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Gericht: Finanzgericht Saarland
Urteil verkündet am 16.11.2005
Aktenzeichen: 1 K 372/01
Rechtsgebiete: EStG 1997, EStG 1990
Vorschriften:
EStG 1990 § 33 Abs. 2 S. 1 | |
EStG 1990 § 33b | |
EStG 1997 § 33 Abs. 2 S. 1 | |
EStG 1997 § 33b |
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes in Saarbrücken unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Finanzgerichts ... als Vorsitzender und der Richter am Finanzgericht ... und ... sowie der ehrenamtlichen Richter ... und ...
am 16. November 2005 ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
1. Unter Änderung der Bescheide vom 29. Oktober 1998 und vom 18. September 2001 beide i.F.d. Einspruchsentscheidung vom 16. November 2001 wird dem Beklagten aufgegeben, die Einkommensteuer 1996 und 1999 nach Maßgabe der im Erörterungstermin vom 6. Oktober 2005 getroffenen Verständigung (s. S. 3 des Protokolls) festzusetzen. Im übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden zu 1/10 dem Beklagten und zu 9/10 den Klägern auferlegt.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern die Kläger zuvor Sicherheit leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte bis Mitte 1996 als Beamter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und bezieht seitdem Versorgungsbezüge. Der Kläger ist zu 100 % schwerbehindert. Es liegen die gesundheitlichen Merkmale "aG" und "B" und "H" vor. Die Klägerin erzielte als Steuerberaterin bis 1998 Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
In ihren Einkommensteuererklärungen für 1996 und 1999 machten die Kläger neben dem Behindertenpauschbetrag (§ 33 b Abs. 3 Satz 3 EStG; 7.200 DM) Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG i.H.v. 29.779 DM (1996) und 26.218 DM (1999) geltend (Bl. 20 f.). Der Beklagte erkannte bei der Durchführung der Veranlagung neben dem Behindertenpauschbetrag für 1996 keine weiteren Aufwendungen und bei der Veranlagung für 1999 nur Aufwendungen i.H.v. 13.189 DM (wegen nicht erstatteter Krankheitskosten) als außergewöhnliche Belastung an. Am 29. Oktober 1998 und am 18. September 2001 erließ der Beklagte dementsprechende Einkommensteuerbescheide.
Gegen diese Bescheide haben die Kläger Einsprüche eingelegt. Durch Einspruchsentscheidung vom 16. November 2001 hat der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen geändert, indem er diese für 1996 auf 23.678 DM herabsetzte und für 1999 auf 1.564 DM erhöhte (zur Berechnung s. Bl. 54 ff., 61 f., 63 f.).
Am 17. Dezember 2001 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragten zunächst (Bl. 63),
unter Änderung der Bescheide vom 29. Oktober 1998 und vom 18. September 2001 beide i.F.d. Einspruchsentscheidung vom 16. November 2001 die Einkommensteuer
> 1996 unter Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen i.H.v. 20.901 DM und
> 1999 unter Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen i.H.v. 13.228 DM
festzusetzen.
Am 6. Oktober 2005 erörterte der Berichterstatter mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage. Hierbei verständigten sich die Beteiligten über die Behandlung der streitigen Aufwendungen, soweit diese nicht mit den Kosten für den C.-Bus in Zusammenhang standen. Wegen der Entscheidung über die verbliebenen Fragen verzichteten sie auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins Bezug genommen (Bl. 62 ff.). Im Anschluss an die teilweise einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreites beantragten die Kläger (Bl. 65),
unter Änderung der Bescheide vom 29. Oktober 1998 und vom 18. September 2001 beide i.F.d. Einspruchsentscheidung vom 16. November 2001 die Einkommensteuer
> 1996 unter Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 EStG, die durch die Nutzung des streitigen C-Busses entstanden sind, i.H.v. 19.036 DM und
> 1999 unter Berücksichtigung entsprechender Kosten i.H.v. 6.028 DM
festzusetzen.
Einkommensteuer 1996 (Bl. 3 ff.)
Der im Juni 1996 geleaste C-Bus sei für rund 20.000 DM mit einer speziellen Hebeautomatik versehen worden. Wegen seiner Körpergröße von 1,94 m habe der Kläger einen größeren Rollstuhl als üblich benötigt, der in einem kleineren Fahrzeug nicht habe untergebracht werden können. Die Maßnahme zur behindertengerechten Umrüstung habe keinen werterhöhenden Charakter gehabt, da der umgerüstete Bus für einen nicht behinderten Menschen weitgehend wertlos gewesen sei. Es habe sich - anders als in dem vom BFH (Az.: III R 203/94) entschiedenen Fall - nicht um ein Luxusfahrzeug (dort: Mercedes 300 SEL) gehandelt. 1996 seien angefallen für
Umbau, Sonderzahlung, Leasingraten | 22.691,80 DM |
Versicherung | 1.385,90 DM |
Benzin | 459,20 DM |
24.537,00 DM |
Vom 28. Juni 1996 bis zum 19. Januar 1998 habe der Kläger lediglich 4.218 km zurückgelegt. Deshalb habe er die tatsächlichen Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.
Der Beklagte halte bei einer Kilometerleistung von 3.000 km/Jahr lediglich einen Pauschsatz von 1 DM/km für angemessen und habe daher für das Halbjahr 1996 lediglich 1.500 DM zum Abzug zugelassen. Die Kosten der Hebeautomatik seien im Wege der Abschreibung auf 5 Jahre verteilt worden, so dass insoweit nur 1/5, also 4.000 DM zum Abzug zugelassen worden seien. Dies sei fehlerhaft.
Bei Steuerpflichtigen, die sich außerhalb des Hauses nur mit Hilfe eines KFZ fortbewegen könnten, seien grundsätzlich alle KFZ-Kosten als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen (FG München vom 26. November 1997 1 K 4037/96, EFG 1998, 568 f, 569, BFH vom 22. Oktober 1996 III R 203/94, BStBl. II 1997, 384). Zwar seien nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG KFZ-Kosten nur insoweit zu berücksichtigen, als sie einen angemessenen Betrag nicht übersteigen würden. Die Angemessenheitsprüfung erstrecke sich nach der Rechtsprechung nur auf die Anzahl der Fahrtkilometer und die benutzte Wagenklasse. Vorliegend sei aber ein normales Gebrauchsfahrzeug behindertengerecht umgerüstet worden. Für derartige Fahrzeuge gebe es keine Pauschsätze; vielmehr könnten die tatsächlichen Kosten als angemessener Aufwand geltend gemacht werden (so auch FG Baden-Württemberg vom 2. November 1998, EFG 2000, 939).
Es sei auch nicht möglich, die Umbaukosten der Hebebühne über einen Zeitraum von 5 Jahren abzuschreiben. Die Anschaffungskosten eines KFZ könnten nicht in einen Anteil, der auf das "normale" KFZ entfalle, und in einen Anteil für die behindertengerechte Einrichtung aufgespalten werden (FG München a.a.O.). Die Maßnahmen zur behindertengerechten Umrüstung eines PKW hätten zudem keinen werterhöhenden, sondern einen wertmindernden Charakter (Vfg. der OFD Frankfurt vom 23. Oktober 1997, FR 1997, 966).
Einkommensteuer 1999 (Bl. 7 f.)
Im Juni 1999 hätten die Kläger das geleaste Fahrzeug für 32.068,20 DM gekauft. Die Fahrleistung habe 1999 lediglich 3.000 km betragen, so dass der Kläger die tatsächlichen Kosten als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG geltend mache. Es seien folgende Aufwendungen angefallen:
Leasingraten (01-06) | 4.704,96 DM |
Abschreibung (20 % AfA) | 6.413,64 DM |
Versicherung | 1.290,60 DM |
Benzin, Pflege | 220,00 DM |
Reparaturen | 399,62 DM |
13.029,00 DM |
Bezüglich des vom Beklagten anerkannten Pauschsatzes i.H.v. 1 DM/km und wegen der Verteilung der Kosten der Hebeautomatik auf 5 Jahre gelte Entsprechendes wie für 1996.
Der Beklagte beantragt (Bl. 65),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung trägt der Beklagte im übrigen vor:
Bei dem C-Bus handele es sich unstreitig um ein der Behinderung angemessenes, nicht um ein Luxusfahrzeug. Die Kosten für das Fahrzeug seien auch unstreitig entstanden. Aber auch bei einem Einzelnachweis der tatsächlichen Kosten sei nicht allein von diesen auszugehen. Die Angemessenheitsprüfung des Beklagten falle anders aus als die der Kläger.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber - soweit noch streitig zu entscheiden war - unbegründet.
1. Fahrt- und Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung
a. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 1, 2 EStG).
b. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH erwachsen krankheitsbedingte Aufwendungen stets aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, soweit sie der Heilung dienen oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen. In diesem Sinne sind alle Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Keine außergewöhnliche Belastung wird dagegen durch vorbeugende, der Gesundheit ganz allgemein dienende Maßnahmen oder durch die mit einer Krankheit verbundenen Folgekosten begründet. Derartige, die Gesundheit allgemein fördernde Maßnahmen dienen nicht gezielt der Heilung oder Linderung von Krankheiten und fallen daher nicht unter den Begriff der Heilbehandlung in dem hier maßgeblichen Sinne. Steuerrechtlich rechnen sie zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Kosten der allgemeinen Lebensführung (grundlegend: BFH vom 20. März 1987 III R 150/86, BStBl. II 1987, 596; s. auch BFH vom 19. Mai 2004 III R 16/02, BStBl. II 2005, 23).
c. Fahrtkosten eines Steuerpflichtigen sind im allgemeinen weder außergewöhnliche noch zwangsläufige Aufwendungen i.S. des § 33 Abs. 2 EStG. Die Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit solcher Aufwendungen ist jedoch ausnahmsweise dann zu bejahen, wenn sie unmittelbar zur Heilung oder Linderung einer Krankheit erforderlich sind, z.B. Fahrt zum Arzt, Transport ins Krankenhaus, Reisekosten aus Anlass einer Behandlung. Regelmäßig werden derartige dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen anerkannte Aufwendungen nur in der Höhe der Kosten öffentlicher Verkehrsmittel als notwendig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG berücksichtigt (BFH vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, BStBl II 1999, 227). Fahrten, die von Besuchern zu Kranken oder von Dritten für Kranke unternommen werden, zählen grundsätzlich zu den Krankheitsfolgekosten (s. Schmidt/Drenseck, EStG, 24. Aufl. 2005, § 33 Rz 35 "Fahrtkosten", "Krankheitskosten")
2. Pauschbetrag nach § 33 b EStG und außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG
Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem behinderten Menschen unmittelbar infolge seiner Behinderung erwachsen, kann er anstelle seiner Steuerermäßigung nach § 33 EStG einen Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 1, 3 EStG geltend machen. Dieser Behinderten-Pauschbetrag beträgt im Falle des Klägers nach § 33 Abs. 3 Satz 3 EStG 7.200 DM.
Der behinderte Mensch kann also entweder den Pauschbetrag nach § 33 b EStG oder an dessen Stelle die konkreten Aufwendungen nach § 33 EStG (unter Abzug der zumutbaren Belastung) geltend machen. Aufwendungen können nach § 33 EStG neben dem Pauschbetrag des § 33 b EStG nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nicht mit solchen in Verbindung stehen, für die der Pauschbetrag gewährt wird.
3. Fahrtkosten von behinderten Menschen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG
a. Neben dem Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b EStG, der laufende und typische unmittelbar mit der Behinderung zusammenhängende Kosten abgilt, hat der BFH in ständiger Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen gewisse mit der Körperbehinderung zusammenhängende Aufwendungen nach § 33 EStG zum Abzug zugelassen (u.a. Kfz-Aufwendungen bei erheblicher Gehbehinderung; s. BFH vom 13. Dezember 2001 III R 6/99 BStBl. II 2002, 198 m.w.N.).
Die Voraussetzungen des § 33 EStG liegen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bei einer erheblichen Geh- und Stehbehinderung vor, so dass diese Kfz-Aufwendungen für Privatfahrten neben den Pauschbeträgen nach § 33 b EStG als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können. Bei Steuerpflichtigen, die so gehbehindert sind, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mit Hilfe eines Kfz bewegen können, sind grundsätzlich sämtliche Kfz-Kosten, soweit sie nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben darstellen, als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, mithin nicht nur die unvermeidbaren Kosten zur Erledigung privater Angelegenheiten, sondern in angemessenem Rahmen auch die Kosten für Erholungs-, Freizeit- und Besuchsfahrten.
b. Derartige Kfz-Kosten eines behinderten Menschen sind nur insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie nicht außerhalb der Angemessenheit liegen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Zur Bestimmung der Angemessenheit im Einzelfall ist grundsätzlich neben einer Begrenzung der in aller Regel höchstens noch als angemessen zu beurteilenden jährlichen Fahrleistungen von 15.000 km grundsätzlich auf die in den Richtlinien bestimmten Pauschsätze zurückzugreifen (BFH vom 26. März 1997 III R 71/96, BStBl. II 1997, 538, vom 18. Dezember 2003 III R 31/03, BStBl. II 2004, 453; vom 24. August 2004 VIII R 59/01, BFH/NV 2004, 1715 m.w.N.). 1996 und 1999 betrug der Pauschsatz 0,52 DM/km. Der Pauschsatz ist als eine typisierende Regelung stets anzuwenden, wenn die ihm zugrunde liegende Schätzung nicht ausnahmsweise im Einzelfall zu einem offensichtlich willkürlichen Ergebnis, d.h. wenn ihre Anwendung - insbesondere wegen einer außergewöhnlich geringen jährlichen Fahrleistung - zu offensichtlich völlig unzutreffenden steuerlichen Ergebnissen führen würde (BFH vom 13. Dezember 2001, III R 40/99, BStBl. II 2002, 224). Eine geringe jährliche Fahrleistung ist jedoch noch kein Grund, von den Pauschsätzen abzuweichen (BFH vom 18. Dezember 2003 III R 31/03, BStBl. II 2004, 453 für eine Fahrleistung von 3.146 Kilometer). Der BFH hat die Geltendmachung der tatsächlichen Kosten unter Abweichung von den Pauschsätzen nur in Betracht gezogen, wenn der Behinderte wegen der Art seiner Behinderung auf ein besonderes Fahrzeug angewiesen ist, für das überdurchschnittlich hohe Aufwendungen erforderlich sind (BFH vom 14. Oktober 1997 III R 95/96, BFH/NV 1998, 1072). Um ein solches Fahrzeug kann es sich handeln, wenn die Behinderung des Steuerpflichtigen den Einbau behindertengerechter Einrichtungen (z.B. einer Hebevorrichtung) erforderlich macht. In diesem Falle sind grundsätzlich die tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen. Hierbei sind die behindertengerechten Umbauten nicht als besonderes Wirtschaftsgut, sondern als untrennbarer Teil des umgebauten Fahrzeuges zu behandeln (FG München vom 26. November 1997 1 K 4037/96, EFG 1998, 568).
c. Die Finanzverwaltung erkennt in ihren Hinweisen zu den Einkommensteuerrichtlinien zur Anwendung des § 33 EStG bei Gehbehinderten mit einem Behinderungsgrad von mindestens 70 % aus Vereinfachungsgründen ohne Einzelnachweis einen "Aufwand für Fahrten bis zu 3.000 km im Jahr" als angemessen an. Eine Fahrleistung von mehr als 15.000 km im Jahr liegt in aller Regel nicht mehr im Rahmen des Angemessenen (H 186-189 EStH "Fahrtkosten Behinderter").
Die Richtlinie enthält keine Regelung für den Fall, dass die Behinderung oder der durch die Behinderung verursachte Sonderaufwand nur für einen Teil des Veranlagungszeitraumes bestanden hat. In einem solchen Fall ist der Betrag zeitlich aufzuteilen und zwar in Anlehnung an § 33 a Abs. 4 Satz 1 EStG nach Monaten (s. dazu FG Saarland vom 13. Mai 2005 1 K 243/01). Die Kilometersätze sind hiernach für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, um je ein Zwölftel zu ermäßigen.
4. Anwendung auf den Streitfall
a. Im Streitfall ist von folgenden Fakten auszugehen:
* Die Klägerin hat am 28. Juni 1996 einen gebrauchten C-Bus (Erstzulassung: 20. Juni 1995) auf der Grundlage eines Leasingvertrages übernommen. Das Fahrzeug ist vom Leasinggeber (nicht von der Klägerin) für die Nutzungszwecke der Klägerin mit einem sogenannten Kassettenlift behindertengerecht umgebaut worden und hatte im umgebauten Zustand einen Wert von 62.963 DM (brutto).
* Der Leasingvertrag hatte eine Laufzeit vom 28. Juni 1996 bis zum 27. Juni 1999. In dieser Zeit hatte die Klägerin eine Einmalzahlung i.H.v. 17.250 DM (brutto) und monatliche Leasingzahlungen i.H.v. 777,40 DM (brutto). In der Leasing-Bestellung vom 2. Mai 1996 ist die "Kalkulationsbasis" mit 54.750,87 DM (netto, entspricht 62.963,50 DM brutto) angegeben.
* Durch Kaufvertrag vom 28. Juni 1999 hat die Klägerin das Fahrzeug für 32.068,20 DM (brutto) erworben.
* Die Klägerin hat für das Fahrzeug folgende Kilometerstände nachgewiesen:
28.6.1996 (Leasingbeginn): | 26.500 km |
19.1.1998: | 30.718 km |
29.11.1999: | 31.687 km |
21.11.2003: | 34.820 km |
6.10.2005 (Erörterung): | 39.639 km |
Im Streitjahr 1999 sollen nach Klägervortrag 3.000 km zurückgelegt worden sein.
* Der Beklagte hat der Klägerin für KFZ-Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung anerkannt für den Zeitraum
28. Juni 1996 bis 31. Dezember 1996: 5.550 DM
1. Januar bis 31. Dezember 1999: 7.000 DM
b. Der Klägerin stehen in den Streitjahren durch die Nutzung des C-Busses keine höheren außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG zu, als der Beklagte bereits bewilligt hat.
Hierbei ist davon auszugehen, dass die Klägerin den Bus (einschließlich Kassettenlift) als einheitliches Wirtschaftsgut erworben hat. Auf die Frage, ob die durch den Umbau als behindertengerechtes Fahrzeug verursachten Kosten sofort abzugsfähig sind (der Senat hat Zweifel, ob dies möglich ist), kommt es damit vorliegend nicht an. Ein Fahrzeug, das - wie der streitige C-Bus - einen Anschaffungswert von rund 63.000 DM brutto hat, ist kein Fahrzeug, für das überdurchschnittlich hohe Aufwendungen i.S.d. Rechtsprechung des BFH (s. Nr. 3 b der Entscheidungsgründe) erforderlich sind.
Die Tatsache, dass das Fahrzeug nur in relativ geringem Umfang (im Jahresdurchschnitt rund 1.400 km) genutzt wird, führt andererseits dazu, dass die Abnutzung nur einem wesentlich geringeren Umfang anzuerkennen ist, als dies den Klägern vorschwebt. Die neuere Rechtsprechung des BFH (s. insbesondere Urteil vom 18. Dezember 2003 III R 31/03, BStBl. II 2004, 453) hat zudem deutlich gemacht, dass ein schwer Geh- und Stehbehinderter - auch wenn die Kilometerpauschbeträge bei geringer jährlicher Fahrleistung die tatsächlichen Kosten der Kfz-Nutzung nicht mehr decken - grundsätzlich keinen Anspruch darauf hat, für seine Fortbewegung außerhalb des Hauses stets die tatsächlich entstandenen Kosten für die Benutzung eines privaten Kfz als außergewöhnliche Belastung abzuziehen. Derartige Einschränkungen der Einzelfallgerechtigkeit sind im Interesse der Praktikabilität der Normanwendung hinzunehmen. Die Behinderten sind dadurch nicht gesetzwidrig benachteiligt, weil private Fahrkosten nach § 33 Abs. 1 EStG neben dem Behinderten-Pauschbetrag und ggf. neben weiteren wegen der Behinderung gewährten Zuschüssen ohne jede Begrenzung anerkannt werden. Decken die Pauschbeträge wegen nur geringer Jahreskilometerleistung nicht die tatsächlich angefallenen Aufwendungen für die Benutzung und den Unterhalt des privaten Kfz, kann der Steuerpflichtige an Stelle der Pauschbeträge die ihm für die Inanspruchnahme eines - behinderungsgerechten - öffentlichen Verkehrsmittels, gegebenenfalls auch eines Taxis, entstandenen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Würde man vorliegend wegen geringer Jahreskilometerleistung die von den Klägern geltend gemachten tatsächlichen Kosten in Ansatz bringen, so würden diese bei weitem die Kosten übersteigen, die die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung bei einer Fahrtleistung von 15.000 Kilometer als Obergrenze anerkennen (s. Nr. 3 b der Entscheidungsgründe).
Es liegt auf der Hand, dass der Beklagte dadurch, dass er für die Nutzung des Fahrzeuges nicht nur den Kilometerpauschsatz von 0,52 DM auf 1 DM erhöht, sondern zudem 4.000 DM als AfA für den Hebelift anerkannt hat, den Rahmen der nach der Rechtsprechung des BFH anzuerkennenden angemessenen KFZ-Kosten deutlich überschritten hat. Deshalb spielt es letztlich auch keine Rolle, ob man als Anschaffungszeitpunkt (wozu der Senat neigt) den 28. Juni 1996 oder den 28. Juni 1999 ansieht.
5. Die Klage war nach alledem in den verbliebenen Streitpunkten als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die während des Verfahrens erfolgte Verständigung (Bl. 63 d.A.) werden die Kosten des Verfahrens gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO zu 9/10 den Klägern und zu 1/10 dem Beklagten auferlegt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO bestand keine Veranlassung.
Ende der Entscheidung
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