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Gericht: Finanzgericht Saarland
Urteil verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 1 K 248/03
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 90 Abs. 2
FGO § 76 Abs. 1 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Saarland

1 K 248/03

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes in Saarbrücken

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Dr. Axel Schmidt-Liebig als Vorsitzender,

die Richter am Finanzgericht Dr. Peter Bilsdorfer und Dr. Roberto Bartone sowie

die ehrenamtlichen Richter Dr. Wolfgang Roth (Chirurg) und Mario Reuter (Bauamtsrat)

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Tatbestand:

Die Kläger streiten mit dem Beklagten um die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für Fremdleistungen als Betriebsausgaben.

Die Kläger sind Eheleute. Sie wurden in den Streitjahren 1996 und 1997 zusammen zur Einkommenssteuer veranlagt. Der Kläger ist öffentlich bestellter Prüfingenieur für Baustatik. Er erzielt aus dem Betrieb eines Ingenieurbüros für Bauwesen Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Bei dem Kläger fand in den Jahren 1999/2000 eine Außenprüfung statt, die den Prüfungszeitraum 1995 bis 1997 umfasste (Bp, Bl. 2). Dabei wurde festgestellt, dass die Betriebsausgaben der Streitjahre im Vergleich zum Vorjahr hohe Aufwendungen für Fremdleistungen umfassten. Hiervon entfielen 40.323,59 DM (1996) und 92.603,91 DM (1997) auf Rechnungen einer C-AG mit Sitz in der Schweiz (Bp, Bl. 36 ff.).

Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass die Zahlungen an die C-AG auf Scheinrechnungen basierten. Laut Auskunft der Informationszentrale Ausland (IZA) des Bundesamtes der Finanzen handelt es sich bei diesem Unternehmen um eine reine Domizilgesellschaft ohne eigenes Personal und ohne eigenen eingerichteten Geschäftsbetrieb, die keine eigene wirtschaftliche Aktivität entfaltet (Bp, Bl. 47 f.). Die C-AG verfüge über keinen eigenen Telefonanschluss. Die einzige angegebene Telefon- und Faxnummer sei die einer anderen Gesellschaft (H-AG), deren Verwaltungsratspräsident auch einer der Verwaltungsratspräsidenten der C-AG sei. Auf Tz. 1.02 des Betriebsprüfungsberichts vom 8. Dezember 2000 (Bl. 25 ff.) wird verwiesen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an. Er erließ am 22. August 2001 Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 1996 und 1997, in denen die Betriebsausgaben um 40.323,59 DM (1996) und 92.603,91 DM (1997) gekürzt wurden

Gegen diese Bescheide legten die Kläger am 14. September 2000 Einsprüche ein (Rbh, Bl. 2), die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2003 (Bl. 42 ff.) als unbegründet zurückwies.

Die Kläger erhoben hiergegen am 8. August 2003 Klage (Bl. 1). Sie beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 vom 22. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2003 insoweit zu ändern, als weitere Betriebsausgaben i.H. von 40.323,59 DM (1996) und 92.603,91 DM (1997) anerkannt werden.

Zur Begründung tragen sie vor (Bl. 17 ff.), die streitigen Fremdleistungen seien von dem Schweizer Diplom-Ingenieur F erbracht worden. Der Kläger kenne F seit einer gemeinsamen Tätigkeit in Luxemburg im Jahr 1970 (Bl. 18). F habe in den Streitjahren für den Kläger Bauüberwachungsaufträge sowie baustatische Prüfungen im Inland ausgeführt. Das Entgelt hierfür sei über die C-AG abgerechnet worden, da F der Verwaltungsratspräsident dieser AG sei. Die Auftragsvergabe an den Auftragnehmer habe aus standesrechtlichen (Bl. 69) Gründen diskret erfolgen müssen (Rbh, Bl. 22: "steuerrechtlichen Gründen"). Die von F durchgeführten Bauüberwachungen seien nicht von F berichtsmäßig abgezeichnet worden, weil allein der beauftragte Prüfingenieur hierfür zeichnungsbefugt sei. Beauftragt sei aber der Kläger gewesen. Die Bauüberwachungstätigkeit bezüglich einer der vorgelegten Rechnungen sei dadurch nachgewiesen, dass der dortige Bauleiter die Anwesenheit des Auftragnehmers bestätigt habe (Bl. 49). Über die Durchführung der Tätigkeiten könne zudem von F selbst Zeugnis abgelegt werden. Ein, wie vom Beklagten geforderter, schriftlicher Auftrag für die Leistungserbringung sei nicht erforderlich.

Zudem sei eine Qualifizierung der C-AG als Domizilgesellschaft unerheblich. F habe die abgerechneten Leistungen erbracht und darum den Anspruch auf die Gegenleistung erworben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor (Bl. 58 ff.), der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass die C-AG die fraglichen Leistungen tatsächlich erbracht hat. Es sei nicht zu beanstanden, dass weiterreichende Nachweise über die tatsächliche Leistungserbringung verlangt würden. Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 2 AO schon bei Eingehung von Rechts- oder Geschäftsbeziehungen zum Ausland dafür zu sorgen, dass er später den Sachverhalt aufklären und Beweismittel beschaffen könne. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen. Die von ihm unternommenen Beweisversuche seien nicht geeignet, das Tätigwerden des Auftragnehmers im Rahmen der abgerechneten Leistungen zu konkretisieren.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Kläger haben den Senat nicht davon überzeugen können, dass die streitigen Fremdleistungen tatsächlich von F erbracht worden sind. Demzufolge sind die streitigen Bescheide vom 22. August 2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 2003 rechtmäßig. Sie verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Rechtliche Grundlagen

Ein Abzug von Betriebsausgaben gemäß EStG, wie ihn die Kläger begehren, kommt nur hinsichtlich solcher Aufwendungen in Betracht, die durch den Betrieb veranlasst sind. Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung über diese Frage muss deshalb zur Überzeugung des Gerichts feststehen, dass die Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach im Zusammenhang mit der betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen stehen. Vermag sich das Gericht unter Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls hiervon nicht zu überzeugen, dann ist der Betriebsausgabenabzug grundsätzlich zu versagen (BFH, Beschluss vom 21. April 2005 X B 115/04, juris). Der Steuerpflichtige trägt nämlich die objektive Feststellungslast, dass Minderungen des Betriebsvermögens tatsächlich betrieblich veranlasst waren (BFH, Urteil ). Im Falle der Begleichung einer Scheinrechnung sind die Betriebsausgaben nicht bereits dann zwingend in der geltend gemachten Höhe anzuerkennen, wenn dem Steuerpflichtigen nicht nachgewiesen werden kann, dass Aussteller der Rechnung und Empfänger der Zahlung nicht der Leistungserbringer war. Das Gericht kann in einem solchen Fall im Hinblick auf die unklaren Verhältnisse in Frage stellen, dass eine behauptete Zahlung durch den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlasst war. Dies hat zur Folge, dass der Steuerpflichtige die Feststellungslast trägt, wenn es ihm nicht gelingt, die betriebliche Veranlassung auf andere Weise nachzuweisen (BFH, Beschluss vom 21. April 2005 X B 115/04, juris).

Gemäß § 90 Abs. 2 AO haben die Beteiligten, wenn ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen ist, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes bezieht, diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Diese Vorschrift gilt über § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren. Den Steuerpflichtigen trifft diesen Fällen eine erhöhte Aufklärungspflicht. Sie soll verhindern, dass die Aufklärung von Auslandssachverhalten an der Beschränkung der Hoheitsrechte der deutschen Gerichte und Behörden auf das Inland scheitert oder durch sie erschwert wird. Demnach hat der Beteiligte den Sachverhalt aufzuklären und insbesondere die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen und nicht nur zu benennen. Darüber hinaus hat der Vorsorge zu treffen, dass er die entsprechenden Beweismittel beschaffen kann, z.B. durch entsprechende Vertragsgestaltung (Brockmeyer, in: Klein, Kommentar zur AO, 8. Aufl., 2003, § 90 Rn. 7). Solche erhöhten Mitwirkungspflichten bestehen auch bei Einschaltung einer ausländischen Domizilgesellschaft (BFH, Beschluss vom 25. August 1986 IV B 76/86, BStBl. II 1987, 481).

Aus § 90 Abs. 2 AO folgt im Übrigen nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein Kläger einen im Ausland ansässigen Zeugen in der Sitzung des Finanzgerichts stellen muss, wenn es um den Nachweis eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts geht (BFH, Beschluss vom 25. April 2006 X B 38/05, BFH/NV 2006, 1444). Eine entsprechende Hinweispflicht besteht regelmäßig nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte in der mündlichen Verhandlung rechtskundig vertreten ist (BFH, Beschluss vom 25. November 2002 I B 32/02, BFH/NV 2003, 627).

2. Anwendung im Streitfall

Im Streitfall machen die Kläger Zahlungen als Betriebsausgaben geltend, die nach ihrer Darstellung von F, einem in der Schweiz ansässigen Ingenieur, erbracht worden sind. Die rechnungsmäßige Abwicklung erfolgte über die C-AG, die ihren Sitz gleichfalls in der Schweiz hat.

Mithin kommt, obwohl die eigentliche Leistungserbringung im Inland erfolgt sein soll, § 90 Abs. 2 AO zur Anwendung. Denn der Sachverhalt wurde zumindest teilweise im Ausland, nämlich der Schweiz, verwirklicht. Aus § 90 Abs. 2 AO lassen sich demnach erhöhte Mitwirkungspflichten des Klägers ableiten, denen dieser im Ergebnis jedoch nur unzureichend nachgekommen ist.

Insoweit fehlt jedweder direkte Nachweis der Leistungserbringung durch F. Dieser Mangel beginnt bereits bei der Vertragsgestaltung zwischen dem Kläger und F. Es liegen keinerlei schriftliche Absprachen vor, aus denen der Leistungsumfang zu entnehmen wäre. Der Kläger rechtfertigt dieses Fehlen schriftlicher Absprachen damit, dass er F bereits seit 1970 kenne. Alleine diese Bekanntschaft erübrigt indessen gerade vor dem Hintergrund des § 90 Abs. 2 AO nicht die entsprechende Beweisvorsorge, zumal dann, wenn die spätere Abrechnung nicht durch den vermeintlichen Leistungserbringer, sondern durch ein Unternehmen erfolgt, das eindeutig als reine Domizilgesellschaft einzustufen ist.

Die daraus begründeten Zweifel hätte der Kläger u.a. durch klare und eindeutige Nachweise der Leistungserbringung durch F ausräumen können. Indessen verstärken die vom Kläger vorgelegten Nachweise noch die bestehenden Zweifel. Hinsichtlich der angeblich von F vorgenommenen baustatischen Überprüfungen beruft sich der Kläger auf in den baustatischen Berechnungen angebrachte Prüfzeichen ("grüne Häkchen"), ohne jedoch zu sagen, woraus ein Dritter ersehen kann, dass diese von F angebracht worden sind. Hinsichtlich der zu den baustatischen Leistungen für weitere Bauvorhaben (u.a. in B, BP-Akte, Bl. 41) abgerechneten Bauüberwachungen durch F beruft sich der Kläger auf die Aussage des Bauleiters der Firma X, Herrn W (Bl. 49). Dessen Bestätigung besagt indessen nur, dass er F "auf der Baustelle gesehen habe". Dass F dort für den Kläger bauüberwachend tätig war, lässt sich der Bestätigung trotz angeblich von F geleisteter 110 Arbeitsstunden indessen nicht übernehmen. Aktenmäßige "Spuren" der Tätigkeit von F, wie etwa von ihm gefertigte Bauprüfberichte, gibt es nicht. Insoweit verdient auch Erwähnung, dass der Kläger selbst gegenüber der Firma X eine Bauüberwachung nur für den 21. März 1996 abgerechnet hat (Rbh, Bl. 14). Hierfür wurde eine Anfahrtstrecke von 2 x 10 KM berechnet (Rbh, Bl. 26). Die C-AG jedoch hat für die dortige Bauüberwachung 110 Stunden in Ansatz gebracht.

Hinzu kommen weitere Umstände, welche die Zweifel eher verstärken, als dass sie sie ausräumen. So konnte der Kläger nicht stichhaltig begründen, warum trotz angeblicher Leistungserbringung durch F die Rechnungserstellung durch die C-AG erfolgte. Die C-AG hatte im Übrigen unter dem 15. November 1996 weitere Bauüberwachungen gegenüber dem Kläger in der Größenordnung von 32.880 SFr. abgerechnet (Bl. 56), die der Kläger jedoch nicht beglichen hat. Hierfür konnte der Kläger auch auf ausdrückliche Befragung durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung keine nachvollziehbare Begründung geben (Bl. 40). Wenn, wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung dargestellt, er F als "sympathischen und fairen Geschäftsmann" kennen gelernt hat, hätte es bei unterstellter Werthaltigkeit dieser Rechnung nahe gelegen, diese auch ohne weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu begleichen. So aber bleibt offen, warum letztlich diese Rechnung zwar Eingang in die Buchführung des Klägers gefunden hat, ohne dass die entsprechende Forderung beglichen worden ist.

Möglicherweise hätte eine Vernehmung von F in der mündlichen Verhandlung weitere Aufschlüsse über das Geschehen geben können. Nachdem jedoch die Kläger F nicht als Zeugen in der mündlichen Verhandlung gestellt haben, war ohne entsprechende Aussage des F eine Entscheidungsfindung vorzunehmen. Eines entsprechenden Hinweises seitens des Gerichts dahingehend, F als Zeugen im Termin der mündlichen Verhandlung zu stellen, bedurfte es nicht, nachdem die Kläger im gesamten Verfahren rechtskundig vertreten waren und die Leistungserbringung durch F von Beginn an den zentralen Streitpunkt des Verfahrens bildete.

3. Insgesamt konnten die Kläger somit mit ihrem Klagebegehren keinen Erfolg haben, nachdem sich der Senat keine Überzeugung dahingehend bilden konnte, dass die dem Kläger gegenüber abgerechneten Leistungen auch tatsächlich durch F erbracht worden sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.



Ende der Entscheidung

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