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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: 1 K 1185/05
Rechtsgebiete: EStG, KStG, GemO RP
Vorschriften:
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 10b | |
EStG § 43 Abs. 1 Nr. 7c | |
KStG § 4 | |
GemO RP § 86a Abs. 1 |
Finanzgericht Rheinland-Pfalz
In dem Finanzrechtsstreit
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Dezember 2006
durch
die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht den Richter am Finanzgericht den Richter am Finanzgericht den ehrenamtlichen Richter die ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der der Kapitalertragsteuer unterliegende Gewinn eines von einer Gebietskörperschaft getragenen Betriebs gewerblicher Art in der Rechtsform eines Regiebetriebs um Verluste aus früheren Jahren zu kürzen ist.
Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die einen Betrieb gewerblicher Art (im Folgenden: BgA) "Messen und Märkte der Stadt K" im Sinne des § 4 Körperschaftsteuergesetz -KStG- unterhält. Der BgA wird ohne eigene Rechtspersönlichkeit im städtischen Haushalt als sog. Regiebetrieb geführt. Für steuerliche Zwecke ermittelt der BgA seinen Gewinn bzw. Verlust durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz -EStG-.
Zum 31. Dezember 2001 wurde für den BgA ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer in Höhe von 480.248,00 DM (245.547,00 EUR) gesondert festgestellt. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG wurde ausgehend von einem Anfangsbestand zum 1. Januar 2001 von 0,00 EUR durch zuletzt geänderte Bescheide vom 4. August 2005, die nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, zum 31. Dezember 2001 und zum 31. Dezember 2002 jeweils auf 0,00 EUR festgestellt.
Im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 ermittelte die Klägerin für den BgA einen Gewinn in Höhe von 58.490,00 EUR, der dem Körperschaftsteuerbescheid des Beklagten für das Jahr 2002 vom 9. Januar 2004 zu Grunde gelegt wurde. Nach einer berichtigten Gewinnermittlung erging unter dem 3. Januar 2005 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid, in welchem ein Gewinn in Höhe von 40.238,00 EUR angesetzt wurde.
Nachdem die Klägerin für den BgA im Jahr 2002 keine Kapitalertragsteuer-Anmeldung vorgenommen hatte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2004 die Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für August 2003 auf insgesamt 6.170,69 EUR fest. Als Bemessungsgrundlage wurde der in der Körperschaftsteuererklärung der Klägerin für das Jahr 2002 ermittelte Gewinn herangezogen; der steuerliche Verlustvortrag aus dem Vorjahr wurde nicht berücksichtigt. Nach Vorlage einer geänderten Gewinnermittlung reduzierte der Beklagte durch Bescheid vom 18. Juni 2004 die festgesetzte Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer auf 4.244,26 EUR. Zur Begründung der Bescheide führte der Beklagte aus, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung der Kapitalertragsteuer gem. § 43 Abs. 1 Nr. 7c EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG erfüllt seien. Die Kapitalertragsteuer sei 8 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres entstanden. Eine Kürzung des Gewinns um Verluste aus Vorjahren sei nicht möglich, weil ein in den kommunalen Haushalt eingegliederter Regiebetrieb keine Verlustvorträge ausweisen könne. Die Verluste aus früheren Jahren seien von der Klägerin bereits getragen worden. Die Kapitalertragsteuerpflicht bestehe daher unabhängig von einem steuerlich festgestellten Verlustvortrag.
Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein und trug zur Begründung vor, die unterbliebene Berücksichtigung von Verlustvorträgen sei mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Wesen eines BgA nicht zu vereinbaren. Für Zwecke der steuerlichen Erfassung eines BgA werde eine fiktive Verselbständigung vorgenommen. Es werde fingiert, dass es sich bei dem BgA um ein selbständiges Steuerrechtssubjekt in Form einer Kapitalgesellschaft und bei der Trägerkörperschaft um deren Alleingesellschafterin handele. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG müssten für Regiebetriebe und Eigenbetriebe die gleichen Grundsätze gelten. Bei einem Eigenbetrieb, der eine Handelsbilanz aufzustellen habe, könnten Verlustvorträge festgestellt werden, mit denen der Gewinn des laufenden Jahres handelsrechtlich verrechnet werden könne. Wegen der steuerlichen Gleichbehandlung müsse der Abzug eines Verlustvortrags auch bei einem Regiebetrieb möglich sein. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus dem Formular "KSt 1 Fa (2002)", in dem die Entwicklung des steuerlichen Einlagekontos für BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit festgestellt werde. Ein Regiebetrieb könne nach Spalte 4 des Formulars sowohl positive als auch negative Neurücklagen bilden. In Zeile 18 der Spalte 4 des Formulars sei der Bestand der Neurücklagen um das laufende Ergebnis des Wirtschaftsjahres zu korrigieren. Dies sei der im Wirtschaftsjahr ermittelte Gewinn bzw. Verlust. Für Leistungen würden danach vorrangig Neurücklagen verwendet. Erst nach deren Verbrauch erfolge eine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos.
In § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG sei geregelt, dass eine kapitalertragsteuerpflichtige Leistung dann nicht vorliege, wenn sie für das steuerliche Einlagekonto als verwendet gelte. Ausgehend von der Formel in § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG verwende sie, die Klägerin, daher für Leistungen zunächst all diejenigen Rücklagen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto festgehalten würden. Diese Rücklagen seien durch in den Vorjahren erwirtschaftete Gewinne erhöht, aber auch durch Verluste aus Vorjahren vermindert worden. Erst wenn diese verbraucht seien, komme es zur Verwendung des steuerlichen Einlagekontos. Bei positiven Gewinnrücklagen, die in den Neurücklagen ausgewiesen und nicht in die Rücklage eingestellt würden, seien diese Leistungen daher kapitalertragsteuerpflichtig. Diese würden allerdings auch um Verluste aus dem laufenden Wirtschaftsjahr gekürzt. Der Gewinn des laufenden Jahres müsse für Zwecke der Kapitalertragsteuer daher auch mit Verlusten aus den Vorjahren verrechnet werden können und zwar unabhängig davon, ob der BgA eine Handelsbilanz aufstelle oder nicht. Erst wenn die Verlustvorträge aufgebraucht seien, könne ein Gewinn des Regiebetriebs zu kapitalertragsteuerpflichtigen Leistungen führen.
Durch Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2005 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei dem in § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG genannten Gewinnbegriff um den Gewinn des BgA handele, den die juristische Person des öffentlichen Rechts für Zwecke außerhalb ihres BgA verwenden könne (verwendungs- bzw. rücklagefähiger Gewinn). Nicht verwendungs- bzw. rücklagefähig in diesem Sinne sei ein Gewinn, soweit er zur Tilgung eines Verlustvortrags des BgA verwendet werden müsse (vgl. BMF-Schreiben vom 11. September 2002, BStBl. I 2002 935, Tz. 22). Ein in den kommunalen Haushalt eingegliederter Regiebetrieb könne im Gegensatz zu einem Eigenbetrieb allerdings keinen Verlustvortrag ausweisen. Im vorliegenden Fall werde der BgA als Regiebetrieb geführt; er sei Teil des Haushalts der Klägerin. Ergebe sich bei einem Regiebetrieb ein Zuschussbedarf, werde dieses Defizit vom Resthaushalt aufgefangen (Grundsatz der Gesamtdeckung). Weise die Jahresrechnung einen Fehlbetrag aus, dann sei dies der Fehlbetrag des Gesamthaushalts, auch wenn er teilweise oder ganz vom Defizit des Regiebetriebs verursacht worden sei. Ein separater Verlustvortrag eines Regiebetriebs sei im kommunalen Haushalt nicht vorgesehen; er "verschwinde" am Jahresende in der Haushaltsrechnung. Ein als Sondervermögen der Gemeinde verselbständigter Eigenbetrieb trage demgegenüber seine Verluste selbst und könne daher auch Verlustvorträge ausweisen. Bei einem Eigenbetrieb beschließe der Gemeinderat jährlich über die Ergebnisverwendung; er könne bei einem Jahresverlust auch den Beschluss fassen, diesen auf neue Rechnung vorzutragen. Ein Ausgleich durch den Haushalt der Gemeinde wie bei einem Regiebetrieb finde hier nicht statt. Die unterschiedliche Behandlung von Eigen- und Regiebetrieben im Rahmen der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG sei demnach im kommunalen Haushaltsrecht angelegt.
Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur fiktiven Verselbständigung bei der Gewinnermittlung könne nicht entnommen werden, dass ein BgA auch für Zwecke der Gewinnverwendung fiktiv verselbständigt werde. Die Frage, wann ein Gewinn aus der Sicht der Trägerkörperschaft verwendungsfähig sei, sei vielmehr nach haushaltsrechtlichen Kriterien zu beurteilen. Auch die in Spalte 4 des Formulars "KSt 1 Fa (2002)" vorgesehene Erfassung von Gewinnen und Verlusten des BgA führe zu keinem anderen Ergebnis. In Spalte 4 des Formulars würden Gewinne und Verluste erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 erfasst, weil erst ab diesem Zeitraum bei BgA auch das steuerliche Einlagekonto gem. § 27 KStG geführt werde. Als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos seien alle im Zeitpunkt des Systemwechsels zum neuen Körperschaftsteuerrecht noch vorhandenen "Altgewinne" und "Alteinlagen" zu erfassen. Einlagen vor dem 1. Januar 2001, die zum 31. Dezember 2000 wegen einer Verrechnung mit den bis dahin entstandenen Verlusten nicht mehr im Eigenkapital des BgA enthalten seien, seien bei der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ebenso wie die entsprechenden Verluste nach der Nebenrechnung in Spalte 4 des Formulars nicht zu berücksichtigen. Zugänge (z.B. Einlagen der Trägerkörperschaft des BgA zur Verlustabdeckung) seien erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 zu erfassen (§ 27 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 7 KStG). "Altverluste" bis 2000 bzw. entsprechende "Verlustabdeckungseinlagen" bis 2000 könnten daher den kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinn über § 20 Abs. 1 Nr. 10b S. 5 EStG und § 27 Abs. 1 S. 3 KStG nicht mindern. Eine Berücksichtigung von Verlusten und "Verlustabdeckungseinlagen" sei erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 möglich. Derartige Beträge seien im vorliegenden Fall zum 31. Dezember 2001 nach dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nicht vorhanden.
Mit der hiergegen gerichteten Klage trägt die Klägerin vor, dass der verwendungsfähige Gewinn im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG um die Verlustvorträge zum 31. Dezember 2002 zu kürzen sei, so dass kein kapitalertragsteuerpflichtiger Gewinn im August 2003 entstanden sei. Ein BgA stelle zivil- und verwaltungsrechtlich eine Einheit mit seiner Trägerkörperschaft dar. Gleichwohl gälten BgA für Zwecke der Einkommensermittlung als verselbständigt und nähmen auf Grund dieser fiktiven Selbständigkeit eine ähnliche Stellung zu ihrer Trägerkörperschaft ein wie eine Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern. Würden Gewinne eines BgA an den Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft abgeführt, wäre dies ohne die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG nicht steuerbar. Da der Systemwechsel vom Anrechungs- zum Halbeinkünfteverfahren zu einer ungerechtfertigten Steuerreduzierung geführt hätte, sei durch die Fiktion der Ausschüttung verwendbarer Gewinne nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG gewährleistet, dass BgA hinsichtlich ihrer nicht den Rücklagen zugeführten Gewinne Kapitalgesellschaften steuerlich gleichgestellt würden, die ihre Gewinne an natürliche Personen als Anteilseigner ausgeschüttet hättet. Wenn es der Zweck des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG sei, BgA mit Kapitalgesellschaften gleichzustellen, müsse dies auch für die Frage gelten, wann Verlustvorträge den kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinn i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG minderten. Der Hinweis auf das Gesamtdeckungsprinzip rechtfertige es nicht, dass Verluste des BgA zum Ende des Wirtschaftsjahres als automatisch ausgeglichen gelten müssten. Zwar sollten Fehlbeträge unverzüglich ausgeglichen werden; dieser Ausgleich könne aber auch bis spätestens im zweiten dem Haushaltsjahr folgenden Jahr erfolgen. Da ein BgA für Zwecke der Ermittlung seines kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinns seiner Trägerkörperschaft wie eine GmbH ihrem Anteilseigner gegenüber stehe, könnten auch Fehlbeträge eines Regiebetriebs nur insoweit als ausgeglichen gelten, als Haushaltsmittel für diesen Verlustausgleich ausdrücklich bestimmt worden seien. Ohne eine solche ausdrückliche Zuordnung könne eine Verlustabdeckung nicht automatisch zum Ende des Wirtschaftsjahres angenommen werden. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass ein BgA nur für Zwecke der Gewinnermittlung, nicht aber für die Gewinnverwendung steuerlich als verselbständigt gelte. Auch eine verdeckte Gewinnausschüttung stelle eine Gewinnverwendung dar, bei deren Ermittlung sich BgA und Trägerkörperschaft wie eine Kapitalgesellschaft ihrem Anteilseigner gegenüber stünden. Würde man diese Verselbständigung bei der Gewinnverwendung im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung verneinen, könne es gar keine verdeckte Gewinnausschüttung eines BgA an seine Trägerkörperschaft geben, da diese rechtlich eine Einheit bildeten.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Verluste des BgA zum Jahresende auf Grund des Gesamtdeckungsprinzips als ausgeglichen gelten müssten, würde der Gewinn des Jahres 2002 nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Verlustausgleich steuerlich nicht anders behandelt werden könne als ein Ausgleich der Verluste einer GmbH durch ihren Anteilseigner. Ein solcher Verlustausgleich wäre bis zur Geltung des Anrechnungsverfahrens bis zum 31. Dezember 2000 dem Einlagekonto der GmbH zugeschrieben worden. Diese Einlagen hätten den Endbestand des Einlagekontos zum 31. Dezember 2000 sowie den Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos zum 1. Januar 2001 erhöht. Unterstellt, die GmbH hätte bis 2001 nur Verluste erwirtschaftet und in 2002 erstmalig einen Gewinn erzielt, der an die Anteilseigner ausgeschüttet werde, würde nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG keine Kapitalertragsteuer anfallen, da für diese Gewinnausschüttung in vollem Umfang das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG als verwendet gelte. Wende man diese Grundsätze aus Gründen der Gleichbehandlung mit einer GmbH auch auf den Gewinn des vorliegenden BgA an, entstehe nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b S. 5 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG keine Kapitalertragsteuerbelastung. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31. Dezember 2001 sei als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31. Dezember 2001 zu erfassen. Für den gesamten Gewinn des Jahres 2002 würde das steuerliche Einlagekonto als verwendet gelten. Diesem Ergebnis könne nicht entgegen gehalten werden, dass ein Endbestand des EK 04 zum 31. Dezember 2001 nicht festzustellen sei, weil dessen Erfassung vor dem Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren bei einem BgA nicht erfolge. Eine solche Betrachtungsweise wäre mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG- nicht vereinbar, denn die Leistungsfähigkeit und damit die Fähigkeit zur Ausschüttung von Gewinnen werde bei einem BgA genauso durch Verluste gemindert wie bei einer Kapitalgesellschaft.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für August 2003 vom 28. Juni 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass zwischen der haushaltsrechtlichen und der steuerrechtlichen Einordnung eines Regiebetriebs große Unterschiede bestünden. Während ein Regiebetrieb haushaltsrechtlich als unselbständiger Teil der Verwaltung der juristischen Person des öffentlichen Rechts in den kommunalen Haushalt eingegliedert sei, werde er steuerlich gesondert erfasst und für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung fiktiv verselbständigt. Im Rahmen der Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerveranlagung könnten sich Verlustvorträge ergeben, die jährlich gesondert festzustellen seien. Haushaltsrechtlich habe ein Regiebetrieb demgegenüber keinen Gewinn, keinen Gewinnvortrag sowie keinen Verlust und keinen Verlustvortrag, sondern nur Einnahmen und Ausgaben. Das kommunale Haushaltsrecht kenne bei einem Regiebetrieb weder einen Verlustvortrag noch einen Fehlbetrag. Wann der Gewinn eines Regiebetriebs der Trägerkörperschaft zur Verfügung stehe und damit wie eine Gewinnausschüttung einer GmbH an ihren Gesellschafter die Kapitalertragsteuerpflicht auslöse, könne nicht nach steuerrechtlichen Kriterien, sondern nur nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen entschieden werden. Der aus der Sicht der Trägerschaft verwendungsfähige Gewinn eines Regiebetriebs sei daher nicht um steuerrechtliche Verlustvorträge zu kürzen. Die Berücksichtigung von handelsrechtlichen Verlustvorträgen sei nur bei einem Eigenbetrieb möglich. Ein Eigenbetrieb könne im Gegensatz zu einem Regiebetrieb einen eigenen Verlustvortrag ausweisen. Eine Gleichbehandlung von Regiebetrieben und Eigenbetrieben bzw. Kapitalgesellschaften wäre nur möglich, wenn die Rechts- bzw. Organisationsformen den gleichen oder zumindest vergleichbaren rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen würden. Sei dies jedoch wie vorliegend nicht der Fall, komme eine Gleichstellung nicht in Betracht.
Auch die Hilfsüberlegungen der Klägerin führten zu keinem anderen Ergebnis. Die von der Klägerin dargestellten Rechtsfolgen könnten nur eintreten, wenn das steuerliche Einlagekonto gem. § 27 KStG zum 1. Januar 2001 einen ausreichend hohen positiven Anfangsbestand und die "Neurücklagen" laut Spalte 4 des Formulars "KSt 1 Fa (2002)" einen entsprechend negativen Anfangsbestand ausweisen würden. Nur in diesem Fall würde für Gewinne ab 2001 bis zu diesem Verbrauch das steuerliche Einlagekonto verwendet. Die Anfangsbestände des steuerlichen Einlagekontos und der "Neurücklagen" zum 1. Januar 2001 betrügen im vorliegenden Fall jedoch jeweils 0,00 EUR. Daher komme es für Gewinne ab 2001 zu einer Verwendung der "Neurücklagen". Im Übrigen sei die Frage, warum das steuerliche Einlagekonto keinen positiven Anfangsbestand ausweisen könne, nicht im vorliegenden Klageverfahren zu entscheiden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat den der Kapitalertragsteuer unterliegenden Gewinn des BgA der Klägerin nach § 43 Abs. 1 Nr. 7c i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG zutreffend ermittelt.
1. Gem. § 43 Abs. 1 Nr. 7c EStG unterliegen Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG der Kapitalertragsteuer. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und verdeckte Gewinnausschüttungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 KStG ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 10 Umsatzsteuergesetz -UStG-, von mehr als 260.000,00 EUR im Kalenderjahr oder einen Gewinn von mehr als 25.000,00 EUR im Wirtschaftsjahr hat, sowie der Gewinn im Sinne des § 21 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes -UmwStG-. Die Auflösung von Rücklagen zu Zwecken außerhalb des Betriebs gewerblicher Art führt gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG Satz 2 ebenfalls zu einem Gewinn im Sinne des Satzes 1. Die nicht den Rücklagen zugeführten "Bezüge" gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 10b Satz 5 EStG bei der öffentlich-rechtlichen Trägerkörperschaft des BgA allerdings nicht zu den (steuerpflichtigen) Einnahmen, soweit sie aus "Ausschüttungen" des BgA stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten. Die Kapitalertragsteuer entsteht im Zeitpunkt der Bilanzerstellung, spätestens acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres (§ 44 Abs. 6 Satz 2 EStG).
Nach der Gesetzesbegründung werden mit der Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren Gewinne, die eine Kapitalgesellschaft erzielt, ab dem 1. Januar 2001 mit 25% Körperschaftsteuer besteuert. Schüttet die Kapitalgesellschaft Gewinne aus, löst dies im Ausschüttungszeitpunkt eine Kapitalertragsteuerpflicht aus. Auf der Ebene der Anteilseigner wird die zugeflossene Dividende zur Hälfte bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens erfasst und die bezahlte Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer angerechnet. Dementsprechend sollten bei BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) die Gewinne künftig ebenfalls mit 25% Körperschaftsteuer belastet werden. Bei diesen Körperschaften gibt es aber grundsätzlich keine Ausschüttungen an Anteilseigner oder Mitglieder. Gleichwohl kommt es auch bei diesen Körperschaften zu Vermögensübertragungen an die "hinter diesen Gesellschaften stehenden" Personen. Diese Vermögensübertragungen sind wirtschaftlich gesehen mit den erwähnten Gewinnausschüttungen vergleichbar. Aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung sah der Gesetzgeber es daher als geboten an, auch diese Vermögensübertragungen auf der Ebene der "Anteilseigner" steuerlich zu erfassen. Durch die Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG sollte daher eine Besteuerung der nicht in die Rücklage eingestellten Gewinne, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts (als "Anteilseigner") zur Verfügung stehen, sichergestellt werden (vgl. FG Münster, Urteil vom 19. Oktober 2005, 10 K 6992/03 Kap, EFG 2006, 190).
BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG sind die unselbständigen oder nur mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit dienen. Sie bleiben Teil des Vermögens der Trägerkörperschaft. Das Vermögen des BgA wird lediglich auf Grund von Vorschriften des öffentlichen Rechts organisatorisch vom Hoheitsvermögen abgegrenzt. Dabei wird zwischen Eigenbetrieben (vgl. § 86 Gemeindeordnung -GemO-) und Regiebetrieben (vgl. § 86a Abs. 1 GemO) unterschieden. Ein Eigenbetrieb ist eine organisatorisch und haushaltsmäßig verselbständigte Einrichtung der juristischen Person des öffentlichen Rechts, die - mit einer Betriebssatzung und eigenem Rechnungswesen versehen - als wirtschaftliches Unternehmen auftritt (vgl. Krämer in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, Loseblatt, Stand Juli 2006, § 4 KStG Rdnr. 16). Er ist finanzwirtschaftlich als Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu verwalten und im Haushaltsplan gesondert auszuweisen (vgl. § 10 Eigenbetriebs- und Anstaltsverordnung -EigAnVO-). Regiebetriebe sind demgegenüber unselbständige Teile des Haushalts einer Gemeinde, welche nicht der Eigenbetriebs- und Anstaltsverordnung unterliegen. Mangels Betriebssatzung verfügen sie nicht wie Eigenbetriebe über ein Nennkapital oder eine vergleichbare Größe. Ein Regiebetrieb besitzt keine besondere betriebsbezogene Organisation und ist Bestandteil der Verwaltung. Seine Einnahmen und Ausgaben werden im Haushaltsplan der juristischen Person des öffentlichen Rechts veranschlagt und beruhen auf der kameralistischen Einnahmen- und Ausgabenrechnung. Bei Regiebetrieben gilt hinsichtlich erzielter Gewinne die gesetzliche Ausschüttungsfiktion des § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG. Die Gewinne gelten als unmittelbar an die Trägerkörperschaft ausgeschüttet und unterfallen der Kapitalertragsteuer. Verluste gelten als unmittelbar aus dem kommunalen Haushalt ausgeglichen (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 7. September 2006, 15 K 457/05 F, juris).
Bei dem in § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG genannten Gewinnbegriff handelt es sich um den Gewinn des BgA, den die juristische Person des öffentlichen Rechts für Zwecke außerhalb des BgA verwenden kann (= verwendungs- bzw. rücklagefähiger Gewinn). Der Gewinn ist nach Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 22. September 2002 (BStBl I 2002, 935) um die Beträge für den Ausgleich von Fehlbeträgen (Verlusten) aus früheren Wirtschaftsjahren zu kürzen. Verwendbar und rücklagefähig im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG ist der Betrag, der sich nach Verrechnung mit handelsrechtlichen Verlustvorträgen ergibt (vgl. OFD Frankfurt, Verfügung vom 17. Dezember 2003, FR 2004, 237; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 25. Aufl., 2006, § 20 Rdnr. 168; Stuhrmann in Blümich, EStG, GewStG, KStG, Loseblatt, Stand März 2006, § 20 EStG Rdnr. 315i).
2. Nach diesen Maßstäben ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass der dem angefochtenen Kapitalertragsteuerbescheid zu Grunde liegende Gewinn des BgA nicht um Verluste aus früheren Jahren zu kürzen ist.
Der von der Klägerin in der Rechtsform eines Regiebetriebs unterhaltene BgA hat im Wirtschaftsjahr 2002 (vgl. § 44 Abs. 6 Satz 2 EStG) einen Gewinn erzielt, den die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts für Zwecke außerhalb des BgA verwenden kann. Der vom BgA erwirtschaftete Gewinn wird im Haushalt der Klägerin veranschlagt und steht für allgemeine Zwecke des Haushalts zur Verfügung. Eine Zweckbindung zu Gunsten des BgA besteht auf Grund der gewählten Rechtsform eines Regiebetriebs, der nach den dargestellten Grundsätzen lediglich unselbständiger Teil der Verwaltung und des Haushalts ist, nicht. Eine Verrechnung des Gewinns mit Fehlbeträgen aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren kommt nicht in Betracht. Bei einem BgA in Gestalt eines Regiebetriebs entsteht kein (handelsrechtlicher) Verlustvortag; vielmehr werden Verluste auf Grund des Gesamtdeckungsprinzips (vgl. § 14 Gemeindehaushaltsverordnung -GemHVO-) unmittelbar aus dem kommunalen Haushalt ausgeglichen und existieren daher nicht mehr. Ergibt sich bei dem BgA ein Zuschussbedarf, wird dieses Defizit vom Resthaushalt aufgefangen. Weist die Jahresrechnung einen Fehlbetrag aus, handelt es sich hierbei um einen Fehlbetrag des Gesamthaushalts, auch wenn er ganz oder teilweise von dem Defizit des Regiebetriebs verursacht wurde (vgl. Krämer, a.a.O., § 4 KStG Rdnr. 298; aA: Hölzer, ZKF 2003, 299 f.). Zwar kann bei einem BgA in der Rechtsform eines Eigenbetriebs ein Verlust auf neue Rechnung vorgetragen werden (vgl. § 11 Abs. 7, § 27 Abs. 2 Satz 4 EigAnVO); jedoch unterliegt ein derartiger Betrieb auf Grund der anderweitigen Rechtsform und der sich hieraus ergebenden organisatorischen und haushaltsrechtlichen Verselbständigung innerhalb der juristischen Person des öffentlichen Rechts anderen rechtlichen Regeln als der BgA der Klägerin.
Dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich von der fiktiven Verselbständigung des BgA im Rahmen der Einkommensermittlung und der darauf aufbauenden Gleichstellung des Verhältnisses des BgA zu seiner Trägerkörperschaft mit dem einer Kapitalgesellschaft zu ihrem Anteilseigner auszugehen ist (vgl. BFH, Urteil vom 10. Juli 1996, I R 108-109/95, BStBl II 1997, 230 m.w.N.), steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Die Rechtsprechung zur #fiktiven Verselbständigung der BgA zielt darauf ab, im Verhältnis zwischen BgA und Trägerkörperschaft Fragen im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen in gleicher Weise wie Vermögensverschiebungen zwischen Kapitalgesellschaft und Alleingesellschafter zu lösen. Die Rechtsprechung verhält sich aber nicht dazu, wann ein verwendungs- bzw. rücklagefähiger Gewinn gegeben ist, der nach der Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren gem. § 43 Abs. 1 Nr. 7c i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG der Kapitalertragsteuer unterliegt. Im Übrigen findet die Gleichstellung des Verhältnisses zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern einerseits und einem BgA und seiner Trägerkörperschaft andererseits dort ihre Grenze, wo die Besonderheiten des BgA eine andere Sachbehandlung gebieten (vgl. BFH, Urteil vom 14. März 1984, I R 223/80, BStBl II 1984, 496). Unabhängig hiervon kann im Ergebnis eine Benachteiligung der BgA der Klägerin gegenüber Kapitalgesellschaften dadurch verhindert werden, dass die von der Klägerin zum Ausgleich der Verluste früherer Geschäftsjahre geleisteten Zahlungen beim steuerlichen Einlagekonto nach § 27 Abs. 2 KStG erfasst werden (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juli 2006, 6 K 176/03, Haufe-Index Nr. 1567842; Hölzer, ZKF 2003, 297, 300; aA: Krämer, a.a.O., § 4 KStG Rdnr. 298; vgl. auch FG Düsseldorf, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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