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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.01.2005
Aktenzeichen: 4 K 1213/02
Rechtsgebiete: FGO, EStG, StBerG


Vorschriften:

FGO § 91 Abs. 2
FGO § 100 Abs. 1 S. 1
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 6
StBerG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

4 K 1213/02

Einkommensteuer 2000

In dem Finanzrechtsstreit

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Januar 2005

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht

den Richter am Finanzgericht und

den Richter am Landgericht sowie

den ehrenamtlichen Richter Dipl. Kaufmann Sparkassendirektor und

die ehrenamtliche Richterin Industriekauffrau

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Der Einkommensteuerbescheid 2000 vom 24. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2002 wird geändert. Der Beklagte hat die Einkommensteuer 2000 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe in der Weise neu zu berechnen, wie sie sich ergibt, wenn weitere Sonderausgaben in Höhe von 6.251,-- DM zum Abzug zugelassen werden

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten zu Gunsten der Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, inwieweit Steuerberatungskosten als Sonderausgaben bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 2000 gemäß §§ 26 Abs. 1 Satz 1, 26 b des Einkommensteuergesetzes - EStG- zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 10. März 1999 verstorbenen Vaters L.

Der Vater der Klägerin wurde beim Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt. Die ihn betreffenden Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1998 waren bestandskräftig. Im Zuge von Ermittlungen bei Banken wurden dem Beklagten im Januar 2000 ein bisher nicht versteuertes Kapitalvermögen und hieraus resultierende, ebenfalls nicht versteuerte Zinseinnahmen des verstorbenen Vaters der Klägerin bekannt. Der Beklagte forderte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 28. Januar 2000 (GA Bl. 33 f.) auf, für ihren Vater die Anlagen KSO ab dem Jahr 1989 und Vermögensteuererklärungen ab 1989 abzugeben. Die Klägerin beauftragte eine Steuerberatungsgesellschaft, die jetzige Prozessbevollmächtigte, mit der Erstellung der angeforderten Erklärungen. Die Einkommensteuerbescheide des Vaters der Klägerin wurden daraufhin entsprechend geändert und erstmalige Vermögensteuerbescheide erlassen.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 machten die Kläger die im Jahr 2000 von der Steuerberatungsgesellschaft in Rechnung gestellten und gezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 7.022,64 DM als Steuerberatungskosten geltend. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus 2.915,89 DM Honorarforderung für die Ermittlung der Einkünfte des Erblassers aus Kapitalvermögen für die Jahre 1994 bis 1999, 771,98 DM Honorar für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung der Klägerin sowie 3.334,77 DM Honorar für die Ermittlung der Einkünfte des Erblassers aus Kapitalvermögen für die Jahre 1989 bis 1993 und die Erstellung der Vermögensteuererklärungen des Erblassers für die Jahre 1989 bis 1996.

Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2000 vom 24. August 2001 die geltend gemachten Aufwendungen nicht im Wege der Sonderausgaben als Steuerberatungskosten. Der hiergegen eingelegte Einspruch war nur insoweit erfolgreich, als der Beklagte nunmehr den Betrag von 771,98 DM im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuererklärung der Klägerin als Sonderausgaben berücksichtigte, da es sich insoweit um Ausgaben der Klägerin in einer eigenen Steuerangelegenheit gehandelt habe. Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Er legte insoweit dar, dass die Klägerin mit den Anlagen KSO und der Abgabe von Vermögensteuererklärungen steuerliche Pflichten ihres verstorbenen Vaters erfüllt habe, denen dieser zu seinen Lebzeiten pflichtwidrig nicht nachgekommen sei. Den noch streitbefangenen Beraterkosten in Höhe von 6.250,66 DM liege eine Steuerberatung in fremden Steuerangelegenheiten, nämlich der ihres Vaters zugrunde. Die in Rechnung gestellten Steuerberatungsleistungen beruhten nicht auf einer eigenen gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung der Klägerin. Hieran ändere nichts, dass der Beklagte die Klägerin im Jahr 2000 zur Abgabe der Anlagen KSO und der Vermögensteuererklärungen aufgefordert habe. Die Ausgaben der Klägerin in Höhe von 6.250,66 DM seien danach bei ihr eine steuerlich nicht abzugsfähige Einkommensverwendung nach § 12 Nr.1 EStG. Die Beratungskosten minderten den Nachlass des Verstorbenen. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2002 (ESt-Akte Bl. 56 ff.) Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage führen die Kläger aus:

Die Klägerin sei als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Vaters nach § 45 der Abgabenordnung -AO- verpflichtet gewesen, die steuerlichen Pflichten des Rechtsvorgängers zu erfüllen. Die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärungen sei in der Person der Rechtsnachfolgerin entstanden, da sie in dessen Rechtsstellung eingetreten sei.

Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 EStG sei es, den Steuerpflichtigen zu entlasten, der wirtschaftlich auch belastet sei. Auch die wirtschaftliche Belastung sei vorliegend in der Person der Klägerin entstanden. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (Hinweis auf BFH-Urteile vom 1. März 1957 VI 57/55 U, BStBl III 1957, 135 und vom 5. Februar 1960 VI 204/59 U, BStBl III 1960, 140) sei zu entnehmen, dass § 10 EStG ausschließlich auf die Zahlung durch den Steuerpflichtigen abstelle, der in die Rechtsstellung des Erblassers eintrete. Hierbei sei auch unerheblich, woher die Mittel - etwa aus einer Erbmasse oder dergleichen - stammten.

Auch sei zu bedenken, dass der Erblasser die Steuerberatungskosten bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer nicht habe berücksichtigen können. Damit würde der Abzug nach Eintritt des Erbfalles grundsätzlich ausgeschlossen sein. Dies widerspreche jedoch dem Sinn des Gesetzes, da die steuerliche Entlastung dem zugute kommen solle, der wirtschaftlich belastet sei. Dies müsse erst Recht dann gelten, wenn die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärungen beim Erben liege, zumal der Beklagte selbst in seinem Schreiben vom 28. Januar 2000 darauf hingewiesen habe, dass die Klägerin zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Rechtsvorgängers gesetzlich verpflichtet sei.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2000 vom 24. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2002 bei der Festsetzung der Einkommensteuer weitere Sonderausgaben in Höhe von 6.251,-- DM zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO bestimme, dass bei Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger übergingen. In den von den Klägern angeführten Entscheidungen des BFH sei es zum einen um überzahlte Vermögensteuer und Kirchensteuer der Erblasserin und zum anderen um Vermögensteuer gegangen, die ein Steuerpflichtiger in seiner Eigenschaft als Erbe entrichtet habe. In diesen Entscheidungen seien allein die "ererbten" Steuerforderungen und Steuerschulden zu beurteilen gewesen, die der bzw. die Verstorbene zu Lebzeiten begründet habe. Ein solcher Sachverhalt sei vorliegend nicht gegeben,

Die hier streitbefangene Steuerberatung sei kein schuldbegründendes Verhältnis aus der Person des Erblassers, des verstorbenen Vaters der Klägerin. Dieser habe der Klägerin auch keine Steuerberatungskosten als Schuld "vererbt". Vielmehr habe die Klägerin die jetzigen Prozessbevollmächtigten aus eigener Entscheidung heraus für die Abwicklung der Steuerangelegenheiten ihres verstorbenen Vaters zu Rate gezogen. Den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen für die Jahre 1994 bis 1999 und das Vorliegen von Vermögen in den Jahren 1989 bis 1996 sowie die daraus resultierende Vermögensbesteuerung habe ausschließlich der Erblasser erfüllt. Die hier streitigen Steuerberatungskosten stünden damit in direktem Zusammenhang mit der Einkommens- und Vermögensbesteuerung des Verstorbenen.

Der bei der Einkommensteuer geltende Grundsatz der Individualbesteuerung und der Grundsatz der persönlichen Leistungsfähigkeit rechtfertigten es, dass die Steuerberatungskosten auch direkt bei der Einkommensteuer des Erblassers abzuziehen seien. Dass diese sich wegen des bei der Einkommensteuer geltenden Abflussprinzips gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG ggf. bei der persönlichen Einkommensteuer des Erblassers steuerlich nicht auswirkten, sei unmaßgeblich und müsse insoweit hingenommen werden. Dieses Ergebnis bedinge keinen Übergang auf die persönliche Einkommensteuer der Klägerin als Erbin.

Die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Erblassers wirke nicht über die Gesamtrechtsnachfolge beim Erben fort. Die Einkommensteuer sei eine Personensteuer. Erbin und Erblasser seien verschiedene Rechtssubjekte. Dies sie auch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 5. Mai 1999 XI R 1/97, BFH/NV 1999, 1540).

Die Ausgaben der Klägerin für die Abwicklung der Steuerangelegenheiten ihres verstorbenen Vaters berührten allein ihre private Vermögensebene. Sie beträfen nicht ihre persönliche Einkommensteuer. Mangels Beratung der Klägerin in ihren eigenen Steuerangelegenheiten stellten die hier streitigen Steuerberatungskosten keine Sonderausgaben der Klägerin dar.

Entscheidungsgründe:

Der Senat ist an einer Entscheidung nicht gehindert, obwohl die Kläger und ihre Prozessvertreter zum Termin nicht erschienen sind. Denn bei der Ladung der Prozessbevollmächtigten ist darauf hingewiesen worden, dass im Falle ihres Ausbleibens auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Die Klage hat Erfolg. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Denn der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Steuerberatungskosten nicht als Sonderausgaben anerkannt.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG gehören Steuerberatungskosten zu den Aufwendungen, die als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Der Begriff der Steuerberatungskosten wird im Gesetz nicht definiert. Für die Auslegung sind daher Wortlaut, Sinnzusammenhang und ergänzend die Entstehungsgeschichte der Vorschrift maßgebend.

Zwar werden nach allgemeinem Sprachgebrauch unter Steuerberatungskosten "Honorare für verschiedene Arten der Tätigkeiten der steuerberatenden Berufe" verstanden (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1965 VI R 207/62 S, BStBl III 1965, 410). Hieraus folgt allerdings noch nicht, dass derartige Aufwendungen allein schon deshalb als Sonderausgaben abziehbar sein sollen, weil es sich um Honorare an eine zur Steuerberatung nach § 3 des Steuerberatungsgesetzes -StBerG - befugte Person für "Hilfeleistung in Steuersachen" handelt (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 43/86, BStBl II 1990, 20: zu Kosten der Verteidigung in einem Steuerstrafverfahren).

Angesichts des insoweit nicht eindeutigen Wortlauts der Vorschrift lässt sich der Umfang der abziehbaren Steuerberatungskosten i.S. des § 10 Abs.1 Nr.6 EStG nur nach dem Zweck der Regelung bestimmen. Sonderausgaben sind grundsätzlich Privatausgaben, deren Abzug der Gesetzgeber ausnahmsweise aus besonderen sozial- oder wirtschaftspolitischen Erwägungen zugelassen hat. Durch die mit dem Steueränderungsgesetz 1965 (BStBl I 1965, 217) erstmalig ab dem Veranlagungszeitraum 1965 erfolgte Einbeziehung der Steuerberatungskosten in den Kreis der Sonderausgaben sollten die bis dahin bestehenden Ungleichbehandlungen bei der steuerlichen Abziehbarkeit der Aufwendungen beseitigt werden, die dem Steuerpflichtigen dadurch entstehen, dass er zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten und zur Wahrnehmung seiner steuerlichen Rechte fremde Hilfe in Anspruch nimmt (BT-Drucks IV /3189, S. 6; vgl. auch Stephan, in Littmann/Binz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 10 Rz 191).

Während nämlich der Teil der Steuerberatungskosten, der bei der Ermittlung des Gewinns oder der Einkünfte anfällt, als Betriebsausgabe oder Werbungskosten abziehbar war und bei Körperschaften darüber hinaus stets alle Steuerberatungskosten zu den abziehbaren Betriebsausgaben gehörten, blieben bis dahin bei natürlichen Personen Steuerberatungskosten, die sich z.B. auf den Sonderausgabenabzug oder etwa auf Veranlagungs- und Tariffragen bezogen, unberücksichtigt. Im Gegensatz dazu sollten nach der Gesetzesbegründung Steuerpflichtige nunmehr in allen Fällen --also nicht nur wenn die Beratung mit der Ermittlung der Einkünfte oder des Gewinns zusammenhing-- die Möglichkeit haben, die ihnen durch eine Steuerberatung erwachsenen Kosten bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen (BTDrucks IV/3189 S.6).

Mit dem Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs.1 Nr.8 (jetzt Nr.6) EStG sollte hierbei dem Umstand Rechnung getragen werden, dass dem Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen Pflichten auferlegt und Rechte eingeräumt sind, die er wegen der Schwierigkeit und Unübersichtlichkeit des Steuerrechts ohne fremde Hilfe häufig nicht ohne weiteres erfüllen bzw. wahrnehmen kann. Anliegen des Gesetzgebers war es nicht, schlechthin sämtliche von einem Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe für Beratung in Steuerfragen in Rechnung gestellten Honorare als Sonderausgaben zu qualifizieren. Vielmehr ist nur der Abzug von Beratungsaufwendungen gerechtfertigt, die in sachlichem Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren stehen. Dazu gehören auch Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch abgabenrechtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel erwachsen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 43/86 a.a.O.). Insoweit ist § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG seinem Normzweck entsprechend weit auszulegen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 12. Juli 1989 X R 35/86, BStBl II 1989, 967; Blümich/Hutter, EStG, 83. Aufl., § 10 Rz 499; Korn/Hildesheim, EStG, § 10 Rz 49).

Einigkeit besteht zudem darüber, dass der Betriebsausgaben/Werbungskosten- bzw. Sonderausgabenabzug von Steuerberatungskosten voraussetzt, dass es sich um Kosten für die eigene Steuerberatung handelt, also um eine Steuerberatung, die eigene Steuerangelegenheiten betrifft.(vgl. Schoor, Steuerrechtliche Behandlung von Steuerberatungskosten, Deutsche Steuerzeitung -DStZ- 1999, 325, 326 f.). Dritte können zwar auf Grund eines Vertrages zugunsten Dritter (§§ 328 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- ) Schuldner fremder Steuerberatungskosten sein, es handelt sich dann aber nicht um Steuerberatungskosten, die für die eigene Beratung entstanden sind.

Die Frage, inwieweit die nach dem Tod des Erblassers bei einem Erben entstandenen Steuerberatungskosten bei diesem als Sonderausgaben abgezogen werden dürfen, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Die Diskussion entzündet sich freilich in erster Linie an der Fallkonstellation der Kosten für bereits zu Lebzeiten des Erblassers durchgeführter und nicht liquidierter Steuerberatungen, die vom Erben als Sonderausgaben geltend gemacht werden (verneinend Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rdnr. I 49, B 170 weil die Kosten nicht für die eigenen Steuerberatung angefallen sind; Blümich/Hutter, a.a.O., § 10 Rz 41; a.A. Nolde, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10 Rdnr. 11; Noll/Schuck, Abzugsfähigkeit der Gebühren des -steuerberatenden - Testamentsvollstreckers, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1993, 1437, 1438; so wohl auch Schmidt/Heinicke, EStG 24. Aufl., 2005, § 10 Rz 28, der insoweit mangels Personenbezogenheit von einer vollen "Vererblichkeit" von Sonderausgaben auszugehen scheint).

Um einen solchen Sachverhalt geht es vorliegend jedoch nicht. Vielmehr wurden die hier in Rede stehenden Kosten durch die Klägerin selbst veranlasst. Der Abzug von Zahlungen, die der Erbe leistet, die beim Erblasser als Sonderausgaben zu berücksichtigen gewesen wären, ist nach herrschender Auffassung für jede Ausgabenart gesondert zu prüfen ( Blümich/Hutter, a.a.O., § 10 Rz 39; Nolde, in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 Rdnr. 11; Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rdnr. B 158). Der BFH prüft insoweit, ob etwa höchstpersönliche Verhältnisse oder Umstände, die unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpft sind, eine Zurechnung für den Erben ausschließen (BFH-Urteil vom 11. November 1971 V R 11/68, BStBl II 1972, 80). Soweit ein Abzugstatbestand deshalb vom Vorliegen einer persönlichen Eigenschaft des Steuerpflichtigen abhängt, kommt insoweit eine Zurechnung nicht in Betracht. Dies ist aus dem Inhalt und dem Zweck des jeweiligen Abzugstatbestandes heraus im Wege einer (einfachen) Gesetzesauslegung heraus zu ermitteln. Aus diesem Grunde kann der Erbe die ihm obliegenden Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten des Erblassers auch nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehen (BFH-Urteil vom 12. November 1997 X R 83/94, BStBl II 1998, 148).

Vor diesem Hintergrund steht der Berücksichtigung der Steuerberatungskosten als Sonderausgaben nicht entgegen, dass diese nicht die Steuerangelegenheiten der Klägerin im engeren Sinn betrafen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin in die Rechtsstellung ihres Vaters eingetreten war (§ 45 AO).

Durch den Übergang der Forderungen und Schulden des Rechtsvorgängers wurde sie selbst Steuerpflichtige i.S.d. § 33 AO. Sie trafen deshalb ohne weiteres originär die aus dieser Stellung resultierenden Erklärungs- und Mitwirkungspflichten aus §§ 90, 93, 97, 149, 153 AO (Buciek, in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 45 AO Rz 36 Stichwort: "Erklärungs- und Mitwirkungspflichten; Schwarz in Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung, § 45 Rz. 14 ff.). Ihre Berichtigungspflicht bei unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärungen des Rechtsvorgängers ergibt sich unmittelbar aus § 153 Abs. 1 Satz 2 AO. Sie konnte sich im Übrigen ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung auch deshalb nicht entziehen, weil die Verhältnisse des Erblassers ihrer Sphäre zugerechnet werden (vgl. Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 5. Februar 2003, Az.. VI 153/02, dokumentiert in Juris). Zwecks Erfüllung der vorerwähnten steuerlichen Hilfspflichten konnte gegen sie auch ein Zwangsgeld angedroht und festgesetzt werden (vgl. Schwarz, a.a.O., § 45 Rz. 15). Im Falle einer bewusst pflichtwidrig unvollständigen Berichtigung hätte sie insoweit auch den Tatbestand einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO oder ggf. leichtfertigen Steuerverkürzung i.S.d. § 378 Abs. 1 AO erfüllt.

Damit befand sich die Klägerin in einer vergleichbaren Verfahrenslage, wie sie sie auch im Falle eigener Steuerangelegenheiten zu vergegenwärtigen hätte. Insoweit konnte ihr nicht zugemutet werden, diese ihr im Besteuerungsverfahren auferlegten Pflichten ohne fremde sachkundige Hilfe zu erfüllen bzw. wahrzunehmen. Dies rechtfertigt vorliegend den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG (ebenso Nolde, a.a.O., § 10 Rdnr. 11; Schoor, a.a.O. S. 327), zumal hier über einen etwaigen kumulativen Abzug bei der Erbschaftsteuer nicht zu entscheiden war (vgl einerseits MünchKomm/Leipold, BGB Einleitung vor § 1922; Rdn. 222, andererseits Meinke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Auflage, § 10, Anm. 45).

Der Klage war mithin in vollem Umfange stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Fassung des Tenors erfolgt gemäß § 100 Abs. 2 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 151 Abs.2 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung -ZPO- .

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Verkündet am: 20.01.2005

Ende der Entscheidung

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