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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.09.2006
Aktenzeichen: 6 K 1268/03
Rechtsgebiete: UStG, 6. EG-RL, AO, BPflV


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 14
UStG § 16
6. EG-RL Art. 13 Teil A Abs. 1 b)
AO § 67 Abs. 2
BPflV § 2
BPflV § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

6 K 1268/03

Umsatzsteuer 1994 bis 1999

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. September 2006

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht ...

den Richter am Finanzgericht ...

die ehrenamtliche Richterin ...

die ehrenamtliche Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Umsätze von Organgesellschaften des Klägers (Kliniken) steuerfrei sind.

Der Kläger hat ein Unternehmen der Wirtschaftswerbung und gewerblichen Verpachtung von bebauten Grundstücken. Die Immobilien werden von den Pächtern, der Kurklinik L GmbH (Kurklinik) und der M-Klinik für plastische Chirurgie GmbH (M GmbH) jeweils zu eigenbetrieblichen Zwecken genutzt. Der Kläger hält sämtliche Anteile an der Kurklinik und der M GmbH.

Die Kurklinik und die M GmbH haben jeweils Konzessionen zum Betrieb eines privaten Krankenhauses nach § 30 GewO.

Die M GmbH hat sich auf die Behandlung organischer Impotenz männlicher Patienten mittels eines chirurgischen Eingriffs und unter Verwendung von Implantaten spezialisiert. Die Kurklinik betreibt eine Privatklinik für innere Medizin und Naturheilverfahren. Dort werden verschiedene Therapien zur Gesundheitsfürsorge und Rehabilitation angeboten, insbesondere Sauerstoff-, H 3-, Heilfasten-, Therma-, Thymus-, Thymo-Therma-, Ganzheits-, Schmerz- und ATP-Therapien, sowie biologisch aktive Zellregeneration (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 31.03.2006, Bl. 132 FG-Akte). Dabei orientiert sich die jeweilige Therapiedauer am Gesundheitszustand des Patienten und beträgt in der Regel zwischen einer und vier Wochen. Bei den Patienten handelt es sich um "Stammkunden", die regelmäßig therapiert werden oder um Personen, die über Werbeanzeigen in Zeitschriften auf die Angebote der Kurklinik aufmerksam gemacht werden.

Der Beklagte nimmt zwischen dem Kläger als Organträger und der Kurklinik und der M GmbH als Organgesellschaften umsatzsteuerlich eine Organschaft an.

Die Umsatzsteuer beim Kläger wurde für die Streitjahre 1994 bis 1999 zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung entsprechend den eingereichten Voranmeldungen, bzw. Umsatzsteuererklärungen festgesetzt. Die Leistungen der Organgesellschaften waren darin als umsatzsteuerpflichtige Leistungen erfasst worden.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 10.11.1999 - 2 BvR 2861/93, wonach ärztliche Leistungen unabhängig von der Rechtsform des leistenden Unternehmers von der Umsatzsteuer befreit sind, beantragte der Kläger erstmals, mit Schreiben vom 23.12.1999 für das Jahr 1994 und mit Schreiben vom 05.01.2000 für die Jahre 1995 bis 1998, die Umsatzsteuerbescheide zu ändern und die Leistungen der Organgesellschaften in vollem Umfang steuerfrei zu belassen. Zwar fielen die Kliniken nicht unter § 4 Nr. 16 b UStG, jedoch handele es sich um Heileinrichtungen, die von angestellten Ärzten verantwortlich geführt würden, die ihrerseits für sich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG in Anspruch nehmen könnten.

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung erließ der Beklagte am 23.10.2002 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1998, in denen er nur die ärztlichen Leistungen steuerfrei beließ. Die Ermittlung der als umsatzsteuerpflichtig behandelten weiteren Leistungen nahm er in der Weise vor, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung in pauschaler Höhe von 165 DM je Aufenthaltstag mit der Anzahl der Gesamtaufenthaltstage der Patienten multipliziert wurden. Zugleich erließ er einen erstmaligen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999, in dem er entsprechend verfuhr.

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger fristgerecht Einspruch und beantragte, die Leistungen der Organgesellschaften gemäß § 4 Nr. 16 b UStG in vollem Umfang steuerfrei zu belassen. Bei der Kurklinik handele es sich um ein Krankenhaus, in dem ausschließlich Leistungen erbracht würden, die auch in internistischen Abteilungen von Krankenhäusern öffentlich-rechtlicher Träger üblicherweise erbracht würden. Auch zeige ein Vergleich der Kosten je Behandlungstag in der Kurklinik mit den Gesamtpflegesätzen je Tag der inneren Abteilungen in Krankenhäusern der näheren Umgebung, dass deren Sätze durchschnittlich über den Pflegesätzen der Kurklinik lägen.

Die Leistungen der M GmbH erstreckten sich ausschließlich auf die Behandlung der organischen Impotenz. Die M GmbH sei als Privatklinik in dieser Form in Deutschland einzigartig. Die Behandlungsleistungen würden allerdings auch von den medizinischen Einrichtungen der Universität B erbracht. Der Patient müsse für eine Behandlung durch Ärzte der Universität B aber ca. 1.900 DM mehr zahlen als in der Klinik der M GmbH. Die Voraussetzungen eines Krankenhaus-Zweckbetriebes seien also bei beiden Häusern erfüllt.

Der Beklagte führte in der Zeit vom 15.10.2001 bis 19.03.2002 für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999 eine Betriebsprüfung durch. Die Prüferin gelangte zu dem Ergebnis, dass beide Häuser die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 b UStG nicht erfüllten, da es sich nicht um Krankenhäuser im Sinne von § 67 Abs. 1 oder 2 AO handele. Ein Nachweis, dass 40% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfällt, bei denen nur allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden und die dafür berechneten Entgelte nicht höher sind als bei Krankenhäusern i.S. von § 67 Abs. 1 AO, sei nicht erbracht worden. Feststellungen dahin gehend, dass die Entgelte durch die gesetzlichen Krankenkassen oder Ersatzkassen übernommen wurden, habe der Kläger nicht erbringen können. Die fehlende Kostenübernahme werde vielmehr als Indiz dafür gewertet, dass es sich bei den erbrachten Leistungen gerade nicht um allgemeine, sondern vielmehr um gesondert berechenbare Wahlleistungen handele.

Die Überprüfung der bisher umsatzsteuerfrei belassenen ärztlichen Leistungen ergab eine fehlerhafte Leistungsaufteilung insofern, als u.a. die durch das Klinikpersonal erbrachten Betreuungsleistungen und die Weiterlieferung von Medikamenten und Hilfsmitteln den steuerfreien ärztlichen Leistungen zugeordnet worden waren; diese Leistungen seien den steuerpflichtigen Umsätzen zuzuordnen. Anhand der zur Verfügung gestellten Unterlagen sei der Anteil der reinen ärztlichen Leistungen mit durchschnittlich 32% des Gesamtumsatzes der Kurklinik zu schätzen, bei der M GmbH betrage dieser Anteil 40%.

Der Beklagte erließ am 19.09.2002 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999.

Mit Einspruchsentscheidung vom 31.01.2003 wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, bei den zum Organkreis gehörenden Kliniken handele es sich um Einrichtungen, die unter ständiger ärztlicher Leitung und Verantwortung stünden und unter Mitwirkung von besonders fachlich-medizinisch geschultem Personal darauf eingestellt seien, eine Krankheit zu heilen oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, den erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen. Ziel der Kurklinik sei, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich therapiebegleitender Maßnahmen wie physikalische Therapie, Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Gefäßtraining, Heilfasten, diätetische Therapie, Diabetes-mellitus-Behandlung, Arthrose-Therapie, Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (clauticatio intermittens), Schmerztherapie, und durch andere geeignete Hilfen, zu verbessern und insbesondere den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen. In den Kliniken seien die Patienten stationär untergebracht und könnten dort verpflegt werden. Bei den Patienten handele es sich fast ausschließlich um Multimorbide, d.h. an mehreren, z.T. chronischen Erkrankungen leidende Menschen, zumeist über 65 Jahre als und nach der klassischen Schulmedizin austherapiert; diesen Patienten könne mit hoher Erfolgsquote geholfen werden.

Die Therapien seien teilweise auch schulmedizinisch anerkannt, wie aus der von der OFD Koblenz vorgelegten Auflistung beihilfefähiger Behandlungen (Bl. 137/138 FG-Akte) hervor gehe. Bei multimorbiden Patienten sei zudem eine ganzheitliche Medizin angebracht, die in vielen Fällen nicht der Schulmedizin entspreche. Durch die Behandlung in der Kurklinik könne aber z.B. in einigen Fällen eine schulmedizinisch erforderliche Operation oder gar Amputation vermieden werden.

Die ATP-Therapie beispielsweise sei wissenschaftlich anerkannt und werde mit großem Erfolg angewendet, auch wenn sie schulmedizinisch nicht anerkannt sei. Es handele sich um die Injektion eines Medikaments, die nach GOÄ abrechenbar sei und deshalb grundsätzlich von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden müsse. Tatsächlich würden sich nur wenige Patienten gegen die Weigerungen der Kassen wehren, dann aber letztlich mit Erfolg, da die Weigerung rechtswidrig sei.

Vergleichbare Kliniken gebe es im Bundesgebiet nicht. Dieser Umstand allein dürfe aber nicht dazu führen, dass die nach GOÄ abrechenbaren Leistungen der Kurklinik nicht als allgemeine Krankenhausleistungen anerkannt würden. Ausreichend müsse sein, dass die Kliniken Konzessionen besäßen.

Die Behandlung der organischen Impotenz (erektile Dysfunktion) durch die M GmbH incl. operativer Versorgung sei wissenschaftlich und schulmedizinisch anerkannt und die Kosten würden in vielen Fällen von den Versicherungen und Beihilfestellen übernommen (beispielhafte Zusagen Bl. 38 - 41 FG-Akte). Beide Kliniken erfüllten die Beihilfevorschriften des öffentlichen Dienstes, sofern keine Behandlungsmethoden angewendet würden, die von der Beihilfefähigkeit ausgenommen sind. Beispielhaft könnten Zusagen von Beihilfestellen und Ersatzkassen für Behandlungen in der Kurklinik vorgelegt werden (Bl. 33 - 37 und Bl. 164/165 FG-Akte).

Bei den Behandlungen und Therapien handele es sich um Leistungen, die in jedem Krankenhaus angeboten, bzw. durchgeführt würden. Die Wahl der Therapiedauer sei wesentlich abhängig vom Gesundheitszustand des Patienten. Sie werde nach der Eingangsuntersuchung zwischen dem behandelnden Arzt und dem Patienten einvernehmlich besprochen. Erst nach der Untersuchung werde die endgültige Therapie in einem Therapieplan festgelegt. Alle stationär durchgeführten Behandlungen dauerten in der Regel - je nach Beschwerdebild - zwei Wochen und länger.

Beide Häuser erbrächten typische Leistungen der Heilbehandlung; das Gesundheitsamt B habe der Kurklinik mit Schreiben vom 03.11.1988 ausdrücklich bescheinigt, dass es sich bei der Kurklinik um ein Sanatorium im Sinne der bundes- und landesrechtlichen Beihilfevorschriften handele. Die Kliniken hätten sich lediglich auf bestimmte Therapien spezialisiert.

Die Gesamtkosten der Krankenhausleistungen für stationäre Behandlungen setzten sich zusammen aus belegungszeitabhängigen Pauschalpreisen, die lediglich aus abrechnungstechnischen Gründen in Einzelpreise aufgegliedert würden. Die Aufgliederung sei für die Patienten für Zwecke der Abrechnung gegenüber Krankenversicherungen und Beihilfestellen notwendig. Mit dem Patienten würden aber nur Fallpauschalen vereinbart; darüber hinaus gehende Abrechnungen für Sonderleistungen (Wahlleistungen) erfolgten nicht. Die Fallpauschalen enthielten die Kosten für die gesamte stationäre Behandlung (Kosten der Unterbringung, Verpflegung und Pflege, Kosten für Arztleistungen, ärztlich verordnete Therapie- und Heilmittel, Kosten für Labor und Untersuchungen, Kosten für Gruppentherapie). Bei Notwendigkeit bestimmter Behandlungsmethoden erhöhe sich die Fallpauschale; die Erhöhung beruhe in diesem Fall nicht auf Wahlleistungen, sondern auf notwendigen medizinischen Behandlungen. Die Abrechnungspraxis nach Fallpauschalen sei mit der Pflegesatzverordnung 1995 als gesetzlich zulässige Abrechnungsmethode eingeführt worden und seit 2004 für alle Krankenhäuser verpflichtend. Eine direkte Abrechnung mit den Krankenkassen sei nur deshalb nicht möglich, weil die Kliniken keine Verträge mit den Kassen geschlossen hätten. Aus der Tatsache, dass die Krankenkassen die Aufwendungen ganz oder teilweise übernähmen, folge, dass die Leistungen medizinisch anerkannt seien und den Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen nicht überstiegen.

Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 b UStG für die Steuerfreiheit der mit dem Betrieb privater Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze - Zweckbetrieb gemäß § 67 Abs. 2 AO - seien im Streitfall erfüllt. Mindestens 40% der jährlichen Pflegetage entfielen auf Patienten, bei denen für die Krankenhausleistung kein höheres Entgelt als nach § 67 Abs. 1 AO (Bundespflegesatzverordnung - BPflV -) berechnet werde. Beispielhaft könne auf die berechneten Pflegesätze in der Klinik ... in 2001 und der Universitätsklinik B in 1997 verwiesen werden, die über denen des Klägers lägen (S. 2 des Schriftsatzes vom 20.09.2005, Bl. 67 FG-Akte). Eine gesetzliche Vorgabe, dass die Entgelte wie bei den der BPflV unterliegenden Krankenhäusern zu berechnen seien, könne aus § 67 Abs. 2 AO für private Kliniken nicht abgeleitet werden. Eine absolute Vergleichbarkeit der Pflegesätze sei nicht möglich und auch nicht erforderlich.

Da § 67 Abs. 2 AO die Begünstigung auf Krankenhäuser ausdehne, die außerhalb der BPflV abrechnen, könnten nachteilige Schlüsse nicht allein aus der Tatsache gezogen werden, dass der Kläger keine Abrechnungsbelege mit Krankenkassen vorlegen könne.

Bei Wahlleistungen im Sinne von § 22 BPflV handle es sich um medizinisch nicht indizierte Zusatzleistungen, die mit der eigentlichen Behandlung nichts zu tun hätten, auf Wunsch des Patienten erfolgten und im Vorhinein schriftlich vereinbart werden müssten. Die von den Kliniken des Klägers angebotenen Leistungen hätten damit nichts zu tun. Es handele sich um anerkannte Naturheilverfahren. Die Kliniken seien keine Akutkrankenhäuser.

Auf entsprechende Anforderungen werde den Patienten ein Fragebogen zugesendet, den diese ausgefüllt zurück schickten. Aufgrund dieses Fragebogens werde von den Ärzten der Kliniken ein Therapievorschlag unterbreitet. Erst nach der Eingangsuntersuchung werde die endgültige Therapie festgelegt. Der Patient könne demnach nicht Art und Umfang der ärztlichen Leistungen wählen. Die vom Kläger angebotenen Behandlungen und Therapien könnten an jedem anderen Krankenhaus auch angeboten und durchgeführt werden.

Die Abrechnungen könnten nicht dahin gehend interpretiert werden, dass nur die Pauschalpreise Krankenhausleistungen seien und die Einzelpreise Wahlleistungen, denn die Einzelpreise würden nur nachrichtlich genannt, um dem Patienten die Abrechnung mit den Kostenträgern zu ermöglichen.

Im Rahmen des § 67 Abs. 2 AO sei es gerade nicht erforderlich, dass die Kosten durch die Träger der Sozialleistungen übernommen werden. Da die Kassen i.d.R. eine Kostenübernahme nur bei anerkannten Heilverfahren gewährten, müssten insbesondere bei neuen Behandlungsmethoden die Patienten ihre Aufwendungen selbst tragen. Die Sozialleistungsempfänger müssten in den Genuss von Maßnahmen kommen, wobei der Gesetzgeber die Übernahme der Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen nicht für erforderlich halte. Im Streitfall seien nach den Erhebungen des Klägers 87% der Patienten Mitglieder von gesetzlichen Krankenkassen. Dass zwischen den Kliniken und den gesetzlichen Kassen keine Verträge bestünden, bedeute nicht, dass die von den Patienten gezahlten Rechnungen nicht von Sozialleistungsträgern und Beihilfestellen erstattet würden. Die Auffassung des Beklagten, dass Abrechnungen nach Maßgabe der BPflV nur dann vorlägen, wenn unmittelbar gegenüber entsprechenden Sozialversicherungsträgern abgerechnet werde, laufe dem Sinn und Zweck des § 67 Abs. 2 AO zuwider. § 67 Abs. 2 AO setze nur voraus, dass die allgemeinen Krankenhausleistungen mindestens 40% ausmachen müssten. Die betragsmäßige Höhe und damit die Vergleichbarkeit mit anderen Einrichtungen, sowie die Abrechnungsart seien irrelevant. Im Streitfall würden annähernd ausschließlich allgemeine Krankenhausleistungen abgerechnet. Demnach würden im Streitfall nahezu 100% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als bei den Häusern nach § 67 Abs. 1 AO berechnet werde.

Allgemeine Krankenhausleistungen umfassten nach § 2 Abs. 2 BPflV Leistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig seien. Eine gestaffelte Vergütung sei zulässig und auch üblich. Die Bemessung des Entgelts nach Art und Umfang der erforderlichen Behandlung lasse keine Rückschlüsse auf die Inanspruchnahme von Wahlleistungen zu. Nach § 22 BPflV seien Wahlleistungen insbesondere besondere diagnostische und therapeutische Leistungen über die notwendige allgemeine Krankenhausleistung hinaus, wahlärztliche Leistungen (Chefarztbehandlung), und Wahlleistungen Unterkunft (Ein- oder Zweibett-Zimmer). Außerhalb dieses Katalogs erfolge sowohl die Unterbringung als auch die gesamte medizinische Betreuung als Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen. Einen Unterschied zwischen medizinischer Grundversorgung und anderen medizinischen Leistungen gebe es nicht.

Für die steuerliche Wertung von Behandlungen dürfe es keinen Unterschied machen, ob eine Maßnahme von den Kassen übernommen werde oder nicht.

Das Urteil des BFH vom 25.11.1993 (BStBl II 1994, 213) sei nicht einschlägig, da im Streitfall keine Leistungen gesondert abgerechnet würden.

Nach Auffassung des Klägers sind die vom Gericht von der AOK Rheinland-Pfalz und der Beihilfestelle der OFD Koblenz eingeholten Auskünfte irrelevant, da es nicht darauf ankomme, ob die Kosten erstattet würden. Entsprechende Nachweise seien daher nicht erforderlich. Nach § 67 Abs. 2 AO komme es nur darauf an dass für mindestens 40% der Pflegetage kein höheres Entgelt als nach Abs. 1 berechnet werde; diesen Nachweis habe der Kläger geführt. Die vom Kläger angebotenen Leistungen seien nach der GOÄ anerkannt und abrechenbar. Das Fehlen von Verträgen mit gesetzlichen Kassen sei ebenfalls irrelevant.

Soweit die von der M GmbH berechneten Fallpauschalen für Implantate in der Summe die von der AOK mitgeteilten Pflegesätze überstiegen, resultiere dies daraus, dass es sich bei den von der AOK mitgeteilten Beträgen um die reinen Behandlungskosten handele ohne die Kosten für das Implantat selbst, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht getragen würden. Die Kosten für ein Implantat hätten in den Streitjahren zwischen 10.000 DM und 14.000 DM gelegen.

Lege man den von der OFD Koblenz mitgeteilten Katalog der beihilfefähigen von der Kurklinik erbrachten Leistungen (Bl. 137/138 FG-Akte) zugrunde, so ergebe sich, dass insgesamt in den Streitjahren ca. 2/3 der von der Kurklinik erbrachten Leistungen beihilfefähig seien (in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Zusammenstellung, Bl. 163 FG-Akte).

Ergänzend wird auf die Klageschrift vom 25.02.2003 (Bl. 3 - 12 FG-Akte), den Schriftsatz vom 16.06.2003 (Bl. 52 - 54 FG-Akte), den Schriftsatz vom 20.09.2005 nebst Anlagen (Bl. 66 - 111 FG-Akte) und den Schriftsatz vom 31.03.2006 (Bl. 130/131 FG-Akte) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1999 vom 23.10.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.01.2003 dahin gehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer jeweils auf Null EUR herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor, die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 16 b UStG i.V.m. § 67 Abs. 2 AO setze voraus, dass in den jeweils den Streitjahren voraus gehenden Kalenderjahren mindestens 40% der Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt berechnet worden sei, als dies bei einem den Regelungen der BPflV unterliegenden Krankenhaus nach § 67 Abs. 1 AO zulässig sei. Ein Krankenhaus sei demnach nur dann Zweckbetrieb im Sinne von § 67 Abs. 2 AO, wenn bei mindestens 40% der Pflegetage nur allgemeine Krankenhausleistungen - als keine gesondert berechenbare ärztliche oder nicht ärztliche Wahlleistungen - liquidiert würden. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nach wie vor nicht nachgewiesen. Ebenso fehle es an einem Nachweis der Kostenübernahme durch Krankenkassen.

Der Kläger erbringe im Gegenteil gerade nicht überwiegend allgemein medizinische Leistungen, die in vollem Umfang von gesetzlichen Kostenträgern oder privaten Krankenversicherungen übernommen werden. Auch die vorgelegten Kostenübernahmeerklärungen beschränkten sich auf die Kosten der Unterkunft und bestimmte heilmedizinische Maßnahmen, bzw. ärztliche Leistungen. Der Umfang der tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen ergebe sich daraus nicht.

Die vom Kläger selbst kalkulierten Fallpauschalen stellten keine Fallpauschalen nach der BPflV zur Deckung der medizinischen Grundversorgung dar.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 27.03.2003 (Bl. 48 - 50 FG-Akte) und vom 07.07.2003 (Bl. 56/57 FG-Akte) Bezug genommen.

Das Gericht hat bei der Beihilfestelle der OFD Koblenz und der AOK Rheinland-Pfalz schriftliche Auskünfte zum Umfang der Kostenübernahme für die von den Kliniken des Klägers angebotenen Therapien eingeholt. Auf die Antwortschreiben der AOK vom 13.03.2006 (Bl. 126/127 FG-Akte) und der OFD Koblenz vom 03.04.2006 (Bl. 135 - 138 FG-Akte), sowie die ergänzende Auskunft der AOK vom 11.07.2006 (Bl. 152/153 FG-Akte) wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

1. Grundlage für die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 16 UStG ist Art. 13 Teil A Abs. 1 b) der 6. EG-Richtlinie. Danach befreien die Mitgliedsstaaten von der Steuer die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt bzw. bewirkt werden.

Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 c) der 6. EG-Richtlinie werden die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedsstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden, steuerbefreit. Auf dieser Vorschrift basiert die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG.

Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 a) der 6. EG-Richtlinie kann die Gewährung der Steuerbefreiung nach Abs. 1 b) für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, u.a. von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen.

Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 b) sind Leistungen von der Steuerbefreiung nach Abs. 1 b) ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind.

Bei den Voraussetzungen für die Steuerbefreiung handelt es sich um autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Steuerbefreiungen des Artikels 13 der Sechsten Richtlinie eng auszulegen, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. u.a.Urteile vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C-2/95, SDC, Slg. 1997, I-3017, Randnr. 20, vom 10.09.2002 Rs. C-141/00 Kügler, Randnr. 28 undvom 06.11.2003 Rs. C-45/01 Dornier). Die Auslegung des Wortlauts dieser Bestimmung muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht. Insoweit geht aus der Rechtsprechung des EuGH (a.a.O.) hervor, dass das Ziel, die Kosten der Heilbehandlungen zu senken und diese Behandlungen dem Einzelnen zugänglicher zu machen, ein gemeinsames Ziel der Steuerbefreiungen sowohl nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie ist.

Leistungen eines Krankenhauses sind ausschließlich nach Art. 13 Teil A Abs. 1 b) der 6. EG-Richtlinie, bzw. § 4 Nr. 16 UStG zu befreien (Urteil des EuGH vom 06.11.2003 Rs. C-45/01, UR 2003, 584). Die Abgrenzung zwischen den beiden sich teilweise überschneidenden Befreiungstatbeständen wird nach dieser Entscheidung nach dem Ort der Leistung vorgenommen. Leistungen eines Krankenhauses sind danach ausschließlich nach § 4 Nr. 16 UStG zu befreien. Die Befreiungsnorm des § 4 Nr. 14 UStG ist dagegen nur auf solche Heilbehandlungen anwendbar, die außerhalb eines Krankenhauses erbracht werden (Nieskens, die Heilbehandlungen im Umsatzsteuerrecht, UVR 2006, S. 13 ff., 18/19). Die Umsätze eines Krankenhauses sind damit stets nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG steuerbefreit, auch wenn sie die ärztliche Heilbehandlung und sonstige medizinische Leistungen einschließen (BFH Urteil vom 18.03.2004 - V R 53/00, BStBl II 2004, 677). Die Rechtfertigung dafür, dass Leistungen eines Krankenhauses einschließlich der darin enthaltenen ärztlichen Leistungen nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 b UStG steuerbefreit sind, liegt danach darin, dass es sich um eine Vielzahl von Leistungen handelt, die umsatzsteuerrechtlich einheitlich zu behandeln sind und die nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann befreit sein sollen, wenn sie in besonderem Maße sozial schützenswerten Patienten zugute kommen.

Nach dieser Vorschrift sind die mit dem Betrieb der Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze steuerbefreit, wenn diese im voran gegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 2 AO bezeichneten Voraussetzungen erfüllt haben. § 67 Abs. 2 AO bestimmt, dass bei einem Krankenhaus, um Zweckbetrieb zu sein, mindestens 40% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen müssen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach den §§ 11, 13 und 26 der BPflV berechnet wurde.

Da nach Art. 13 Teil A Abs. 2 a) der 6. EG-Richtlinie die Gewährung der Steuerbefreiung nach Abs. 1 b) für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, u.a. von der Bedingung abhängig gemacht werden kann, dass Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen, stehen die nationalen Vorschriften insoweit im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht. Die Regelung des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG ist insoweit richtlinienkonform, als das Tatbestandsmerkmal, dass mindestens 40% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen müssen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach den §§ 11, 13 und 26 der BPflV berechnet wurde, eine Ausgestaltung der gemeinschaftsrechtlich in Art. 13 Abschn. A Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Ermächtigung der Mitgliedstaaten, die Befreiung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen, darstellt. Die tatbestandliche Einschränkung der Steuerbefreiung in § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG ist somit von der Ermächtigung in Art. 13 Abs. Abschn. A Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 77/388/EWG gedeckt (vgl. ebenso Senatsurteil vom 14.09.2006 Az. 6 K 1948/04).

Zweck der Vorschrift ist es, die Kostenträger und damit mittelbar ihre Versicherten, sowie die selbst zahlenden Patienten steuerlich zu entlasten; die Steuerbefreiung dient dagegen nicht der Begünstigung der Krankenhäuser (BFH Urteil vom 22.05.2003 - V R 94/01, BStBl II 2003, 954).

Mit dem Betrieb eines Krankenhauses sind solche Umsätze eng verbunden, die für dieses nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammen hängen (BFH Urteil vom 01.12.1977 - V R 37/75, BStBl II 1978, 173). Der EuGH hat mitUrteil vom 01.12.2005 Rs. C-394/04 entschieden, dass die Überlassung von Telefon und TV, sowie die Unterbringung von Begleitpersonen regelmäßig nicht zu den eng verbundenen Umsätzen zählen, außer wenn diese Leistungen therapeutisch erforderlich sind. Art. 13 Teil A Abs. 1 b) der 6. EG-Richtlinie enthält keine Definition des Begriffs der "eng verbundenen Umsätze". Dabei handelt es sich um einen autonomen gemeinschaftsrechtlichen Begriff. Die Tatbestände für die Steuerbefreiungen sind grundsätzlich eng auszulegen, da es sich um Ausnahmen handelt. Der EuGH (a.a.O.) sieht als eng verbundene Umsätze zum einen die Heilbehandlungen selbst, und zum anderen Nebenleistungen dazu an, wenn diese keinen eigenen Zweck erfüllen, sondern nur der Hauptleistung dienen.

Nach § 67 Abs. 2 AO hängt die Steuerbefreiung davon ab, dass 40% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen kein höheres Entgelt berechnet wird als unter die BPflV fallende Krankenhäuser berechnen. Dies bedeutet zugleich, dass nicht mehr als 60% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen dürfen, die gesondert berechenbare Leistungen in Anspruch nehmen. Mit den gesondert berechenbaren Leistungen sind dabei die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinaus gehenden so genannten Wahlleistungen gemeint, z.B. Ein- oder Zweibett-Zimmer und Chefarztbehandlung (BFH Urteil vom 25.11.1993 - V R 64/89, BStBl II 1994, 212).

Allgemeine Krankenhausleistungen sind nach § 2 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. § 11 BPflV regelt die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen durch Fallpauschalen. Mit den Pflegesätzen werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 10 Abs. 2 Satz 1 BPflV).

Daneben dürfen andere als die allgemeinen Krankenhausleistungen als Wahlleistungen nach Maßgabe des § 22 BPflV gesondert berechnet werden. Dazu gehören neben den nicht ärztlichen Wahlleistungen (z.B. Ein- oder Zweibettzimmer) auch therapeutische Leistungen, die nicht unter die allgemeinen Krankenhausleistungen fallen.

Die Pflegesätze bzw. Fallpauschalen werden nach Maßgabe der Pflegesatzverordnung zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Krankenhausträgern vereinbart.

Die aus § 67 Abs. 2 AO resultierende Bedingung, dass mindestens 40% der Pflegetage auf allgemeine Krankenhausleistungen entfallen müssen, entspricht den Vorgaben des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b) der 6. EG-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten Krankenhaus- und ärztliche Heilbehandlungen von anderen als öffentlich-rechtlichen Einrichtungen dann von der Umsatzsteuer befreien, wenn die Behandlungen unter den vergleichbaren Bedingungen, wie sie für öffentlich-rechtliche Krankenanstalten gelten, durchgeführt werden. Sie gewährleistet, dass diese Bedingungen zu mindestens 40% erfüllt sein müssen.

Der EuGH stellt in seinemUrteil vom 01.12.2005 Rs. C-394/04 darauf ab, dass nur solche Leistungen befreit sein sollen, die für die Erreichung des therapeutischen Ziels unentbehrlich sind. Dies ergibt sich aus Art. 13 Teil A Abs. 2 b) erster Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie. Dabei handelt es sich um eine zwingende Vorschrift, die gewährleisten soll, dass nur dem Gemeinwohl dienende Leistungen befreit sein sollen.

Gesondert berechenbare Leistungen (Wahlleistungen) können danach nur dann unter die Befreiung fallen, wenn sie im Einzelfall als für die Erreichung des therapeutischen Ziel unentbehrlich zu beurteilen sind.

2. Der Kläger trägt die objektive Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 b UStG vorliegen.

Die Kliniken des Klägers sind gemäß § 30 GewO konzessionierte Krankenhäuser.

Die streitbefangenen Umsätze sind als mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundene Umsätze anzusehen, da sie ärztliche und therapeutische Maßnahmen betreffen.

§ 67 Abs. 1 AO trifft auf die Kliniken des Klägers nicht zu, da diese nicht unter die BPflV fallen und nicht nach dem KHG gefördert werden. Somit ist der Streitfall nach § 67 Abs. 2 AO zu beurteilen. Voraussetzung der Steuerbefreiung ist also, dass mindestens 40% der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt verlangt wird, als nach § 67 Abs. 1 AO berechnet. Es kommt also darauf an, ob für mindestens 40% der jährlichen Pflegetage keine höheren Entgelte als gemäß §§ 11, 13 und 26 BPflV in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung berechnet wurden.

Der Kläger hat diese Voraussetzungen des im Streitfall anzuwendenden § 67 Abs. 2 AO hinsichtlich der Kurklinik und der M GmbH nicht nachgewiesen.

a) Nach § 2 Abs. 2 BPflV sind allgemeine Krankenhausleistungen solche, die nach Art und Schwere der Krankheit für die ausreichende und zweckmäßige Versorgung des Patienten notwendig sind.

b) Hinsichtlich der Abrechnung der allgemeinen Krankenhausleistungen nach Fallpauschalen gilt § 11 BPflV, für die Abrechnung nach tagesgleichen Pflegesätzen § 13 BPflV. Der Kläger rechnet ausschließlich nach Fallpauschalen ab. Der Vergleich ist deshalb mit den Fallpauschalen nach § 11 BPflV vorzunehmen. Ob es sich bei den vom Kläger erbrachten Leistungen um allgemeine Krankenhausleistungen handelt oder um gesondert berechenbare Wahlleistungen, richtet sich also grundsätzlich nach dem Katalog zu § 11 Abs. 1 BPflV, bzw. zu den dort in Bezug genommenen §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 2 BPflV. Die Fallpauschalen sind gemäß § 11 Abs. 3 BPflV - abgesehen von den dort genannten Zu- und Abschlägen - für die Vertragparteien bindend. Sie bemessen sich nach den Indikationsfeldern lt. Katalog zu § 11 BPflV und sind nicht tagesbezogen nach der Liegezeit des Patienten (vgl. dazu Kähl, DStZ 1999, 902, 904 oben). Andere Leistungen können ausnahmsweise dann allgemeine Krankenhausleistungen darstellen, wenn es für eine lebensbedrohliche Erkrankung keine wissenschaftlich anerkannte Therapie gibt (Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98).

c) Da der Kläger nach Fallpauschalen abrechnet, können die Entgelte je Pflegetag - auf die § 67 Abs. 1 AO abstellt - im Streitfall nicht ermittelt werden. Da § 67 Abs. 2 AO auf Abs. 1 verweist, kann die Feststellung, ob für 40% der jährlichen Pflegetage keine höheren Entgelte verlangt werden, auf diesem Weg nicht getroffen werden. Die Erfüllung dieser Voraussetzung könnte nur dann angenommen werden, wenn der Kläger ausschließlich Leistungen nach dem Katalog erbringen würde. Dies ist aber gerade nicht der Fall, da die im Katalog bezeichneten Indikationsfelder in den Streitjahren überhaupt nicht erfasst waren und die vom Kläger angewendeten Therapien auch heute noch nicht als Kassenleistungen erfasst werden (vgl. Auskünfte der AOK).

d) Allgemeine Krankenhausleistungen gemäß §§ 2, 11 Abs. 1 BPflV sind für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig. Sie sind damit zugleich für die Erreichung des therapeutischen Ziel unentbehrlich und fallen somit unter den autonomen gemeinschaftsrechtlichen Begriff der Krankenhausbehandlung und ärztlichen Heilbehandlung, sowie der damit eng verbundenen Umsätze i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b) der 6. EG-Richtlinie. Andere Leistungen fallen ebenfalls unter diese Definition, wenn die Krankenkassen unter den vom BVerfG (a.a.O.) aufgestellten Voraussetzungen die Behandlungskosten übernehmen müssen oder aufgrund ihrer Beurteilung des Einzelfalles die Kostenübernahme bewilligen. Grundsätzlich kann nämlich davon ausgegangen werden, dass - wenn die Krankenkasse z.B. bei sog. "austherapierten" Patienten die Übernahme der Kosten einer schulmedizinisch nicht anerkannten Heilbehandlung bewilligt - diese für den therapeutischen Erfolg als erforderlich erachtet wurde. Ebenso wie die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen kann auch die Beihilfefähigkeit ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass eine Heilbehandlung als für die Erreichung des therapeutischen Ziel unentbehrlich zu qualifizieren ist.

Bei den von der Kurklinik angebotenen Therapien handelt es sich zwar um Heilbehandlungen, die die allgemeinen Merkmale des § 2 BPflV erfüllen; diese sind aber nicht in den Katalogen zu § 11 BPflV enthalten. Bei den im Katalog beschriebenen Leistungen handelt es sich um eine nähere Bestimmung der Krankenhausleistungen im Sinne von § 2 BPflV, auf die auch umsatzsteuerrechtlich abzustellen ist. Leistungen, die nicht unter diesen Katalog fallen, können unter den vom BVerfG mit Beschluss vom 06.12.2005 Az. 1 BvR 347/98 genannten Voraussetzungen - lebensbedrohliche Erkrankung - gleichwohl als für die Erreichung des therapeutischen Ziel unentbehrlich angesehen werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH können sie unter Art. 13 Teil A Abs. 1 b) der 6. EG-Richtlinie fallen, wenn sie für die Erreichung des therapeutischen Zieles unentbehrlich sind; das Erfordernis einer lebensbedrohlichen Erkrankung findet sich im Urteil des EuGH vom 01.12.2005 Rs. C-394/04 nicht. Was als "für die Erreichung des therapeutischen Ziels unentbehrlich" zu qualifizieren ist, muss sich nach der Überzeugung des Senats grundsätzlich nach dem Katalog der BPflV richten, denn die Gesundheitsfürsorge gebietet, alle medizinisch erforderlichen Maßnahmen zu finanzieren. Im Übrigen müssen Leistungen, die weder unter den Katalog fallen, noch ausnahmsweise nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BVerfG von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, grundsätzlich als nicht für die Erreichung des therapeutischen Ziels unentbehrlich angesehen werden und fallen damit nicht unter die Befreiung. Der Senat kann nicht die dem Katalog der BPflV zugrunde liegenden medizinischen Erkenntnisse durch andere Kriterien ersetzen, auch wenn es wünschenswert wäre, dass alternative Heilmethoden stärker berücksichtigt würden und möglicherweise sachfremde Motive wie Finanzierbarkeit von Maßnahmen bei der Aufstellung des Katalogs nicht von vornherein ausgeschlossen werden können.

Da es auf die Indikationsfelder für die Fallpauschalen nach dem Katalog zu § 11 BPflV ankommt, ist der Einwand des Klägers, dass sämtliche von ihm erbrachten Leistungen nach den GOÄ abrechenbar seien, nicht stichhaltig.

Da die Pflegesätze bzw. Fallpauschalen nach Maßgabe der Pflegesatzverordnung zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Krankenhausträgern vereinbart werden, sind die Selbstkosten eines einzelnen Hauses nicht maßgeblich. Es kann also nicht darauf abgestellt werden, ob die vom Kläger erhobenen Pflegesätze kostendeckend sind oder darüber liegen.

e) Da eine generelle Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenkassen für Heilbehandlungen durch die Kliniken des Klägers nicht stattfindet, kann die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 b) UStG nur dann greifen, wenn der - ggf. zu schätzende Anteil - der auf ausnahmsweise Kostenübernahme nach den o.g. Grundsätzen entfallenden Behandlungstage mindestens 40% beträgt. Die Ermittlung hat für beide Kliniken getrennt zu erfolgen.

Die Auskunft der AOK Rheinland-Pfalz (Bl. 126/127 FG-Akte) hat ergeben, dass die Tatsache, dass eine Klinik keine Verträge mit gesetzlichen Krankenkassen hat, grundsätzlich ein Ausschlusskriterium für die Kostenübernahme ist. Ausnahmen sind lediglich in seltenen Einzelfällen, z.B. bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, für die keine schulmedizinischen Behandlungsmethoden mehr zur Verfügung stehen, möglich. Diese seltenen Fälle erreichen jedoch keinesfalls eine Quote von 40%. Die Kosten eines Implantats bei ED werden grundsätzlich übernommen, allerdings muss der Eingriff in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus vorgenommen werden.

Nach Auskunft der Beihilfestelle der OFD Koblenz wird für die aufgeführten Therapien der Kurklinik Beihilfe gewährt, prozentuale Angaben lassen sich aus der Antwort jedoch nicht ableiten. Dabei ist zu beachten, dass teilweise eine vorherige schriftliche Anerkennung Voraussetzung ist. Implantate sind generell nicht beihilfefähig.

Nach diesen Auskünften kann es nicht als erwiesen angesehen werden, dass mindestens 40% der Pflegetage der Kurklinik auf Patienten entfallen, bei denen - entsprechende Geltendmachung vorausgesetzt - die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen würden oder eine Beihilfe gewährt würde.

Ausgehend von der Aufstellung des Klägers müsste zum Erreichen der 40%-Grenze rechnerisch ca. 60% der Patienten Beihilfeempfänger sein. Angesichts des Anteils der Beihilfeempfänger an der Gesamtbevölkerung kann dies aber nicht unterstellt werden.

Auch hinsichtlich der M GmbH wurde der Nachweis, dass mindestens 40% der Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Kassen oder die Beihilfestelle möglich wäre, nicht erbracht.

Ob aufgrund der Auskünfte der AOK und der Beihilfestelle der OFD Koblenz ein Anteil von mindestens 40% zu schätzen wäre, kann der Senat dahin stehen lassen, da die weitere Voraussetzung, dass kein höheres Entgelt als nach § 67 Abs. 1 AO berechnet wurde, nicht erfüllt ist.

Der Kläger hat die genaue Höhe der Fallpauschalen der M GmbH auf Bl. 144 mitgeteilt. Diese liegen in allen Streitjahren über den von der AOK mit Schreiben vom 11.07.2006 mitgeteilten Entgelten.

Die von der AOK mitgeteilten Entgelte betragen bei 7 Tagen Verweildauer im Jahr 1994 maximal 13.563,69 DM und liegen in den Folgejahren bei 7 Tagen Verweildauer in keinem Jahr über 4.800 DM. Die vom Kläger berechneten Entgelte betragen 14.950 DM bis 1997 und ab dem Jahr 1998 zwischen 24.000 DM und 25.000 DM. Zwar beinhalten diese Entgelte im Gegensatz zu den von der AOK mitgeteilten Entgelten ab 1995 die Kosten des Implantats selbst, die mindestens 10.000 DM betragen. Da die Implantate selbst aber von den Kassen nicht übernommen werden, können diese Kosten aus den Pflegesätzen nicht heraus gerechnet werden.

Die Nichterweislichkeit der Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 AO geht zu Lasten des Klägers.

f) Dieses Ergebnis ist richtlinienkonform. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b) der 6. EG-Richtlinie sind nämlich Krankenhausleistungen und die damit eng verbundenen Umsätze (vgl. BFH-Urteil vom 18.03.2004 - V R 53/00) steuerbefreit, soweit sie von privaten Einrichtungen erbracht werden, wenn diese unter Bedingungen erfolgen, die mit denen der öffentlichen Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind. Die Beschränkung der steuerbefreiten Krankenhausleistungen auf solche des § 11 BPflV stellt die soziale Vergleichbarkeit her, da diese Leistungen - wenn sie von nach dem KHG finanzierten Krankenhäusern erbracht werden - von den Sozialversicherungsträgern übernommen werden und dem Umfang nach von den in § 15 BPflV bestimmten Gremien festgelegt werden, die einen sozialen Auftrag erfüllen (vgl. ähnliche Regelung bei anzuerkennenden ärztlichen ambulanten Leistungen, die vom gemeinsamen Ausschuss der Sozialversicherungsträger festgelegt werden, BFH-Urteile vom 12.08.2004 - V R 18/02, BStBl II 2005, 227, vom 25.11.2004 - V R 44/02, BStBl II 2005, 190 undvom 12.05.2005 -V R 54/02, BFH/NV 2005, 1470).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind und die Entscheidung auf der Würdigung des Sachverhalts im Einzelfall beruht.

Ende der Entscheidung

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