dieser Steuerbescheid ergangen ist. Die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegen nicht vor, wenn das Finanzamt - wie im Fall des § 173 Abs. 1 AO - lediglich nachträglich Kenntnis von einem bereits gegebenen Sachverhalt erlangt. Die nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhaltsänderung muss sich darüber hinaus steuerlich in die Vergangenheit auswirken, und zwar in der Weise, dass nunmehr der veränderte an Stelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, d.h. ob eine solche Änderung dazu führt, dass bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (BFH-Beschluss vom 19.07.1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897; BFH-Urteil vom 06.03.2003 XI R 13/02, BStBl II 2003, 554).

Im Streitfall stellt der Vergleich vom 06.08.2003 ein solches Ereignis dar. Zuvor erfüllte der Kläger mit der Vorauszahlung des Kaufpreises vom 27.12.1996 auf die noch zu errichtenden Doppelhäuser die Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderabschreibungen für Anzahlungen auf Anschaffungskosten nach § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG. Die Anschaffung eines abnutzbaren, unbeweglichen Wirtschaftsguts hatte gemäß § 3 Satz 2 Nr. 1 FördG als weitere Voraussetzung zu folgen. Tatsächlich ist es jedoch in der Folgezeit nicht zu einer Anschaffung der Doppelhäuser gekommen, wenn auch die Möglichkeit hierzu zunächst noch bestand. Mit Abschluss des Vergleichs aber nahm sich der Kläger ihre Möglichkeit. Die Vertragsparteien verglichen sich am 06.08.2003 vor dem Landgericht B auf Abtretung der mit Kaufvertrag vom 23.12.1996 erworbenen Rechte und Ansprüche einschließlich der im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung gegen Zahlung eines Betrags von 1.150.000 EUR aus der Bürgschaft der Kreis- und Stadtsparkasse B . Damit gab der Kläger seine bis dahin noch realisierbaren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an den im Kaufvertrag vom 23.12.1996 bezeichneten Grundstücken endgültig auf. Dieses Rechtsgeschäft hat eine rückwirkende Bedeutung für den Kaufvertrag vom 23.12.1996 und die in diesem Zusammenhang getätigten Anzahlungen, weil für diese nunmehr der Bezug zu einer Anschaffung als Voraussetzung für die Gewährung der Sonderabschreibungen entfallen ist. Es ist also nicht - wie die Kläger jedoch vortragen - so, dass der Vergleich bereits gegebene Tatsachen erst erkennbar gemacht hätte. Schließlich geht es - jedenfalls im Bereich der Sonderabschreibungen auf Anzahlungen - nicht lediglich darum, einen bisher angenommenen Anschaffungsvorgang zu verneinen. Den Klägern ist zwar zuzubilligen, dass die Annahme eines rückwirkenden Ereignisses im Streitfall eine neue Erkenntnis voraussetzt, die darin besteht, dass es bis zum Vergleich vom 06.08.2003 nicht zu einem abgeschlossenen Anschaffungsvorgang gekommen war. Doch kann diese neue Tatsache nicht Änderungsgrundlage i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sein. Denn die Gewährung der Sonderabschreibung auf die Anzahlungen setzte nach der gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG keine Anschaffung im Jahr 1996 oder auch nur bis zum Ergehen des betreffenden Einkommensteuerbescheids voraus. Daher ist im Streitjahr auch nicht die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO einschlägig. Vielmehr geht es im Streitfall um die Wirkungen, die der Fortfall der Möglichkeit der Anschaffung durch den Vergleich vom 06.08.2003 auf die getätigten Anzahlungen hat. Bei diesem handelt es sich um ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Das Finanzamt konnte danach den Bescheid 1996 wegen der gewährten Sonderabschreibungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO berichtigen.

b) Im Jahr 1997 ist die einschlägige Änderungsvorschrift im Hinblick auf die nachfolgend bezeichneten Aufwandspositionen nicht § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, sondern die des § 173 Abs. 1 AO. Das Finanzamt war daher in Bezug auf die Anschaffungsnebenkosten bezüglich der Baubegehung (550 DM), Notarkosten (12.624 DM), Bauantragsgebühren (25 DM), des Vorkaufsrechts 50 DM), der Grunderwerbsteuer (63.870 DM) und der Vermessungskosten (414 DM) von insgesamt 77.534 DM nicht zur Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 berechtigt.

Der Grund hierfür liegt darin, dass die Begünstigung insoweit nicht auf Anzahlungen nach § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG, sondern ausdrücklich in Form der Sonderabschreibung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FördG auf Anschaffungsnebenkosten gewährt wurde. Zutreffend weisen die Kläger darauf hin, dass diese Begünstigungsform ebenso wie die Normalabschreibungen einen abgeschlossenen Anschaffungsvorgang voraussetzten ( § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FördG; § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 EStG). Das bedeutet für den Streitfall, dass das Finanzamt bei der Gewährung beider Abschreibungen für das Jahr 1997 offenkundig von einer abgeschlossenen Anschaffung, gekennzeichnet zumindest durch die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht (s.o. 1), ausgegangen ist. Will es nunmehr (zutreffend) davon ausgehen, dass eine Anschaffung durch den Kläger zu keinem Zeitpunkt, also auch nicht im Streitjahr 1997 vorgelegen hat, dann muss es zunächst von einer neuen Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ausgehen. Zwar mag diese Tatsache im Zusammenhang mit der Kenntnisnahme des Vergleiches vom 06.08.2003 bekannt geworden sein. Gleichwohl beschränkt sich dessen Wirkung diesbezüglich auf eben diesen Erkenntnisvorgang; nicht jedoch stellt der Vergleich auch diesbezüglich ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Denn er beeinflusst den Umstand nicht, dass der Kläger im Streitjahr 1997 die fraglichen Grundstücke nicht angeschafft hatte.

Ist somit nicht § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, sondern § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die diesbezügliche Änderungsvorschrift, so ergibt sich aus § 173 Abs. 2 AO eine Änderungssperre für die an sich zulässige Änderung. Nach dieser Vorschrift können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Betriebsprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt.

Im Streitfall ist am 02.03.2000 auf Grund der Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 ein Änderungsbescheid ergangen. Für die Annahme aber, dass der Kläger bzw. sein steuerlicher Vertreter bei der Abgabe der Steuererklärung 1997 bzw. während der Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 bewusst oder grob fahrlässig (leichtfertig) falsche Angaben gemacht hätte, fehlt jeder Hinweis tatsächlicher Art. Der Zusammenstellung der Prüfungsfeststellungen hierzu ist zu entnehmen, dass der Prüfer im Wesentlichen über die am Ende des Jahres 1998 noch nicht vollständig fertiggestellten und nicht abgenommenen Objekte in A von Seiten des Klägers informiert worden war.

Eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 vom 02.03.2000 war danach hinsichtlich der Sonderabschreibungen auf Anschaffungsnebenkosten von 13.957 DM (20 % von 77.534 abzüglich 10 % Grund- und Bodenanteil) gemäß § 173 Abs. 2 AO ausgeschlossen.

c) Soweit der Kläger im Streitjahr 1997 jedoch Anzahlungen auf Anschaffungskosten tätigte, war der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 02.03.2000 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.

Im Jahr 1997 sind die Kosten für bauliche Sonderwünsche (40.230 DM) und Installation von SAT-Anlagen (4.000 DM) von insgesamt 44.230 DM als Anzahlungen auf Anschaffungskosten zu behandeln. Hierbei handelt es sich um Vorausleistungen auf den späteren Vollzug des Anschaffungsgeschäfts, die vor Vertragserfüllung an die Veräußerin bzw. zu deren Gunsten erfolgten.

Für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist es unerheblich, dass das Finanzamt bei der Gewährung der Sonderabschreibung für das Jahr 1997 insoweit von Anschaffungskosten des Klägers ausgegangen ist. Maßgebend für die Anwendung dieser Vorschrift sind die objektiven Gegebenheiten. Diese sind im Streitfall dadurch gekennzeichnet, dass wegen der fehlenden Anschaffung im Streitjahr 1997 die bezeichneten Aufwendungen Anzahlungen i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG darstellen.

Wie bereits ausgeführt, liegt in dem Vergleich vom 06.08.2003 und dem durch ihn begründeten Unvermögen, die Anschaffung der Doppelhäuser zu vollziehen, ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Da der Kläger nach der Entrichtung der Anzahlungsbeträge i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG im Jahr 1997 tatsächlich nicht die vertraglich vereinbarten Doppelhäuser angeschafft hat, ist der Anspruch auf Gewährung von Sonderabschreibungen nachträglich entfallen. Die gewährten Sonderabschreibungen auf die Anzahlungen des Jahres 1997 waren daher i.H.v. 7.961 DM (20 % von 44.230 DM abzüglich Grund- und Bodenanteil von 10 %) zu berichtigen.

d) Hinsichtlich der Gewährung der Normalabschreibung für das Jahr 1997 ist die Klage unbegründet.

Das Finanzamt kürzte im angefochtenen Bescheid vom 02.11.2004 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur um die Sonderabschreibung nach § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG von 21.918 DM. Die gewährte Normalabschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG von 4.769 DM blieb unverändert.

e) In den Folgejahren 1998 bis 2002 wurden die Steuerbescheide zutreffend nach § 164 Abs. 2 AO geändert.

Auch hier besteht mangels wirtschaftlichen Eigentums des Klägers an den Doppelhäusern keine Berechtigung zur Vornahme von Abschreibungen.

Dies gilt entsprechend für das Jahr 2003.

Die gewährten Sonderabschreibungen auf Anschaffungskosten i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 FördG des Jahres 1998 wurden ebenso zu Recht nach § 164 Abs. 2 AO berichtigt.

3. Nach allem war die Klage zu entscheiden wie tenoriert. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund des vom Klägervertreter nachgereichten Schriftsatzes vom 05.02.2007 nebst Anlagen sowie der persönlichen Stellungnahme des Klägers vom 04.02.2007 erachtet der Senat nicht für erforderlich. Aus beiden ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, die Einfluss auf die Entscheidung des Senats zugunsten der Kläger haben könnten. Im Gegenteil ergibt sich aus der Stellungnahme des Klägers, dass auch im Jahr 1999 noch erhebliche Mängel an den Gebäuden insofern vorhanden waren, als Wasser in das Kellergeschoss eindringen konnte. Für die Annahme der Abnahmereife schon vor dem Vergleich vom 06.08.2003 ergibt sich daraus nichts.

4. Berechnung der Einkommensteuer 1997

 zu versteuerndes Einkommen bisher542.041 DM
- Sonderabschreibungen lt. Urteil13.957 DM
zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil528.084 DM
Einkommensteuer lt. Splittingtabelle234.162 DM
zuzüglich Kindergeld5.280 DM
festzusetzende Einkommensteuer239.442 DM
 122.424,75 EUR

Den Klägern werden wegen des geringen Obsiegens gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt.

Ende der Entscheidung

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