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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 27.03.2008
Aktenzeichen: 1 K 306/05
Rechtsgebiete: InvZulG 1999


Vorschriften:

InvZulG 1999 § 2 Abs. 7
InvZulG 1999 § 2 Abs. 8
Parallelverfahren zu 1 K 205/05 und 1 K 225/05
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 K 306/05

Investitionszulage 1999

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

ohne mündliche Verhandlung

am 27. März 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar,

den Richter am Finanzgericht Keilig,

den ehrenamtlichen Richter ...

den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung erhöhter Investitionszulage nach § 2 Abs. 7 und 8 Investitionszulagengesetz 1999 (InvZulG 1999). Die Klägerin produziert Futtermittel durch Be- und Verarbeitung von Eingangsstoffen, die sie auch selbst im Werksverkehr direkt an Großkunden liefert.

Im Jahr 1999 erwarb die Klägerin (neben anderen nicht mehr streitigen Wirtschaftsgütern) einen Zweiachscontaineranhänger (im folgenden Anhänger) mit Anschaffungskosten von 37.300 DM. Mit Investitionszulagenantrag vom 6. März 2000 beantragte die Klägerin dafür Investitionszulage in Höhe von 20 v.H.

Nach Durchführung einer Investitionszulagensonderprüfung gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 5. Februar 2003 lediglich Investitionszulage in Höhe von 10 v.H., da es sich nach seiner Ansicht nicht um eine Erstinvestition im Sinne des InvZulG 1999 handelte. Es fehle an einer Output-Erhöhung.

Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 7. März 2003 wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom 21. Januar 2005 als unbegründet zurück. Am 24. Februar 2005 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der angeschaffte Anhänger eine Erstinvestition im Sinne von § 2 Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999 darstelle und daher eine Zulage in Höhe von 20 v.H. zu gewähren sei. Ein Anhänger sei vorher nicht im Betrieb der Klägerin vorhanden gewesen. Man habe beabsichtigt, mit dem Anhänger höhere Umsätze zu erzielen; dies sei faktisch auch erfolgt. Die Umsatzzahlen hätten sich wie folgt geändert:

 1999:1.520.002 DM
2000:1.539.064 DM
2001:1.608.752 DM
2002:1.501.907 DM
2003:3.046.782 DM
2004:4.690.323 DM
2005:4.270.034 DM

Damit werde nach Auffassung der Klägerin objektiv und klar erkennbar, dass die betriebliche Jahresleistung bezogen auf den Zeitpunkt der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Anhängers nachhaltig und deutlich gesteigert werden konnte.

Der Anhänger diene sowohl dem Transport von Rohstoffen zur Verarbeitung und damit mittelbar der Produktion als auch der Auslieferung der selbst erzeugten Futtermittel und damit mittelbar dem Vertrieb. Nach Auffassung der Klägerin ist zur Erweiterung einer bestehenden Betriebstätte jegliche Investition geeignet, die die Leistungsfähigkeit des Betriebes zu steigern bestimmt und geeignet ist. § 2 Abs. 8 InvZulG 1999 bestimme, dass die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter der Erweiterung einer bestehenden Betriebstätte "dienen" müssten. Gesetzlich werde daher lediglich ein finaler, jedoch kein kausaler Zusammenhang gefordert. Dies ergebe sich auch aus dem Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 28. Juni 2001, BStBl. 2001 I 379, der unter Rz. 107 lediglich ausführe, dass eine Betriebsstättenerweiterung voraussetze, dass die wirtschaftliche Tätigkeit ausgeweitet werde und die Investition nur "die Möglichkeit" schaffen müsse, die Produktion von Waren, Dienstleistungen oder den Handel qualitativ oder quantitativ zu steigern. Auch hierin finde sich der finale Zusammenhang zwischen einer Investition und einer Betriebsstättenerweiterung wieder. Das Abstellen des Beklagten auf eine tatsächliche Output-Steigerung, also die Forderung nach einem kausalen Zusammenhang zwischen Investition und ihrer wirtschaftlichen Auswirkung, widerspreche sowohl dem Gesetzeswortlaut wie der Auffassung des Bundesfinanzministeriums, so dass auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung vorliege.

Zudem müsse berücksichtigt werden, dass wirtschaftliche Investitionsentscheidungen nicht nur kurzfristige Planungen umfassten, sondern mittel- bis langfristige Prognosezeiträume beträfen. Die Anschaffung neuer Wirtschaftsgüter erfolge unter ökonomischen Gesichtspunkten nur dann, wenn der Unternehmer davon ausgehen könne, dass sich die Investition amortisiere und - mindestens im Zeitraum der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer - auch (zusätzliche) Gewinne erzielt werden können. Eine Investitionsentscheidung werde in der Regel und nach allgemeinen Erfahrungssätzen in kleineren Unternehmen erst dann positiv getroffen, wenn die angestrebten höheren Kapazitäten, die durch die Neuinvestitionen geschaffen und genutzt werden sollen, bereits unter überproportionaler und extensiver Nutzung der vorhandenen betrieblichen Ressourcen teilweise beziehungsweise ganz erreicht werden.

Im konkreten Fall bedeute dies, dass die Klägerin bereits vor Erwerb des Anhängers unter Ausnutzung eigener Ressourcen (Lkw) und unter Inanspruchnahme fremder Dienstleister (Speditionen) entsprechende Lade- und Warenkapazitäten aufgebaut habe, um diese nach Erwerb des Anhängers mit eigenen Investitionsgütern, nämlich dem Anhänger, selbst abzuwickeln und damit den eigenen Betrieb faktisch zu erweitern und zu vergrößern.

Die alleinige Betrachtung des Investitionszeitraumes beziehungsweise eines kurzen Zeitraums vor und nach dieser Investition würde weder tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten noch wirtschaftlicher Betrachtungsweise gerecht.

Soweit die Klägerin im Klagewege zunächst zusätzlich eine erhöhte Zulage für einen angeschafften Lastkraftwagen, für einen Aufbau des Lastkraftwagens sowie für eine Standheizung begehrt hat, hat sie den ursprünglichen Klageantrag mit Schriftsatz vom 30. Juni 2006 auf den Zweiachscontaineranhänger beschränkt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

über den Investitionszulagenbescheid vom 5. Februar 2003 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 21. Januar 2005 hinaus weitere Investitionszulage in Höhe von 3.730,00 (= 1.907,12 EUR) zu gewähren und

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Anhänger zwar einer Erhöhung der Ladekapazität beziehungsweise der Transportmenge diene, dies allein jedoch nicht ausreichend sei, eine Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit anzunehmen. Wirtschaftsgüter, die nicht unmittelbar für die Produktion von Waren und Dienstleistungen oder den Handel verwendet wurden, dienten nur dann der Erweiterung einer bestehenden Betriebstätte, wenn sie in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem Investitionsvorhaben angeschafft oder hergestellt würden, das eine Steigerung der Produktion von Waren und Dienstleistungen oder des Handels ermögliche. Hieran fehle es, da eine Steigerung der Produktion mit der Folge einer Outputsteigerung nicht ersichtlich sei. Die Umsatzzahlen hätten sich wie folgt entwickelt:

 1996:1.606.331 DM
1997:1.555.602 DM
1998:1.765.121 DM
1999:1.520.002 DM
2000:1.539.064 DM
2001:1.608.752 DM

Es werde erkennbar, dass die Umsatzzahlen unmittelbar nach Anschaffung des Anhängers keine oder nur unwesentliche Veränderungen aufwiesen.

Dies ergebe sich auch, wenn man die Erlöse "Futter 7%" aus der Gewinn- und Verlustrechnung vergleiche:

 1996:831.901,85 DM
1997:444.623,29 DM
1998:434.003,85 DM
1999:472.174,69 DM
2000:538.469,95 DM
2001:499.778,49 DM
2002:424.538,40 DM
2003:2.671.936,40 DM
2004:3.750.045,97 DM
2005:2.980.509,68 DM

Soweit Umsatzsteigerungen ab 2003 festzustellen seien, seien diese wohl nicht auf den streitbefangenen Anhänger zurückzuführen.

Dem Senat haben die Investitionszulagenakte und die Akten zum Parallelverfahren 1 K 205/05 vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erhöhte Investitionszulage für Erstinvestitionen.

Ein Zulagensatz in Höhe von 20 v.H. für Erstinvestitionen kommt gemäß § 2 Abs. 7 Nr. 1 i.V.m. Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999 nur dann in Betracht, wenn die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter der Erweiterung einer bestehenden Betriebstätte dienen (die anderen Varianten des § 2 Abs. 8 InvZulG 1999 sind offensichtlich nicht einschlägig).

1. Der Senat versteht unter einer Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte im Sinne von § 2 Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999 eine räumliche oder sächliche Ausweitung der eingerichteten und ausgeübten Betriebsstätte, die zu einer wesentlichen quantitativen oder qualitativen Erhöhung ihrer Produktionskapazität führt. Die Erweiterung einer Betriebstätte setzt eine Vergrößerung / Ausweitung der Produktionskapazitäten oder der unternehmerischen und wirtschaftlichen Tätigkeit durch weitere Produktionsprozesse / -linien zur Verbesserung der betrieblichen Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit zusätzlich angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgütern voraus (vgl. auch FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18. Januar 2007, 1 K 1842/05, EFG 2007, 1465; Revision eingelegt: BFH III R 14/07).

Die Frage, nach welchem Maßstab eine Erstinvestition von anderen Investitionen abzugrenzen ist, ist in der Rechtsprechung nicht geklärt. Nach Auffassung des BMF (Schreiben vom 28. Juni 2001, IV A 5 - InvZ 1271 - 21/01, BStBl. 2001 I 379, dort Rz. 107) setzt eine Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte eine Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit voraus. Diese müsse sich nach außen dokumentieren, d.h. die Investition müsse die Möglichkeit schaffen, die Produktion von Waren, Dienstleistungen oder den Handel (Ausbringungsmenge / -ergebnis = Output) qualitativ oder quantitativ zu steigern.

Der Senat geht davon aus, dass mit der darin vorausgesetzten Steigerung des Outputs nur eine wesentliche Steigerung gemeint ist. Sollte damit hingegen eine jede Steigerung ohne Mindestanforderungen an ihr Ausmaß gemeint sein, folgte er dieser Ansicht nicht.

Der Senat stützt seine Rechtsauffassung auf die folgenden Überlegungen:

a. Die Aufzählung der verschiedenen Varianten, die gemäß § 2 Abs. 8 InvZulG 1999 zu Erstinvestitionen führen, zeigt, dass damit nur Veränderungen in der Betriebsstruktur von einigem Gewicht gemeint sind.

Die Nrn. 1, 3 und 4 sind jeweils einschneidende Veränderungen des Betriebes. Bei der Neugründung einer Betriebsstätte (Nr. 1) bedarf dies keiner weiteren Erläuterung. Die Übernahme eines sonst geschlossenen Betriebs (Nr. 4) kommt aus der Sicht des Investors der Neugründung einer Betriebsstätte gleich. Schließlich erfasst auch Nr. 3 in Bezug auf Produkte und Produktionsverfahren nur die "grundlegende" Änderung, also ebenfalls eine tiefgreifende Veränderung der Betriebsstruktur.

Der Senat hielte es für systematisch nicht korrekt, Nr. 2 nach Art einer Auffangvorschrift zu verwenden, wenn das Maß der betrieblichen Umgestaltung hinter dem jeweils nach Nr. 1, 3 und 4 erforderlichen Maß zurückbleibt. Dies wird insbesondere augenfällig beim Vergleich der Nr. 3 mit der Nr. 2. Liegt eine nur geringfügige Änderung eines Produkts oder eines Produktionsverfahrens vor, die keine "grundlegende Änderung" im Sinne der Nr. 3 ist, so dürfte dann, wenn Nr. 2 sich mit jedweder Steigerung des Outputs begnügte, regelmäßig Nr. 2 eingreifen. Eine Änderung eines Produktionsverfahrens wird regelmäßig nur bei einer entsprechenden Effektivitätssteigerung, mithin entweder einer Steigerung der Qualität oder der Quantität der Produktion vorgenommen. Unterfiele bereits eine geringwertige Erhöhung des Outputs der Nr. 2, wäre die Beschränkung der Nr. 3 auf "grundlegende" Änderungen obsolet.

Aus dem Umstand, dass alle vier in § 2 Abs. 8 InvZulG 1999 genannten Varianten gleichrangig nebeneinander stehen, ist vielmehr zu schließen, dass sie auch von vergleichbarer Bedeutung für die jeweilige Betriebsstätte sein müssen. Damit wäre es nicht vereinbar, neben den wesentlichen Veränderungen der Nrn. 1, 3 und 4 in Nr. 2 auch geringfügige Veränderungen als Erstinvestition zu verstehen.

b. Ein Verständnis des Inhalts, dass jedwede Steigerung des Outputs eine Betriebsstättenerweiterung im Sinne der Nr. 2 darstellt, führte nach Auffassung des Senats auch inhaltlich nicht zu sinnvollen Ergebnissen.

Fast jede Anschaffung eines Wirtschaftsguts führt zu einer Erhöhung des Outputs in quantitativer oder qualitativer Hinsicht. Wenn sie nicht von einem solchen betriebswirtschaftlichen Nutzen wäre, erfolgte regelmäßig keine Anschaffung. Anders kann es allenfalls bei reinen Ersetzungen verschlissener oder bereits ausgefallener Wirtschaftsgüter liegen, die außerdem nicht mit einer Verbesserung des betreffenden Wirtschaftsguts einhergehen. Letzteres ist fast nie der Fall. Fast jede denkbare Gattung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unterliegt im Laufe der Zeit einem Wandel. Dieser Wandel ist regelmäßig eine Verbesserung oder eine technische Weiterentwicklung.

Eine Auslegung aber, die dazu führte, dass es fast nur noch Erstinvestitionen und kaum noch andere Investitionen gibt, kann keine sachgerechte Auslegung des Gesetzes sein.

c. Der Senat sieht sich in diesem Verständnis dadurch bestärkt, dass das Gesetz den gängigen Begriff "Ersatzinvestitionen", den auch der BMF synonym für andere Investitionen nutzt (a.a.O., Rz. 13, 102, 113, 114, Anlage 1) und der in der Tat nahe legen könnte, nur reine Ersetzungen als "andere Investitionen" zu verstehen, nicht verwendet.

Das Gesetz stellt vielmehr dem Begriff "Erstinvestitionen" den Begriff "andere Investitionen" gegenüber. Diese Bezeichnung ist weniger anschaulich als der Begriff "Ersatzinvestition", was dafür spricht, dass "andere Investitionen" gerade nicht (nur) "Ersatzinvestitionen" sein sollten. Andernfalls hätten sie ohne weiteres wesentlich eindeutiger so bezeichnet werden können. Es wäre ein begriffsjuristischer Zirkelschluss, zunächst einen Gesetzesbegriff auf Grund eines inhaltlichen Vorverständnisses seines Inhalts - hier der Beschränkung der "anderen Investitionen" auf Ersetzungen ohne Verbesserung - durch einen anderen zu ersetzen, um sodann aus diesem neuen Begriff eine Aussage über eben diesen Inhalt abzuleiten.

d. Nach alledem ist nach dem Verständnis des Senats Prototyp der Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte im Sinne von § 2 Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999 etwa die Errichtung einer neuen Lager- oder Produktionshalle nebst Maschinen.

Aus diesen Maßstäben leitet der Senat das eingangs formulierte Erfordernis einer wesentlichen Kapazitätserhöhung ab. Er ist sich des Umstandes bewusst, dass Tatbestandsmerkmale wie "wesentlich" von erheblicher Unschärfe sind und Abgrenzungsschwierigkeiten hervorrufen. Er sieht allerdings keine geeignete Möglichkeit, diese Schwierigkeiten zu vermeiden, weil sie in dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der Betriebsstättenerweiterung gründen. Der Begriff der Erweiterung, verstanden als solche, die in ihrer betrieblichen Bedeutung den anderen Erstinvestitionen gleichkommen muss, ist ein Typusbegriff mit fließenden Grenzen, der eine wertende Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls erfordert. Er birgt stets eine gewisse Unschärfe, was auch Umschreibungen nicht ändern können. Der Maßstab der Produktivitätserweiterung dient bereits der Konturierung dieses Begriffs und vermag diese Unschärfen zwar auf einzelne Teilmerkmale zu beschränken, nicht aber zu vermeiden.

e. Nach dieser Maßgabe kann die Anschaffung des Anhängers nicht als Erstinvestition gewertet werden. Zwar erhöht die erstmalige Anschaffung eines Anhängers die Transportkapazitäten und verringert somit den Fahrtaufwand sowohl zur Beschaffung der für den Produktionsprozess erforderlichen Ausgangsmaterialien wie später den Vertrieb der hergestellten Futtermittel, doch ist hierin noch keine wesentliche Veränderung der Betriebsstruktur von einigem Gewicht zu sehen, selbst wenn dadurch ggf. der Aufwand für Fremdleistungen (Einsatz von Speditionen) verringert werden kann. Auch wird hierdurch die Produktionskapazität des Betriebes zur Herstellung von Futtermitteln selbst nicht erweitert. Der Anhänger ist für den Betrieb der Klägerin nicht strukturbestimmend und umfasst zudem lediglich einen geringen Bruchteil des gesamten Anlagevermögens. Eine Erhöhung der zur Verfügung stehenden Transportkapazitäten kommt allenfalls mittelbar dem Produktionsprozess zugute. Die Betriebsstätte an sich wird hierdurch weder qualitativ noch quantitativ erweitert. Originärer Zweck des Betriebes ist die Herstellung von Futtermitteln, nicht jedoch der Transport solcher Produkte. Eine Erweiterung der Betriebsstätte - wie sie der Senat versteht - setzt jedoch einen direkten Zusammenhang mit dem Produktionsprozess voraus. Dies ist im Streitfall nicht gegeben.

2. Darüber hinaus muss nach Auffassung des Senats zwischen der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes und der wesentlichen Steigerung des Produktionsprozesses oder der Veränderung in der Betriebsstruktur von einigem Gewicht ein direkter zeitlicher und kausaler Zusammenhang bestehen, der nach objektiven Maßstäben bestimmbar sein muss.

Hieran fehlt es im Streitfall. Wesentliche Umsatzsteigerungen konnten erst mehr als vier Jahre nach Anschaffung des Anhängers realisiert werden. Hintergrund der Umsatzsteigerungen war nach dem Ergebnis der Augenscheineinnahme und den diesbezüglichen Erläuterungen der Klägerin im Parallelverfahren 1 K 225/05 die Tatsache, dass die neue Verarbeitungstechnik von Ausgangsmaterialien für die Futtermittelherstellung über einen längeren Zeitraum erst entwickelt und anschließend dieses Produkt auf dem Markt angeboten und vertrieben werden musste.

Für die Gewährung von Investitionszulagen bzw. für die Bestimmung von Tatbestandsmerkmalen müssen objektive Sachverhaltsdaten vorliegen. Zwar geht der Senat davon aus, dass unter Berücksichtigung eines ökonomisch sinnvollen Verhaltens Investitionen erst dann getätigt werden, wenn vorausschauende Planungen den betriebswirtschaftlich sinnvollen Einsatz der angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter rechtfertigen, doch erfordert dies einen kausalen Zusammenhang zwischen Anschaffung und Investitionsergebnis. Ein solcher ist beim Zeitraum von über vier Jahren nicht (mehr) erkennbar, wobei der Senat grundsätzlich in Zweifel zieht, dass die später (ab 2003) erzielte Umsatzsteigerung auf die Anschaffung des Anhängers zurückzuführen ist. Dies ist für den Senat nicht ersichtlich geworden und vielmehr allgemein auf die Geschäftsausweitung zurückzuführen.

Ob und inwieweit die Umsatzsteigerungen der Jahre 1999 bis 2002 gegebenenfalls direkt dem Anhänger zugerechnet werden können, ist ebenfalls zweifelhaft und wurde von der Klägerin auch nicht dargelegt oder nachgewiesen. Selbst wenn ein solcher Zusammenhang hergestellt werden könnte, würde es jedoch an der Wesentlichkeit der Steigerung der Produktion im Sinne der Definition des Senates fehlen.

Der kausale und zeitliche Zusammenhang kann nach Auffassung des Senats auch nicht über den Zeitraum der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes hergestellt werden. Dies würde auf der einen Seite einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zur Folge haben und auf der anderen Seite subjektiven Elementen Vorschub leisten. Die Beurteilung, ob eine Erweiterung einer Betriebsstätte tatsächlich vorliegt, muss anhand objektiver Sachverhalte und nachvollziehbarer Daten erfolgen. Daraus folgt, dass nicht abgewartet werden kann, ob die Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes irgendwann einmal zu einer Produktionssteigerung und damit zu einer Erweiterung einer Betriebsstätte führt.

II. Der Senat hat die Revision im Hinblick auf die höchstrichterlich ungeklärte Frage, welcher Maßstab an eine Erweiterung der Betriebsstätte gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999 anzulegen ist und inwieweit ein finaler oder kausaler zeitlicher Zusammenhang gegeben sein muss bzw. welche objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht werden müssen, gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 FGO zugelassen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO; soweit der Antrag zurückgenommen wurde auf § 136 Abs. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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