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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 18.02.2005
Aktenzeichen: VII 8/2003
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 4 Nr. 11
StBerG § 22 Abs. 1
StBerG § 22 Abs. 6
StBerG § 22 Abs. 7 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

VII 8/2003

Widerruf der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein

In dem Rechtsstreit

...

hat der VII. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

unter Mitwirkung

der ehrenamtlichen Richterin ...

des ehrenamtlichen Richters ...

aufgrund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 18.02.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts über den Widerruf der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein.

Der Kläger wurde am 18.07.1996 durch die Oberfinanzdirektion -OFD- -die Beklagte- als Lohnsteuerhilfeverein anerkannt.

In der Folge legte der Kläger die Berichte über die Geschäftsprüfungen für die Jahre 1996 bis 2000 verspätet vor. Den Geschäftsprüfungsbericht für das Geschäftsjahr 2001 legte er bis zum Zeitpunkt der Erlasses der Einspruchsentscheidung am 13.12.2002 nicht vor. Im Einzelnen stellt sich die Sachlage wie folgt dar:

(1) Geschäftsprüfungsbericht für das Geschäftsjahr 1996

Erinnerung durch die Beklagte am 27.10.1997;

Nochmalige Erinnerung am 13.11.1997;

Eingang des Berichts am 24.11.1997;

(2) Geschäftsprüfungsbericht für das Geschäftsjahr 1997

Erinnerung durch die Beklagte am 21.10.1998;

Durchführung der Prüfung am 19.11.1998;

(3) Geschäftsprüfungsbericht für das Geschäftsjahr 1998

mit Schreiben vom 11.06.1999 weist die Beklagte den Kläger vorsorglich auf die gesetzlichen Fristen bezüglich der Geschäftsprüfung und Vorlage des Berichts hin und bittet noch einmal, diese Fristen unbedingt einzuhalten;

Erinnerung durch den Beklagten am 26.10.1999;

nochmalige Erinnerung am 07.12.1999;

Eingang des Prüfungsberichts am 01.02.2000;

(4) Geschäftsprüfungsbericht für das Geschäftsjahr 1999

mit Schreiben vom 19.04.2000 weist die Beklagte erneut auf die Prüfungs- und Vorlagefristen und den möglichen Widerruf der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein bei Verletzung dieser Verpflichtungen hin;

Erinnerung durch den Beklagten und erneuter Hinweis auf die Möglichkeit des Widerrufs der Anerkennung am 25.10.2000;

Androhung des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein vom 07.12.2000;

Am 19.12.2000 teilt der Prozessbevollmächtigte im Auftrag des Klägers mit, dass wegen kurzfristiger Erkrankung des Vorstandes der Geschäftsprüfungsbericht nicht habe abgegeben werden können; zudem seien verschiedene strukturelle Änderungen geplant, wie die Sitzverlegung nach Fürth und Bestellung eines neuen Vorstandes;

Erteilung des Prüfungsauftrages am 18.11.2000 und Durchführung der Prüfung am 27.12.2000;

(5) Geschäftsprüfungsbericht für das Geschäftsjahr 2000

Erinnerung an die Abgabe des Geschäftsprüfungsberichtes durch die Beklagte am 15.10.2001;

Androhung des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein dam 05.11.2001 teilt der Prozessbevollmächtigte mit, der Geschäftsprüfungsbericht sei erstellt worden; die Verzögerung sei wegen des Wechsels des Vorstandes eingetreten; dieser sei wegen des Umzugs des Vereins nur in beschränktem Umfang tätig, habe aber glaubhaft versichert, künftig die Fristen ordnungsgemäß einzuhalten und die Berichte zeitnah zuzusenden; durch die Beklagte am 16.10.2001;

Eingang des Geschäftsprüfungsberichtes bei der Beklagten am 08.11.2001;

mit Schreiben vom 08.11.2001 weist die Beklagte erneut auf die gesetzlichen Verpflichtungen und Fristen bezüglich der Geschäftsprüfung hin; zudem führt sie aus, sie sehe vorläufig von einem Widerruf der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein ab, obwohl die vom Kläger vorgebrachten Entschuldigungsgründe nicht stichhaltig seien; zudem weist die Beklagte darauf hin, dass bei einem erneuten Verstoß gegen die Prüfungs- und Vorlagepflichten ohne weitere Anhörung die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein widerrufen werde.

Die Mitgliederzahl betrug im Jahr der Gründung 38; sie ging bis Ende 2000 auf 28 zurück.

Am 25.03.2002 teilte die A Versicherung mit, der Kläger sei mit der Beitragszahlung in Verzug geraten, weswegen kein Versicherungsschutz bestehe. Der Kläger entrichtete den Beitrag nach und gab an, die Säumnis sei entstanden, weil sich wegen der Verzögerung des Eingangs von Mitgliedsbeiträgen Zahlungsschwierigkeiten ergeben hätten.

Nachdem der Geschäftsprüfungsbericht für das Geschäftsjahr 2001 bis 30.09.2002 nicht vorlag, widerrief die Beklagte mit Verwaltungsakt vom 30.10.2002 die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein.

Der Einspruch, mit dem der Kläger vortrug, die Familie ihrer Vorsitzenden -Frau B- habe im Jahr 2002 mit enormen familiären Problemen zu kämpfen gehabt, hatte keinen Erfolg. Die Beklagte führte zur Begründung ihrer Einspruchsentscheidung vom 13.12.2002 im Wesentlichen aus, die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein sei zu widerrufen gewesen, weil eine ordnungsgemäße Geschäftsführung durch den Kläger nicht gewährleistet gewesen sei. Der Lohnsteuerhilfeverein habe nach § 22 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes -StBerG- die Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen und der Vermögensübersicht sowie die Übereinstimmung der tatsächlichen Geschäftsführung mit den satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung des Geschäftsjahres prüfen zu lassen. Innerhalb eines Monats nach Erhalt des Prüfungsberichtes, spätestens jedoch neun Monate nach Beendigung des Geschäftsjahres sei eine Abschrift des Geschäftsprüfungsberichtes der zuständigen OFD zuzuleiten. Diese Vorschrift solle sicherstellen, dass der Lohnsteuerhilfeverein regelmäßig auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung geprüft werde.

Gegen diese gesetzlichen Verpflichtungen habe der Kläger verstoßen. Seit seiner Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein sei kein Geschäftsprüfungsbericht fristgerecht bei der Beklagten eingereicht worden. Auch seien einige Geschäftsprüfungen verspätet durchgeführt worden. Er habe auf diese Weise den Zweck der Geschäftsprüfung verhindert, durch zeitnahe Kontrollen auszuschließen, dass den Vereinsmitgliedern und der Allgemeinheit durch das Verhalten des Vorstands über einen längeren Zeitraum hinweg ein nachhaltiger und nicht wieder gutzumachender Schaden entstehe. Die nachhaltige Missachtung der Verpflichtung, Geschäftsprüfungen zeitnah durchführen zu lassen, sei ebenso wie die Nichtbeachtung der für die Geschäftsprüfung bestimmten Fristen als ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen wesentliche Geschäftsführungspflichten anzusehen, der eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung i.S. der o.a. Vorschrift regelmäßig indiziere.

Auch habe die zweimalige Androhung des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein am 07.12.2000 und am 16.10.2001 ebenso wenig wie der Wechsel in der Vorstandschaft eine Änderung im Verhalten bewirkt.

Die Hinweise auf familiäre Probleme der Familie B könnten das säumige Verhalten nicht entschuldigen. Weder der Militärdienst noch Unterschlagungen in der Firma des Ehemannes der Vorsitzenden beträfen den Beklagten als Verein. Auch sei der geringe Verwaltungsaufwand bei lediglich 28 Mitgliedern auch bei widrigen Lebensumständen zu bewältigen. Der Hinweis, der Verein stelle eine wesentliche Einkunftsquelle des Familieneinkommens dar, sei nicht zutreffend. Nach § 13 Abs. 1 StBerG seien Lohnsteuerhilfevereine Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Steuersachen. Der Begriff "Selbsthilfeeinrichtung" belege nach dem Wortlaut, dass diese Vereinigungen auf kostendeckenden Entgelten für ihre Leistungen aufbauten und ihnen das Streben nach Gewinn für einzelne wie insbesondere den organschaftlichen Vertretern wesensfremd sei. Der Verein dürfe nicht Instrument der wirtschaftlichen Betätigung des Vorstandes sein. Dementsprechend seien in der Einnahme-Überschussrechnung für das Kalenderjahr 2000 als Personalausgaben lediglich 228 DM für die Vergütung des Beratungsstellenleiters C enthalten. Andere Personen hätten keine Vergütung erhalten.

Neben den Fristverstößen bei den Geschäftsprüfungen sei eine ordnungsgemäße Geschäftsführung auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht gewährleistet. Zum einen sei der Verein offensichtlich nicht in der Lage gewesen, im März 2002 den Beitrag zur vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung fristgerecht zu zahlen. Zum anderen habe die Geschäftsprüfung -wie in der Einspruchsbegründung eingeräumt werde- aus finanziellen Gründen nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können.

Aus diesen Gründen sei davon auszugehen, dass künftig eine ordnungsgemäße Geschäftsführung nicht zu erwarten sei.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger trägt im Wesentlichen vor:

Wie bereits im Schriftverkehr mit der Beklagten dargelegt, habe die Familie B in der Vergangenheit mit enormen familiären Problemen zu kämpfen gehabt, so dass die erforderlichen Fristvorschriften nicht immer zeitnah hätten eingehalten werden können. Die Qualität der durchgeführten Lohnsteuerhilfearbeiten habe darunter jedoch nicht gelitten, sondern es seien alle erteilten Aufträge ordnungsgemäß und zur Zufriedenheit der Mitglieder abgewickelt worden. Es habe auch keine Beschwerden seitens der zuständigen Finanzämter gegeben. Durch entsprechende organisatorische Maßnahmen werde künftig sichergestellt, dass eine Fristversäumnis nicht mehr eintreten könne. So werde bereits im Januar 2003 die entsprechende Mitgliederversammlung eingehalten werden, um den Jahresabschluss 2002 zu beschließen. Der entsprechende Prüfungsbericht könne im Februar 2003 an die Beklagte eingereicht werden. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Versäumnisse der Vergangenheit einmaligen Charakter gehabt hätten und künftig keinerlei Anlass zu Beanstandungen mehr vorliegen würden. Die Prozessbevollmächtigten seien beauftragt, entsprechende Terminüberwachungen vorzunehmen.

Die Versäumnisse der Vergangenheit könnten auch dem derzeitigen Vorstand nicht angelastet werden, da dieser erst ab dem Jahr 2000 die Leitung übernommen habe. Die Mitgliederzahl gehe seit 2000 tendenziell nach oben: im Januar 2002 habe es bereits 146 Mitglieder gegeben, für das Jahr 2002 werde eine Verdoppelung erwartet. Die Erhöhung der Mitgliederzahl habe auch eine entsprechende Arbeitsmehrbelastung mit sich gebracht, so dass darin auch eine Ursache für das eingetretene Fristversäumnis zu sehen sei. Für das Jahr 2003 solle eine weitere Fachkraft eingestellt werden.

Die Probleme der Vergangenheit seien von Frau B nicht vorhersehbar und auch nicht planbar gewesen, so dass sie kurzfristig Entscheidungen habe treffen müssen, um den Fortbestand ihrer Familie zu sichern. Es sollte ihr daher nochmals eine letzte Chance gegeben werden, die Qualität ihrer Arbeit und ihre Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen.

Der Kläger beantragt,

den Verwaltungsakt über den Widerruf der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein vom 30.10.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 13.12.2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor:

Nachträglich sei bekannt geworden, dass die Vorsitzende des Klägers, Frau B, Geschäftsführerin einer 1 GmbH und einer 2 GmbH sei und im Rahmen dieser Tätigkeiten bewusst gegen das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen verstoßen habe. Auch der Kläger selber habe in mindestens 17 Fällen im Laufe des Jahres 2004 unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen für Gewerbebetriebe geleistet. Hinzu komme, dass die derzeitige Vorsitzende des Klägers, Frau B, Rückfragen i.S. Geschäftsprüfungsbericht nur zögerlich und unzureichend beantworte und auch Unterlagen nicht beifüge. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 19.01.2005 mit Anlagen Bezug genommen.

Der Kläger hat sich zu diesen Angaben nicht geäußert, obwohl er mit Fristsetzung zum 10.02.2005 hierzu aufgefordert worden ist. Er hat lediglich zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung mit einem nicht erläuterten Hinweis auf einen Vorstands- und Prozessbevollmächtigtenwechsel beantragt, "das Prozessverfahren bzw. die Erläuterung bis spätestens 30.04.2005 zu verlängern."

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Widerruf ist zu Recht ergangen.

Nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 StBerG ist die Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein u.a. zu widerrufen, wenn eine ordnungsgemäße Geschäftsführung nicht gewährleistet ist. Dieses Tatbestandsmerkmal setzt nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte voraus, dass erhebliche Pflichtverletzungen in der Vergangenheit feststellbar sind. Solche sind dann gegeben, wenn der Verein in schwerwiegender Weise gegen gewichtige gesetzliche Ge- oder Verbote verstößt, die unmittelbar die Ausübung der Hilfeleistung in Lohnsteuersachen durch den Verein betreffen und deren Erfüllung dem Schutz der Mitglieder und der Allgemeinheit dient, aber auch solche, die der Aufsichtsbehörde eine wirksame Kontrolle dazu ermöglichen sollen, ob der Verein seine Pflichten bei der Erfüllung seiner Aufgaben zuverlässig erfüllt (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 15.03.1994 V 193/92, EFG 1994, 683; FG des Landes Brandenburg, Urteile vom 15.11.2000 2 K 2247/99, EFG 2001, 164 und vom 12.12.2001 2 K 2560/99, EFG 2002, 225).

Zu den letztbezeichneten Pflichten gehört die Verpflichtung zur Durchführung einer Geschäftsprüfung. Nach § 22 Abs. 1 StBerG hat der Lohnsteuerhilfeverein die Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen und der Vermögensübersicht sowie die Übereinstimmung der tatsächlichen Geschäftsführung mit den satzungsmäßigen Aufgaben des Lohnsteuerhilfevereins jährlich innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung des Geschäftsjahres durch einen oder mehrere Geschäftsprüfer prüfen zu lassen. Nach § 22 Abs. 6 StBerG haben die Geschäftsprüfer über das Ergebnis der Prüfung dem Vorstand des Lohnsteuerhilfevereins unverzüglich schriftlich zu berichten. Nach § 22 Abs. 7 Nr. 1 StBerG hat der Lohnsteuerhilfeverein innerhalb eines Monats nach Erhalt des Prüfungsberichtes, spätestens jedoch 9 Monate nach Beendigung des Geschäftsjahres, eine Abschrift hiervon der zuständigen OFD zuzuleiten. Die Geschäftsprüfung ist also wesentliche Grundlage für die Ausübung der Aufsicht durch die OFD. Sie betrifft -wie sich aus § 22 Abs. 1 StBerG ergibt- nicht nur die Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen und der Vermögensübersicht, sondern insbesondere die Übereinstimmung der tatsächlichen Geschäftsführung mit den satzungsmäßigen Aufgaben des Lohnsteuerhilfevereins. In beiderlei Hinsicht schwebt dem Gesetzgeber also eine zeitnahe Kontrolle der Geschäftsführung des Lohnsteuerhilfevereins vor. Zumal bei der Frage der Übereinstimmung der tatsächlichen Geschäftsführung mit den satzungsmäßigen Aufgaben des Lohnsteuerhilfevereins die Zeitnähe von hervorragender Bedeutung ist. Denn in diesem Zusammenhang soll vermieden werden, dass der Lohnsteuerhilfeverein unter Verstoß gegen seinen auch in der Satzung zu verankernden Befugnisrahmen des § 4 Nr. 11 StBerG unerlaubte Hilfe in Steuersachen -etwa bei Gewerbebetrieben- leistet.

Übertragen auf den Streitfall bedeuten diese Grundsätze, dass die Beklagte die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein wegen wiederholten Verstoßes gegen seine Verpflichtungen zu Recht widerrufen hat.

1. Der Kläger hat wiederholt gegen seine Verpflichtung zur Durchführung einer zeitnahen Geschäftsprüfung und einer zeitnahen Übersendung des Geschäftsprüfungsberichtes verstoßen.

Der Prüfungsbericht für das Geschäftsjahr 1996 ging nach zwei Erinnerungen durch die Beklagte erst am 24.11.1997 bei der Beklagten ein.

Die Prüfung für das Geschäftsjahr 1997 wurde nach einer Erinnerung durch die Beklagte erst am 19.11.1998 durchgeführt.

Der Prüfungsbericht für das Geschäftsjahr 1998 ging nach mehrmaligen Erinnerungen durch die Beklagte erst am 01.02.2000 bei der Beklagten ein.

Die Prüfung für das Geschäftsjahr 1999 wurde nach mehreren Erinnerung durch die Beklagte erst am 27.12.2000 durchgeführt.

Der Geschäftsprüfungsbericht für das Jahr 2000 ging nach mehreren Erinnerungen durch die Beklagte erst am 08.11.2001 bei der Beklagten ein.

Der Prüfungsbericht für das Jahr 2001 ging bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2002 nicht bei der Beklagten ein.

Dieses Gesamtverhalten des Klägers macht deutlich, dass bei ihm bzw. dem ihn auf jeden Fall bis zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vertretenden Vorstand keine Bereitschaft und auch kein Wille vorhanden war, die aufgezeigten Verpflichtungen zu erfüllen. Denn die Beklagte hat jeweils nicht lediglich mit einfachen Erinnerungen auf die Untätigkeit des Klägers reagiert. Vielmehr hat sie mit Schreiben vom 11.06.1999 auf die gesetzlichen Fristen bezüglich der Geschäftsprüfung und Vorlage des Berichtes hingewiesen und sogar gebeten, diese Fristen unbedingt einzuhalten. Entsprechendes gilt für das Schreiben der Beklagten vom 19.04.2000 bezüglich des Prüfungsberichtes 1999. Zudem hat die Beklagte mit Schreiben vom 25.10.2000 auf die Möglichkeit des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein hingewiesen und mit Schreiben vom 07.12.2000 den Widerruf der Anerkennung angedroht. Auch im Hinblick auf die Nichtabgabe des Prüfungsberichtes für das Jahr 2000 hat die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2001 den Widerruf der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein angedroht. Eine nochmalige Auseinandersetzung der Beklagten mit der Möglichkeit des Widerrufs erging mit Schreiben vom 08.11.2001 bezüglich des Geschäftsprüfungsberichtes 2000.

Alle diese Bemühungen der Beklagten, den Kläger zur Einhaltung seiner Verpflichtung anzuhalten, haben den Kläger nicht veranlaßt, sein Verhalten zu ändern. Im Gegenteil: auch der Prüfungsbericht für das Geschäftsjahr 2001 ging -wie ausgeführt- bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung vom 13.12.2002 nicht bei der Beklagten ein.

In Übereinstimmung mit der vorbezeichneten Rechtsprechung der Finanzgerichte wertet der Senat dies als schwerwiegende Verstöße gegen die Verpflichtung des Klägers zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.

2. Dieses Verhalten lässt im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände des Falles die Erwartung zu, dass der Kläger auch zukünftig seine Geschäfte nicht ordnungsgemäß führt.

Das ergibt sich insbesondere daraus, dass der Kläger das bezeichnete Verhalten sehr nachhaltig gezeigt hat. Insbesondere haben ihn -wie ausgeführt- verschiedene Hinweise auf seine gesetzlichen Verpflichtungen sowie die wiederholten Androhungen des Widerrufs seiner Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein nicht veranlaßt, seine Nachlässigkeit einzustellen. Es muss daher ohne Hinzutreten weiterer Umstände davon ausgegangen werden, dass der Kläger nicht bereit sein wird, in Zukunft sein Verhalten nachhaltig zu verändern.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Klägers, die Familie der Vereinsvorsitzenden und des Stellvertreters -B- habe im Jahr 2002 mit enormen familiären Problemen -Militärdienst des Vertreters im Ausland, Geringfügigkeit des Familieneinkommens; verschiedene Krankheiten beider Eheleute- zu kämpfen gehabt. Zum einen sind die gekennzeichneten Umstände nicht von einem solchen Gewicht, dass die Vereinsvorsitzende nicht hätte in der Lage sein können, wenigstens den Prüfungsauftrag zu erteilen. Hinzu kommt aber, dass für Fälle der vollständigen Verhinderung der/des Vereinsvorsitzenden und ihres Vertreters ein weiterer stellvertretender Vorsitzender in den Vorstand gewählt worden war, im Streitfall Herr D. Sind also Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende völlig verhindert bei der Erfüllung ihrer Pflichten, dann müssen sie den entsprechenden Auftrag an den weiteren stellvertretenden Vorsitzenden weitergeben. Sind sie auch hierzu nicht in der Lage, dann sind sie für die Führung eines Vereins, insbesondere eines Lohnsteuerhilfevereins nicht geeignet. Schon diese Umstände lassen für die Zukunft befürchten, dass der Kläger weiterhin seine Pflichten im Zusammenhang mit der Geschäftsprüfung vernachlässigen wird.

Im Streitfall kommt jedoch weiter hinzu, dass die Hinweise auf die -behaupteten- familiären Probleme der Familie B nach Überzeugung des Senats lediglich Schutzbehauptungen darstellen, hinter denen sich nichts verbirgt. Denn immerhin hat der Kläger nicht nur im Jahre 2002 seine Geschäftsprüfungspflichten vernachlässigt, sondern bereits in den Jahren 1997 - 2001.

Tragender Grund für die Vernachlässigung der Geschäftsprüfungspflichten durch den Kläger war offenbar ein völliges Desinteresse der Vereinsvorsitzenden bzw. des gesamten Vorstands an der Einhaltung nicht nur diesbezüglicher gesetzlicher Verpflichtungen. Das wird endgültig deutlich an der Tatsache, dass nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Beklagten der Kläger unter der Federführung ihrer Vorsitzenden, Frau B, zumindest im Jahre 2004 in 17 Fällen unbefugte Hilfe in Steuersachen geleistet hat. Das heißt, der Kläger hat genau das getan, was u.a. mit der Verpflichtung zur zeitnahen Vorlage eines Geschäftsprüfungsberichtes verhindert werden soll.

Nach dem Vorbringen der Beklagten hat sich Frau B auch als Geschäftsführerin einer 1 GmbH und einer 2 GmbH betätigt und im Rahmen dieser Tätigkeiten bewusst gegen das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen verstoßen. Zwar betreffen Verhältnisse dieser beiden GmbH den Kläger nicht unmittelbar. Jedoch sind diese Tatsachen geeignet, die Würdigung durch den Senat zu stützen, dass die Vereinsvorsitzende Frau B nicht aufgrund familiärer Probleme die Pflichten des Klägers zur Vorlage von Geschäftsprüfungsberichten vernachlässigt hat, sondern aus einer umgreifenden Ignoranz gegenüber gesetzlichen Ge- und Verboten im Zusammenhang mit der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen.

Schon aus diesen Gründen ist bei der Entscheidung auch der Umstand, dass die Geschäftsprüfungsberichte 2002 und 2003 zeitgerecht bei der OFD eingegangen sind, nicht zu berücksichtigen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich lediglich bemüht, auf der formalen Seite der Verpflichtung zur Abgabe der Geschäftsprüfungsberichte keinen Anlass zu Beanstandungen zu geben, dass jedoch die Berichte materiell die Verstöße gegen die satzungsmäßigen Aufgaben und das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen nicht widerspiegeln.

Hinzu kommt im Übrigen, dass der Kläger weiterhin nicht bereit ist, Fragen der Beklagten bezüglich bestimmter Angaben im Geschäftsprüfungsbericht 2003 zu beantworten, geschweige denn Nachweise vorzulegen. Das ist nur so zu verstehen, dass der Kläger befürchtet, mit der Beantwortung selbst auf Verstöße gegen Pflichten oder gegen die Satzung hinzuweisen.

Seit Anfang des Jahres 2005 ist zwar Herr B Vorsitzender des Klägers. Aber auch er hat sich bisher nicht bemüht, die bezeichneten Missstände abzustellen.

Daher muss es bei der Bewertung bleiben, dass die ständigen Verstöße gegen Pflichten bei der Vorlage der Geschäftsprüfungsberichte die Erwartung rechtfertigt, der Kläger werde sich auch künftig pflichtwidrig verhalten.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Diese Entscheidung ergeht trotz der Umstände, dass der Kläger 2 Tage vor der mündlichen Verhandlung einen Wechsel des Prozessbevollmächtigten angedeutet hat, der Antrag, das "Prozessverfahren zu verlängern", als Antrag auf Verlegung des Termins zu deuten ist und niemand für den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Bis zum Zeitpunkt der Ladung ist der Senat nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Prozessbevollmächtigtenwechsel eingetreten sei. Demzufolge ist der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.02.2005 geladen worden. Mit seinem Antrag vom 16.02.2005 hat der Kläger keine Angaben dazu gemacht, warum der Prozeßbevollmächtigte gewechselt hat. Daher mussten bei der Entscheidung über den Antrag auf Verlegung des Termins der Senatsvorsitzende und bei der Entscheidung selbst der Senat davon ausgehen, dass insoweit ein schuldhaftes Verhalten des Klägers vorliegt. Schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit dem Prozessbevollmächtigtenwechsel kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines "wesentlichen Grundes" für die Verlegung des Termins im Sinne des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung.

Nach Durchführung des Termins hat sich im Rahmen eines Telefonats zwischen dem Vorsitzenden des Senats und dem neuen Vorsitzenden des Klägers -Herrn B- am 23.02.2005 herausgestellt, dass der Prozessbevollmächtigte bereits im Jahr 2004, also vor dem Ergehen der Ladung zum Termin, sein Mandat niedergelegt hat. Die Wirksamkeit der Ladung bleibt hiervon schon deswegen unberührt, weil -wie erwähnt- dem Senat hiervon keine Kenntnis gegeben worden ist (ebenso Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 91 FGO Rn. 27 m.w.N.). Im Gegenteil hatte der ehemalige Prozessbevollmächtigte in einem Telefonat zum Zwecke der Terminabstimmung mit dem Senatsvorsitzenden Mitte Januar 2005 die Mandatsniederlegung nicht erwähnt und sich verhalten, als wäre er noch bevollmächtigt (er bat um einen späteren als den vom Senatsvorsitzenden zunächst avisierten Termin). Eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung und (nochmalige) persönliche Ladung des Klägers war nach allem nicht angezeigt (ebenso Stöcker, a.a.O.).

Statt dessen ist davon auszugehen, dass der Kläger durch seinen neuen Vorsitzenden in der Absicht untätig geblieben ist, den Prozess zu verschleppen. Es war ihm hinreichend Zeit belassen, für eine angemessene Vertretung im gesamten Verfahren einschließlich der mündlichen Verhandlung zu sorgen und die einschlägigen Unterlagen vom bisherigen Prozessbevollmächtigten herauszuverlangen. Herr B hat im Übrigen in einem weiteren Telefonat vom 24.02.2005 mit dem Senatsvorsitzenden konzediert, dass er die Ladung zum Termin und die übrigen Prozessunterlagen Ende Januar 2005 vom bisherigen Prozessbevollmächtigten zurückerhalten hat. Erst zwei Tage vor dem Termin unter Andeutung des Prozessbevollmächtigtenwechsels (nur sinngemäß) die Verlegung des Termins zu beantragen, bedeutet, dass der Vorsitzende des Klägers -wie er in dem ersten o.a. Telefonat unter Bezugnahme auf einen Rat durch einen "Rechtsbeistand" ebenfalls konzediert hat- darauf gebaut hat, auf das letztlich gezeigte Verhalten hin werde der Termin verlegt werden. Das aber kennzeichnet eine Prozessverschleppungsabsicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.



Ende der Entscheidung

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