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Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 1 K 147/06
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 2 S. 2
EStG § 3 Nr. 12 S. 1
EStG § 3 Nr. 12 S. 2
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 31
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 K 147/06

Einkommensteuer 2003

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

im Einverständnis mit den Beteiligten

ohne mündliche Verhandlung am 12. Juli 2007

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Hübner,

den Richter am Finanzgericht Keilig,

die ehrenamtliche Richterin und

den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 43 v.H., der Beklagte zu 57 v.H.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Steuerfreiheit einer gezahlten Aufwandsentschädigung.

Der Kläger ist Verbandsvorsitzender des Abwasserzweckverbandes.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2003 erklärte er den Erhalt einer Aufwandsentschädigung des Abwasserzweckverbandes in Höhe von 12.972 EUR und vertrat die Auffassung, dass hiervon 1.080 EUR steuerfrei seien. Der Kläger ist im übrigen nichtselbstständig tätig und außerdem Geschäftsführer zweier GmbH. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2005 setzte der Beklagte die Einkommensteuer fest. In den Erläuterungen zur Festsetzung führte er aus, dass ein steuerfreier Anteil an der Aufwandsentschädigung mangels gesetzlicher Grundlage nicht gewährt werden könne.

Im hiergegen gerichteten Einspruch vom 17. Oktober 2005 beantragte der Kläger zunächst 1.848 EUR nach § 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei zu belassen. Ergänzend führte er nachfolgend aus, dass nach seiner Ansicht nach § 16 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in Sachsen-Anhalt (GKG-LSA) die Vorschriften über steuerfreie Beträge in Zusammenhang mit Aufwandsentschädigungen von ehrenamtlichen Bürgermeistern mit denen von Verbandsvorsitzenden gleichzusetzen seien. Nach seiner Ansicht ergab sich danach ein Steuerfreibetrag in Höhe von 3.240 EUR.

Den Einspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 2006 als unbegründet zurück. Er vertrat darin die Auffassung, dass der Zweckverband im Rahmen der fiskalischen Verwaltung tätig sei, so dass dieser als ein als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierter Gewerbebetrieb aufzufassen und damit die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nicht als Leistung öffentlicher Dienste anzusehen sei. Daher komme eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 12 EStG nicht in Betracht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem vom Kläger herangezogenen GKG-LSA, da dieses lediglich die Anwendbarkeit der Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt auf den Zweckverband regele und eine Regelung zur Anwendung steuerlicher Vorschriften nicht bewirken könne.

Am 10. Februar 2006 hat der Kläger Klage erhoben.

Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Einkommensteuerbescheid vom 20. Juni 2007 die Einkommensteuer geändert festgesetzt. Er geht nunmehr davon aus, dass der Kläger vergleichbare öffentliche Dienste leiste und die Aufwandsentschädigung aus einer öffentlichen Kasse im Sinne des Gesetzes geleistet werde, jedoch aufgrund der fehlenden Festsetzung der Aufwandsentschädigung in Gesetzen oder Rechtsverordnungen entsprechend R 13 Abs. 3 Satz 3 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) nur ein Steuerfreibetrag in Höhe von 1.848 EUR gewährt werden könne.

Der Kläger verweist auf einen Erlass des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Dezember 2001 - 42-S2121-10, MBl. LSA Nr. 14/2002 vom 11. März 2002, S. 230, in dem die steuerliche Behandlung von Entschädigungen für Mitglieder kommunaler Volksvertretungen geregelt sei. Er ist der Ansicht, dass die Regelungen auf ihn übertragen werden müssten. Darüber hinaus meint der Kläger, dass bei einem Begünstigungsausschluss ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vorliege, da nicht nachvollziehbar sei, weshalb beispielsweise ein Bürgermeister steuerlich hinsichtlich ihm geleisteter Aufwandsentschädigungen begünstigt sei, ein Verbandsvorsitzender, der insoweit lediglich einen ihm übertragenen Aufgabenbereich wahrnehme, der sonst einem Bürgermeister obliegen würde, dagegen nicht.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 2003 in der Fassung vom 20. Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus der Aufwandsentschädigung ein weiterer Steuerfreibetrag in Höhe von 1.392 EUR gewährt wird,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte weist darauf hin, dass für ehrenamtliche Mitglieder kommunaler Volksvertretungen nach Verwaltungsauffassung bestimmte Beträge steuerfrei seien, dies jedoch nicht für Mitglieder von Zweckverbänden gelte. Der Erlass des Ministeriums sei abschließend und zähle Mitglieder von Zweckverbänden nicht auf. In vergleichbaren Erlassen anderer Bundesländer seien Zweckverbände zudem ausdrücklich ausgeschlossen worden.

Dem Senat hat die Einkommensteuerakte 2003 nebst Rechtsbehelfsvorgang vorlegen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.

2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines weiteren Steuerfreibetrages in Höhe von 1.392 EUR für seine Tätigkeit als Verbandsvorsitzender eines Abwasserzweckverbandes.

Gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG sind die aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlten Bezüge, die in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden, steuerfrei. Das gleiche gilt nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.

Zur Erleichterung der Feststellung, inwieweit es sich in den Fällen des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG um eine steuerfreie Aufwandsentschädigung handelt, hat die Finanzverwaltung in R 13 Abs. 3 LStR festgelegt, dass bei hauptamtlich tätigen Personen die gewährten Aufwandsentschädigungen in voller Höhe steuerfrei sind, wenn die Anspruchsberechtigten und der Betrag oder auch ein Höchstbetrag der aus einer öffentlichen Kasse gewährten Aufwandsentschädigung durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kommt bei ehrenamtlich tätigen Personen eine Steuerfreiheit in Höhe von 1/3 der gewährten Aufwandsentschädigung, mindestens 154 EUR monatlich in betracht. Sind die Anspruchsberechtigten und der Betrag oder auch ein Höchstbetrag nicht durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt, so kann nach R 13 Abs. 3 Satz 3 LStR bei hauptamtlich oder ehrenamtlich tätigen Personen in der Regel ohne weiteren Nachweis ein steuerlich anzuerkennender Aufwand von 154 EUR monatlich angenommen werden.

Unter Berücksichtigung der Verwaltungsauffassung hat der Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens den Ausgangsbescheid vom 4. Oktober 2005 mit Bescheid vom 20. Juni 2007 geändert und einen Steuerfreibetrag in Höhe von 1.848 EUR gewährt. Der Bescheid vom 20. Juni 2007 ist gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

Zu Recht hat der Beklagte damit festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers als die Leistung öffentlicher Dienste im Sinne des § 3 Nr. 12 EStG anzusehen ist. Aufgabe des Abwasserzweckverbands ist nach der Satzung die Abwasserableitung und -behandlung im Sinne des § 150 Wassergesetz-LSA. Nach dem Urteil des BFH vom 8. Januar 1998 - V R 32/97, BStBl. II 1998, 410, handelt ein Zweckverband bei der Abwasserbeseitigung und Abwasserbehandlung hoheitlich und nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art. Die Abwasserbeseitigung und Abwasserbehandlung ist einem Abwasserzweckverband als Träger öffentlicher Gewalt eigentümlich und vorbehalten, so dass er hoheitlich tätig wird, wenn die Tätigkeit im Bereich des Gesundheitsschutzes und des Umweltschutzes Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist.

Soweit nach der Satzung des Zweckverbandes auch die Versorgung der Einwohner mit Trink- und Brauchwasser dem Verband übertragen ist, hat der Kläger unwidersprochen angegeben, dass diese Aufgabe seit der Gründung des Verbandes nicht ausgeführt worden sei und die Trinkwasserversorgung aufgrund abgeschlossener Konzessionsverträge - die bereits vor Gründung des Zweckverbandes in Kraft getreten seien - einem anderen Versorger übertragen wurde. Insoweit kann im Streitfall unbeachtet bleiben, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH Urteil vom 19. Januar 1990 - VI R 42/86 m.w.N., BStBl. II 1990, 679) die reine Versorgung mit Trinkwasser steuerrechtlich nicht als Ausübung öffentlicher Gewalt anzusehen ist.

Der Senat geht weiter davon aus, dass der Zweckverband als öffentliche Kasse im Sinne des § 3 Nr. 2 Satz 2 EStG anzusehen ist. Als öffentliche Kasse können nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH Urteil vom 7. August 1986 - IV R 228/82, BStBl. II 1986, 848, m.w.N.) diejenigen Einrichtungen angesehen werden, die der Dienstaufsicht unterstehen und deren Finanzgebaren der Prüfung durch die öffentliche Hand unterliegt. Dies ist beim Zweckverband gegeben. Gemäß § 7 Satz 1 GKG-LSA handelt es sich bei den Zweckverbänden um Körperschaften des öffentlichen Rechts. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 GKG-LSA müssen Satzungen der Zweckverbände bestimmen, welches Rechnungsprüfungsamt örtlich zuständig ist und nach § 17 GKG-LSA unterstehen die Verbände der Kommunalaufsicht. Damit ist gesetzlich geregelt, dass sowohl die Tätigkeit wie das Finanzgebaren überprüft werden.

Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG kommt eine Steuerfreiheit jedoch nur dann in Betracht, soweit nicht festgestellt wird, dass die gezahlte Aufwandsentschädigung für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt wird oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigt. Diese Feststellung ist im Streitfall nicht möglich. Mit richterlicher Verfügung vom 20. April 2006 ist der Kläger aufgefordert worden, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Nr. 12 EStG auf den Streitfall bezogen darzustellen und aufzeigen, ob und inwieweit mit der Aufwandsentschädigung ein Verdienstausfall oder Ausgleich für Zeitverlust gewährt wird. Das Gericht hat zu erkennen gegeben, dass bei einer jährlichen Aufwandsentschädigung in Höhe von 12.972 EUR nicht ausgeschlossen werden könne, dass insoweit auch ein Verdienstausfall ausgeglichen wird. In der Folgezeit hat sich der Kläger hierzu jedoch nicht eingelassen und lediglich auf den Erlass des Ministeriums der Finanzen verwiesen sowie dargestellt, dass die streitgegenständliche Aufwandsentschädigung ausdrücklich nicht für Verdienstausfall gewährt werde, da ein solcher nach § 5 der Satzung des Verbandes gesondert zu erstatten wäre.

Der Senat ist der Überzeugung, dass bei einer jährlichen Aufwandsentschädigung in Höhe von 12.972 EUR die Zahlungen den tatsächlich erwachsenen Aufwand eines Verbandsvorsitzenden offenbar übersteigen und daher auch als Entschädigung für Zeitverlust und Verdienstausfall gewährt werden. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Verbandssatzung in § 5 einen gesonderten zusätzlichen Ausgleich für entgangenen Arbeitsverdienst vorsieht, da bereits die Höhe der gezahlten Aufwandsentschädigung - neben der nach § 7 Abs. 1 der Satzung noch eine Reisekostenvergütung als weiterer Aufwendungsersatz gezahlt wird - gegen einen reinen Ersatz eines entstandenen Aufwandes spricht.

Dabei beurteilt der Senat im Einklang mit der Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung nicht, welche Aufwendungen dem einzelnen Steuerpflichtigen entstanden sind, sondern ob Personen in gleicher dienstlicher Stellung im Durchschnitt der Jahre Aufwendungen etwa in Höhe der Aufwandsentschädigung erwachsen. Nach der Rechtsprechung des BFH, welcher der Senat folgt, steht es den obersten Finanzbehörden frei, zur Arbeitsvereinfachung und Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen in geeigneter Form und im Zusammenwirken mit den obersten Aufsichtsbehörden der in Betracht kommenden öffentlichen Kassen allgemein Sätze festzulegen, die bei den einzelnen Gruppen als echte Aufwandsentschädigungen anzuerkennen sind (vgl. BFH Urteil vom 9. Juli 1992, IV R 7/91, BStBl. II 1993, 50 m.w.N.). Aus der Formulierung in § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG, dass die Steuerfreiheit davon abhängt, dass die Aufwandsentschädigung den erwachsenen Aufwand nicht offenbar übersteigt, ist zu schließen, dass es auf eine typisierende Betrachtungsweise ankommt und nicht auf die individuell entstandenen Aufwendungen. Dies dient gleichermaßen der Verwaltungsvereinfachung und der steuerlichen Gleichbehandlung. Es bleibt dem Steuerpflichtigen allerdings unbenommen, im Einzelnen die tatsächlich entstandenen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben darzutun und ggf. nachzuweisen (vgl. BFH Urteil vom 28. Februar 1968, VI R 192/67, BStBl. II 1968, 437). Hieran fehlt es im Streitfall.

Der Senat hält es für eine zutreffende Auslegung des Gesetzes, wenn auf Erfahrungssätze zurückgegriffen wird, die die obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen in den Lohnsteuerrichtlinien festgelegt haben. Zwar binden diese Verwaltungsanweisungen primär nur die nachgeordneten Behörden. Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass der im Streitfall vom Beklagten herangezogene R 13 Abs. 3 LStR Schätzungen beinhaltet, die auf einer zutreffenden Verwaltungserfahrung beruhen. In einem solchen Fall sind auch Verwaltungsanweisungen aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) von den Finanzgerichten zu beachten, solange sie nicht im Einzelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen, denn ein Steuerpflichtiger hat grundsätzlich einen Rechtsanspruch darauf, nach allgemeinen Verwaltungsanweisungen besteuert zu werden, die eine auf Erfahrungen der Verwaltung beruhende Schätzung zum Inhalt haben, es sei denn, dass die Anwendung der Schätzungsrichtlinie offensichtlich zu falschen Ergebnissen führt (vgl. BFH Urteil v. 21. Oktober 1999, I R 68/98, BFH/NV 2000, 891). Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte entsprechend der Lohnsteuerrichtlinie einen Betrag in Höhe von 1.848 EUR als steuerfrei behandelt hat.

Im Übrigen hat der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass ihm in den Streitjahren höhere, nicht durch die steuerfreie Pauschale gedeckte Aufwendungen entstanden sind.

Soweit der Kläger der Ansicht ist, dass ihm in entsprechender Anwendung des Erlasses des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Dezember 2001 - 42-S2121-10 ein einem ehrenamtlichen Bürgermeister entsprechender Steuerfreibetrag zu gewähren sei, ist eine Vergleichbarkeit mit dieser Tätigkeit nicht gegeben.

Zunächst einmal entfaltet die in § 8 der Entschädigungssatzung des Zweckverbandes vorgesehene steuerliche Behandlung mit Bezug auf ministerielle Erlasse des Ministeriums der Finanzen keine Rechtswirkung für steuerliche Normen. Das gleiche gilt für § 16 GKG-LSA, der auf die Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt (GO LSA) verweist, die in § 33 GO LSA Regelungen zu Auslagenersatz, Aufwandsentschädigung und Dienstunfall enthält. Diese landesrechtlichen Vorschriften können weder steuerliche Regelungen entfalten, noch stehen sie über den Regelungen des bundesrechtlichen Einkommensteuergesetzes; vgl. Art. 31 GG: Bundesrecht bricht Landesrecht.

Aus dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, d.h. der Verpflichtung der Exekutive zur Gleichbehandlung der Betroffenen bei Ausübung gesetzlicher Gewalt (vgl. BVerwGE 34, 278, 280 ff.) , ergibt sich keine andere Bewertung. Der vom Kläger herangezogene Erlass des Ministeriums der Finanzen regelt ausschließlich die steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährt werden. Der Erlass gilt für Mitglieder von Gemeinderäten oder Stadträten und für Bürgermeister, Mitglieder von Kreistagen, Vorsitzende von Fraktionen, Mitglieder von Ausschüssen der Verwaltungsgemeinschaft sowie Mitglieder von Ortschaftsräten und für Ortsbürgermeister. Vorsitzende, Funktionsträger oder Ausschussmitglieder von Zweckverbänden werden von dem Erlass ausdrücklich nicht erfasst.

Eine Anwendung kommt auch nicht über § 16 Abs. 1 Satz 1 GKG-LSA in Betracht. Dieser regelt, dass für den Zweckverband die Vorschriften für Gemeinden sinngemäß gelten. Der Begriff "Vorschriften" bezieht sich ausschließlich auf gesetzliche Normen beziehungsweise auf Rechtsverordnungen. Nicht umfasst sind davon jedoch Verwaltungsanweisungen oder -vorschriften. Verwaltungsanweisungen, Verwaltungsvorschriften und Erlasse haben als Adressaten ausschließlich staatliche Organe und Organverwaltungen, nicht jedoch den Bürger (vgl. BVerfGE 78, 214, 227 ff.) . Hierbei handelt es sich um innerdienstliche Vorschriften vorgesetzter Behörden für den Vollzug von Gesetzen und Rechtsverordnungen, die dazu dienen, für eine Vielzahl von Fällen das Handeln der Verwaltung näher zu bestimmen (vgl. BVerfGE 40, 237, 247 ff.). Die Verwaltungsvorschriften sollen die richtige, zweckmäßige und einheitliche Ausübung der Verwaltungstätigkeit gewährleisten und sie konkretisieren die oft nur sehr allgemeinen Regelungen des jeweiligen Gesetzes. Sie enthalten zwar Rechtssätze im rechtstheoretischen Sinne, sind aber keine allgemein verbindlichen Rechtsvorschriften, weil sie weder nach Inhalt und Funktion sonstige Rechtsquellen mit unmittelbarer Außenwirkung ersetzen, noch ausschließlich Kompetenzen gesetzlich zuordnen. Dies hat zur Folge, dass Verwaltungsvorschriften für Dritte in der Regel nur als eine Art Rechtsreflex wirken können, das heißt ohne ihre Pflichten und Rechte unmittelbar zu bestimmen. Diese Innenwirkung der Verwaltungsvorschriften und ihre Adressierung ausschließlich an die Verwaltungsbehörden selbst führt dazu, dass Gesetze, Rechtsverordnungen oder Satzungen als objektives Recht nicht auf diese Vorschriften verweisen und hieraus gegebenenfalls Pflichten oder Rechte für die betroffenen Bürger abgeleitet werden können. Dies stellte einen Verstoß gegen die Systematik der Rechtsquellen dar. Ein Gesetz kann nicht durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift außer Kraft gesetzt oder abgeändert werden, ebenso wie es nicht durch einen Verwaltungsakt durchbrochen und nicht durch eine Rechtsnorm, die im Vergleich zum Gesetz von niedrigerem Range ist, verdrängt werden kann. Willensäußerungen niedrigeren Ranges, insbesondere Verwaltungsakte, können ein Gesetz aufgrund dessen kraft Verfassungsrechts innewohnender Eigenschaften nicht aufheben oder anderweitig gestalten (vgl. BVerfGE 40, 237, 247). Die Bezugnahme in einem Gesetz oder einer Satzung auf Verwaltungsvorschriften ist daher rechtstheoretisch unzulässig und entfaltet keine Rechtswirkungen. Hinzu kommt, dass Erlasse und Verwaltungsvorschriften ohne Einhaltung von Formvorschriften jederzeit geändert werden können.

Insoweit liegt auch kein rechtswidriger Begünstigungsausschluss des Klägers vor, wenn der Erlass des Ministeriums der Finanzen sich ausschließlich auf gewählte Kommunalvertreter bezieht. Der Kläger ist kein gewählter Kommunalvertreter. Er erhält seine Funktion als Verbandsvorsitzender des Zweckverbandes wiederum aus einer Wahl der zuständigen Vertreter der Verbandsmitglieder nach den Regelungen des GKG-LSA und verfügt damit allenfalls mittelbar über abgeleitete Rechte eines gewählten Volksvertreters.

Auch sind die Aufgaben eines Bürgermeisters nicht mit denen eines Verbandsvorsitzenden vergleichbar. Dies folgt bereits aus dem Zweck der Gründung eines Zweckverbandes. Nach § 1 GKG-LSA können sich zur Bündelung und verbesserten Ausschöpfung der Verwaltungskraft für bestimmte Aufgaben bzw. auch nur für eine Aufgabe Gemeinden und Landkreise in Form einer Zweckvereinbarung oder eines Zweckverbandes zusammenschließen. Der Verbandsvorsitzende leitet den Verband und nimmt damit die diesem übertragenen Aufgaben war, währenddessen die Aufgaben eines Bürgermeisters nach § 63 GO LSA wesentlich weitergehend sind. Dieser ist sowohl für die sachgemäße Erledigung der der Gemeinde übertragenen Aufgaben und für den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltung verantwortlich, als auch für die Regelung der inneren Gemeindeorganisation. Hieraus folgt, dass es an einer Vergleichbarkeit zwischen der Tätigkeit eines Bürgermeisters und eines Verbandsvorsitzenden eines Zweckverbandes fehlt und insoweit die vom Beklagten vorgenommene Differenzierung und Nichtanwendung des Erlasses des Ministeriums der Finanzen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. FGO. Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Beklagte vor einer Entscheidung des Senats einen Steuerfreibetrag in Höhe von 1.848 EUR gewährt, den Einkommensteuerbescheid entsprechend geändert und damit dem Begehren des Klägers zumindest teilweise entsprochen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Notwendigkeit zur Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch den Bundesfinanzhof aufgrund unterschiedlicher Urteile ist nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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