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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 1 K 1024/03
Rechtsgebiete: AO, UStG
Vorschriften:
AO § 168 | |
AO § 164 Abs. 1 | |
AO § 164 Abs. 2 | |
UStG § 15 Abs. 4 |
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der abziehbaren Vorsteuerbeträge.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks M-Weg ... in N. In den Jahren 1998 und 1999 hat er umfangreiche Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen an dem gemischt-genutzten Gebäude durchführen lassen.
Im Erdgeschoss und Unterschoss befinden sich Wohnungen und im Obergeschoss (Dachgeschoss) Büroräume, die umsatzsteuerpflichtig an die B-K Steuerberatungsgesell-schaft mbH vermietet sind. Der Kläger hat für diese Vermietungsumsätze auf die Steuerbefreiung verzichtet und zur allgemeinen Steuerpflicht optiert. Die Vermietung der Büro-räume erfolgte ab 1. Oktober 1999.
In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1998, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 168 AO gleichstand, hat der Kläger lediglich abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 13.709,70 DM erklärt. In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1999 hat er bei Lieferungen und sonstigen Leistungen in Höhe von 4.740,00 DM (1.580,00 DM x 3 Monate) und abziehbaren Vorsteuerbeträgen in Höhe von 25.815,07 DM einen verbleibenden Überschuss in Höhe von ./. 25.056,70 DM erklärt. Diese Umsatzsteuerjahreserklärung stand ebenfalls einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 168 AO gleich.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung am 16. Februar 2000 für die Jahre 1998 und 1999 stellte der Prüfer fest, dass es sich bei den Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen um Reparaturen, Erweiterungen bzw. einen Anbau mit den erforderlichen Gebäudeverbindungen sowie beide Gebäudeteile betreffende Baumaßnahmen, wie Wärmedämmung und Dacheinbindung, aber auch den Zugang zu den im Dachgeschoss befindlichen Büros vom Außen- bzw. Straßenbereich her gehandelt habe. Wegen des verschachtelten Gesamtgebäudes mit Alt- und An- bzw. Erweiterungsbau seien hierbei die auf den ge-werblichen Teil entfallenden Vorsteuerbeträge nach den unterschiedlichsten Aufteilungsmaßstäben ermittelt worden, um eine sachgerechte und damit möglichst genaue Wertermittlung zu errechnen. Auf Grund der bereits vorhandenen unterschiedlich genutzten Bausubstanz sowie hinsichtlich der ebenfalls beide Nutzungsarten betreffenden neuen Baumaßnahmen seien neben der direkten Zuordnung auch anteilige, der jeweiligen Nutzung entsprechende Zuordnungen erfolgt. Wegen des annähernd gleichen End- bzw. Gesamtergebnisses sei der Einfachheit halber im Einvernehmen mit dem Kläger zwecks sachgerechter Aufteilung ein gewerblicher Anteil von 1/3 (33,33 %) vereinbart worden, soweit eine direkte Zuordnung nicht möglich gewesen sei. Lediglich bei den Aufwendungen für Wärmedämmung/Dachreparatur haben sich die Beteiligten auf einen gewerblichen Anteil von 40 % geeinigt. Die Feststellungen des Prüfers führten zu einer Vorsteuerkürzung im Jahr 1998 in Höhe von 1.266,21 DM. Die Vorsteuerbeträge für das Kalenderjahr 1999 erfuhren auf Grund der Prüfung keine Änderung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht vom 20. März 2000, Bl. 7 ff. USt-Akte Bezug genommen.
Am 11. März 2002 beantragte der Kläger die Korrektur der Umsatzsteuer für die Jahre 1998 und 1999 lt. der beiliegenden Aufstellung und verwies insoweit auf das BFH-Urteil vom 17. August 2001 - V R 52/00. Weiterhin führte er aus, dass die monatlichen Einnahmen aus der gewerblichen Vermietung netto 1.580,00 DM und die aus der sonstigen Vermietung 1.550,00 DM betragen würden und dass die Miete bis heute unverändert sei. Daraus ergebe sich ein Aufteilungsschlüssel für die gewerbliche Vermietung von 50,48 %. Dies würde zu weiteren abzugsfähigen Vorsteuern im Jahr 1998 in Höhe von 2.305,20 DM und im Jahr 1999 in Höhe von 7.995,81 DM führen (Bl. 25 USt-Akte).
Mit Bescheid vom 29. August 2002 lehnte das Finanzamt diesen Antrag ab: Gem. Abschn. 208 Abs. 2 Satz 8 UStR seien bei gemischt-genutzten Grundstücken die Vorsteuern in der Regel nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzflächen aufzuteilen. Lediglich beim Erwerb, nicht jedoch bei der Herstellung (u.a. auch Erweiterung, Umbau) komme auch eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte zur Verkehrswertermittlung in Betracht (Abschn. 208 Abs. 2 Satz 11 UStR). Auch nach dem von dem Kläger zitierten Urteil des BFH vom 17. August 2001 sei nach Verwaltungsmeinung jedenfalls in Herstellungsfällen weiterhin nach den bisherigen Aufteilungskriterien zu ver-fahren (Bl. 36 f. USt-Akte).
Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Einspruch eingelegt und verwies zur Begründung auf die bereits zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs und der dieser zugrundeliegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Bl. 38 USt-Akte).
Mit der Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2003 hat das beklagte Finanzamt den Rechtsbehelf als unbegründet zurückgewiesen: In mehreren Entscheidungen vom 17. August 2001 vertrete der BFH nunmehr die Auffassung, dass sowohl bei der Errichtung als auch bei der Renovierung eines Gebäudes mit Wohn- und Gewerbeflächen die Aufteilung der Vorsteuerbeträge durch den Unternehmer nach dem Umsatzschlüssel als sachgerechte Schätzung im Sinne von § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen sei. Dabei habe er die Regelung des Gesetzgebers in § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG als für nicht eindeutig erklärt und die Möglichkeit zur Vorsteueraufteilung mit Hilfe der Europäischen Richtlinien (R 77/388/EWG) ausgelegt. Dem gegenüber sei nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 19. November 2002 - IV B VII-S 7306-25/02-DStR 2002, 2084) die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab durch R 77/388/EWG nicht zwingend vorgeschrieben. Die Pro-rata-Regelung in Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Art. 19 R 77/388/EWG sei für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich; vielmehr könnten die Gesetzge-ber der Mitgliedsstaaten, wie in Deutschland praktiziert, nach Art. 17 Abs. 5 und Abs. 3 R 77/388/EWG davon abweichende Aufteilungsmaßstäbe anwenden und rechtliche Grund-lagen zur gezielteren bzw. vereinfachten Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorgeben. Die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab, d.h. eine rein an den Mieterträgen orientierte Aufteilung, wäre zudem im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung, wonach auch bei verzögerter Erstvermietung oder Leerstand über den Vorsteuerabzug dem Grunde und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu ent-scheiden sei und Änderungen nach § 15 a UStG innerhalb des 10jährigen Berichtigungszeitraums bei sich ggf. häufig ändernden Mieten weder praktikabel, noch könnte sie zu sachgerechteren Aufteilungsergebnissen führen. Sie würde sogar vielfach erhebliche (sachungerechte) Steuerverzerrungen mit sich bringen, sei es, weil die Mieten für gewerblich genutzte Flächen regelmäßig höher seien als die Miete für Wohnräume oder sei es, weil sich im Einzelfall auch ungerechtfertigte Steuervorteile aus bewusst überhöhten (steuerpflichtigen) oder untersetzten (steuerfreien) Vermietungen ergäben. Die vom BFH in den Urteilen vom 17. August 2001 befürwortete Vorsteueraufteilung nach dem Umsatz-schlüssel sei somit - da gar nicht ohne weiteres anwendbar - nicht als sach- und steuer-gerechte Methode der wirtschaftlichen Zurechnung anzusehen, führe jedenfalls nicht generell zu wirtschaftlich zutreffenderen Ergebnissen und könne deshalb nicht grundsätzlich Aufteilungsmaßstab bei gemischt-genutzten Grundstücken sein. Die Finanzverwaltung halte daher an ihren bisherigen Grundsätzen zur Vorsteueraufteilung bei gemischt-genutzten Grundstükken fest.
Hinzu komme im Streitfall, dass der den Steuerfestsetzungen zu Grunde liegende Aufteilungsmaßstab im Zuge einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung einvernehmlich mit dem sachkundigen Kläger getroffen worden sei und der Kläger nunmehr rückwirkend den günstigeren Aufteilungsschlüssel geltend machen wolle. Selbst wenn daher die Rechtsprechung vom 17. August 2001 weitgehende Regelungswahlrechte bei der Vorsteueraufteilung er-möglichen würde, sei es nach Auffassung des Finanzamts nicht sachgerecht, dem Kläger bei diesem Geschehensablauf noch ein Wahlrecht auf Zugrundelegung des Umsatz-schlüssels für einen nach wie vor gestaltbaren Aufteilungsfall zu ermöglichen.
Mit der Klage macht der Kläger weiterhin den Abzug von weiteren Vorsteuerbeträgen geltend. Das Finanzamt übersehe bei seiner Begründung, dass inzwischen eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ergangen sei, auf der die Änderung der BFH-Rechtsprechung beruhe. Die richtlinienkonforme Auslegung des BFH, wie in der Einspruchsentscheidung zitiert, basiere auf der Auslegung der Richtlinie durch den Europäischen Gerichtshof in dem Verfahren "Midland Bank" C 98/98 v. 8. Juni 2000 und dem eindeutigen Wortlaut der Richtlinien (Art. 17 Abs. 5). Dagegen sei die Auffassung der Finanzverwaltung nunmehr als in höchstem Maße fragwürdig anzusehen. Denn die Auslegung des Europarechts und damit der zu Grunde liegenden Richtlinien sei exklusiv dem EuGH vorbehalten. Der Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung sei im Gegensatz zu üblichen Nichtanwendungserlassen im vorliegenden Fall auch unzulässig, da er der Vertragstreue nach Art. 10 EGV zuwiderlaufe.
Was die Ausführungen des Beklagten am Ende der Einspruchsentscheidung angehe, sei fraglich, ob sie ernsthaft durchdacht worden seien. Denn wer wollte behaupten, dass eine sachkundige Überprüfung durch eine Umsatzsteuersonderprüfung das Finanzamt im Rahmen einer Änderung nach § 164 AO in Zukunft binden könnte. Dieses Recht nehme er - der Kläger - sich heraus, da er bei Abgabe der Umsatzsteuerklärungen und Bearbeitung mit der Umsatzsteuersonderprüfung von der bis dahin geltenden Rechtsprechung ausgegangen sei. Die nunmehr bessere Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes und des BFH mache er sich ausdrücklich zu eigen.
Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung könne im Streitfall nicht von einer bindenden Ausübung eines Wahlrechtes gesprochen werden. Die Finanzverwaltung setze sich mit ihrer eigenen Auffassung in Widerspruch, wenn sie anführe, die Änderungen der Recht-sprechung habe sich schon seit längerer Zeit abgezeichnet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den ablehnenden Bescheid vom 29. August 2002 und die Einspruchsent-scheidung vom 2. Januar 2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflich-ten, die Umsatzsteuerfestsetzungen für 1998 vom 2. Mai 2000 und für 1999 vom 1. März 2000 dahin zu ändern, dass weitere Vorsteuern für 1998 i.H.v. 2.305,20 DM und für 1999 i.H.v. 7.995,81 DM berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2003 und trägt ergänzend vor: Der BFH habe nicht nur entschieden, dass der Unternehmer die Aufteilung der Vorsteuerbeträge auch nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung im Sinne von § 15 Abs. 4 UStG wählen könne, sondern gleichzeitig betont, dass ein vom Unternehmer gewähltes im Sinne des § 15 Abs. 4 UStG sachgerechtes Aufteilungsverfahren auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume der Besteuerung zu Grunde zu legen sei. Die Wahlrechtsausübung nach § 15 Abs. 4 UStG bestehe darin, zu bestimmen, dass andere Aufteilungsmaßstäbe nicht angewendet werden sollten. Insoweit beanspruche der Unternehmer in dem von ihm gewollten Umfang den Vorsteuerabzug und könne sich dabei unter mehreren Varianten (z.B. Flächen-Rauminhalt- oder Umsatzschlüssel) für diejenige Vorsteuer entscheiden, die für ihn unter Berücksichtigung des Zusammenhangs mit möglichen Korrekturen nach § 15 a UStG im Endeffekt die günstigste Lösung sei. Habe er aber seine Wahl zu Gunsten einer bestimmten Vorsteueraufteilungsmethode getroffen, so trete die Rechtsfolge ein, dass die Vorsteuern nach dieser Methode aufzuteilen seien und es bei dieser Aufteilungsmethode bleibe. Spätere Erklärungen und Anträge, die nicht deckungsgleich mit der erstmaligen Wahlrechtsausübung seien, müssten als unzulässige, nachträgliche Änderung des Wahl-rechts ignoriert werden, weil kein Raum für eine auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung verbleibe. Aus Tz. 9 des BMF-Schreibens vom 24. November 2004 IV A 5-S7306-4/04 ergebe sich, dass die einmal getroffene Wahl eines Aufteilungsschlüssels für den gesamten Vorsteuerberichtigungszeitraum gem. § 15 UStG bindend sei, wenn der Steuerbescheid des Jahres, für das das Wahlrecht ausgeübt worden sei, unanfechtbar geworden sei.
Dem Kläger könne auch nicht darin gefolgt werden, für eine Änderung der erstmaligen Wahlrechtsausübung reiche es aus, dass die entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehe und damit bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung änderbar sei. Die Umsatzsteuerfestsetzungen 1998 und 1999 würden zwar noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO mit der Folge stehen, dass die Steuerfestsetzungen noch nach § 164 Abs. 2 AO änderbar wären. Durch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei jedoch zwischen dem Finanzamt und dem Kläger eine besondere Vertrauenslage geschaffen worden. Dies führe dazu, dass ein Vorbehalt der Nachprüfung in den nachfolgenden Steuerfestsetzungen nicht mehr gerechtfertigt gewesen sei und es treuwidrig wäre, wenn sich das Finanzamt oder der Kläger noch auf die bestehende Möglichkeit einer Änderung der Steuerfestsetzungen nach § 164 Abs. 2 AO berufen könnte.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Das beklagte Finanzamt hat es zu Unrecht abgelehnt, die erstmaligen Umsatzsteuerfestsetzungen für 1998 und 1999 vom 14. Februar 2000, die gem. §§ 168, 164 Abs. 1 der Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, zu ändern, und die Vorsteuern nach dem Umsatzschlüssel zum Abzug zuzulassen.
Der BFH hat in den beiden Urteilen vom 17. August 2001 - V R 1/01 und V R 52/00 (BFH/NV 2001, 1685 und BFH/NV 2002, 225) im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (z.B. Urteile vom 8. Juni 2000 Rs. C-98/98 - Midland-Bank -, Umsatzsteuerrundschau -UR-2000, 342 und vom 6. April 1995 Rs. C-4/94 - BLP-Group.-, LSlg. 1995, I-983, UR 1996, 427 Rz. 18 und 19) entschieden, dass die Aufteilung der Vorsteuerbeträge durch den Unternehmer nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung im Sinne von § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen ist, wenn ein Unternehmer Leistungen für ein Gebäude mit Wohn- und Gewerbeflächen bezieht.
Der Kläger hat das Gebäude, an dem in den Streitjahren 1998 und 1999 umfangreiche Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt worden sind, teils zur Ausführung steuerpflichtiger Vermietungsumsätze (Büroräume) und teilweise zur Ausführung steuer-freier Vermietungsumsätze (Wohnungen) verwendet, so dass gem. § 15 Abs. 4 UStG der Teil der Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen für die Umbau- und Erweite-rungsmaßnahmen nicht abziehbar ist, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Wohnungs-Vermietungs-Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der Unternehmer die nichtabziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Als solche ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze anzuerkennen.
Der Kläger hat nach den vorgelegten Unterlagen objektiv nachprüfbar nach einheitlicher Methode die Vorsteuerbeträge, soweit sie nicht direkt zugeordnet werden konnten, nach dem Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen aufgeteilt. Dieses Verhältnis hat er zutreffend mit 50,48 % ermittelt, ausgehend von monatlichen gewerblichen Vermietungsumsätzen in Höhe von 1.580,00 DM netto und monatlichen Wohnungsver-mietungsumsätzen in Höhe von 1.550,00 DM. Auf Grund dieser Berechnung ergeben sich abzugsfähige Vorsteuern für das Jahr 1998 in Höhe von 14.754,69 DM und für das Jahr 1999 in Höhe von 33.810,89 DM. Da der Kläger bereits Vorsteuern für das Jahr 1998 in Höhe von 12.449,49 DM und für das Jahr 1999 in Höhe von 25.815,08 DM geltend ge-macht hat, stehen ihm noch der Differenzbetrag in Höhe von 2.305,20 DM im Jahr 1998 bzw. in Höhe von 7.995,81 DM im Jahr 1999 zu.
Entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamts war der Kläger auch nicht an den in den Umsatzsteuerjahreserklärungen 1998 und 1999 gewählten Aufteilungsmaßstab - nach dem Verhältnis der Gebäudeflächen (Flächenschlüssel) - gebunden, sondern konnte noch die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für 1998 und 1999 und die Berücksichtigung des Umsatzschlüssels beantragen.
Die Umsatzsteuerjahreserklärungen für 1998 und 1999, mit denen erstmals Vorsteuerbeträge - die der Kläger zunächst nach dem Flächenschlüssel ermittelt hat - aus den Eingangsrechnungen der Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen geltend gemacht wurden, gingen am 14. Februar 2000 beim beklagten Finanzamt ein. Da der Beklagte diesen Umsatzsteuererklärungen zugestimmt hat, stehen diese einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, §§ 168, 164 Abs. 1 AO (vgl. Mitteilungen für 1998 und 1999 vom 2. Mai bzw. 1. März 2000). Daher können die streitigen Steuerfestsetzungen, solange der Vorbehalt wirksam ist, ohne weitere Voraussetzungen nach § 164 Abs. 2 AO noch geändert werden (BFH-Urteil vom 11.11.1998 XI R 38/96, Haufe-Index 422422). Dies bedeutet auch, dass ein Steuerpflichtiger während einer Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Wahlrechte, die an keine Frist gebunden sind, noch ausüben und auch eine bereits ausgeübte Wahl noch ändern kann (vgl. BFH-Urteil vom 3. Februar 1987 IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751). Daraus folgt, dass der Kläger die ursprünglich getroffene Wahl - die Aufteilung der Vorsteuern nach dem Flächenschlüssel - noch ändern und nunmehr das Wahlrecht dahingehend ausüben konnte, dass die Aufteilung der Vorsteuern nach dem Umsatzschlüssel erfolgen soll, weil die Umsatzsteuerfestsetzungen weder für das Erstjahr - 1998 - noch für das zweite Jahr - 1999 - bestandskräftig waren ( vgl. BFH - Beschlüsse vom 11.03.2005 V B 184/03, BFH/NV 2005,1398 und vom 16.11.2004 V B 173/03, BFH/NV 2005, 584).
Die Auffassung des Beklagten unter Hinweis auf das BMF- Schreiben vom 24.11.2004, IV A 5 - S 7306- 4/04, BStBl I 2004, 1125, dass eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen nicht mehr möglich ist, weil diese formell unanfechtbar geworden sind, findet im Gesetz keine Grundlage. Im übrigen besteht eine Bindung des Gerichts an die v.g. Verwaltungsanweisung nicht. Die weiteren Einwendungen des Beklagten greifen ebenfalls nicht. Dem Kläger war es nicht verwehrt - trotz der vorausgegangenen Umsatzsteuer - Sonderprüfung - sein Wahlrecht hinsichtlich der Vorsteueraufteilung erneut auszuüben und abweichend von der bisher getroffenen Wahl einen anderen Aufteilungsmaßstab, nämlich nach dem Umsatzschlüssel, zu wählen. Denn für den Senat ist nicht ersichtlich, dass durch die Umsatzsteuer - Sonderprüfung zwischen dem Finanzamt und dem Kläger eine besondere Vertrauenslage geschaffen worden wäre, die dazu führe, dass sich der Kläger treuewidrig verhalten würde, wenn er sich im Nachhinein auf die Änderungsmöglichkeit nach § 164 Abs. 2 AO berufen würde.
Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- stattzugeben, die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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