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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.01.2009
Aktenzeichen: 1 K 1701/05
Rechtsgebiete: InvZulG 2007


Vorschriften:

InvZulG 2007 § 3 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. Januar 2009

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Hübner,

die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar,

den ehrenamtlichen Richter ... und

die ehrenamtliche Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Änderung des Bescheides vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 nach Maßgabe der Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung wird Investitionszulage nach § 3 Investitionszulagengesetz 1999 für das Jahr 2003 in Höhe von 49.965,29 EUR festgesetzt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu einem Zehntel, der Beklagte zu neun Zehnteln.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Miteigentümergemeinschaft, begehrt weitere Investitionszulage nach § 3 Investitionszulagengesetz - InvZulG - 1999 für Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden und streitet für die Zusammenfassung von verschiedenen Sanierungsarbeiten zu einer einheitlichen Baumaßnahme, was zu einem geringeren Selbstbehalt führt.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Wohnblocks ... Straße 60, 62 und 64 in H. (Stadtteil ...). Es handelt sich um einen im Jahre 1967 erbauten Mietwohnungsblock in sogenannter Plattenbauweise mit drei Hauseingängen (den Hausnummern entsprechend), zehn Wohngeschossen und pro Geschoss und Hauseingang jeweils vier Wohnungen, mithin 120 Wohnungen insgesamt. Die insgesamt zu Wohnzwecken überlassene Wohnfläche des Hauses beträgt 6.721,35 m².

Gesellschafter der Klägerin waren zunächst die B... GmbH zu 50% sowie Frau W. zu 44%. Bauleitung und -überwachung sollte die Firma W... GmbH übernehmen, deren Geschäftsführer der Ehemann der Gesellschafterin W. war. Ein im Entwurf vorliegender Bauvertrag, auf Grund dessen die W... GmbH verpflichtet worden wäre, die Sanierung für einen Festpreis von DM 2.450.000,00 durchzuführen, ist augenscheinlich nicht zustande gekommen.

Finanzierende Bank für das Gesamtprojekt war die ...bank, die mit einem Darlehen von DM 6.250.000,00, davon DM 3.800.000,00 für den Erwerb und DM 2.450.000,00 für die Modernisierung (Stand 11. März 1999, letzterer Betrag am 07. Juli 1999 reduziert auf EUR 1.238.093,00), das Projekt ... Straße 60-64 zu begleiten bereit war.

Am 01. Juli 1999 beantragte die Klägerin nach Darstellung in der Klageschrift eine Baugenehmigung nach §§ 68, 65 BauO ... für die Modernisierung und Sanierung des Objekts. Zum Ende des Jahres 1999 sowie Anfang des Jahres 2000 löste die Klägerin eine Reihe von Aufträgen an Ingenieur-, Handwerks- und Bauunternehmen aus, auf Grund deren das Gebäude vollständig saniert werden sollte. Es handelte sich neben der Projektierung, Planung und Bauüberwachung um Elektroinstallationen (Erneuerung von Steigleitungen sowie der Unterverteilungen bis hin zu den Anschlussdosen), Heizungs- und Sanitärinstallationen (Erneuerung der Steigleitungen und der Entwässerung sowie Herstellung der Küchenanschlüsse und der Bäder), die Erneuerung der Fenster sowie die Erstellung einer Treppenhausverglasung, die Erneuerung der Innentüren, Trockenbauarbeiten (u.a. Verkleidung der Installationsschächte), Fliesenarbeiten (Fliesenspiegel Küche sowie Bad- und Küchenfußboden), andere Bodenbelagsarbeiten sowie flankierende Malerarbeiten.

Die Bauarbeiten wurden Dezember 2000 begonnen und im November 2001 vorerst weitgehend unterbrochen. Grund waren finanzielle Schwierigkeiten. Die B... GmbH hatte am 01. April 2001 Insolvenz angemeldet, kurz darauf die W... GmbH.

Fertig gestellt war zum damaligen Zeitpunkt die Balkonsanierung und die Dämmung der Fassade einschließlich des Austauschs der Fenster. Die Maßnahmen für Heizung und Sanitär waren strangweise (jeweils für zehn übereinanderliegende Wohnungen) in Angriff genommen und während der Durchführung abgebrochen worden. Die Handwerker hatten buchstäblich, wie der Vertreter der Klägerin in einem Erörterungstermin schilderte, das Material mitten in der Arbeit aus der Hand fallen und liegen lassen.

Während des Jahres 2002 vereinbarten die Hausverwaltung und die finanzierende Bank, dass bis zur Klärung der Gesellschaftsverhältnisse auf die Zahlung von Annuitäten verzichtet werde. Eingehende Mieten sollten zur Finanzierung dringend notwendiger Reparaturen sowie solcher Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen verwendet werden, die zur Neuvermietung frei gewordener Wohnungen in den drei Hauseingängen erforderlich waren.

Unter anderem weil im Gegensatz zu den Hauseingängen 60 und 62 im Hauseingang Nr. 64 noch nichts geschehen war, kam es im Jahre 2002 zu erheblichen Auseinandersetzungen mit den Mietern, die sich angesichts der in diesem Hausteil veralteten Versorgungssysteme benachteiligt sahen. Betriebskostenabrechnungen waren ein unlösbares Problem. Zwar existierte eine zentrale Heizanlage sowie eine zentrale Warm- und Kaltwasserversorgung, aber mit unterschiedlichen Erfassungssystemen. Das wiederum führte dazu, dass eine verbrauchsabhängige Abrechnung nicht möglich war. In den Hauseingängen 60 und 62 konnte verbrauchsabhängig, in dem Hauseingang 64 nur pauschal abgerechnet werden. Da eine verbrauchsabhängige Abrechnung aber mietrechtlich erforderlich bzw. kein anderes Abrechnungssystem gegenüber den Mietern durchzusetzen war, hätte praktisch entweder die Versorgung eingestellt oder die Belieferung mit Wasser und Wärme kostenlos erfolgen müssen.

Zudem erfolgte die Stromversorgung im Hauseingang 64 noch mit Aluminiumkabeln, die eine geringere Leistungsfähigkeit aufwiesen, teilweise korrodiert waren und bei höherer Beanspruchung durch Haushaltsgeräte (etwa Waschmaschinen und Geschirrspüler) Kurzschlüsse und Kabelbrände verursachten. Die Ersetzung der nicht mehr den Sicherheitsanforderungen genügenden elektrischen Leitungen bis hin zu den eigens für Nasszellen angepassten Schaltern war auch deshalb erforderlich, weil sie wegen der Ersetzung der alten Gas- und Wasserleitungen keinen Bestandsschutz mehr genossen. Die Erneuerung der Gas- und Wasserleitungen erforderte außerdem eine Sanierung der durch Öffnen der Schächte in Mitleidenschaft gezogenen Bäder und Küchen.

Unter Mitwirkung der ... Bank sowie des Insolvenzverwalters der B... GmbH wurde beschlossen, die Sanierungsmaßnahmen fortzuführen und wie ursprünglich geplant abzuschließen. Die ...Hausverwaltungsgesellschaft mbH erwarb die Gesellschaftsanteile der B... GmbH sowie den größten Teil der Anteile der Frau W. und hielt seither 94% der Anteile an der Klägerin.

Nachdem die Finanzierung wieder gesichert war, nahm die Klägerin Ende 2002 wieder Verhandlungen auf, um die Baumaßnahmen fortzuführen und zu beenden. Es wurde ein neues Darlehen ausgereicht. Drei der ursprünglich beauftragten Unternehmen führten nach Darstellung der Klägerin die Arbeiten vereinbarungsgemäß bzw. im Wege von Anschlussaufträgen fort (Türen sowie Ingenieurleistungen für Elektroinstallation und Heizung/ Lüftung/ Sanitär). Die anderen Unternehmen setzten die Arbeiten nicht fort, teilweise weil sie als insolvenzgeschädigt nicht weiter arbeiten wollten, teilweise wegen eigener Insolvenzen. Für die betreffenden Gewerke wurden andere Unternehmen beauftragt, in den Jahren 2003 und 2004 die Maßnahmen insgesamt beendet. Einige Arbeiten bezogen sich noch auf alle Hauseingänge, einige nur noch auf den im Innenbereich noch unsanierten Hauseingang 64. Für Einzelheiten wird auf die Anlage zum Investitionszulagenantrag mit der Kurzbeschreibung der jeweiligen Leistungsinhalte Bezug genommen.

Für das Jahr 1999 hatte die Klägerin fast antragsgemäß Investitionszulage von DM 286.820,87 erhalten, für das Jahr 2000 ebenfalls fast antragsgemäß von DM 150.551,94. Für das Jahr 2001 hatte sie Zulage von DM 14.114,26 beantragt (hierzu liegt der Bescheid nicht vor), für das Jahr 2002 schließlich wiederum fast antragsgemäß nach Abzug des Selbstbehalts von EUR 2.556,00 Zulage von EUR 14.080,14 erhalten.

Mit einem am 19. März 2004 eingegangenen Antrag beantragte die Klägerin Investitionszulage für das Streitjahr 2003 in Höhe von EUR 54.293,35. Sie errechnete diesen Betrag wie folgt:

 im Jahre 2003 angefallene HK/ AKEUR 364.511,65
abzüglich SelbstbehaltEUR 2.556,00
BemessungsgrundlageEUR 361.955,65
davon 15%EUR 54.293,35 Investitionszulage

Der Beklagte führte daraufhin von Juni bis Oktober 2004 eine Investitionszulage-Sonderprüfung durch.

Die Prüferin kam neben unstreitigen Änderungen der Bemessungsgrundlage (Aussonderung zweier nicht an die Klägerin adressierter Rechnungen, Berücksichtigung einer nachträglich eingereichten Rechnung und Korrektur eines Rechenfehlers) zu der Auffassung, dass es sich bei sämtlichen in dem Jahre 2003 durchgeführten Arbeiten um einzelne Baumaßnahmen gehandelt habe, die nach dem 31. Dezember 2001 begonnen worden seien. Daher sei der für nach dem 31. Dezember 2001 begonnene Investitionen geltende Selbstbehalt von EUR 50,00/ m² zu berücksichtigen. Da dies richtigerweise auch bereits im Jahre 2002 gegolten hätte, sei davon der 2002 fälschlich in Höhe von nur EUR 2.556,00 berücksichtigte Selbstbehalt abzuziehen.

Zum Teil (Bemessungsgrundlage EUR 32.300,56) lägen jährlich anfallende Reparaturaufwendungen vor, deren Investitionsbeginn in der Auslösung des Auftrags liege.

Im Übrigen (Bemessungsgrundlage EUR 335.657,96) lägen zwar Sanierungsarbeiten vor, für die der Investitionsbeginn jedoch ebenfalls für jede einzelne Baumaßnahme zu ermitteln sei. Eine Zusammenfassung mehrerer Baumaßnahmen und damit ein einheitlicher Beginn sei nur bei einem zeitlichen und räumliche Zusammenhang und bautechnischem Ineinandergreifen möglich. Bautechnisches Ineinandergreifen liege vor, wenn die eine Baumaßnahme die andere zwangsläufig erforderlich mache. Die Absicht einer Gesamtsanierung als zusammenfassendes Projekt genüge nicht. Als Baumaßnahme könne das einzelne Gewerk angesehen werden, allerdings nur dann, wenn die einzelnen Arbeiten innerhalb des Gewerks einander bedingten.

Der Beginn einer Baumaßnahme sei die bindende und im Außenverhältnis unwiderrufliche Einleitung der Baumaßnahme, etwa durch die Erteilung eines verbindlichen spezifischen Bauauftrages. Planungsarbeiten seien nicht ausreichend. Die tatsächlich erbrachten Leistungen müssten mit dem Auftrag identisch sein. Ein Wechsel des Auftragnehmers unterbreche diesen Zusammenhang, so dass die Erteilung eines neuen Auftrags als Investitionsbeginn anzusehen sei.

Die Prüferin errechnete somit eine Investitionszulage von EUR 5.169,68 wie folgt:

 Aufwendungen: 
ReparaturaufwendungenEUR 32.300,56
SanierungsaufwendungenEUR 335.657,96
Investition insgesamtEUR 367.958,52
Selbstbehalt: 
50 EUR/m² * 6.721 m² WohnflächeEUR 336.050,00
davon 2002 verbrauchtEUR 2.556,00
Selbstbehalt insgesamtEUR 333.494,00
BemessungsgrundlageEUR 34.464,52
davon 15%EUR 5.169,68 Investitionszulage

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 setzte der Beklagte, diesen Feststellungen folgend, Investitionszulage für das Jahr 2003 in Höhe von EUR 5.169,68 fest. Dagegen richtete sich der am 05. Januar 2005 eingegangene Einspruch, der erfolglos blieb. Gegen den Einspruchsbescheid vom 24. Oktober 2005 richtet sich die am 28. November 2005, einem Montag, eingegangene Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, es liege auch nach dem BMF-Schreiben vom 28. Februar 2003 (Tz. 27, 28) eine einheitliche Baumaßnahme vor. Soweit die Bemessungsgrundlage ursprünglich Reparaturleistungen enthielt (EUR 32.300,56), hält sie an ihrem Antrag nicht mehr fest und hat diesen entsprechend reduziert.

Die Klägerin trägt vor, sie habe von Beginn an eine einheitliche Baumaßnahme geplant. Abgesehen davon, dass sie bereits durch Aufnahme des Kredites im Außenverhältnis bindend und unwiderruflich die Baumaßnahme eingeleitet habe, ergebe sich auch aus den Kreditzusagen der ..., dass diese nur unter der Voraussetzung der vollständigen Sanierung zur Finanzierung bereit gewesen sei.

Zudem habe sie bereits 1999 einen Bauantrag gestellt. Sollte dieser Zeitpunkt nicht oder nicht insgesamt verbindlich sein, so sei auf den Abschluss des Generalunternehmervertrages und den Beginn der Baumaßnahmen abzustellen. Auch diese lägen im Jahre 1999, wenn auch wegen der Größe des Gebäudes, des Umfangs der Investitionen und des Umstandes, dass das Gebäude bewohnt war, nur sukzessive habe saniert werden können. Es komme nicht auf die Auswechselung des Auftragnehmers, sondern darauf an, ob danach die Baumaßnahme - wie hier - fortgeführt worden sei. Andernfalls wäre jede zivilrechtlich mögliche Kündigung des Werkvertrags, beispielsweise nach § 9 VOB/B, schädlich.

Ferner bestehe zwischen den wesentlichen Gewerken auch ein bautechnischer Zusammenhang. Wegen der Unmöglichkeit einer sachgerechten Betriebskostenabrechnung seien die Fertigstellung der zentralen Warmwasserversorgung sowie der Heizungsanlage zwingend gewesen, in deren Folge sowie wegen ihrer technischen Überalterung dann auch die Erneuerung der Elektroanlage und wegen der hierfür jeweils erforderlichen Aufbrüche in der weiteren Folge die Trockenbau-, Fliesen-, Maler- und Bodenarbeiten.

Schließlich widerspreche das Verhalten des Beklagten Treu und Glauben. Nachdem er im Jahre 2002 bei gleichem Sachverhalt Investitionszulage nahezu in voller Höhe gewährt habe, wäre es widersprüchlich und verletze das schutzwürdige Vertrauen der Klägerin in ihre Vermögensdispositionen, bei denen sie die Investitionszulage einkalkuliert habe, wenn er nunmehr für das Jahr 2003 eine andere Rechtsauffassung vertrete.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 Investitionszulage nach § 3 Investitionszulagengesetz 1999 für das Jahr 2003 in Höhe von 49.965,29 EUR festzusetzen.

Der Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, weitere Aufwendungen von EUR 2.552,00 (Ingenieurleistungen für Elektroinstallation) ohne den Selbstbehalt zu berücksichtigen, da es sich um eine Fortsetzung des bereits 1999 erteilten Auftrages handele.

Im Übrigen beantragt er,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die noch streitigen Investitionsmaßnahmen seien nach dem 31. Dezember 2002 begonnen worden. Eine einheitliche Baumaßnahme, die einen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang sowie ein bautechnisches Ineinandergreifen voraussetze, liege nicht mehr vor.

Die bindende und unwiderrufliche Einleitung der Baumaßnahme im Außenverhältnis liege nicht bereits in der Kreditbindung. Vielmehr sei der Beginn der eigentlichen Bauarbeiten maßgebend, der im Jahre 2003 gelegen habe. Die Planung bereits im Jahre 2000 sei unerheblich, da auf die Absicht einer Gesamtsanierung als ein zusammenfassendes Projekt nicht abgestellt werde.

An einem bautechnischen Ineinandergreifen zwischen den bis Ende November 2001 durchgeführten Außenarbeiten in Gestalt der Balkonsanierung und der Fassadendämmung sowie den später durchgeführten Innenarbeiten fehle es. Die im Jahre 2003 im Hauseingang 64 durchgeführten Bauarbeiten seien jeweils getrennte Baumaßnahmen, die mit den 1999 in dem Hauseingang 60 begonnenen Gewerken bautechnisch nicht verknüpft werden könnten. In räumlicher Hinsicht schließe schon die separate Durchführung und Durchführbarkeit der Baumaßnahmen für jeden Eingang eine Gesamtbaumaßnahme aus. Ob es Probleme mit der Abrechnung der Nebenkosten gab, sei für die Gewährung der Investitionszulage nicht erheblich. Die Heizungs-, Elektro- und Sanitäranlagen in den ersten Hauseingängen seien unabhängig von der noch ausstehenden Sanierung des Hauseingangs 64 funktionstüchtig gewesen. Auch zeitlich sei angesichts der Unterbrechung der Arbeiten über ein Jahr der erforderliche Zusammenhang nicht mehr gewahrt.

Schließlich seien die Arbeiten nicht allein auf Grund der Insolvenzen der beauftragten Unternehmen unterbrochen worden, sondern hauptsächlich auf Grund der Insolvenz einer Gesellschafterin der Klägerin. Erst nach Auswechselung von Gesellschaftern hätten die Sanierungsarbeiten fortgeführt werden können.

Der Hinweis auf Treu und Glauben gehe ins Leere. Anträge auf Investitionszulage seien jeweils für sich zu betrachten. Eine Bindung an die Ergebnisse von Vorprüfungen bestehe nicht.

Dem Senat haben die bei dem Beklagten für die Klägerin geführten Investitionszulageakten betreffend das Jahr 2003 einschließlich des Einspruchsvorgangs sowie die Akte der Investitionszulagensonderprüfung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist zulässig und nach Einschränkung des Begehrens hinsichtlich der Reparaturaufwendungen auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Investitionszulage für das Jahr 2003 nach § 3 InvZulG 1999 für Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden unter Berücksichtigung lediglich des Selbstbehalts von EUR 2.556,00.

1. Begünstigte Investitionen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 nachträgliche Herstellungsarbeiten (Nr. 1) sowie Erhaltungsarbeiten (Nr. 3) an Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1999 fertig gestellt worden sind, soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten oder der Erhaltungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen und wenn der Anspruchsberechtigte die Investitionen vor dem 1. Januar 2005 abschließt (§ 3 Abs. 2 InvZulG 1999). Diese Voraussetzungen sind zwischen den Beteiligten nicht streitig und in der Sache auch nicht zweifelhaft.

Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage ist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG die den Betrag von EUR 2.556,00 übersteigende Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen der im Kalenderjahr abgeschlossenen begünstigten Investitionen, soweit sie die vor dem 1. Januar 1999 geleisteten Anzahlungen übersteigen. Ob die Arbeiten im Streitjahr 2003 oder erst im Jahre 2004 abgeschlossen wurden, ist allerdings im Ergebnis unerheblich. In die Bemessungsgrundlage können auch Anzahlungen für noch nicht abgeschlossene Investitionen einbezogen werden. Das gilt sowohl für nachträgliche Herstellungsarbeiten (§ 3 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 5 Satz 2 InvZulG 1999) als auch für Erhaltungsaufwendungen (§ 3 Abs. 3 Satz 4 InvZulG 1999), so dass auch die Frage, um welche Art von Arbeiten es sich handelte, im Ergebnis offen bleiben kann. Auch die Höhe der Investitionszulage hängt davon nicht ab; sie beträgt nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 InvZulG 1999 für beiderlei Arbeiten 15%.

Bei Investitionen im Sinne des Absatzes 1, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 2001 begonnen hat, gehören jedoch die nachträglichen Herstellungskosten und die Erhaltungsaufwendungen nur zur Bemessungsgrundlage, soweit sie in den Jahren 2002 bis 2004 insgesamt EUR 50,00 je Quadratmeter Wohnfläche überschreiten (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 InvZulG 1999). Dann ist der Betrag von EUR 2.556,00 nicht zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 InvZulG 1999).

Wurde(n) mithin die Investition(en) nach dem 31. Dezember 2001 begonnen, so gilt der Selbstbehalt von EUR 50,00 pro Quadratmeter für den Zeitraum 2002 bis 2004. Wurde(n) sie vorher begonnen, gilt der Selbstbehalt von EUR 2.556,00 für das jeweilige Jahr. Für die Höhe der Investitionszulage ist mithin der Investitionsbeginn entscheidend.

2. Der Investitionsbeginn liegt allerdings nicht im Zeitpunkt der Bauantragstellung.

Nach § 3 Abs. 3 Satz 5, 1. HS InvZulG 1999 gilt als Beginn der nachträglichen Herstellungsarbeiten oder Erhaltungsarbeiten bei Baumaßnahmen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird. Nach dem 2. HS derselben Vorschrift ist bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

a. Nach § 65 des Gesetzes über die Bauordnung des Landes ... (BauO ...) vom 23. Juni 1994 (GVBl. LSA 1994, 723 ff.), der für den Beginn des Gesamtprojekts, das Jahr 1999, geltenden Fassung, bedurften die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen grundsätzlich der Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde.

aa. Es waren jedoch genehmigungsfrei

nach § 67 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. a BauO ... die geringfügige, die Standsicherheit nicht beeinträchtigende Änderung tragender oder aussteifender Bauteile innerhalb von Gebäuden

nach § 67 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. b BauO ... die Errichtung und Änderung nichttragender und nichtaussteifender Bauteile, an die keine Brandschutzanforderungen gestellt werden, in fertiggestellten Gebäuden

nach § 67 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b BauO ... die Errichtung und Änderung von Leitungen unter anderem für Wasser, Abwässer, Elektrizität und Wärme

nach § 67 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. h BauO ... die Errichtung und Änderung von Sanitärinstallationen

nach § 67 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. l BauO ... die Errichtung und Änderung von Fenstern und Türen innerhalb vorhandener Öffnungen

nach § 67 Abs. 4 schließlich Instandhaltungsarbeiten.

Danach waren alle Arbeiten, die Gegenstand des Streits sind, baugenehmigungsfrei. Der Investitionsbeginn für diese Arbeiten liegt mithin nicht nach § 3 Abs. 3 Satz 5, 1. HS InvZulG 1999 im Zeitpunkt der Bauantragstellung, auch dann nicht, wenn diese Arbeiten tatsächlich Gegenstand der dem Bauantrag beigefügten Baubeschreibung gewesen sein sollten. Die Vorschrift stellt nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für genehmigungspflichtige Vorhaben auf die Antragstellung ab. Eine anderweitige Auslegung verbietet sich auch deshalb, weil damit der Investitionsbeginn beliebig gestaltet werden könnte.

bb. Nicht baugenehmigungsfrei war möglicherweise die Sanierung der Balkone als tragende Bauteile. Nicht baugenehmigungsfrei war auch die Sanierung der Fassade nach § 67 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. d BauO ..., der Wärmedämm-Verbundsysteme, Außenwandverkleidungen, Verblendungen und Verputz nur für bauliche Anlagen genehmigungsfrei stellte, die keine Hochhäuser sind. Hochhäuser wiederum waren nach § 2 Abs. 3 Satz 2 BauO ... (ebenso im Kern noch heute nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BauO ... vom 20. Dezember 2005, GVBl. 2005, 769) Gebäude, bei denen der Fußboden mindestens eines Aufenthaltsraumes mehr als 22 m über der Geländeoberfläche liegt, was bei einem Bauwerk mit zehn Vollgeschossen zweifelsohne der Fall ist.

Balkone und Fassade waren jedoch bereits vor dem Streitjahr fertig gestellt und sind nicht Bestandteil des Investitionszulagenantrages. Auf den für diese Arbeiten maßgebenden Investitionsbeginn kommt es daher nicht mehr an.

Auch wenn ein Sanierungspaket baugenehmigungspflichtige und baugenehmigungsfreie Arbeiten einschließt, kann der Investitionsbeginn nicht auch für die baugenehmigungsfreien Arbeiten auf die Bauantragstellung konzentriert werden. § 3 Abs. 3 Satz 5, 1. HS InvZulG 1999 enthält eine Sondervorschrift für baugenehmigungspflichtige Baumaßnahmen und erlaubt ihrem Wortlaut nach eine Ausdehnung auf Maßnahmen, die damit zwar im Zusammenhang stehen, aber ihrerseits nicht baugenehmigungspflichtig sind, nicht.

Wollte man gleichwohl eine derartige Konzentrationswirkung auch für genehmigungsfreie Arbeiten annehmen, die noch nach Beendigung der baugenehmigungspflichtigen Arbeiten durchgeführt werden, so wäre vorliegend schon deswegen von einem Investitionsbeginn bereits im Jahre 1999 auszugehen. Die Klägerin hat zwar Unterzeichnung und Einreichung des mit der Klageschrift vorgelegten Bauantrages nicht nachgewiesen, der Beklagte dies aber auch nicht bestritten.

b. Eine Vorschrift, nach der im Übrigen für die streitigen Maßnahmen Bauunterlagen einzureichen gewesen wären, ist nicht erkennbar.

3. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 3 Satz 5, 1. HS InvZulG 1999 ist der tatsächliche Investitionsbeginn maßgebend.

Das bedeutet, dass die im Jahre 2003 durchgeführten Baumaßnahmen nur dann mit dem von der Klägerin begehrten geringen Selbstbehalt von EUR 2.556,00 pro Jahr behaftet sind, wenn diese nämlichen Baumaßnahmen bereits vor dem 01. Januar 2002 begonnen wurden. Da die weitgehende Unterbrechung der Sanierungsarbeiten diesen Jahreswechsel überdauerte, setzt das die Einheitlichkeit der zuvor begonnenen mit den schließlich im Streitjahr durchgeführten Arbeiten voraus.

a. Diese Einheitlichkeit ist unter Zugrundelegung der in verschiedenen BMF-Schreiben zum Ausdruck gekommenen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung jedenfalls für einen Teil der Arbeiten nicht gegeben.

aa. Nach dem BMF-Schreiben betreffend Gewährung von Investitionszulagen nach §§ 3, 3a Investitionszulagengesetz 1999 für Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden sowie den Mietwohnungsneubau im innerörtlichen Bereich vom 28. Februar 2003 (I A 5 - InvZ 1272 - 6/03, BStBl. 2003 I 218) soll grundsätzlich der tatsächliche Beginn der nachträglichen Herstellungs- bzw. Erhaltungsarbeiten maßgebend sein. Ein früherer Zeitpunkt komme in Betracht, wenn der Anspruchsberechtigte einen spezifizierten Bauauftrag an einen Bauunternehmer erteilt habe, ebenso bei Anlieferung nicht unerheblicher Mengen Baumaterials. Vorbereitende Arbeiten wie Planungsarbeiten genügten dagegen nicht (Tz. 27 des Schreibens).

Zu einem Wechsel des Bauunternehmers verhält sich das Schreiben nicht ausdrücklich. Das Schreiben vom 28. Juni 2001 betreffend Gewährung von Investitionszulagen nach § 2 Investitionszulagengesetz 1999 für betriebliche Investitionen (IV A 5 - InvZ 1271 - 21/01, BStBl. 2001 I 379) geht in Tz. 127 für Anschaffungsfälle davon aus, dass ein Wechsel des Lieferanten grundsätzlich die Identität zwischen bestelltem und geliefertem Wirtschaftsgut aufhebe, so dass der Zeitpunkt der Bestellung bei dem neuen Lieferanten maßgebend sei, es sei denn, der Lieferantenwechsel sei aus Gründen notwendig, die ausschließlich außerhalb des Einflussbereichs des Investors liegen und von ihm nicht zu vertreten sind.

Von denselben Grundsätzen geht auch noch das Schreiben betreffend Gewährung von Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz 2007 vom 08. Mai 2008 (IV C 3 - InvZ 1015/07/0001 - 2008/0237881, BStBl. 2008 I 590) in Tz. 131, 132 aus.

Bei Ermittlung des Arbeitsbeginns sei auf die einzelne Baumaßnahme abzustellen. Einzelne Baumaßnahmen seien nur als einheitliche Baumaßnahme zu beurteilen, wenn sie in einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stünden. Ein sachlicher Zusammenhang liege vor, wenn die Baumaßnahmen, die sich auch über mehrere Jahre erstrecken könnten, bautechnisch ineinander griffen (Tz. 28 des Schreibens vom 28. Februar 2003). Aus dem hierzu gegebenen Beispiel (Notwendigkeit einer Fassadenreparatur nach Anbau von Balkonen und Austausch von Fenstern durch Balkontüren) ergibt sich, dass bautechnisches Ineinandergreifen dann vorliegt, wenn die eine Maßnahme die andere baulich erzwingt.

bb. Nach diesen Maßstäben, mit denen grundsätzlich die Gewerke voneinander zu trennen und in Einzelmaßnahmen aufzuteilen sind, haben nicht alle im Streitjahr 2003 durchgeführten Arbeiten vor dem 01. Januar 2002 begonnen.

Das betrifft jedenfalls die durch neue Firmen vorgenommenen Arbeiten in den Treppenhäusern und im Eingangsbereich. Es ist nicht erkennbar, inwieweit diese durch die vorangegangenen Arbeiten an den Versorgungsschächten bautechnisch zwingend notwendig geworden sein sollen. Ein Investitionsbeginn vor dem 01. Januar 2002 wäre demnach nur möglich, wenn ein ursprünglicher Auftrag trotz des Wechsels der bauausführenden Firma den Herstellungsbeginn darstellen könnte. Ob die entsprechenden Arbeiten überhaupt im Detail bereits vor dem 01. Januar 2002 in Auftrag gegeben wurden, ist nicht aktenkundig. Fraglich ist auch, ob schon nach Verwaltungsauffassung die entsprechenden Ausführungen in dem BMF-Schreiben betreffend betriebliche Investitionen, die die Anschaffung betreffen, auf Baumaßnahmen im Rahmen von §§ 3, 3a InvZulG 1999 übertragen werden können und sollen. Jedenfalls aber fehlt es an der weiteren Voraussetzung, dass der Lieferanten- bzw. Auftragnehmerwechsel aus Gründen außerhalb des Einflussbereichs des Investors notwendig ist. Der Wechsel der Auftragnehmer beruhte im Wesentlichen auf der Insolvenz einer Gesellschafterin der Klägerin und damit auf internen Angelegenheiten der Klägerin.

Hinsichtlich des Austauschs der Türen wie auch hinsichtlich der Ingenieurleistungen für den Bereich Heizung/ Lüftung/ Sanitär ist die Identität der Leistungen mit den vor 2002 bereits in Auftrag gegebenen Leistungen zweifelhaft. Das gilt unabhängig davon, ob tatsächlich der Austausch jeder einzelnen Tür eine Investitionsmaßnahme für sich ist, da es bereits vor 2002 einen Gesamtauftrag gab, der, wenn er unverändert fortgesetzt worden wäre, über die Anknüpfung an den Bauauftrag den Beginn der gesamten Maßnahme "Türen" möglicherweise auf einen Zeitpunkt vor 2002 fixiert hätte. Der Auftrag scheint aber nach Aktenlage nicht unverändert fortgesetzt worden zu sein. Wenn auch kein Wechsel des beauftragten Unternehmers vorlag, so bedeutet doch die Erteilung eines Anschlussauftrags im Zweifel - die Klägerin hat diesen Anschlussauftrag nicht vorgelegt -, dass ein neuerlicher Auftrag erteilt und nicht nur der alte Auftrag abgearbeitet wurde. Damit ist die Anknüpfung an den ersten Bauauftrag zumindest fraglich.

Insbesondere aber hinsichtlich der durch neue Auftragnehmer in dem Hauseingang 64 vorgenommenen Arbeiten ist nach den Maßstäben der BMF-Schreiben die Verknüpfung mit den vor 2002 durchgeführten bzw. begonnenen Arbeiten nicht möglich. In diesem Hauseingang war vor der Unterbrechung der Arbeiten die Innensanierung noch nicht begonnen. Zwar mag die Fortsetzung der Sanierung auch in diesem Hauseingang aus wirtschaftlichen Gründen letztlich zwingend gewesen sein, namentlich wegen der Schwierigkeiten bei der Betriebskostenabrechnung, aber auch im Hinblick auf sonstige Befindlichkeiten der Mieter, die eine gedeihliche Vermietung auf Dauer wahrscheinlich unmöglich gemacht hätten. Jedoch stellt dieser wirtschaftliche Zusammenhang, gleich, wie sehr er den Investor bindet, keinen bautechnischen Zusammenhang dar.

b. Demgegenüber hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg mit Urteil vom 24. Februar 2005 (5 K 513/03, EFG 2005, 1376) unter ausdrücklicher Abweichung von der Verwaltungsauffassung ein Bündel von Erhaltungsmaßnahmen investitionszulagenrechtlich dann als einheitlichen Vorgang bewertet, wenn ein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang besteht und die Einzelmaßnahmen Gegenstand eines von vornherein gefassten Gesamtplans sind. Die zugelassene Revision wurde durch Beschluss vom 19. Juni 2006 nach § 126a Finanzgerichtsordnung - FGO - erledigt (vermerkt in http://[...].de).

aa. In diesem Urteil ist ausgeführt, der Begriff des bautechnischen Zusammenhangs sei in der Rechtsprechung zu der Frage entwickelt worden, wann Arbeiten, die für sich genommen Erhaltungsarbeiten sind, ertragsteuerlich in (bautechnisch damit zusammenhängende) Herstellungsarbeiten einbezogen werden müssen. Dieses Abgrenzungskriterium sei bei der Investitionszulage nicht sachgerecht. Dort seien Erhaltungsarbeiten den Herstellungsarbeiten gleichgestellt worden, da einerseits die Modernisierung von Mietwohngebäuden gefördert werden sollte, andererseits Sanierungsmaßnahmen häufig nicht die Qualität von Herstellungsaufwendungen im steuerlichen Sinne erreichten. Der Selbstbehalt wiederum habe die Förderung von Bagatellbeträgen und damit auch solcher Erhaltungsarbeiten ausschließen wollen, die finanziell einer Herstellungsmaßnahme nicht vergleichbar seien.

Vor diesem Hintergrund entspreche es dem Gesetzeszweck, Erhaltungsarbeiten, die Gegenstand einer planmäßig über Jahre durchgeführten Gesamtmaßnahme und nur mangels deutlicher Gebrauchswerterhöhung nicht als Herstellungsarbeiten zu beurteilen seien, als einheitliches Bauvorhaben zu bewerten.

bb. Der Senat folgt diesem Urteil. Er schließt sich grundsätzlich den aus der Entstehung und dem Zweck einerseits des InvZulG 1999, andererseits des Begriffs "bautechnischer Zusammenhang" abgeleiteten Erwägungen an.

Er sieht die Richtigkeit der in dem Urteil aufgezeigten Grundsätze auch durch die Rechtsprechung bestätigt, die im Hinblick auf die durch die Fördergesetze beabsichtigten Investitionsanreize grundsätzlich den Beginn der Herstellung zu dem Zeitpunkt und in dem Umfange annimmt, zu dem und soweit der Investor sich bindend und unwiderruflich in einer nach außen dokumentierten Weise für die Herstellung entschieden hat (Urteile des BFH vom 01. Juni 1979, III R 101/76, BStBl. 1979 II 580; vom 22. September 1989, III R 180/86, BFH/NV 1990, 528; vom 13. Juli 1990, III R 54/86, BStBl. 1990 II 923; vom 09. November 1990, III R 50/88, BStBl. 1991 II 425; vom 10. Januar 1992, III R 99/89, BFH/NV 1992 II 558).

Wenn die nach außen erkennbare Entscheidung des Investors den Herstellungsbeginn bestimmt, dann ist es nur folgerichtig, wenn die nach außen erkennbare Entscheidung auch den Umfang der Herstellung bestimmt. Ein Beginn kann nur fixiert werden, wenn fest steht, was und womit überhaupt begonnen werden soll. Sind verschiedene Maßnahmen Teil eines Gesamtplans, so kann die Entscheidung zur Herstellung denknotwendig nicht zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten getroffen werden.

An dem Gesamtplan ändert sich auch nichts, falls die rechtliche Bindung in Form einer Auftragserteilung nur einen Teil des Maßnahmebündels umfasst. Abgesehen von der Frage, ob ihre Wirkung sich nicht auf Grund des Gesamtplans möglicherweise auf die nicht unmittelbar umfassten Maßnahmen erstreckt, ist die rechtliche Bindung erst dann von Bedeutung, wenn der Maßnahmebeginn von dem Beginn der tatsächlichen Herstellungsarbeiten vorverlegt werden soll. Darauf aber kommt es nicht mehr an, wenn bereits ein Teil des Maßnahmebündels ins Werk gesetzt wurde.

cc. Nach diesen Maßstäben sind die streitbefangenen Arbeiten zu einer einheitlichen Maßnahme zusammenzufassen, die vor dem Jahre 2002 begonnen hat.

Die Arbeiten sind Gegenstand eines von vornherein gefassten Gesamtplans gewesen, der auch niemals aufgegeben wurde. Die entsprechende Behauptung der Klägerin hat der Beklagte nicht bestritten; sie ist auch nicht zweifelhaft. Die Gesamtplanung folgt zum einen aus der Kreditierung des Gesamtprojekts, zum anderen aus der Auftragserteilung für sämtliche Gewerke und alle drei Hauseingänge Ende 1999/ Anfang 2000. Die später unter anderem hinsichtlich der Betriebskosten aufgetretenen Schwierigkeiten auf Grund des unterschiedlichen Sanierungsstandes zeigen zusätzlich, dass alles andere als das Gesamtprojekt auch nicht sinnvoll gewesen wäre. Dieses Gesamtprojekt hat die Klägerin - unstreitig - noch vor 2002 tatsächlich begonnen.

Im Ergebnis ist auch noch nach dem von dem FG des Landes Brandenburg aufgestellten Maßstab von einem hinreichend engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den schließlich 2003 durchgeführten Maßnahmen auszugehen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich zwar in beiden Punkten erheblich von dem dort zu Grunde liegenden Sachverhalt. Zum einen waren in dem dort zu entscheidenden Fall die Arbeiten in zeitlichem Zusammenhang ohne wesentliche Unterbrechung durchgeführt worden. Zum anderen wies das sanierte Mietwohngebäude (mit sechs Wohnungen) lediglich einen Treppenaufgang auf. Bei der Frage, bis wann noch von einem "engen" Zusammenhang in zeitlicher wie räumlicher Hinsicht gesprochen werden kann, sind jedoch auch der Umfang und die Art des Gesamtprojekts zu berücksichtigen.

aaa. Soweit es den zeitlichen Zusammenhang betrifft, stockten die Sanierungsmaßnahmen etwa ein Jahr. Das ist zwar für sich genommen ein vergleichsweise langer Zeitraum. Andererseits schrumpft die relative Bedeutung einer zeitlichen Stockung mit der Größe des Projekts. Ein Plattenbau mit 120 Wohnungen hat eine Dimension, die mit einem Mehrfamilienhaus von sechs Wohnungen nicht vergleichbar ist. Gemessen daran ist ein Jahr nicht mehr so viel wie es zunächst erscheint. Es tritt hinzu, dass während dieses Jahres die Klägerin nicht untätig gewesen ist. Abgesehen von den notwendigen Reparaturen, die nicht zum eigentlichen Sanierungsprogramm gehörten, sind auch in dieser Zeit einzelne Wohnungen zum Zwecke der Vermietung saniert worden. Das war nur sinnvoll, wenn und soweit die Klägerin an dem ursprünglichen Gesamtsanierungsprojekt festhielt. Hätte sie das Projekt insgesamt aufgegeben, hätte keine Notwendigkeit dafür bestanden, insbesondere nicht bei einzelnen Wohnungen des Hauseingangs 64, der dann einheitlich ein unsanierter Plattenbau geblieben wäre. Die Klägerin hätte die unsanierten Wohnungen zu entsprechenden Spottpreisen vermieten können. Auch dafür gibt es einen Markt mit entsprechenden Interessenten, nur nicht diejenigen, an die die Klägerin vermieten möchte.

Stattdessen zeigt die weitere Sanierung einzelner Wohnungen, dass die Klägerin das Sanierungsvorhaben niemals vollständig unterbrochen oder gar abgebrochen hatte, sondern im Grunde sogar in kleinen Schritten durch den Zeitraum der Stockung hindurch weitergeführt hatte. Damit ist der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen den 1999/ 2000 begonnenen und den 2003/ 2004 beendeten Baumaßnahmen noch gegeben.

bbb. Auch der räumliche Zusammenhang ist trotz der getrennten Hauseingänge hinreichend eng, so dass auch die Sanierungsmaßnahmen in dem Hauseingang 64 noch als Bestandteil des Gesamtplans zu betrachten sind.

Allein die Existenz getrennter Hauseingänge und getrennter Treppenhäuser ist für den räumlichen Zusammenhang nicht entscheidend. Bei reiner räumlicher Betrachtung ohne bautechnische Wertung wäre schon nicht einleuchtend, warum etwa die Sanierung einer Wohnung im untersten und einer Wohnung im obersten Geschoss, die über denselben Hauseingang zu erreichen sind, eher einen räumlichen Zusammenhang aufweisen sollten als die Sanierung zweier nebeneinander liegender Wohnungen im Erdgeschoss, die über nebeneinander liegende Hauseingänge zu erreichen sind. Letztere beide liegen jedenfalls dichter beieinander. Es wäre auch wohl kein sachgerechtes Ergebnis, wenn bei kleineren Wohnanlagen, deren Wohnungen nicht über ein gemeinsames Treppenhaus mit gemeinsamer Haustür, sondern jeweils von außen ebenerdig oder über Außentreppen zugänglich sind, einer Gesamtsanierung wegen dieser Gestaltung der räumliche Zusammenhang fehlte. Ferner existieren Gebäude mit nur einem Treppenaufgang, aber zwei von außen zugänglichen Türen, wie auch Gebäude mit zwei Treppenaufgängen, aber nur einer von außen zugänglichen (und einer Not-)Tür. Schließlich existieren Gebäude, die zwar äußerlich getrennte Hauseingänge und Treppenhäuser besitzen, deren Keller aber (regelmäßig mit Brandschutztüren versehene) Durchbrüche zu den jeweils anderen Hauseingängen und damit zu allen anderen Wohnungen enthalten. Es erschiene daher willkürlich, angesichts der Vielfalt der baulichen Möglichkeiten für den räumlichen Zusammenhang formal an die Zahl der Hauseingangstüren oder der Treppenhäuser zu knüpfen.

Jedoch tritt das gesamte Gebäude - was einzelnen Senatsmitgliedern aus eigenem Ansehen bekannt ist - äußerlich als einheitlicher Block in Erscheinung, der nur wegen seiner Größe über drei Haustüren und Treppenaufgänge verfügt. Auch wenn die den jeweiligen Hauseingängen zugehörigen 40 Wohnungen statisch für sich bestehen könnten, was der Senat nicht weiß, aber vermutet, so liegt nach dem äußeren Erscheinungsbild ein einzelnes großes Wohngebäude vor. Es handelt sich auch nicht etwa um einen von mehreren Blocks eines Straßenzuges in geschlossener Bauweise, wie er in den Altstädten üblich ist, sondern um ein selbständiges in seiner Gesamtheit von Grünflächen umschlossenes Gebäude, das nur die Hauseingänge 60, 62 und 64 zu geschlossener Bauweise verbindet und so den räumlichen Zusammenhang aller in diesem Gebäude enthaltenen Wohnungen augenfällig macht. Hinzu tritt die innere Verknüpfung der drei Hauseingänge über die gemeinsamen Versorgungsanlagen für Heizung und Warm- und Kaltwasser, die ebenfalls den räumlichen Zusammenhang aller 120 Wohnungen unterstreicht.

dd. Der Wechsel der beauftragten Unternehmer sowie der Grund dafür sind nach diesen Maßstäben unerheblich. Der Senat hätte ohnehin Bedenken, für Beginn und Ende einer Maßnahme auf ein Verschuldenskriterium abzustellen, da Investitionszulage gewährt wird, wenn und weil die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, nicht etwa, obwohl sie unverschuldet nicht vorliegen. § 6 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 schließt die Anwendung von § 163 AO aus und verbietet somit Festsetzungen von Investitionszulage aus Gründen der Billigkeit.

Für die Frage, ob bestimmte Sanierungsmaßnahmen Bestandteil eines Gesamtplans sind und mit der Ausführung dieses Gesamtplans begonnen wurde, kommt es auf den beauftragten Unternehmer aber auch nicht an. Da ein Sanierungspaket auf Grund eines Gesamtplans auch durch sukzessive Beauftragung verschiedener Unternehmer oder auch durch ganze oder teilweise Ersetzung durch Eigenleistungen durchgeführt werden könnte, ist ein Wechsel des Auftragnehmers ohnehin unerheblich. Sie könnte allenfalls erheblich sein, wenn es für die Vorverlegung des Maßnahmebeginns auf die bindende Beauftragung des Unternehmers angekommen wäre. Das ist hier nicht der Fall.

4. Die festzusetzende Investitionszulage berechnet sich wie folgt:

 Sanierungsaufwendungen 
(ohne Reparaturaufwendungen)EUR 335.657,96
abzüglich SelbstbehaltEUR 2.556,00
BemessungsgrundlageEUR 333.101,96
davon 15%EUR 49.965,29 Investitionszulage

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 i.V.m. 136 Abs. 2 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.

III. Wegen des fortbestehenden Widerspruchs zu der Verwaltungsauffassung hat der Senat die Revision nochmals gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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