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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.02.2005
Aktenzeichen: 6 K 1738/03
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 4 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 6a
UStDV § 17a
UStDV § 17c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Strittig ist, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt.

Der Kläger betreibt einen Handel mit Kraftfahrzeugen und unterwirft seine Umsätze der Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften.

Durch die Auswertung von Kontrollmaterial des Bundesamtes für Finanzen vom 15. Oktober 2001 (Blatt 37 der Prozessakte) wurde dem Beklagten bekannt, dass der Kläger im Jahr 2000 die Lieferung eines Kraftfahrzeuges als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hatte (Blatt 3, 4 der Außenprüfungsakte). Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau stellte der Beklagte fest, dass der Kläger mit Rechnung vom 12. Juli 2000 einen gebrauchten Pkw der Marke Mercedes-Benz E 290 TD an die Firma L., Madrid, in Spanien -L- zum Kaufpreis von 32.500 DM geliefert hatte (Blatt 9 der Prozessakte). Nach Angaben des Klägers wurde der PKW im Auftrag der L durch den beauftragten C aus F abgeholt und der Kaufpreis in bar gezahlt (Blatt 4 der Umsatzsteuerakte VZ 2000). Der Kläger legte hierzu seine Rechnung vom 12. Juli 2000, eine Bestätigung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von L durch das Bundesamt für Finanzen vom 12. Juli 2000 (Blatt 15 der Prozessakte), eine von C unterschriebene Versicherung der Beförderung in einen anderen Mitgliedstaat durch L vom 12. Juli 2000 (Blatt 14 der Prozessakte) sowie eine ebenfalls von C unterschriebene Empfangsbestätigung der L (Blatt 13 der Prozessakte) vor.

Nach dem dem Beklagten vorliegenden Kontrollmaterial des Bundesamtes für Finanzen wird L in Spanien aber als Scheinfirma angesehen, weil L im Jahr 2000 innergemeinschaftliche Erwerbe in Höhe von 1167 Mio. Ptas aus Deutschland bezogen habe, ohne diese in Spanien anzumelden. Die der L erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sei daher ab dem 28. Juli 2000 ungültig (Blatt 37 der Prozessakte). Der Umsatzsteuer-Sonderprüfer stellte weiterhin fest, dass eine Vollmacht für C fehlen würde. Eine Bestätigung des Finanzamts F vom 9. Januar 2003 ergab, dass C dort steuerlich als Kleinunternehmer geführt wurde (Blatt 19 der Außenprüfungsakten). Der Prüfer kam zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nicht vorliegen würden und die als steuerfrei behandelte Fahrzeuglieferung der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei (Blatt 4 der Umsatzsteuerakte VZ 2000).

In dem Umsatzsteuerbescheid für 2000 vom 5. Februar 2003 unterwarf der Beklagte, der Rechtsauffassung des Umsatzsteuer-Sonderprüfers folgend, den vorgenannten Umsatz der Umsatzsteuer. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und legte im Einspruchsverfahren Vollmachten der L vom 3. April 2000 und 10. März 2000 vor, wonach C berechtigt sei, für L Fahrzeuge in Empfang zu nehmen und L in diesem Rahmen zu vertreten (Blatt 10, 11 der Prozessakte) sowie eine Bestätigung der spanischen Finanzbehörden vom 18. Februar 2000, dass L bei diesen steuerlich geführt werde und L auch die vom Bundesamt für Finanzen dem Kläger bestätigte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden sei (Blatt 12 der Prozessakte). Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 8. April 2003 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt vor, er sei seinen steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen und hätte sich bei der Übergabe des Fahrzeuges eine Vollmacht des überführenden C vorlegen lassen. Außerdem hätte die innergemeinschaftliche Lieferung durch eine Empfangsbestätigung von C und eine Versicherung der Beförderung des Kraftfahrzeugs nach Spanien zu L dokumentiert. Die aufgezeichnete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der L sei durch die qualifizierte Bestätigungsangabe beim Bundesamt für Finanzen als zutreffend verifiziert worden. Aus der qualifizierten Bestätigungsabfrage würde sich auch ergeben, dass das Unternehmen L zum Zeitpunkt des Vertragsschluss bestanden hätte. Dies würde auch durch die Auskunft der spanischen Finanzbehörden bestätigt. Er hätte daher den Kaufvertrag mit der tatsächlich existierenden L abgeschlossen und die richtige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgezeichnet. Der Beklagte könne sich daher nicht darauf berufen, dass L eine Scheinfirma sei, denn er müsse sich auf die Auskunft des Bundesamtes für Finanzen verlassen können. Jedenfalls aber könne er hieraus zumindest Vertrauensschutz herleiten. Er hätte auch als Gewerbetreibender gar nicht die Möglichkeit staatlicher Stellen, sich im Rahmen der Rechtshilfe an Ort und Stelle von der Existenz ausländischer Firmen zu überzeugen und ihm bliebe nur die zu diesem Zweck geschaffene qualifizierte Bestätigungsabfrage. Soweit er die Steuerbefreiung auf Grund unrichtiger Angaben des Abnehmers in Anspruch genommen hätte, könne er sich daher auf Vertrauensschutz berufen. Denn er hätte die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht erkennen können, weil er alles erdenkliche getan hätte, um seinen Sorgfaltspflichten nachzukommen und seine Aufzeichnungspflichten zu erfüllen. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass er beim Beklagten bestens bekannt sei und jährlich innergemeinschaftliche Umsätze von mehreren Hunderttausend Euro tätigen würde, bei denen er stets seinen Nachweis- und Bescheinigungspflichten nachkomme.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid für 2000 vom 5. Februar 2003 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 8. April 2003 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuerschuld um 2.292 DM herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die Steuerfreiheit für Lieferung des Kraftfahrzeugs könne nicht gewährt werden, weil L eine Scheinfirma sei und der Kläger daher nicht die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des richtigen Abnehmers aufgezeichnet hätte.

Ergänzend wird auf die mit Blattzahlen bezeichneten Schriftstücke in der Prozessakte und in den Steuerakten verwiesen.

Gründe

Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Umsatz zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen.

1.

Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG -in der im Streitjahr geltenden Fassung- sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen die innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 6a UStG steuerfrei. Eine innergemeinschaftliche Lieferung setzt nach § 6a Abs. 1 UStG u.a. voraus, dass der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1). Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann hierzu gem. § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat. Dazu ist in § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV geregelt worden: Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen muss der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dies muss sich gem. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV aus den Belegen eindeutig ergeben. In den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer soll der Unternehmer den erwähnten Nachweis gem. § 17a Abs. 2 UStDV durch

das Doppel der Rechnung (Nr. 1)

einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein (Nr. 2),

eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (Nr. 3),

sowie

eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet "zu befördern" (Nr. 4) führen.

Der für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung geforderte Belegnachweis kann nicht durch eine mündliche, sondern nur durch eine schriftliche Versicherung geführt werden. Dies ergibt der Hinweis auf "Belege" in § 17a Abs. 1 Satz 1 UStDV. Die gesetzlich geforderte eindeutige und leichte Nachprüfung muss gem. § 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV aus Urkunden in Form von Belegen möglich sein (BFH-Urteil vom 18. Juli 2002 - V R 3/02, BStBl. II 2003, 616).

Nach § 17 c Abs. 1 Satz 1 UStDV muss der Unternehmer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen im Geltungsbereich der UStDV die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen gem. § 17 c Abs. 1 Satz 2 UStDV eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein. Nach § 17 c Abs. 2 UStDV soll der Unternehmer regelmäßig u.a. folgendes aufzeichnen: Name, Anschrift und Gewerbezweig des Abnehmers sowie Name und Anschrift des Beauftragten des Abnehmers, die handelsübliche Bezeichnung und Menge des Gegenstandes der Lieferung, der Tag der Lieferung, das vereinbarte Entgelt, die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet und den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet. In Ausnahmefällen kann der buchmäßige Nachweis in diesem Sinne auch dann erbracht sein, wenn eine der in § 17 c Abs. 2 UStDV genannten Angaben nicht aufgezeichnet worden ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn sich die Aufzeichnung als reine Formsache darstellt, etwa weil sich die Angabe durch die Bezugnahme auf einen korrespondierenden und der Buchführung beigehefteten Beleg leicht und eindeutig ermitteln lässt. Der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 17 c Abs. 1 UStDV ist aber nur dann als geführt anzusehen, wenn sich aus der Gesamtheit der Buchführungsvorgänge die einzelne innergemeinschaftliche Lieferung eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt (Finanzgericht München, Urteil vom 31. Juli 2003 - 14 K 4876/02, EFG 2003, 1738).

Dieser miteinander verzahnte Beleg- und Buchnachweis ist, wie beim Nachweis der Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen, materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung (BFH-Beschluss vom 02. April 1997 - V B 159/96, BFH/NV 1997, 629).

2.

Im Streitfall hat der Kläger den für die Steuerfreiheit erforderlichen Beleg- und Buchnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung erbracht.

Der Kläger hat hierzu ein Doppel der Rechnung vom 12. Juli 2000, aus dem der Gegen-stand der Lieferung, das Entgelt sowie Name und Anschrift des Abnehmers ersichtlich sind, eine Empfangsbestätigung zu der Rechnung, die der Beauftragte des Abnehmers unterzeichnet hat sowie eine Versicherung, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet -hier Spanien als Bestimmungsland- befördert und dort der Erwerbsbesteuerung unterworfen wird, welche ebenfalls von dem Beauftragten des Abnehmers unterzeichnet wurde, vorgelegt. Der Kläger hat auch die zutreffende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgezeichnet. Diese war der L erteilt worden und zum Zeitpunkt der Lieferung des Fahrzeugs noch gültig (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 - V R 1/04, BFH/NV 2005, 81). Über die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von L hat sich der Kläger auch zum Zeitpunkt der Lieferung durch die qualifizierte Bestätigung gem. § 18e UStG des Bundesamts für Finanzen vom 12. Juli 2000 versichert. Dabei ist unbeachtlich, dass die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer später nicht mehr gültig war, zum Zeitpunkt der Lieferung hat der Kläger eine zutreffende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgezeichnet. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich die innergemeinschaftliche Lieferung eindeutig und leicht nachprüfbar, so dass deren Nachweis vom Kläger erbracht wurde.

Zwar fehlt hinsichtlich dieser Lieferung die ausdrückliche Angabe über den genauen Bestimmungsort (s. § 17a Abs. 2 Nr. 2 und § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV). Denn aus den vorgelegten Bestätigungen ergibt sich nur, dass das jeweilige Fahrzeug aus Deutschland nach Spanien verbracht werden soll. Jedoch erachtet es der Senat für den Nachweis des Bestimmungsortes im Streitfall für ausreichend, dass sich u.a. auf Grund der in den vorgelegten Rechnungen genannten Anschrift der L leicht und zumindest mit hinreichender Sicherheit erschließen lässt, dass die Lieferungen nach Madrid in Spanien gehen sollten (Finanzgericht München, Urteil vom 31. Juli 2003 - 14 K 4876/02, a.a.O.). Der Beauftragte des L hat sich in der Versicherung zwar nur zur Beförderung nach Spanien verpflichtet und damit den Bestimmungsort nicht explizit bezeichnet, sondern anstelle des Bestimmungsortes nur das Bestimmungsland angegeben. Der Bestimmungsort Madrid ergibt sich aber aus der Verbindung des Bestimmungslandes Spanien mit der aus der Rechnung ersichtlichen Firmenanschrift der L in Madrid. Dies hält der Senat für ausreichend, da es sich bei § 17c UStDV um eine Sollvorschrift handelt, bei deren Auslegung § 6 a Abs. 1 UStG zu berücksichtigen ist, wonach es lediglich auf die Beförderung in das übrige Gemeinschaftsgebiet ankommt (Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16. Mai 2004 - 6 V 2797/03, Haufe-Index: 1234726; vgl. a. Finanzgericht Köln, Urteil vom 06. Mai 2004 - 15 K 1590/03, Haufe-Index: 1211656).

Ohne Bedeutung ist im Streitfall auch, dass der Kläger die dem C zeitnah erteilte Vollmacht erst im Einspruchsverfahren vorgelegt und nicht bereits eine solche mit den übrigen Belegen unmittelbar nach der Lieferung zur Buchführung genommen hat. Denn dies ist in den vorgenannten Vorschriften der §§ 17a und 17c UStDV auch nicht ausdrücklich gefordert und nach Angaben des Klägers hat der Bevollmächtigte der L die Vollmacht bereits bei Abholung des Fahrzeugs vorgelegt. Insoweit besteht kein Zweifel daran, dass C für L bei der Abholung des Fahrzeugs gehandelt hat. (vgl. a. zur Erfüllung des Beleg- und Buchnachweises bis zur Unanfechtbarkeit: Birkenfeld, Anm. zu BFH vom 18. Juli 2002 - V R 3/02, HFR 2002, 1112; FG Köln Urteil vom 6. Mai 2004 - 15 K 1590/03).

3.

Die nachgewiesenen Voraussetzungen der Steuerfreiheit der Fahrzeuglieferung sind auch nicht deshalb unbeachtlich, weil L nach der Einschätzung der spanischen Finanzbehörden als Scheinfirma angesehen wird. In dem Schreiben des Bundesamtes der Finanzen vom 15. Oktober 2001 ist ausgeführt, dass das Unternehmen im Jahr 2000 innergemeinschaftliche Erwerbe in nicht unbeträchtlicher Höhe aus Deutschland bezogen hätte, ohne diese anzumelden, und dass in hohem Umfang Geldbeträge nach Deutschland überwiesen worden wären. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass sich die spanischen Finanzbehörden offensichtlich daran stören, dass in Spanien keine Erwerbsbesteuerung der Fahrzeuglieferung durchgeführt wurde. Der Umstand, dass der Empfänger einer Lieferung die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, erlaubt für sich genommen aber nicht den Schluss, nicht der Vertragspartner, sondern andere Personen seien Empfänger der Lieferung gewesen (BFH-Beschluss vom 5. Februar 2004 - V B 180/03, BFH/NV 2004, 988). Es macht L deswegen nicht zu einer Scheinfirma, dass das Unternehmen im Jahr 2000 seine innergemeinschaftlichen Erwerbe aus Deutschland offensichtlich nicht angemeldet hat. Abgesehen davon, dass die hier streitige Lieferung bereits vor Ungültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der L ab dem 28. Juli 2000 erfolgt sind, ergibt sich aus unterlassenen Steuererklärungen somit nicht, dass der fragliche spanische Abnehmer kein Unternehmer i.S. von § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a UStG gewesen ist. Vielmehr sprechen bereits die in den behördlichen Schreiben genannten Umsatzzahlen der L gegen die Annahme eines wie auch immer begründeten Scheinunternehmens zum Zeitpunkt der hier streitigen Lieferung (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 31. Juli 2003 - 14 K 4876/02, a.a.O.). Ungeachtet der Einschätzung der spanischen Finanzbehörden, wie diese in dem Schreibens des Bundesamtes für Finanzen vom 15. Oktober 2001 dem Beklagten mitgeteilt wurde, bestehen für die Annahme, bei L handele es sich um eine Scheinfirma, keine ernsten Anhaltspunkte. Bei der streitgegenständlichen Fahrzeuglieferung handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, die in Spanien der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen ist.

Das Bundesministern der Finanzen geht in seinem Erlass vom 29. März 1996 (IV C 4 - S 7140 - 6/96, BStBl. I 1996, 458) auch gerade davon aus, dass die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG erfüllt ist, wenn der Erwerber des Gegenstandes gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet. Diese Voraussetzungen ist vom Unternehmer durch Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers nachzuweisen. Eine weitergehender Nachweis kann nach Ansicht des BMF vom Unternehmer eben nicht verlangt werden und insbesondere hat der Unternehmer nicht nachzuweisen, dass der Erwerber des Gegenstandes die Erwerbsbesteuerung tatsächlich durch geführt bzw. für den Erwerb Umsatzsteuer entrichtet hat. Der Kläger trägt hier nicht das Risiko, dass die spanischen Behörden die Umsatzsteuer gegen L nicht festsetzen und erheben können, denn der Kläger hat die in den Vorschriften der §§ 6a UStG, 17a und 17c UStDV normierten Voraussetzungen erfüllt.

Dass die L nach Auskunft der spanischen Finanzbehörden in Spanien keine Erwerbsbesteuerung hinsichtlich der aus Deutschland bezogenen Kraftfahrzeuge durchgeführt hat, steht daher der Steuerbefreiung nicht entgegen. Denn die Norm ist dahingehend auszulegen, dass die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung dann eröffnet ist, wenn der Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs verwirklicht. Auf die tatsächliche Besteuerung des Erwerbs kommt es dann nicht an. Verwendet der Abnehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, kann der Lieferer davon ausgehen, dass der Abnehmer die Voraussetzungen für die Erwerbsbesteuerung in dem anderen Mitgliedstaat erfüllt (Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16. Mai 2004 - 6 V 2797/03, a.a.O.). Denn die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dient unter anderem dazu, den innergemeinschaftlichen Rechtsverkehr einerseits zu erleichtern und andererseits überprüfbar zu machen. Sofern trotz Verwendung einer wirksamen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den Abnehmer gleichwohl zweifelhaft bliebe, ob die Umsatzsteuerfreiheit zu gewähren ist oder nicht, wären innergemeinschaftliche Lieferungen für den Lieferer mit unwägbaren Risiken verbunden. Inländische Lieferer sind regelmäßig nicht in der Lage zu beurteilen oder zu überprüfen, ob der ihnen gegenüber auftretende Abnehmer ein Unternehmer, Scheinunternehmer oder Strohmann ist. Durch die Verwendung einer zutreffenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer wird jedoch im Sitzstaat des Abnehmers die Überprüfung der Unternehmereigenschaft ermöglicht. Sollte sich daher herausstellen, dass der angebliche Abnehmer die Lieferung gar nicht bezogen hat oder kein Unternehmer oder die Identifikationsnummer nicht dem angeblichen Unternehmer zuzuordnen ist, muss der Vorsteuerabzug aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb versagt werden. Für eine darüber hinausgehende Versagung der Steuerfreiheit beim Lieferanten besteht regelmäßig -sofern er nicht von der Unredlichkeit des Abnehmers Kenntnis hatte oder diese kennen musste- kein Bedürfnis. Der Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf den Beschluss des BFH vom 2. April 1997 (V B 159/96, BFH/NV 1997, 629) berufen. Denn dort war die vom Steuerpflichtigen verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht ihrem Abnehmer, sondern einer dritten Firma erteilt worden. Im Streitfall hingegen war die erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowohl der L erteilt worden und zum Zeitpunkt der Lieferung auch gültig (Finanzgericht Münster, Beschluss vom 5. Februar 2004 - 15 V 5805/03 U, EF­G 2004, 1172).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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