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Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 2 K 297/09
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
In dem Rechtsstreit
...
hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat -
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Juni 2009
durch
den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Weber als Vorsitzender,
den Richter am Finanzgericht Schulz,
den Richter am Finanzgericht Keilig,
die ehrenamtliche Richterin Frau ... und
die ehrenamtliche Richterin Frau ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2009 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009.
Das Finanzamt A. (FA A.) hatte am 8. Februar 2008 gegen die Klägerin, die seinerzeit ihren Sitz in R. - und damit im Bezirk des FA A. - hatte, eine Prüfungsanordnung zur Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für 2006 sowie die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2007 erlassen. Die Prüfung sollte nach der Prüfungsanordnung am 28. Februar 2008 um 8.00 Uhr "im Unternehmen" der Klägerin beginnen. Da der Prüfer zu diesem Zeitpunkt in den Geschäftsräumen der Klägerin niemanden angetroffen hatte, forderte das FA A. die Klägerin mit Schreiben vom 28. Februar 2008 auf, "die Buchführungsunterlagen" bis zum 10. März 2008 zur Einsicht in den Räumen des Unternehmens bzw. in den Räumen des FA A. vorzulegen. Eine Reaktion der Klägerin hierauf erfolgte nicht. Das FA A. drohte der Klägerin deswegen mit Bescheid vom 7. April 2008 ein Zwangsgeld in Höhe von 200 EUR für den Fall an, dass die Klägerin die Buchführungsunterlagen nicht bis zum 2. Mai 2008 vorlegen sollte. Da diese Androhung ebenfalls erfolglos blieb, setzte das FA A. mit Bescheid vom 14. Mai 2008 gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in entsprechender Höhe fest.
Mit Schreiben vom 29. September 2008 teilte die Klägerin dem FA A. sodann mit, dass sie ihren Sitz ab 1. Oktober 2008 nach S. (Bezirk des beklagten Finanzamts - FA -) verlegen werde. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 beauftragte daraufhin das FA das FA A. mit der Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für 2006 sowie für die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2007; als Begründung für die Beauftragung gab das FA an, dass mit der Prüfung bereits begonnen worden sei. Eine (unmittelbare) Bekanntgabe des Prüfungsauftrags an die Klägerin erfolgte nicht. Das FA A. hob daraufhin mit Verfügung vom 22. Januar 2009 die Prüfungsanordnung vom 8. Februar 2008 auf; mit einer weiteren Verfügung vom 22. Januar 2009 ordnete das FA A. aufgrund des erwähnten Prüfungsauftrags des FA vom 30. Dezember 2008 die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für das Jahr 2006 sowie die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2007 an. Den dagegen von der Klägerin beim FA A. eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsbescheid vom 5. Februar 2009 zurück.
Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass eine Durchführung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch das FA A. für sie mit unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.
Die Klägerin beantragt,
die Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA steht weiterhin auf dem Standpunkt, dass die Prüfung durch das FA A. deswegen ermessensgerecht sei, weil das FA A. mit der Prüfung bereits begonnen habe.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Prüfungsanordnung und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Im Einzelnen:
Das FA war befugt, über den Einspruch der Klägerin gegen die vom FA A. erlassene Prüfungsanordnung zu entscheiden. Zwar hat der BFH mit Urteil vom 18. November 2008 (VIII R 16/07, BFH/NV 2009, 625) entschieden, dass im Falle einer Beauftragung mit einer Außenprüfung das beauftragte Finanzamt über den gegen die entsprechende Prüfungsanordnung gerichteten Einspruch zu entscheiden habe, wenn die Prüfungsanordnung von dem beauftragten Finanzamt erlassen worden war. Die Anwendung dieser Rechtsprechung würde im vorliegenden Fall dazu führen, dass (lediglich) die Einspruchsentscheidung aufzuheben wäre, da diese vom beauftragenden (und nicht vom beauftragten) Finanzamt erlassen worden ist. Der Senat folgt jedoch dieser Rechtsprechung des BFH nicht. Nach Auffassung des Senats ist vielmehr das beauftragende Finanzamt zur Entscheidung über den Einspruch insoweit zuständig, als - wie im vorliegenden Fall - die Rechtmäßigkeit der Beauftragung vom Steuerpflichtigen in Zweifel gezogen wird. Denn insoweit handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des beauftragenden Finanzamts, die im Einspruchsverfahren bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit sinnvollerweise nur vom beauftragenden Finanzamt überprüft werden kann. Eine (isolierte) Aufhebung der Einspruchsentscheidung wegen Unzuständigkeit der insoweit tätig gewordenen Behörde kam deswegen nicht in Betracht.
Nach Auffassung des Senats waren die Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 05. Februar 2009 jedoch deswegen als rechtswidrig aufzuheben, weil die Prüfungsanordnung und die Einspruchsentscheidung ermessensfehlerhaft waren. Denn Grundlage der Ermessensentscheidung war ein nicht (mehr) zutreffender Sachverhalt. Begründet hatte das FA die Beauftragung des (an sich örtlich nicht mehr zuständigen) FA A. damit, dass das FA A. mit der Prüfung bereits begonnen habe. Diese Begründung war jedoch dadurch unzutreffend geworden, dass das FA A. seine Prüfungsanordnung vom 8. Februar 2008 mit Verfügung vom 22. Januar 2009 aufgehoben hatte. Damit traf die vom FA für die Beauftragung gegebene Begründung (bereits begonnene Außenprüfung) für die (vorliegend angefochtene) Prüfungsanordnung vom 22. Januar 2009 nicht (mehr) zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO); die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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