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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 24.08.2006
Aktenzeichen: 1 K 539/04
Rechtsgebiete: EStG, BGB, HGB, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 15a
BGB § 104
HGB § 128
AO 1977 § 191 Abs. 1
AO 1977 § 191 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 K 539/04

Haftung für Umsatzsteuerschulden der ... ... GbR

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2006

durch den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden, die Richterin am Finanzgericht Hübner, den Richter am Finanzgericht Keilig, die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin wehrt sich gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin für die Umsatzsteuerschulden der Jahre 2001 und 2002 einer von dem Beklagten so benannten ... ... GbR als Betreiberin des Autohauses "C...". Die Klägerin, die damals noch ihren Geburtsnamen "..." trug, meint, sie sei nicht Mitunternehmerin, sondern nur Angestellte des ... V... gewesen, der dieses Autohaus allein betrieben habe.

Der 1969 geborene V... betrieb seit 1990 in ... und Umgebung teilweise allein, teilweise mit Kompagnons oder Strohleuten zusammen verschiedene Autohäuser mit erheblichem wirtschaftlichem Erfolg, und zwar jedenfalls in den letzten Jahren in strafbarer Weise: Fahrzeuge wurden mit hohem Kilometerstand, auch mit Unfallschaden, erworben und nach Zurückdrehen des Tachos und kosmetischen Maßnahmen als unfallfreie Fahrzeuge mit niedrigerem Kilometerstand veräußert. Zu diesen Autohäusern gehörte auch das von August 2001 bis September 2002 operativ tätige "C..." in ..., um das es in diesem Verfahren geht. ... K... (Namensgeber für dieses Autohaus) war dort unstreitig nur Strohmann. Mit der Klägerin hatte er formal einen Arbeitsvertrag geschlossen. V... ist mittlerweile unbekannten Aufenthalts.

Die 1971 geborene Klägerin war von 1989/ 1990 bis 2002 mit Unterbrechungen Lebensgefährtin des V.... Sie hatte nach ihrem Abitur Anfang der 90er Jahre eine Ausbildung zur Finanzkauffrau absolviert. Von 1993 bis 1999 war sie im ... Sachsen-Anhalt, einer Abteilung der ... ...bank, beschäftigt. Dort hatte man ihr gekündigt. Sie hatte - nach eigener Angabe - einen Förderantrag des V... erhöht und so der Bearbeiterin vorgelegt. V... hätte statt dessen einen neuen Antrag einreichen müssen. Anschließend war sie arbeitslos, arbeitete sodann in anderen Autohäusern im Umkreis des V... mit, bevor sie im August 2001 in dem streitgegenständlichen C... mit V... zusammen oder für V... zu arbeiten begann, in dem sie Fahrzeuge verkaufte.

V... achtete in den verschiedenen Autohäusern wie auch im C... darauf, selbst gegenüber Kunden nicht in Erscheinung zu treten. Er ordnete jedoch gegenüber den jeweils im Geschäft befindlichen Personen an, zu welchen Preisen oder innerhalb welcher Preisspannen angekauft und verkauft werden solle, gegenüber den für die technischen Belange zuständigen Personen, welche Kilometerstände die Verkaufsfahrzeuge aufweisen sollten. Korrespondenz mit Dritten erfolgte allerdings zum Teil unter seinem Namen. Geschäftspartner und Mitarbeiter gingen durchgängig davon aus, dass V... wie auch in den anderen Autohäusern im C... "das Sagen" hatte, nach ihm - jedoch noch vor anderen Mitarbeitern - die Klägerin.

Damit den Vorbesitzern der Fahrzeuge bei der Besichtigung der zum Verkauf ausgestellten Fahrzeuge nicht gleich auffalle, dass die Tachos ihrer früheren eigenen Fahrzeuge zurückgestellt worden waren, sorgte V... dafür, dass die in einem Autohaus angekauften Fahrzeuge grundsätzlich in einem anderen Autohaus verkauft wurden. Einigen Käufern fiel kurz nach Erwerb der mangelhafte Zustand der erworbenen Fahrzeuge auf. Es wurden verschiedene Strafanzeigen erstattet, und zwar auch gegen die Klägerin persönlich, die im Autohaus C... vor Ort den Verkauf vorgenommen hatte und auch die Kaufverträge unterzeichnet hatte. Mit Hilfe von Vorbesitzern sowie von Vertragswerkstätten hatten die Käufer sowohl Tachomanipulationen als auch Unfallschäden festgestellt. Nach Angaben mehrerer Zeugen war bei Vertragsabschluss das in den Kaufverträgen vorgesehene Feld für Unfallschäden offen gelassen. Die Klägerin hatte sie bewogen, den Originalvertrag - ohne Mitnahme wenigstens einer Ablichtung - im Autohaus zu lassen. Nachdem sie später den Kaufvertrag ausgehändigt erhalten hatten, war die Option Unfallschaden angekreuzt.

Steuerfahndung und Polizei führten umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen bei den Autohäusern im Einflussbereich des V... durch. Der Beklagte führte entsprechend gewerbliche Betriebsprüfungen durch. Bei diesen Prüfungsmaßnahmen des Beklagten bzw. Durchsuchungsmaßnahmen der Steuerfahndung bzw. Polizei konnten Unterlagen teilweise gar nicht mehr, teilweise nur noch rudimentär vorgelegt bzw. aufgefunden werden.

Die Prüfungen bezogen sich auch auf das verfahrensgegenständliche C... Diese Firma wurde bei dem Beklagten seit dem 13. August 2001 in der Rechtsform eines Einzelunternehmens unter dem Namen ... K... geführt. Am 07. August 2002 wurde bei dem C... eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angemeldet, die am 22. August 2002 beginnen sollte. Unter Berufung auf einen Urlaub des ... K... wurde auf Initiative der Klägerin der Prüfungsbeginn auf den 25. September 2002 verlegt. Die Unterlagen wurden mit dem Sperrmüll am 24. September 2002 weitgehend vernichtet. Grundaufzeichnungen, namentlich Ein- und Ausgangsrechnungen, waren nicht mehr vorhanden. Auf Betreiben des Vorwerk hatten verschiedene Personen, darunter die Klägerin, die zuvor am Ort befindlichen Fahrzeuge in ein anderes Autohaus nach W... gebracht. Die Prüferin fand schließlich am 25. September 2002 ein bis auf die Büromöbel leeres Autohaus vor. Sie erhielt noch einen Ordner mit verschiedenen unvollständigen Aufzeichnungen über Gebrauchtwagen, Kontoauszügen, einem elektronisch erstellten Rechnungseingangsbuch sowie einem handschriftlichen Kassenbuch, das die Klägerin nach eigener Angabe (im Rahmen einer Besprechung vom 16. Juli 2003) anhand von Ankaufsscheinen und Verkaufsbelegen kurz vor der Prüfung nacherstellt hatte, aber, wie die Klägerin im Verlauf der Prüfung selbst zugestand, nicht vollständig den Tatsachen entsprach. Inwieweit die Angaben in diesem Buch auf Betreiben des V... zustande gekommen waren, ist ungeklärt.

Dem Beklagten teilte die Klägerin zunächst mit, K... habe während seines Urlaubs ihr Unbekannte beauftragt, das Autohaus leerzuräumen und die noch vorhandenen Autos zu verkaufen. Das Geschäft solle aufgegeben werden, sie sich Arbeit suchen. Die Firma wurde tatsächlich am 30. Oktober 2002 abgemeldet.

Aus verschiedenen Aussagen von Beschuldigten und Zeugen leitete die Steuerfahndung und mit ihr der Beklagte her, dass dieses Autohaus in Wahrheit nicht von dem Namensgeber ... K..., sondern von V... und der Klägerin als Mitunternehmer betrieben worden sei. Er nahm daher eine ... ... GbR als Steuerpflichtige auf, der gegenüber er am 01. Juli 2003 eine erneute Prüfungsanordnung unter anderem betreffend die Umsatzsteuer 2001 und 2002 erließ. Die Besteuerungsgrundlagen ermittelte er durch Schätzung, und zwar durch Addition der aus den noch vorhandenen Unterlagen erkennbaren Zahlungseingänge als Bruttobeträge zuzüglich einer Hinzuschätzung von 20% netto auf die steuerpflichtigen Umsätze. Vorsteuern berücksichtigte er nicht, da Rechnungen entweder vernichtet oder fehlerhaft auf den Namen des Scheinunternehmers K... ausgestellt waren.

Mit Bescheiden vom 17. Oktober 2003 setzte er gegenüber der ... ... GbR Umsatzsteuer in Höhe von DM 155.326,00 für 2001 und EUR 163.297,12 für 2002 fest.

Da diese GbR naturgemäß für die Erhebung der Steuerschulden nicht mehr greifbar war, nahm der Beklagte neben V... mit Bescheid vom 08. August 2003 die Klägerin für Steuerschulden der ... ... GbR, nämlich

 Umsatzsteuer 2001 in Höhe vonEUR 78.266,90
Säumniszuschläge hierzu in Höhe vonEUR 9.384,00
und Umsatzsteuer 2002 in Höhe vonEUR 161.713,24
mithin insgesamtEUR 249.364,14

in Haftung.

Er führte aus, gemäß § 191 Abs. 1, 4 AO i.V.m. § 128 HGB hafte die Klägerin als Gesellschafterin der ... ... GbR gesamtschuldnerisch neben V... und werde neben diesem unabhängig von einer schuldhaften Pflichtverletzung in Haftung genommen. Sie habe statt des nur als Strohmann vorgeschobenen ... K... gemeinsam mit V... das Unternehmen C... in ... betrieben. V... und die Klägerin hätten gemeinsam die Unternehmerinitiative übernommen und das Unternehmerrisiko getragen. Aufgaben und Entscheidungen, die sich aus dem Einkauf der Fahrzeuge, der Überwachung der laufenden Geschäftsvorfälle, der Buchführung und dem Verkauf der Fahrzeuge ergaben, hätten ausschließlich der Klägerin und V... oblegen. Beide seien gegenüber Dritten als Leistende aufgetreten. Barmittel habe V... zur Verfügung gestellt. Entnahmen hätten die Klägerin und V... getätigt. Die Kontovollmacht über das betriebliche Konto habe die Klägerin gehabt. Verfügungen über das Konto habe fast ausschließlich die Klägerin vorgenommen. Mit neuen Arbeitnehmern habe sie die Gespräche zur Einstellung geführt und die Verträge ausgestellt.

Gegenüber der GbR könnten keine Maßnahmen zum Eintreiben der Forderungen mehr ergriffen werden, da kein Geschäftsbetrieb mehr existiere, so dass es ermessensgerecht sei, die Klägerin neben V... als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen.

Hiergegen richtete sich der am 18. August 2003 eingegangene Einspruch der Klägerin, der erfolglos blieb. Gegen den Einspruchsbescheid vom 26. Februar 2004 richtet sich die am 23. März 2004 eingegangene Klage.

Die Klägerin meint, sie sei nicht Mitunternehmerin des C... gewesen. Abgesehen davon, dass als Rechtsform allenfalls eine oHG in Betracht gekommen wäre, seien Betriebsvermögen und Erlöse ausschließlich dem V... zuzurechnen.

Sie habe kein Mitunternehmerrisiko getragen. Sie sei in diesem Autohaus nur Angestellte und als solche, wie schon der Arbeitsvertrag zeige, in vollem Umfange dem Direktionsrecht ihres Vorgesetzten V... unterworfen gewesen. Es gebe keinen Gesellschaftsvertrag, auch nicht konkludent. Sie habe kein Kapital eingebracht und wäre dazu angesichts ihrer privaten Vermögensverhältnisse auch nicht in der Lage gewesen. Kapital habe nur V... aufgebracht, zum einen aus Eigenmitteln, zum anderen aus dem Vermögen der Vorgängerfirma Autohaus H... GmbH, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter Vorwerk gewesen sei. An Gewinn und Verlust sowie den stillen Reserven des Autohauses sei sie nicht beteiligt gewesen. Insbesondere an den Gewinnen habe sie nicht partizipiert. Vorwerk - nicht sie - habe zahlreiche Immobilien und Fahrzeuge mit Anschaffungskosten von etwa DM 1.700.000,00 besessen. Im gemeinsamen Eigentum hätten lediglich drei Immobilien gestanden, dies auch nur deshalb, weil diese voll kreditfinanziert seien, sie zum Zeitpunkt des Erwerbs bei der NordLB gearbeitet und daher im Gegensatz zu Vorwerk für die Finanzierung ordnungsgemäße Einkommensnachweise habe vorlegen können.

Mitunternehmerinitiative habe sie ebenfalls nicht entfalten können. Sie habe keine unternehmerischen Entscheidungen treffen können und auch nicht etwa Stimm- , Kontroll- und Widerspruchsrechte gehabt, die mindestens dem rechtlichen Status des Kommanditisten entsprochen hätten. Während Vorwerk die Preise festgelegt habe, habe sie sich lediglich um den An- und Verkauf der Fahrzeuge gekümmert, die laufenden Büroarbeiten erledigt und die Fahrzeuge gewaschen, ohne zu eigenen Entscheidungen befugt zu sein. Das entspreche den Aufgaben des typischen Arbeitnehmers. Auch die Steuerfahndung gehe davon aus, dass die Klägerin stets nach den Weisungen des Vorwerk gehandelt habe. Im übrigen seien die Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung Magdeburg, soweit es um den Status der Klägerin in Bezug auf das Car Forum Tommörnery K gehe, in wesentlichen Teilen fehlerhaft, schließlich wie auch die Ermittlungen der Polizei unter strafrechtlichen Gesichtspunkten geführt, so dass sie nur begrenzten Erkenntniswert für diesen Rechtsstreit hätten.

Der Beweiswert der anderweitigen Aussagen des Vorwerk, namentlich in der Vernehmung vom 11. November 2004, auf die sich der Beklagte nicht zuletzt stütze, sei gering, da dieser als Hauptverdächtiger des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ein erhebliches Interesse haben dürfte, seine Verantwortlichkeit zu vertuschen und Dritte zu belasten. Er sei seit 1990 in erheblichem Umfange im Bereich des An- und Verkaufs von Kraftfahrzeugen unternehmerisch tätig. Die Klägerin sei in den Autohäusern Nordharz Mobile, Harz Forum GmbH und Car Forum als Verkäuferin tätig geworden. Sie habe gerade nicht für ihn in verschiedenen Firmen die Buchhaltung übernommen. Vorwerk sei dazu durchaus in der Lage gewesen. Die Klägerin habe sich sogar wegen mangelnder Kenntnisse ihre eigene Steuererklärung durch Dritte fertigen lassen. Es stimme auch nicht - so in der mündlichen Verhandlung erklärt -, dass sie ein Verkaufsbuch nacherstellt habe.

Ihr zivilrechtlich wirksames Arbeitsverhältnis bei dem Corum Car, das auch tatsächlich durchgeführt worden sei, sei ein sicheres Indiz für die Weisungsgebundenheit der Klägerin. Vorwerk habe ausschließliche Verfügungsbefugnis über die in seinen Firmen erzielten Einnahmen gehabt und habe auch die unternehmerischen Grundsatzentscheidungen allein getroffen. Die Klägerin habe lediglich in den ihr übertragenen Aufgaben eigenverantwortlich arbeiten können, deren Umfang jedoch Vorwerk allein bestimmt habe.

Auch Zeugenaussagen seien insoweit unergiebig. In Anbetracht einer Aussage des Steffen Keidel, Mitarbeiter des Car Forum, nach der die Klägerin mit ihm das Bewerbungsgespräch geführt habe und ihm im Autohaus konkrete Arbeitsanweisungen gegeben habe, hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Schreiben des Keidel vom 17. Februar 2004 vorgelegt, in dem dieser mitteilt, es tue ihm leid, dass er sie durch seine Aussage bei der Polizei in Halberstadt in ein falsches Licht bezüglich ihrer Stellung im Unternehmen Autohaus Car Forum gerückt habe. Er bestätige gerne folgende Punkte (im folgenden wörtlich):

Sie wurden mir als Verkäuferin vorgestellt.

mein Arbeitsvertrag wurde mir lediglich von Ihnen zum unterschreiben vorgelegt, der Arbeitgeber hatte schon unterschrieben

Frau Beyer hat kein Einstellungsgespräch mit mir geführt, Sie hat lediglich den schriftlichen Teil der Einstellung mir mit abgewickelt

meiner Meinung nach war Frau Beyer eine Angestellt in leitender Funktion

Frau Beyer musste sich bei allen Endscheidungen wie z.B. Preisdarstellung, Inzahlungnahmen und Kundenreklamationen auch telefonisch rückversichern, dabei sprach Sie Herrn Vorwerk dann auch mit seinem Vornamen an.

Er stelle auch gerne bei einer erneuten Vernehmung seine Aussage in dem oben genannten Sinne richtig.

Vorwerk, so trägt die Klägerin weiter vor, habe für sein Einzelunternehmen, seine Immobilienfirma sowie die Autohaus Aktuell GbR und seine eigenen Einkommensteuererklärungen das Unternehmen FiBu Datenservice Schwannecke beauftragt. Vorwerk habe offenbar nie die Absicht gehabt, für seine Autohäuser ordnungsgemäße Buchführungen zu erstellen oder gar Steuern zu zahlen. Er habe ausschließlich im eigenen Vermögensinteresse gearbeitet und alle anderen dafür ausgenutzt und eingesetzt, insbesondere die langjährige private Beziehung zu ihr für seine Zwecke missbraucht. Sie habe in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu Vorwerk gestanden, das Vorwerk auch mit psychischem Druck ausgenutzt habe. Daneben habe eine finanzielle Abhängigkeit gestanden, ferner eine Hoffnung, den Lebenspartner noch zu ändern. Während der Zeit, in der sie für das Car Forum gearbeitet habe, habe sie von Vorwerk getrennt gelebt. Im August 2002 sei sie wieder zu ihm gezogen, bevor sie sich endgültig Anfang 2003 von ihm getrennt habe.

Der Bevollmächtigte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe Vorwerk kennen gelernt: Es sei schon von dessen Persönlichkeitsstruktur her ganz unmöglich, dass er als absoluter Machotyp mit irgendjemandem irgendeine Mitunternehmerschaft eingehe. Außerdem habe Vorwerk die Klägerin unter Druck gesetzt; es habe Szenarien gegeben, die frauenhausfähig seien. Die in der mündlichen Verhandlung selbst anwesende Klägerin hat ausgeführt, eigentlich habe sie sich früher von Vorwerk trennen wollen, das aber auf Grund der dominanten Persönlichkeit des Vorwerk nicht geschafft. Eine besondere Schwierigkeit sei diesbezüglich, so hat der Bevollmächtigte ergänzt, dadurch eingetreten, dass der Vater der Klägerin seit langem erklärter Feind des Vorwerk sei, so dass die Klägerin menschlich in einer recht unglücklichen Situation gesteckt habe.

Wenn der Beklagte (der auf die qualifizierte Ausbildung der Klägerin verwiesen hatte) aus einer Analyse ihrer Intelligenz Erkenntnis für ihre mitunternehmerische Beteiligung zu gewinnen suche und weiter mit einer Mischung aus Spekulation und Wertungen argumentiere, betreibe er Stimmungsmache, die zeige, dass die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin nicht ausschließlich auf sachlichen Erwägungen beruht habe.

Zu der Höhe der Umsatzsteuerschulden trägt die Klägerin selbst nichts vor. In dem noch bei dem Senat anhängigen Verfahren 1 K 528/ 04, in dem die Vorwerk/ Beyer GbR gegen die Umsatzsteuer, Gewerbesteuermessbeträge und gesondert und einheitlichen Feststellungen der Jahre 2001 und 2002 klagt, verweist die dortige Klägerin unter anderem zur Begründung auf die im Rahmen des dortigen Klageverfahrens eingereichten Steuererklärungen und Jahresabschlüsse, die allerdings die Erkenntnisse der Betriebsprüfung im wesentlichen nicht berücksichtigen, ohne konkrete Einwände vorzubringen.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 8. August 2003 in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin habe in Bezug auf das Car Forum Tommy Körner sehr wohl eine Mitunternehmerstellung gehabt. Auf einen förmliche Vertragsschluss zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts komme es nicht an. Die erforderliche gegenseitige Verpflichtung zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks und zum Erbringen der vereinbarten Beiträge könne auch in dem tatsächlichen Erbringen von Leistungen für die Erreichung des Gesellschaftszwecks zum Ausdruck kommen. Eine Kapitaleinlage sei nicht erforderlich.

Das Mitunternehmerrisiko der Klägerin habe in voller Teilhabe am Gewinn des Unternehmens bestanden. Sie habe einen luxuriösen Lebenswandel geführt und teilweise allein, teilweise zusammen mit Vorwerk verschiedene Immobilien erworben. Die Mittel hierzu habe sie aus dem Unternehmen gezogen. Teilhabe am Verlust des Unternehmens habe nicht praktisch werden können, weil die Art des Autohandels übermäßige Gewinne garantiert habe. Das "Verlust"-Risiko habe in dem Risiko der strafrechtlichen Verfolgung bestanden. Beteiligung an stillen Reserven habe es mangels solcher ebenfalls nicht geben können.

Die Klägerin habe aber auch Mitunternehmerinitiative entfaltet. Aus den Ermittlungen der Steuerfahndung ergebe sich, dass sie erheblichen Einfluss im Unternehmen gehabt und nicht die Stellung des Arbeitnehmers eingenommen habe. Die Festlegung der Preise durch Vorwerk sei Folge typischer Aufgabenverteilung, da hierfür ein gewisser technischer Verstand und Marktkenntnisse notwendig seien. Sie habe umfassende Kenntnisse des Bankwesens und der Buchhaltung eingebracht, die über ihre Zuständigkeit für banktechnische Belange und die "Buchführung" nicht nur vollumfänglich dem Autohaus zu Gute gekommen seien, sondern auch eine Form der Mitbestimmung darstellten. Die formale Arbeitnehmerstellung habe danach nur der Bezahlung durch das Arbeitsamt gedient. Eine Stellung der Klägerin als weisungsgebundene Arbeitnehmerin sei nicht bestätigt worden.

Er stütze sich eben nicht nur auf die Aussagen des Vorwerk. Andere Mitarbeiter sowie Dritte (ehemalige geprellte Kunden) hätten ähnliche Aussagen zu der Tätigkeit der Klägerin im Autohaus getroffen. Zudem berufe sich die Klägerin einerseits auf mangelnde Beweiskraft der Aussagen des Vorwerk und greife bei Behauptungen über die zu erstellende Buchführung gern auf Behauptungen zurück, die ebenfalls auf Aussagen des Vorwerk beruhten. Im übrigen seien die Aussagen von Vorwerk durchaus auch zu Lasten der Klägerin verwertbar, da diese zu einem Zeitpunkt erfolgt seien, in dem die steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Ergebnisse mehrerer Jahre ohnehin kaum mehr zu beeinflussen gewesen seien.

Er, der Beklagte, habe nie bestritten, dass die Hauptinitiative von Vorwerk ausgegangen sei. Allerdings habe dies er sein Unternehmensgefüge nicht allein aufbauen können, sondern sich immer wieder anderer bedient. Einige hätten Kredite aufgenommen, um sich zu beteiligen. Andere, so die Klägerin, hätten Wissen, Beziehungen und Kenntnisse eingebracht. Wenn auch ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis dabei eine Rolle gespielt haben möge, befreie sie das nunmehr nach Scheitern der Beziehung nicht von ihrer Verantwortung. Ohne die Prüfungen des Finanzamtes wären alle Personen noch vollen Umfangs tätig. Wenn nunmehr Konsequenzen aus den Betrügereien der Jahre gemeinsamer unternehmerischer Tätigkeit zu ziehen seien, wolle niemand etwas von Bedeutung getan haben. Dafür habe das Unternehmensgefüge zu lange und zu gut funktioniert.

Die Klägerin sei Vorwerk geistig überlegen. Sie sei Jahrgangsbeste im Abitur gewesen, habe einen sehr guten Abschluss als Bankkauffrau und bereits in jungen Jahren eine gute Position bei der Bank erreicht, die sie auf Grund eigener Verantwortung verloren habe. Sie könne sich nicht darauf berufen, nicht zu wissen, was sie tue. An der Finanzierung ihres großzügigen Lebensstils, den sie jetzt naturgemäß bestreite, habe sie einen wesentlichen Anteil gehabt, nämlich durch ihre Zuständigkeit für die finanziellen Belange und den Verkauf der Fahrzeuge, die Rechnungslegung und die Zahlungen. Sie habe mit viel Hintergrundwissen ein "Verkaufsbuch" mit falschen Angaben zu Einkauf/ Verkauf und Finanzierung erstellt und damit unter Einsatz ganzen Wissens und ganzer Energie dazu beigetragen, das Betrugssystem aufzubauen. Im übrigen habe sie bereits zu Beginn ihrer Zusammenarbeit mit Vorwerk erkennen können, dass dieser sich gern anderer zur Verfolgung seiner Ziele bedient habe. Ebenso wie die Beweise für die geschäftlichen Vorfälle mit Wissen und Wollen beseitigt worden seien, werde jetzt darauf gebaut, dass genau wegen dieser fehlenden Unterlagen die tatsächlichen Tätigkeiten nicht mehr belegbar seien. Die eindeutigen Aussagen der Beteiligten und der Dritten ließen aber keinen anderen Schluss als die Mitunternehmerschaft zu. Inwieweit die Ermittlungsergebnisse fehlerhaft seien, sei nicht erkennbar.

Soweit es die Höhe der Steuern betrifft, ist der Beklagte in dem Verfahren 1 K 528/ 04 den im Klageverfahren eingereichten Erklärungen nicht gefolgt, da sie die Ermittlungen der Betriebsprüfung auch nicht ansatzweise wiedergäben. Da die Unterlagen angeblich am 24. September 2002 bei einer Sperrmüllentsorgung abhanden gekommen seien, frage er auch, auf welcher Grundlage die Beträge in den Jahresabschlüssen errechnet worden seien.

Darüber hinaus wird auf den Inhalt der von dem Beklagten vorgelegten Steuer- und Prüfungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht und ohne Ermessensfehler für die Umsatzsteuerschulden der Betreiberin des Autohauses "Car Forum Tommy Körner", die Vorwerk/ Beyer oHG - nicht GbR - in Haftung genommen.

1.

Die Klägerin haftet dem Grunde nach für diese Umsatzsteuerschulden. Sie war neben Vorwerk Mitunternehmerin in der dieses Autohaus betreibenden Gesellschaft.

a.

Mitunternehmer ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, wer auf Grund eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses oder eines wirtschaftlich damit vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses zusammen mit einem oder mehreren anderen Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt (u.a. Beschluss des BFH vom 03. Mai 1993, GrS 3/ 92, BStBl. 1993 II 616, 621 unter Bezugnahme auf bisherige Rechtsprechung). Mitunternehmerinitiative ist die Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Mitunternehmerrisiko die Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens, das bedeutet regelmäßig Teilhabe an Gewinn und Verlust und den stillen Reserven.

Unerheblich für die Begründung einer Mitunternehmerschaft ist, ob ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag vorliegt und ob sich die Mitunternehmer des Umstandes, dass sie eine Mitunternehmerschaft bilden, bewusst sind.

Für das erforderliche Mindestmaß an Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko gilt folgendes:

aa.

Beide Merkmale müssen zwar grundsätzlich vorliegen, jedoch nicht zwingend in gleicher Intensität. Ist eines der beiden Merkmale nur schwach ausgeprägt, so kann dies durch ein entsprechend stärkeres Hervortreten des anderen Merkmals ausgeglichen werden (Urteile des BFH vom 16. Dezember 1997, VIII R 32/ 90, BStBl. 1998 II 480, 484 sowie vom 15. Oktober 1998, IV R 18/ 98, BStBl. 1999 II 286, 288). Das Gesamtbild der Verhältnisse ist entscheidend. Ungefährer Maßstab ist die rechtliche und wirtschaftliche Position des Kommanditisten nach dem Regelstatut des HGB. Die Rechte des steuerlichen Mitunternehmers müssen dessen Rechten annähernd gleichkommen (Urteil des BFH vom 07. November 2000, VIII R 16/97, BStBl. 2001 II 186, 188 m.w.Nw.).

bb.

Der Kommanditist ist gemäß § 167 HGB an Gewinn und Verlust grundsätzlich beteiligt, wobei die Teilhabe am Verlust auf die Höhe des Kapitalanteils bzw. die rückständige Einlage begrenzt ist. Das Risiko des Kommanditisten ist nach §§ 161 Abs. 1, 171 Abs. 1 HGB grundsätzlich auf die Höhe der Einlage beschränkt: Ist die Einlage geleistet, ist eine Außenhaftung ausgeschlossen; ist sie noch nicht geleistet, so ist die Außenhaftung auf die Höhe der Einlage beschränkt.

Die Teilhabe des Kommanditisten an unternehmerischen Entscheidungen ist im wesentlichen auf das Kontrollrecht nach § 166 HGB, das sich auf die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft bezieht, beschränkt. Von der Vertretung der Gesellschaft sowie der Geschäftsführung und einer sonstigen Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen ist er gemäß §§ 170, 164 HGB ausgeschlossen, soweit sich diese auf den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft beziehen.

Zusammenzufassen ist, dass das HGB dem Kommanditisten nur ein sehr geringes Maß an Mitunternehmerinitiative zubilligt, ihn nämlich auf die Mitwirkung an wenigen Grundsatzentscheidungen beschränkt und ihm eine Einwirkung auf die regelmäßige Geschäftstätigkeit nicht erlaubt. Das Mitunternehmerrisiko des Kommanditisten ist hinsichtlich der Verluste insoweit erheblich beschränkt, als das HGB nämlich die Außenhaftung und damit das eigentliche persönliche Risiko, das gemeinhin als unternehmerisches Risiko bezeichnet wird, stets auf den Betrag der vereinbarten Einlage begrenzt. Darüber hinausgehende Verluste sind vornehmlich rechnerischer Natur, ein Umstand, dem folgerichtig auch § 15a EStG Rechnung trägt.

cc.

So wie sich Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko gegenseitig bis zu einem gewissen Grade kompensieren können, können sich auch die verschiedenen Elemente der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos gegenseitig kompensieren. So wie der Begriff des Mitunternehmers insgesamt ein Typusbegriff ist, den eine unbestimmte Anzahl (teilweise) austauschbarer Merkmale kennzeichnet, so sind auch die beiden Elemente der Mitunternehmerschaft, Initiative und Risiko, ihrerseits Typusbegriffe, für die folgerichtig dasselbe gilt.

aaa.

Mitunternehmerinitiative, die Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, bezieht sich ebenso auf geschäftliche Grundsatzentscheidungen wie auf Entscheidungen in der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Einzelfall.

Der Schwerpunkt der Mitunternehmerinitiative kann unterschiedlich gelagert sein. So wie er beim Kommanditisten hauptsächlich auf Grundsatzentscheidungen bezogen ist, kann er auch hauptsächlich auf die gewöhnliche Geschäftstätigkeit bezogen sein. Ein Rechtssatz dahin, dass der Mitunternehmer stets die Geschäftsidee haben müsste, ist nicht erkennbar, zumal in der Regel nicht mehrere Personen gleichzeitig eine Idee haben und außerdem unter dieser Voraussetzung ein nachträglicher Eintritt von Gesellschaftern/ Mitunternehmern, dessen Zulässigkeit niemand bezweifelt, nicht denkbar wäre.

Die auf die gewöhnliche Geschäftstätigkeit bezogene Initiative kann vielgestaltig sein. Es ist vorstellbar, dass alle Mitunternehmer ähnliche Zuständigkeits- und Tätigkeitsbereiche besitzen; es ist auch vorstellbar, dass zwischen den Mitunternehmern eine ausgeprägte Arbeitsteilung herrscht.

bbb.

Mitunternehmerrisiko, die Teilhabe am Erfolg und Misserfolg des Gewerbes, bezieht sich namentlich auf Gewinne, Verluste und stille Reserven. Während die Teilhabe am Gewinn und der stillen Reserven das "Risiko" des Mitunternehmers in einer nicht dem üblichen Sprachgebrauch entsprechenden positiven Form verwirklicht, verwirklicht sich das Risiko des Mitunternehmers in einer - nunmehr dem üblichen Sprachgebrauch entsprechenden - negativen Form in Verlusten. Echte Verluste, ggf. bis hin zur Insolvenz, sind aber nicht nur eine Rechengröße, sondern bringen fast immer einen über rein wirtschaftliche Folgen hinausgehenden persönlichen Tiefschlag mit sich.

Aus diesem Grunde gehören zum Mitunternehmerrisiko, verstanden als Typusbegriff, auch Risiken, die sich nicht allein in Geld messen lassen, sondern persönlicher Natur sind. Dazu gehört insbesondere - vorliegend von besonderer Bedeutung - das Risiko strafrechtlicher Verfolgung. Dieses Risiko einzugehen, zeigt den Einsatz der gesamten Persönlichkeit, weil es gegebenenfalls die gesamte Lebensgestaltung ruiniert. Das gilt erst recht, wenn Handlungen, die einen Straftatverdacht begründen können, ihrerseits erheblich zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens in positiver wie negativer Hinsicht beitragen.

Im übrigen stellt die strafrechtliche Verfolgung als solche ihrerseits regelmäßig wieder - unabhängig von Art und Umfang der zu erwartenden Strafe - eine wirtschaftliche Belastung dar, die insoweit in gewisser Hinsicht zu den Folgekosten der unternehmerischen Tätigkeit gezählt werden kann. Erst recht stellt eine strafrechtliche Verurteilung unabhängig vom Strafausspruch auch eine wirtschaftliche Belastung dar. Ob es tatsächlich zu einer Verurteilung kommt, ist für die Frage, ob ein Straftatverdacht ein Risiko darstellt, nicht von Bedeutung, weil es in der Natur des Risikos liegt, sich nicht immer zu verwirklichen.

Wie bei der Mitunternehmerinitiative kann auch der Schwerpunkt des Mitunternehmerrisikos auf unterschiedlichen Gebieten liegen. Während sich das Risiko beim Kommanditisten hauptsächlich in der Teilhabe am Gewinn niederschlägt, kann es sich auch hauptsächlich in seiner negativen Seite mit wirtschaftlichen und persönlichen Risiken bemerkbar machen.

dd.

Wenn der Regel-Kommanditist Leitbild für die Minimalbefugnisse des Mitunternehmers ist, wenn außerdem die verschiedenen Kriterien der Mitunternehmerschaft sich bis zu einem gewissen Grade kompensieren können, ist dem folgendes zu entnehmen:

aaa.

Zum einen folgt daraus, dass ein erhebliches Gefälle zwischen den Mitunternehmern hinsichtlich des Grades ihrer unternehmerischen Initiative und ihres unternehmerischen Risikos unschädlich ist. Die Einstufung des Kommanditisten nach dem Grundtypus des HGB als Mitunternehmer zeigt dies. Der Kommanditist hat erheblich weniger Einflussmöglichkeiten und Risiken als der Komplementär.

bbb.

Daraus folgt weiter, dass ein erhebliches Gefälle hinsichtlich der konkreten Machtstellung unschädlich ist.

Unerheblich ist das Machtgefälle auch dann, wenn die Mitunternehmer in einem wirtschaftlichen oder persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Eine Mitunternehmerschaft setzt, anders als der Begriff anklingen lässt, kein partnerschaftliches oder gleichberechtigtes Verhältnis voraus oder fordert ein solches. Der Begriff der Mitunternehmerschaft dient lediglich der Abgrenzung gewerblicher von anderen Einkünften und umfasst verschiedenste Formen gewerblicher Zusammenarbeit, von denen sich die wenigsten durch wirtschaftliche und persönliche Gleichrangigkeit auszeichnen. Häufig dominiert einer der Beteiligten.

Das zeigt sich wiederum beispielhaft an den insgesamt geringen Mitwirkungsmöglichkeiten des Regel-Kommanditisten. Sie gehen mit einer entsprechenden Vormachtstellung des/r Komplementärs/e einher, die nur deshalb häufig nicht offenkundig ist, weil die Komplementärin eine GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer personenidentisch mit den Kommanditisten sind. Ein Ungleichgewicht zwischen den Beteiligten hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Durchsetzungsfähigkeit ist mithin für die Existenz einer Mitunternehmerschaft unschädlich.

Etwas anderes kann erst dann gelten, wenn auf Grund eines Abhängigkeitsverhältnisses das Ungleichgewicht zwischen den Beteiligten so ausgeprägt ist, dass die freie Willensbildung und Steuerungsfähigkeit eines der potentiellen Mitunternehmer eingeschränkt oder ausgeschaltet ist. Maßstab hierfür könnte der zivilrechtliche Ausschluss der Geschäftsfähigkeit gemäß § 104 BGB oder auch der strafrechtliche Schuldausschluss nach § 20 StGB sein. Unabhängig von der Grenzziehung im Einzelfall dürfte feststehen, dass man ohne ein Mindestmaß an Handlungsfreiheit nicht mehr von Mitunternehmerinitiative wird sprechen können.

ccc.

Daraus folgt schließlich, dass es auch unschädlich ist, wenn einem Mitunternehmer ein Teil der für das Gelingen des gesamten Unternehmens zwingend erforderlichen unternehmerischen Befugnisse gänzlich fehlt. Es ist nicht notwendiger Bestandteil einer Mitunternehmerschaft, dass alle Mitunternehmer alle für die Führung des Unternehmens erforderlichen Rechte und Pflichten gleichermaßen besitzen. Dies dürfte sogar in vielen Fällen unpraktisch sein. Zweck einer Mitunternehmerschaft kann nicht zuletzt sein, sich die sachlichen und organisatorischen Vorteile arbeitsteiligen Vorgehens zunutze zu machen, bei der die unterschiedlichen Möglichkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten und ggf. Zeit der Mitunternehmer den Gesamtbetrieb aufrechterhalten und fördern.

Das zeigt sich wiederum an der Position des Kommanditisten. Es besteht kein Zweifel, dass Geschäftsführung und Vertretung Voraussetzungen eines funktionierenden Unternehmens sind. Von beidem sind die Kommanditisten ausgeschlossen; Mitunternehmer sind sie gleichwohl.

b.

Mit dieser Maßgabe war die Klägerin Mitunternehmerin.

aa.

Die Klägerin besaß Mitunternehmerinitiative in erheblichem Umfang.

Der Senat stellt vorab klar, dass er dem Arbeitsvertrag keine Bedeutung beimisst. Der Arbeitsvertrag spiegelte schon deshalb nicht die tatsächlichen Verhältnisse wider, weil jedenfalls nicht Tommy Körner Inhaber des Autohauses und deshalb auch nicht Arbeitgeber war. Er ist schon deshalb lediglich eine Scheinerklärung. Im übrigen und vor allem besitzt ein Vertrag, der innerhalb eines Netzwerks von Betrügereien abgeschlossen wurde, keine Überzeugungskraft. Dass aber Vorwerk vornehmlich derartige Machenschaften betrieb, bestreitet auch die Klägerin nicht.

Sie erledigte einen erheblichen Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, nämlich den Verkauf von Pkw einschließlich sämtlicher Vertragsverhandlungen mit den Kunden, weitgehend allein. Sie erledigte die flankierenden Geschäfte, die Vorbereitung der Finanzierungsunterlagen sowie die Bankgeschäfte, gänzlich allein. Nicht ihre Aufgabe war zwar - teilweise - der Ankauf der Fahrzeuge, deren technisches Herrichten (einschließlich betrügerischer Tachomanipulationen) - wenn auch das Waschen - und die Erstellung der Preisvorgaben. Das ist jedoch lediglich ein anderer Teil der Geschäftstätigkeit "Kfz-Handel". Er war zwar für dessen Gelingen Voraussetzung. Das gilt aber für die Tätigkeit der Klägerin gleichermaßen. Beide Betätigungen waren jeweils auf die andere angewiesen.

Das bedeutet gleichzeitig, dass die Klägerin erheblichen Einfluss auf geschäftliche Grundsatzentscheidungen hatte. Auch wenn die Geschäftsidee ursprünglich von Vorwerk stammte, so konnte das Autohaus in der konkreten Form ohne ihre Mitwirkung nicht geführt werden. Insoweit hing der Gewerbebetrieb als solcher auch von ihrer Mitwirkung und ihrem Einverständnis ab.

bb.

Die Klägerin besaß aber auch Mitunternehmerrisiko in erheblichem Umfang.

aaa.

Sie war in gewissem, wenn auch möglicherweise nicht übermäßigem Umfange am Gewinn beteiligt.

Zum einen profitierte die Klägerin während der Tätigkeit im Car Forum mittelbar aus der Lebensgemeinschaft mit Vorwerk von den Gewinnen aus dem Autohaus. Der Senat hat Zweifel an der Erklärung der Klägerin, sie habe in dieser Zeit mit Vorwerk nicht zusammen gelebt. Jedenfalls ist die sinngemäße Angabe, sie habe in dieser Zeit keinen Nutzen von den aus dem Autohaus erwirtschafteten Mitteln gehabt, falsch, was maßgebend ist. Brauckhoff, ein anderer Mitstreiter des Vorwerk, hatte auf die Frage der Polizei, wer in dem Pkw MB CLK 230 Compressor Cabrio gesessen habe, als dieser am 05. Juli 2002 in der Schweiz geblitzt worden sei, erklärt, das sei der Zeitraum, in dem die Klägerin und Vorwerk zusammen im Urlaub in Monte Carlo gewesen seien, so dass beide dann auch in dem Fahrzeug gesessen haben müssten. Dieser Zeitpunkt liegt noch während der Tätigkeit des Car Forum; der Vorgang als solcher, den die Klägerin auf eindringliche Nachfrage im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch zugegeben hat - nach dem Eindruck des Senats, weil er sich auch schlecht bestreiten lässt -, spricht für einen gehobenen Lebenswandel, der allein mit dem Gehalt einer Verkäuferin im Autohaus nicht zu bestreiten ist. Im übrigen spricht dafür auch, dass die Klägerin selbst eine finanzielle Abhängigkeit von Vorwerk geltend macht. Eine solche finanzielle Abhängigkeit besteht nur dann, wenn die Verbindung von finanziellem Nutzen ist. Da die wirtschaftliche Existenz in dem hiesigen Sozialsystem grundsätzlich gesichert ist, muss dieser finanzielle Nutzen darüber hinausgehen, was für eine über die private Verbindung zu Vorwerk vermittelte Teilhabe an dem wirtschaftlichen Erfolg des Autohauses spricht.

Die Klägerin war zum anderen über Provisionen an den Erträgen des Autohauses beteiligt. Aus Ablichtungen von Blättern, die Fahrzeugdaten enthalten, ergibt sich, dass die Klägerin jeweils eine Provision von EUR 250,00 von dem Verkaufserlös eines Fahrzeuges erhielt. Das ist zumindest eine gewisse Beteiligung an den Erträgen des Geschäfts.

Soweit die Klägerin einwendet, sie habe insgesamt erheblich geringeres Vermögen gehabt als Vorwerk, ist das insofern nicht schlüssig, als Vorwerk allein und unter Beteiligung Dritter erheblich mehr Geschäfte auch strafbarer Art betrieben hat als der Klägerin Beteiligung an solchen vorgehalten wird. Insofern spricht es nicht gegen die Gewinnbeteiligung der Klägerin, wenn ihr Vermögen und ihr Lebensstandard noch unter dem des Vorwerk geblieben sein sollte.

bbb.

Die Klägerin war allerdings voll umfänglich an allen Risiken in dem oben geschilderten weiteren Sinne beteiligt, die der Gewerbebetrieb mit sich brachte. Zwar waren unmittelbare wirtschaftliche Verluste praktisch nicht zu gewärtigen. Auch die nunmehr erfolgte Inanspruchnahme als Haftende ist hierfür nicht fruchtbar zu machen, da sie die Mitunternehmerschaft voraussetzt und deshalb nicht ihrerseits zur Begründung der Mitunternehmerschaft herangezogen werden kann. Es handelt sich allenfalls um ein Sekundärrisiko.

Es bestand allerdings das Risiko strafrechtlicher Ahndung, das sich bisher (nach Auskunft der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung) in Gestalt einer Kammeranklage immerhin zum Teil verwirklicht hat.

Der Senat ist überzeugt davon, dass die Klägerin wesentlich an den Betrugshandlungen zum Nachteil der Kunden und der finanzierenden Banken beteiligt war. Die Angaben der Käufer über die Option Unfallschaden lassen nur darauf schließen, dass die Klägerin, die den ersichtlich geschäftsunerfahrenen, teilweise sehr jungen und nicht gewandten Käufern überlegen war, zielgerichtet und planmäßig die Kaufverträge ohne Mitgabe einer Durchschrift behielt, um diese anschließend durch nachträgliches Einfügen der Angabe über einen Unfallschaden zu frisieren.

Der Senat ist weiter überzeugt davon, dass die Klägerin Kenntnis von den Tachomanipulationen hatte. So erscheint in einem der Verträge eine ausdrückliche Freizeichnung von einer Haftung für die Richtigkeit des Tachos, die einem verständigen Beobachter - und für einen solchen hält der Senat die Klägerin - im Grunde bereits die Unrichtigkeit des Tachos beweist. Wer keine positive Kenntnis von einer Manipulation des Tachos hat, kommt niemals auf den Gedanken, eine derartige Klausel in einen Vertrag einzufügen.

Die Klägerin hat nach alledem bewusst an den unlauteren Geschäftsmethoden des Car Forum mitgewirkt und ist das genannte strafrechtliche Risiko bewusst eingegangen, was im übrigen auch dafür spricht, dass sie tatsächlich, wenn auch mittelbar, an dem unternehmerischen Erfolg teilhatte. Wer sich freiwillig dem Risiko strafrechtlicher Verfolgung aussetzt, tut dies nur, weil er sich davon etwas verspricht. Das kann unter den konkreten Umständen lediglich ein wirtschaftlicher Vorteil gewesen sein. Das gilt um so mehr, als die private Beziehung zu Vorwerk in dem streitigen Zeitraum nach Angaben der Klägerin selbst in gewissem Maße kriselte und deshalb ein Tätigwerden allein aus Zuneigung nicht plausibel ist.

cc.

Die von der Klägerin angeführte dominierende Stellung des Vorwerk ist im Ergebnis nicht erheblich. Das gilt sowohl für die geschäftliche Tätigkeit als solche als auch für das von ihr betonte persönliche Abhängigkeitsverhältnis.

aaa.

Soweit Vorwerk Urheber der eigentlichen Geschäftsidee ist und einen Teil der geschäftlichen Aufgaben - wenn auch aus dem Hintergrund - wahrnahm, ist das nur eine Begründung dafür, dass auch Vorwerk Mitunternehmerinitiative besaß und nicht etwa die Klägerin Alleinunternehmerin war, was bisher auch noch niemand behauptet hat.

Ob die Stellung des Vorwerk im Rahmen der laufenden geschäftlichen Tätigkeit selbst tatsächlich dominant war, möchte der Senat dahinstehen lassen. Das Auftreten gegenüber Kaufinteressenten, die Durchführung aller Vertragsverhandlungen, die Zeichnung der Verträge, die Aufbereitung der Finanzierungsunterlagen und schließlich die Abwicklung von Reklamationen ist ein wesentlicher Teil der gewerblichen Tätigkeit "Autohandel". Der Senat sieht nicht, was die Klägerin mit der Aussage, sie sei nur für den An- und Verkauf der Fahrzeuge zuständig gewesen, beweisen will. Das ist eine Verharmlosung. Handel ist An- und Verkauf. Das bedeutet, dass An- und Verkauf von Kfz Kern der Geschäftstätigkeit "Autohandel" ist. Soweit Vorwerk die Preise und Preisspannen bzw. Verhandlungsspielräume bestimmt hat, ist auch das lediglich eine Begründung dafür, dass Vorwerk im Rahmen des laufenden Geschäfts seinerseits ebenfalls Mitunternehmerinitiative besaß, obwohl er nach außen hin kaum in Erscheinung trat.

Wie bereits dargestellt, folgt aus einem Machtgefälle oder einer Rangordnung zwischen zwei Personen grundsätzlich nicht, dass sie nicht Mitunternehmer sein könnten. Es ist mithin nicht erheblich, wenn die Klägerin im Zweifelsfalle Anweisungen des Vorwerk befolgte, so lange sie einen erheblichen Teil ihrer Tätigkeit selbständig abwickelte. Soweit sie rügt, sie habe nur so lange und so weit selbständig tätig sein dürfen, als Vorwerk dies erlaubt habe, ist das insofern unerheblich, als eine Mitunternehmerschaft naturgemäß das Einverständnis aller Beteiligten voraussetzt. Insofern war Art und Umfang ihrer Tätigkeit ohne Zweifel von dem Willen des Vorwerk abhängig.

Umgekehrt aber war auch Art und Umfang der Tätigkeit des Vorwerk bezogen auf das hier verfahrensgegenständliche Autohaus "Car Forum" in erheblichem Umfange von ihrem Willen abhängig, was die Klägerin verkennt. Ohne sie und ihre Mitwirkung hätte das Autohaus in der vorliegenden Form nicht existieren und insbesondere keine Gewinne abwerfen können. Die Klägerin muss sich entgegenhalten lassen, dass zu Weisungen auch derjenige gehört, der sie ausführt. Echte Weisungen, denen gegenüber Widerstand nicht möglich ist, kann es nur in rechtlichen oder faktischen besonderen Gewaltverhältnissen geben, in denen die Ausführung von Weisungen auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Außerhalb solcher Strukturen sind Weisungen letztlich nur Aufforderungen, denen zu folgen Ergebnis eines Entscheidungsprozesses bei dem "Angewiesenen" ist.

bbb.

Der Senat kann schließlich zu Gunsten der Klägerin eine zum damaligen Zeitpunkt bestehende persönliche, nämlich emotionale oder psychische Abhängigkeit von Vorwerk unterstellen, kann daraus aber ebenfalls nicht herleiten, dass die Klägerin nicht Mitunternehmerin neben Vorwerk gewesen wäre.

Eine psychische Abhängigkeit der Klägerin von Vorwerk in der Art, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage gewesen wäre, selbst eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sie, wie geschehen, an dem Betrieb des Autohauses mitwirken will, kann der Senat auch auf der Grundlage ihrer eigenen Erklärungen nicht feststellen.

Er kann zu Gunsten der Klägerin unterstellen, dass es ihr sehr schwer fiel, sich von Vorwerk zu lösen, eigene Vorstellungen zu entwickeln und vor allem durchzusetzen. Sie hatte Vorwerk in recht jungem Alter kennen gelernt und mit ihm jahrelang zusammen gelebt, was meist die Betreffenden vor einem Konflikt und gar einer Trennung zurückscheuen lässt. Wenn, wie sie erklärt, ihr Vater langjähriger Erzfeind des Vorwerk war, mag das die emotionale Bindung an Vorwerk noch verstärkt haben, schon deshalb, weil sie möglicherweise dadurch das Gefühl hatte, ihrem Vater die Richtigkeit ihrer Entscheidung für Vorwerk unter Beweis stellen und nicht gescheitert dastehen zu müssen. Da sie außerdem nach eigenen Angaben ihre Stellung beim LFI auf Grund einer Unregelmäßigkeit verloren hatte, die wiederum mit Vorwerk in Verbindung stand, mag sie angesichts und in der folgenden Arbeitslosigkeit um so mehr die Empfindung gehabt haben, nunmehr auf Gedeih und Verderb Vorwerk ausgeliefert zu sein, um nicht - auch beruflich gescheitert - nach Hause zurückkehren und sich ggf. Vorträge dazu anhören zu müssen, was man ihr schon immer über Vorwerk gesagt habe. Insofern mag der Klägerin eine Absage an die Machenschaften des Vorwerk schwer geworden sein.

So misslich wie die persönliche Lage der Klägerin damals war, befreit sie dies aber nicht von ihrer Eigenverantwortung für ihr Handeln. Zum einen hatte die Klägerin sich höchstselbst in diese Lage hineinmanövriert. Die Verbindung zu Vorwerk hatte bereits eine Reihe von Jahren gedauert und war nach Angaben der Klägerin selbst von verschiedenen Trennungen unterbrochen. Eine mit einem Auszug aus einer gemeinsamen Wohnung einhergehende und nach außen sichtbare Trennung ist die höchste und entscheidende Hemmschwelle, die es bei der Beendigung einer solchen Verbindung zu überwinden gilt. Wenn die Klägerin trotz eines einmal vollzogenen Absprungs wieder freiwillig zu Vorwerk zurückkehrte, kann von einer Zwangslage nicht die Rede sein. Zum anderen verlangt die Rechtsordnung und im übrigen auch die Gesellschaft von jedem ihrer Mitglieder, auch in schwieriger Lage richtige Entscheidungen zu treffen, mithin auch dann, wenn sie dornenreich sind und der falsche Weg kurzfristig der erheblich leichtere Weg ist. Allein die Tatsache, dass die Klägerin es - nach eigenem Bekunden - nicht geschafft hatte, sich endgültig von Vorwerk zu lösen, bedeutet noch nicht, dass das unmöglich war, sondern nur, dass sie ihre Entscheidungen im konkreten Zeitpunkt von anderen Kriterien leiten ließ als die Rechtsordnung von ihr verlangte.

Konkrete Anhaltspunkte für eine nachhaltige Minderung ihrer Entschließungsfreiheit hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht erkennbar. Vielmehr verträgt sich die Selbständigkeit, Gewandtheit und Überzeugungskraft, mit der sie nach den letztlich von ihr auch nicht bestrittenen Bekundungen sämtlicher Zeugen in dem Autohaus "Car Forum" auftrat, nur mit einem gewissen Maß freien Willens. Wem es gelingt, in dem von erheblicher Konkurrenz geprägten Kraftfahrzeughandel Interessenten den Kauf eines Pkw und ggf. eine Finanzierung schmackhaft zu machen, wer so auftritt, dass er von Dritten als alleiniger Akteur empfunden wird - was sich den gegen die Klägerin gerichteten Strafanzeigen auf Grund der Tachomanipulationen und sonstigen Mängel entnehmen lässt - und wem es schließlich gelingt, reklamierenden Kunden bei Rückgabe eines eindeutig mängelbehafteten Fahrzeugs noch eine gewisse Schadenersatzzahlung abzutrotzen - ebenfalls Zeugenaussagen zu entnehmen -, der bedarf einer Durchsetzungsfähigkeit, die mit einer Unfähigkeit zur freien Willensbildung schlechterdings nicht vereinbar ist.

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, es habe frauenhausfähige Szenarien mit Vorwerk gegeben, ist dieser Vortrag zu wenig konkret, um darauf eine abweichende Beurteilung stützen zu können. Es mag daher offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen häusliche Gewalt tatsächlich dazu führen kann, das geschäftliche Auftreten nach außen als nicht mehr vom freien Willen getragen zu bewerten. Eine dauerhafte Zwangslage kann schon deshalb von derartigen Ereignissen nicht ausgegangen sein, weil dann auch die zwischenzeitlichen Trennungen von Vorwerk nicht möglich gewesen wären. Der Senat will nicht dahin missverstanden werden, dass er Gewaltanwendung bagatellisiere, sieht sich aber aus den genannten Gründen außer Stande, aus dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin auf eine Ausschaltung deren freien Willens zu schließen.

Hinzu tritt, dass es Möglichkeiten gibt, gegebenenfalls mit gerichtlicher und polizeilicher Hilfe solche Vorfälle künftig zu verhindern. Der Senat ist sich auch sicher, dass die Klägerin dies weiß oder jedenfalls in der Lage gewesen wäre, sich diesbezüglich kundig zu machen. Er bedarf keiner Abitur- oder Ausbildungszeugnisse, die auch nicht vorliegen, um feststellen zu können, dass die in der mündlichen Verhandlung anwesende Klägerin, die auch selbst das Wort ergriffen hat, hierfür hinreichende Intelligenz und Sprachgewandtheit besitzt. Ausführungen zu der Intelligenz der Klägerin sind, wie klarzustellen ist, durchaus nicht unsachlich. Der Umfang der Eigenverantwortung und der Grad eigener Entscheidungsfindung und Willensbildung ist vielmehr in erheblichem Maße von dem Denk- und Urteilsvermögen und damit der Intelligenz des Betreffenden abhängig, so dass Ausführungen hierzu zur Entscheidungsgrundlage gehören.

Der Vortrag der Klägerin bzw. ihres Bevollmächtigten schließlich, es widerspreche der Persönlichkeitsstruktur des Vorwerk als absoluten "Machotyps", mit irgend jemandem eine Mitunternehmerschaft einzugehen, da Vorwerk ausschließlich ein Interesse an seiner eigenen Vermögensmehrung habe, ist rechtlich unerheblich, so dass hierzu keine näheren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind. Der Vortrag beruht auf der rechtlich falschen Annahme, eine Mitunternehmerschaft setze eine gewisse Rücksicht auf die Belange des anderen voraus. Der Senat sieht keinen Widerspruch darin, eine Mitunternehmerschaft einzugehen, um den Mitunternehmer auszunutzen, schlimmstenfalls auch zu hintergehen, und auf diesem Wege das eigene Vermögen zu mehren.

dd.

Die weiteren Einwendungen der Klägerin gehen fehl.

aaa.

Die allgemeine Rüge, die Ermittlungen seien fehlerhaft und hätten auch steuerlich nur begrenzten Erkenntniswert, ist insofern nicht erheblich, als wesentliche Gesichtspunkte, die den Senat dazu veranlassen, eine Mitunternehmerschaft festzustellen, auf Umständen beruhen, die die Klägerin selbst nicht bestreitet.

Dazu gehört die Bewertung der eigentlichen Verkaufstätigkeit der Klägerin. Die Klägerin gewichtet und wertet diese Tätigkeit in rechtlicher Hinsicht lediglich anders. Ferner kann der Senat nicht verstehen, warum gerade strafrechtliche Ermittlungsergebnisse, die nach erheblich strengeren Beweisregeln erzielt werden, nicht steuerlich fruchtbar gemacht werden sollten. Bedenken wären allenfalls bei umgekehrten Schlussfolgerungen begreiflich. Im übrigen ist nicht erkennbar, welche konkreten Ermittlungsergebnisse welche konkreten Fehler enthalten. Der Hinweis darauf schließlich, auch die Steuerfahndung habe Vorwerk als alleinigen Unternehmer betrachtet, ist zum einen anhand der Akten so nicht uneingeschränkt nachzuvollziehen und zum anderen auch unerheblich. Die Beurteilung, welche unternehmerischen Aktivitäten einer Mitunternehmerschaft genügen, obliegt dem finanzbehördlichen und -gerichtlichen Verfahren, nicht der Steuerfahndung.

bbb.

Auf die von dem Beklagten herangezogene Vernehmung des Vorwerk vom 11. November 2004 stützt sich der Senat nicht, so dass die Rüge, die Aussagen von Vorwerk über die Klägerin seien nicht glaubhaft, nicht erheblich ist. Im übrigen dürfte auch die Einschätzung des Beklagten, Vorwerk habe zum damaligen Zeitpunkt ohnehin an den Ermittlungsergebnissen nicht mehr viel ändern können, zutreffen. Tatsächlich hatte Vorwerk es in dieser Vernehmung selbst noch nicht einmal unternommen, sich von seiner Verantwortung zu befreien, was für die Richtigkeit seiner Angaben spricht. Wenn er selbst mitteilt, er habe das von der Klägerin nacherstellte Verkaufsbuch vorgefertigt, dient das allenfalls dazu, die Klägerin zu entlasten.

ccc.

Unklar ist schließlich, was die Klägerin aus der später vorgelegten Angabe des Keidel herleiten will.

Abgesehen davon, dass mehr für die Richtigkeit der zeitnah getätigten Angaben als für die Richtigkeit einer nachträglich auf Bitte der Betroffenen abgegebene Bestätigung spricht, ist diese Bestätigung aber auch inhaltlich unergiebig. Dass die Klägerin als Verkäuferin vorgestellt worden sein soll, unterschlägt die wesentliche Frage, wer denn die Klägerin vorgestellt hat. Die passivische Konstruktion des Satzes spricht für eine Vermeidungsstrategie, die ihrerseits nur erklärbar ist, wenn der Zeuge ein Gefälligkeitsschreiben gefertigt hat. Die Angabe, die Klägerin habe nur den "schriftlichen Teil" der Einstellung abgewickelt, ist ebenso zu beurteilen, weil sie nicht erkennen lässt, wer das Einstellungsgespräch geführt hat und was man sich unter einer schriftlichen Abwicklung vorstellen soll, wenn nur die Klägerin vor Ort war. Die Einschätzung schließlich, die Klägerin sei Angestellte in leitender Funktion, ist eine schlichte Bewertung, die sich im übrigen durch den Verweis auf die leitende Funktion selbst wieder entwertet. Selbst nach diesem Schreiben hatte nach Einschätzung des Keidel die Klägerin sehr wohl vor Ort Leitungsbefugnisse.

Die Angaben über die Telefonate mit Vorwerk bestätigen schließlich nur die Einschätzung des Senats, dass hier ein arbeitsteiliges Vorgehen zwischen der Klägerin und Vorwerk festzustellen ist.

ee.

Nach alledem ist festzuhalten, dass sich die Klägerin einerseits in maßgebender Weise am operativen Geschäft des Car Forum beteiligte und insofern erhebliche unternehmerische Initiative im laufenden Geschäft entfaltete, dass sich die Klägerin andererseits neben einer gewissen Gewinnbeteiligung in erheblicher Form durch diese Tätigkeit persönlichen und wirtschaftlichen Gefahren aussetzte und damit unternehmerisches Risiko einging.

Ihre mitunternehmerische Beteiligung bleibt hinter der des Regel-Kommanditisten nicht zurück, sondern übersteigt diese. Die Beteiligung an der geschäftlichen Tätigkeit ging weit über die geringen Mitwirkungsbefugnisse des Kommanditisten hinaus. Die Beteiligung am geschäftlichen Risiko blieb hinsichtlich der Gewinne zwar möglicherweise hinter der des Kommanditisten zurück, übersteigt jedoch hinsichtlich der geschäftlichen und persönlichen Risiken dasjenige des nur begrenzt haftenden Kommanditisten bei weitem. Dies genügt, die Klägerin als Mitunternehmerin zu qualifizieren.

ff.

Der Senat stellt schließlich klar, dass die Mitunternehmerschaft bzw. Gesellschaft zwischen Vorwerk und der Klägerin keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB, sondern eine offene Handelsgesellschaft nach §§ 105 ff. HGB war.

Der Zweck der Gesellschaft war auf den Betrieb eines Handelsgewerbes im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB, nämlich den An- und Verkauf von Pkw, gerichtet, und zwar unter der gemeinschaftlichen Firma "Autohaus Car Forum Tommy Körner". Auf die Haftung der Gesellschafter hat der Umstand, dass es sich nicht um eine GbR handelt, allerdings keinen Einfluss. Für die Steuerschulden einer oHG haften die Gesellschafter unmittelbar gemäß §§ 128 HGB, 191 Abs. 1 Satz 1 AO.

2.

Hinsichtlich der Höhe der Umsatzsteuerschulden des Gewerbebetriebes "Autohaus Car Forum Tommy Körner" wird Bezug auf den Abschlussbericht der Betriebsprüfung vom 16. Oktober 2003 Bezug genommen. Der Senat schließt sich den Ermittlungen und Berechnungen des Beklagten an, gegen deren Richtigkeit die Klägerin in diesem Verfahren auch nichts vorgetragen hat. Unabhängig von der Frage, ob er die für die Vorwerk/ Beyer GbR bzw. oHG getätigten Ausführungen in dem Verfahren 1 K 528/ 04 in diesem Verfahren überhaupt berücksichtigen müsste und dürfte, kann er die dortigen Steuererklärungen der Ermittlungen der zutreffenden Steuer jedenfalls nicht zu Grunde legen, weil sie die Erkenntnisse der Betriebsprüfung gänzlich ignorieren, ohne mitzuteilen, inwieweit die Betriebsprüfung fehlerhaft ermittelt oder gerechnet hat. Vor diesem Hintergrund sind die abweichenden Steuererklärungen nicht nachvollziehbar und nicht prüfbar.

Hinsichtlich der Hinzuschätzung weist der Senat lediglich der Vollständigkeit halber darauf hin, dass angesichts der vollkommen unzulänglichen bzw. kaum vorhandenen Buchführung, die der Beklagte vorgefunden hat, ein Unsicherheitszuschlag von 20% noch maßvoll ist und ohne Beanstandungen auch höher hätte ausfallen können.

3.

Schließlich sind auch im Rahmen der Ermessensausübung keine Fehler erkennbar. Das Auswahlermessen hat der Beklagte sachgerecht dahin ausgeübt, dass er neben der Klägerin auch Vorwerk in voller Höhe in Anspruch genommen hat.

a.

Soweit der Beklagte die Steuerschuldnerin fehlerhaft als GbR bezeichnet hat, hat dies keine Auswirkungen auf die Richtigkeit des Haftungsbescheides. Da bei einer oHG die Gesellschafter erst recht und unmittelbar gemäß § 128 HGB für die Schulden der Gesellschaft einzustehen haben, ist die Haftung nicht etwa schwächer, sondern allenfalls stärker ausgeprägt, was dem Gesellschafter als Haftungsschuldner nicht hilft.

b.

Eine Minderung der Haftungssumme bei der Klägerin im Hinblick auf ihre unstreitig gegenüber Vorwerk nachrangige Position im Car Forum war nicht geboten. Nach den Feststellungen des Beklagten wie auch des Senats war die Klägerin in diesem Autohaus Mitunternehmerin nicht zuletzt als Beteiligte an den Straftaten des Vorwerk, was eine vollständige oder teilweise Befreiung von der Haftung nicht indiziert. Wenn Vorwerk mittlerweile nicht mehr greifbar ist und daher dem Beklagten nur noch die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen möglich ist, der Klägerin hingegen der Regress verwehrt ist, ist dies kein Gesichtspunkt, von einer Inanspruchnahme der Klägerin abzusehen. Das Gegenteil ist der Fall. Da dem Beklagten als Steuergläubiger aufgegeben ist, Steuerschulden vollständig und zeitnah einzutreiben, ist und war es gerade geboten, die Klägerin als noch greifbare Haftungsschuldnerin in Anspruch zu nehmen.

c.

Der Umstand schließlich, dass die Klägerin sich dem Anschein nach mittlerweile von den Machenschaften des Vorwerk losgesagt hat, kann im Haftungsverfahren keine Berücksichtigung mehr finden. Die Klägerin kann ihre Mitwirkung nicht mehr ungeschehen machen. Die Haftung berücksichtigt die Verhältnisse im Haftungszeitraum und damit vergangene Zeiträume. Ob im Rahmen der Vollstreckung die aktuelle finanzielle und ggf. auch familiäre Situation der Klägerin berücksichtigt werden kann und erst recht, inwieweit die jetzige Lebensführung der Klägerin etwaige strafrechtliche Folgerungen beeinflussen kann, ist eine andere und im Haftungsverfahren nicht zu beantwortende Frage.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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