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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 30.05.2008
Aktenzeichen: 1 V 1198/07
Rechtsgebiete: FGO, UStG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 1 S. 2
FGO § 69 Abs. 3 S. 1 Hs. 2
UStG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 V 1198/07

Umsatzsteuer 2002

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

am 30. Mai 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden,

den Richter am Finanzgericht Keilig und

die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Ursprünglich bestand zwischen dem vom Antragsteller geführten Einzelunternehmen und der Ingenieurtechnik A. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war, eine umsatzsteuerliche Organschaft. Im März 2002 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Daraufhin bestellte das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, übertrug ihm jedoch nicht die Verwaltungs- und Verfügungsmacht über das Vermögen der Schuldnerin, sondern ordnete nur seinen Zustimmungsvorbehalt für ihre Verfügungen an, und ermächtigte ihn auch nur in dringenden Fällen, mit rechtlicher Wirkung für sie zu handeln (Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den entsprechenden Beschluss, Bl. 20 ff. der Klageakte verwiesen). Daraufhin schloss der Antragsteller einen neuen Arbeitsvertrag und trat im April 2002 in B. eine neue Stellung an, bis im August das Insolvenzverfahren eröffnet und ein endgültiger Insolvenzverwalter bestellt wurde.

Nach einer Betriebsprüfung bewertete der Antragsgegner die bei der Schuldnerin aufgelaufenen Kreditoren in Höhe von 25.633,34 EUR als uneinbringlich und forderte mit geändertem Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 2. Januar 2006 die darauf entfallende Vorsteuer vom Antragsteller zurück. Nach dessen fristgerechtem Einspruch erhöhte er die Umsatzsteuerfestsetzung im Einvernehmen mit dem Antragsteller, wies den Einspruch betreffend die Kreditoren aber mit Bescheid vom 19. Juli 2007 als unbegründet zurück. Dagegen hat der Antragsteller am 7. August 2007 Klage erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat, und - nach Ablehnung seines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung durch den Antragsgegner am 6. August 2007 - bei Gericht am 4. September 2007 den hier vorliegenden Antrag "wegen Ablehnung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung des geänderten Umsatzsteuerbescheides" 2002 gestellt.

Der Antragsteller meint, die strittige Berichtigung sei bei der Organgesellschaft durchzuführen, weil die entsprechenden Forderungen erst nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich geworden seien.

Die Forderungen seien nämlich erst zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens uneinbringlich geworden, denn er habe den entsprechenden Antrag nur gestellt, weil er die im Vergleich zu den Verbindlichkeiten von rund 215.000 EUR sehr hohen Forderungen von rund 257.000 EUR nicht habe beitreiben können, aber die anschließende Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters habe ja gezeigt, dass dieser das Unternehmen ursprünglich habe fortführen und sanieren wollen.

Die Organschaft sei aber bereits bei Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei nämlich die wirtschaftliche Eingliederung beendet worden, indem die Vermietung des Büroraumes, auf der sie beruhte, nach Transport der Unterlagen zum vorläufigen Insolvenzverwalter aufgelöst worden sei. Entsprechendes gelte für die organisatorische Eingliederung, denn seine Geschäftsführerposition sei durch die Bestellung eines zwar vorläufigen, aber eher starken Insolvenzverwalters und dessen Verhalten als faktischer Geschäftsführer beendet worden. Der vorläufige Insolvenzverwalter habe ihm nämlich sämtliche Unterlagen weggenommen, ihn sofort von seinen Pflichten entbunden und nicht nur sämtliche Tätigkeiten selbst in Auftrag gegeben, sondern sogar für die Bestellungen, Abnahmen und sonstige Anweisungen im Zusammenhang mit den noch bis zum August durchgeführten Bauarbeiten sogar eigene Architekten und Gutachter mitgebracht. Dadurch habe er selbst keinerlei Mitspracherechte mehr gehabt, sei seitdem auch nicht weiter als Geschäftsführer tätig geworden und habe letztlich keinen vom vorläufigen Insolvenzverwalter abweichenden Willen mehr bilden können. Zur Glaubhaftmachung der beschlagnahmten Unterlagen benennt er eine Zeugin und zur faktischen Geschäftsführung verweist er auf ein beigefügtes Schreiben des Insolvenzverwalters an das Insolvenzgericht, in dem dieser wegen seiner im Einzelnen dargelegten Leistungen eine Erhöhung der Regelvergütung begehrt.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei die Unterscheidung zwischen einem starken Insolvenzverwalter und einem schwachen eher theoretisch und besitze keine echte Aussagekraft, denn ein starker Insolvenzverwalter müsse für die von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten persönlich haften und werde dieses Risiko nicht ohne Prüfung der Vermögensverhältnisse eingehen wollen, so dass die Insolvenzgerichte - zur Vermeidung dessen - ihre Anordnungen normalerweise nicht auf § 22 InsO, sondern auf § 21 InsO stützten und damit regelmäßig die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht uneingeschränkt auf den Insolvenzverwalter übertrügen, wie auch hier.

Der Antragsteller beantragt zwar,

die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2002 vom 19. Juli 2007 in Form des Einspruchsbescheides vom 19. Juli 2007 ohne Sicherheitsleistungen in Höhe von 23.355,17 EUR Umsatzsteuer zuzüglich Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von 2.021,00 EUR, insgesamt 25.376,17 EUR auszusetzen

hat aber am Ende der Antragsschrift dann als auszusetzende Summe bei der Umsatzsteuer den Betrag von 25.633 EUR genannt.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsgegner meint, die strittige Berichtigung sei beim Antragsteller als Organträger durchzuführen, weil die Forderungen während der bestehenden Organschaft uneinbringlich geworden seien.

Die Forderungen seien bereits beim Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens uneinbringlich gewesen, denn damit habe der Antragsteller deutlich gemacht, dass die GmbH nicht mehr in der Lage gewesen sei, die laufenden Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

Aber selbst wenn sie erst bei der Eröffnung uneinbringlich geworden seien, habe die Organschaft zu diesem Zeitpunkt noch bestanden. Die wirtschaftliche Eingliederung sei keineswegs allein durch diese eine Vermietung begründet und die Vermietung auch nicht allein durch den Transport von Papier beendet worden. Entsprechendes gelte für die organisatorische Eingliederung, denn das Gericht habe sich auf die Bestellung eines schwachen Insolvenzverwalters nach § 21 InsO beschränkt und dem Antragsteller damit die Möglichkeit gelassen, seinen Willen in der Organgesellschaft durchzusetzen. Ob und wie der Antragsteller diese Möglichkeiten genutzt habe, sei insoweit nicht von Belang; insofern spreche die vom Kläger behauptete Abwesenheit zwischen dem Antrag und der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber für sich. Von einer Freistellung von seinen Geschäftsführerpflichten könne jedenfalls keine Rede sein, denn es sei nicht einmal vorgetragen, wer diese wann und in Bezug auf welche Pflichten ausgesprochen haben soll. Eine für die Verwaltung zuständige Person im Insolvenzverfahren am Telefon habe dies nicht bestätigen können, sondern sich sogar erstaunt gezeigt, davon zu hören. Eine fortgesetzte Tätigkeit als Geschäftsführer werde auch dadurch bestätigt, dass die Bauvorhaben wie begonnen weiter geführt worden seien, dass sich an den unternehmerischen Tätigkeiten nichts geändert habe und dass der Antragsteller vom neuen Arbeitgeber auch nur bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens Lohn erhalten habe und danach "wieder" für die GmbH tätig geworden sei. Im Übrigen könne eine beratende Tätigkeit auch bei teilweise örtlicher Trennung erfolgen und vor Insolvenzeröffnung sei eine Änderung der Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister ohnehin nicht möglich.

Allenfalls könne der Verwalter wegen des Zustimmungsvorbehaltes in konkreten Fällen noch als "halbstarker" Insolvenzverwalter angesehen werden, aber das beende (nach Ansicht des Schleswig- Holsteinischen FG, Urt. v. 24. September 2002, IV 174/01) die Organschaft keineswegs, selbst wenn dieser in dringenden Fällen zusätzlich ermächtigt sei, für den Schuldner zu handeln, weil ihm damit immer noch keine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung möglich sei. Das bloße Zustimmungserfordernis solle den Antragsteller nur von weiteren Fehlentscheidungen zulasten des Unternehmens abhalten und diene der Überwachung seiner weiteren geschäftlichen Tätigkeiten, verleihe dem vorläufigen Insolvenzverwalter aber keineswegs die starke Position, die der Antragsteller hier hinein interpretiere. Im Grunde versuche er damit nur, sich mit allen Mitteln der Vorsteuerrückforderung zulasten seines Einzelunternehmens zu entziehen, obwohl dieses die Vorsteuerbeträge habe geltend machen können.

Die dem Gericht vorgelegten 12 Akten enthalten weder den angefochtenen Ausgangsbescheid noch das Einspruchsschreiben selbst.

II.

Der Antrag ist - trotz der Aufnahme des Zinsbescheides in den Antrag - angesichts des Rubrums wie auch angesichts der Begründung, welche beide nur auf die Umsatzsteuer verweisen, als Antrag nur wegen Umsatzsteuer 2002 zu verstehen, und bezieht sich - ungeachtet der verschiedenen vom Antragsteller genannten Beträge - inhaltlich auf das Kreditorenkonto in Höhe von 25.633,34 EUR, so dass der (ohnehin darunter liegende) ausformulierte Antrag wie auch der (den Betrag mit aufführende) abschließende Antrag entsprechend umzudeuten sind.

Mit diesem Inhalt ist der Antrag gleichwohl unbegründet.

Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn die Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Auflage 2006, Anm. 86 zu § 69). Außerdem sind bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe ferner die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu berücksichtigen (Koch, a.a.O. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Aufgrund dieses Beurteilungsmaßstabes bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 2002.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG hat der Unternehmer, an den ein Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen und zwar nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG für den Besteuerungszeitraum, in den die Änderung der Bemessungsgrundlage fällt, wenn nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist.

Im vorliegenden Fall war für das Streitjahr 2002 zweifelsohne eine Vorsteuerberichtigung erforderlich. Die Forderungen mögen zwar im Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht uneinbringlich gewesen sein, weil ein derartiger Antrag auch mit bloß drohender Zahlungsunfähigkeit begründet werden und die Gesellschaft zu dieser Zeit ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen durchaus noch erfüllen kann (vgl. dazu Hessisches FG, Beschluss vom 10. April 2007, 6 V 3216/06, Haufe- Index 1763547). Aber spätestens zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens lag Uneinbringlichkeit vor (BFH, Urt. v. 28.06.2000, V R 45/99, BStBl II 2000, 703), weil mit der Insolvenzeröffnung alle persönlichen Gläubiger des Schuldners, die einen zu dieser Zeit begründeten Vermögensanspruch gegen ihn haben, zu Insolvenzgläubigern und ihre Ansprüche folglich zu Insolvenzforderungen werden, die grundsätzlich nur nach Maßgabe der Vorschriften für das Insolvenzverfahren verfolgt und befriedigt, aber von Rechts wegen nicht mehr individuell sicher gestellt oder befriedigt werden können.

Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel, dass der Rückforderungsanspruch zu Recht gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht und festgesetzt wurde. Voraussetzung ist, dass er zu diesem Zeitpunkt noch Unternehmer im Sinne von § 17 Abs. 1 UStG war. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, was nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auch anzunehmen ist, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist (Organgesellschaft).

Das war im vorliegenden Fall ursprünglich unstreitig anzunehmen und hat sich nach den bisher vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nicht geändert. Bei einer Organschaft bewirkt nämlich allein der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinerlei Veränderung hinsichtlich der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers und ist daher nicht geeignet, das Organschaftsverhältnis zu beenden. Entsprechendes gilt im Normalfall auch für die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, solange diesem nicht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übertragen, sondern lediglich ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet wurde (vgl. BFH, Urt. v. 1. April 2004, V R 24/03, BStBl II 2004, 905), wie hier.

Denn mit der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts durch das Insolvenzgericht verliert der Organträger ebenso wenig seinen organisatorischen Einfluss auf die Organgesellschaft wie der Gemeinschuldner die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen. Er hat lediglich nicht mehr die Fähigkeit, diese Rechtsmacht ohne Mitwirkung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam auszuüben. Die Unternehmensleitung selbst bleibt aber gleichwohl in seinen Händen und der vorläufige Insolvenzverwalter hat sich nur an der Organisation der Betriebsfortführung zu beteiligen und den Schuldner dabei zu unterstützen. Daran ändert grundsätzlich auch eine Ermächtigung des vorläufigen Insolvenzverwalters nichts, in dringenden Fällen mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln (BFH, Urt. v. 1. April 2004, V R 24/03, BFH/ NV 2004, 1054).

Im vorliegenden Fall hat das Insolvenzgericht nach dem ausdrücklichen Wortlaut seines Beschlusses dem vorläufigen Insolvenzverwalter nicht die allgemeine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Schuldnerin übertragen und ihn auch nur in dringenden Fällen mit der Befugnis ausgestattet, mit rechtlicher Wirkung für sie zu handeln und damit eindeutig einen sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, was die organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Antragsstellers grundsätzlich nicht beendet.

Zwar ergeben sich aus einem Schreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters an das Insolvenzgericht, laut dem er - um zumindest die wichtigste Baustelle fertig zu stellen - ab März 2002 die benötigten Arbeitskräfte über deren Arbeitsverhältnis hinaus beschäftigte, laut dem er sie durch seinen erheblichen persönlichen Einsatz motivierte sowie das Bauvorhaben während des gesamten Zeitraumes durch seinen bausachverständigen Mitarbeiter betrauen ließ, und laut dem er sich mit Mitteln, die aus der vorläufigen Insolvenzverwaltung erwirtschaftet werden konnten, persönlich gegenüber Arbeitnehmern wie Materiallieferanten stark machte, Anhaltspunkte für eine gegenüber dem Antragsteller verselbständigte Geschäftsführung des Insolvenzverwalters.

Aber das besagt keineswegs, dass der Insolvenzverwalter den organisatorischen Einfluss des Antragstellers so weit zurückgedrängt hat, dass es für die Annahme einer fortdauernden Organschaft nicht mehr ausreicht. Die Ursache seines vergleichsweise starken Engagements könnte nämlich ebenso gut in der neuen auswärtigen Anstellung des Antragstellers liegen, die dessen eigenes Engagement in der Organgesellschaft zwangsläufig begrenzt, aber letztlich auf einer eigenen willentlichen Entscheidung des Antragstellers beruht und keineswegs indiziert, dass er seinen Willen nunmehr nicht mehr durchzusetzen vermag.

Im Übrigen mag für die Frage einer fortbestehenden Organschaft auch der tatsächlichen Handhabung zwischen dem Geschäftsführer der Schuldnerin und dem vorläufigen Insolvenzverwalter noch eine gewisse Bedeutung zukommen (wie es im Urt. d. BFH v. 1. April 2004, V R 24/03, BFH/ NV 2004, 1054 anklingt, wenn er dort in seiner Entscheidung zulasten des Organträgers ergänzend vermerkt, dass auch keine Anhaltspunkte für eine dringend erforderliche Geschäftsführung des Insolvenzverwalters vorlagen). In erster Linie ist jedoch schon aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit an den Beschluss des Insolvenzgerichtes anzuknüpfen (vgl. Hessisches FG, Urt. v. 10. April 2007, a.a.O., unter Berufung auf das BFH, Urt. v. 6. August 2001, a.a.O.; aber auch BFH, Urt. v. 1. April 2004, a.a.O., der unmittelbar nach dem oben zitierten Satz aufführt, dass selbst eine Ermächtigung des Insolvenzverwalters zu dringend notwendiger Geschäftsführung grundsätzlich nichts an der fortbestehenden Organschaft ändert), insbesondere in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in denen sich häufig nicht klären lässt, welchen Umfang die Geschäftsführung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter angenommen hat.

Ebenso wenig bestehen hinreichende Anhaltspunkte, dass nach dem Abtransport der Unterlagen die wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Antragstellers endete. Insofern verweist der Antragsgegner zu Recht darauf, dass ein Mietverhältnis nicht allein durch die Versendung von Unterlagen endet. Außerdem ist im Betriebsprüfungsbericht festgehalten, dass die wirtschaftliche Eingliederung aus der Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen folge, was auf mehrere verpachtete Wirtschaftsgüter hindeutet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, da die Beschwerde nicht zugelassen worden ist (§ 128 Abs. 3 FGO).



Ende der Entscheidung

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