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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 31.08.2005
Aktenzeichen: 2 K 1530/04
Rechtsgebiete: EStG 2002


Vorschriften:

EStG 2002 § 7g Abs. 5
EStG 2002 § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat - im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 31. August 2005 durch den Vizepräsidenten des Finanzgerichts ... als Vorsitzenden, den Richter am Finanzgericht ..., die Richterin am Finanzgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ... den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob bei unterjähriger Auflösung einer Ansparrücklage nach § 7 g Einkommensteuergesetz (EStG) der Gewinnzuschlag gem. § 7 g Abs. 5 EStG für das Auflösungsjahr voll zu berechnen ist.

Der Kläger ist Arzt und ermittelt seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz. In der Gewinnermittlung für das Jahr 2002 löste der Kläger eine im Jahr 2000 gebildete Ansparrücklage auf. Die Auflösung der Rücklage erfolgte unterjährig in der laufenden Buchführung zum 31. Oktober 2002. Wegen der Auflösung erklärte der Kläger einen Gewinnzuschlag gem. § 7 g Abs. 5 EStG in Höhe von 6 % (= 1.053,78 EUR) des aufgelösten Betrages. Dabei ging der Kläger davon aus, dass ein Gewinnzuschlag für das Jahr der Auflösung nicht zu berechnen sei, da die Rücklage nur ein volles Wirtschaftsjahr bestanden habe.

In dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns aus selbständiger Arbeit vom 29. März 2004 erhöhte der Beklagte den erklärten Gewinn um weitere 1.053,78 EUR und stellte einen Gewinn in Höhe von 69.652 EUR fest. Er war insoweit davon ausgegangen, dass die Ansparrücklage für zwei volle Wirtschaftsjahre bestanden hatte.

Zur Begründung der nach erfolglosem Vorverfahren hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Ansparrücklage habe im Streitjahr kein volles Wirtschaftsjahr bestanden. Es sei zwar richtig, dass durch eine unterjährige Auflösung bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ein Gewinnzuschlag nicht verhindert werden könne. Der Gewinn nach dieser Vorschrift sei nämlich der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Anfang des Jahres. Die Auflösung wirke sich damit erst am Ende des Wirtschaftsjahres aus. Anders sei es jedoch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Die unterjährige Auflösung der Rücklage sei sofort als Betriebseinnahme zu erfassen und bestehe deshalb insoweit kein volles Wirtschaftsjahr. Im Übrigen bezieht sich der Kläger auf das Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 12. August 2002 - 1 K 245/01 - (Haufe-Index 952070).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns aus selbständiger Arbeit vom 29. März 2004 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 zu ändern und die Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 68.598 EUR festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, bei der Ansparrücklage handele es sich um ein steuerrechtliches Bilanzierungswahlrecht. Diese würden grundsätzlich nicht in der laufenden Buchführung, sondern erst bei Erstellung des Jahresabschlusses ausgeübt.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Gewinnzuschlag auch für das Jahr der Auflösung der Ansparrücklage zu berechnen ist. Der Senat vermag der im Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 12. August 2002 (Az. 1 K 245/01) vertretenen Auffassung nicht zu folgen.

Mit der Ansparrücklage nach 7 g EStG wird der Gewinn für eine beabsichtigte zukünftige Investition gemindert. Die verbesserte Liquidität des Unternehmens geht zu Lasten des Fiskus, da die Ansparrücklage wie eine Steuerstundung wirkt. Unterbleibt die Investition, ist die Ansparrücklage gewinnerhöhend aufzulösen. Um den in diesen Fällen unerwünschten Steuerstundungseffekt auszugleichen, ist der Gewinn um 6 % des Auflösungsbetrages zu erhöhen, § 7 g Abs. 5 EStG. Zum Verständnis der Gesetzesformulierung "für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestand" ist nach Auffassung des Senats auf die steuerliche Auswirkung abzustellen. Da der Steuerstundungseffekt erst mit der Veranlagung für das Auflösungsjahr endet, ist der Gewinnzuschlag für das Auflösungsjahr auch dann zu berechnen, wenn die Ansparrücklage im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG unterjährig aufgelöst wird (vgl. auch Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 6. Dezember 2004 1 K 1516/04, EFG 2005, 1603 sowie Finanzgericht Münster, Urteil vom 24. April 2003 2 K 4635/02 E,EFG 2003, 1719). Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit dem vom Bundesfinanzhof (BFH) postulierten Grundsatz der Totalgewinngleichheit bei verschiedenen Gewinnermittlungsarten (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 2003 IV R 13/03, BStBl II 2004, 985).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision im Hinblick auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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