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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 23.07.2008
Aktenzeichen: 2 V 936/08
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 114 Abs.1
AO § 227 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

2 V 936/08

Erlassen von Kraftfahrzeugsteuer

In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat -

am 23. Juli 2008

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Weber als Vorsitzender,

die Richterin am Finanzgericht Dr. Leingang-Ludolph und

den Richter am Finanzgericht Schulz

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 11. Februar 2008 beim Antragsgegner die Kraftfahrzeugsteuer für das Jahr 2008 wegen unbilliger Härte zu erlassen. Er führte aus, dass die unbillige Härte u.a. durch den Einbehalt der ihm zustehenden Umsatzsteuererstattungen für die Jahre 2002 bis 2005 herbeigeführt worden sei. Das Finanzamt habe den in der Betriebsprüfung festgestellten Differenzbetrag bis zum heutigen Tag weder glaubhaft gemacht noch nachvollziehbar belegt. Wegen des weiteren Vortrags wird auf die Antragsschrift verwiesen.

Den Antrag auf Erlass der Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 160,55 EUR lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 02. Mai 2008 ab. Er vertrat die Auffassung, der Erlass aus sachlichen Gründen komme nicht in Betracht, wie die Kraftfahrzeugsteuer entstehe, wenn ein Kraftfahrzeug zum Verkehr zugelassen werde. Bei der Festsetzung werde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Halters nicht berücksichtigt. Ein Erlass aus persönlichen Gründen komme nicht in Betracht, da die zur Verfügung stehenden Mittel offensichtlich ausreichten, die übrigen Aufwendungen für das Fahrzeug zu tragen. Könne die Kraftfahrzeugsteuer nicht entrichtet werden bestehe keine Erlasswürdigkeit, da durch die gleichwohl erfolgte Anmeldung des Fahrzeugs die mangelnde Leistungsfähigkeit selbst herbeigeführt worden sei. Trotz der Klagen wegen Umsatzsteuer 2002 bis 2005 wären die Erstattungsansprüche weder dem Grunde noch der Höhe nach erwiesen.

Hiergegen legte der Antragsteller am 13. Mai 2008 Einspruch ein. Er führte aus, die Behauptung, er habe selbst die fehlende Leistungsfähigkeit herbeigeführt, sei falsch. Denn in den ersten Jahren nach der Anmeldung des Fahrzeugs habe er die Kraftfahrzeugsteuer entrichtet. Erst mit der unzulässigen Einbehaltung von Steuererstattungen durch das Finanzamt sei die fehlende Leistungsfähigkeit herbeigeführt worden. Das Finanzamt behaupte, er - der Antragsteller - sei in der Lage, die übrigen Aufwendungen für das Fahrzeug zu tragen. Welche Kosten in welcher Höhe der Behauptung zu Grunde liegen, sei nicht zu entnehmen. Eine pauschale Behauptung dürfte als Ablehnungsgrund unzulässig sein. Die seit dem 01. März 2008 bestehende Mittellosigkeit sei durch unzulässige Verweigerung des Sozialleistungsanspruchs herbeigeführt worden. Wegen der weiteren Ausführungen des Antragstellers wird auf die Einspruchsschrift verwiesen.

Daraufhin teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass durch die Zulassung eines Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Straßen laufende Kosten wie Versicherung, Kraftfahrzeugsteuer, TÜV, Abgasuntersuchung, Benzinkosten, etc. entstünden. Die Kraftfahrzeugsteuer sei regelmäßig im Voraus für ein Jahr zu entrichten. Der Steuerpflichtige könne sich entsprechend auf die Zahlung einrichten. Steuern seien keine Forderungen minderen Ranges, die hinter den anderen Kosten zurückstünden. Wegen der weiteren Ausführungen des Antragsgegners wird auf dessen Schriftsatz vom 21. Mai 2008 verwiesen.

Wegen der Erwiderung des Antragstellers - insbesondere bzgl. seines Vortrags, dass er wegen Mittellosigkeit und Armut das Fahrzeug nicht betanken könne - wird auf sein Schreiben vom 22. Mai 2008 verwiesen.

Der Antragsteller stellte am 30. Juni 2008 bei Gericht einen "eilbedürftigen Antrag auf Erlass der Kfz-Steuer". Er beantrage den Erlass der Kfz-Steuer wegen unbilliger Härte, da er mittellos sei und nicht einmal das Existenzminimum zur Verfügung stehe. Sein Antrag sei von dem Antragsgegner nicht abschließend bearbeitet worden. Trotzdem habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 24. Juni 2008 eine "Abmeldung von Amts wegen durchgeführt". Dies sei nach seiner Auffassung rechtswidrig, da der Rechtsweg noch nicht beendet sei und der Antragsgegner ihm zum anderen noch eine Nachzahlung von 6.000,- EUR zuzüglich Zinsen schulde.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen seiner Auffassung wird auf den Schriftsatz vom 10. Juli 2008 verwiesen.

II.

Im Wege der Auslegung ergibt sich, dass der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 114 der Finanzgerichtsordnung -FGO-) zu verpflichten, die Kraftfahrzeugsteuerschuld 2008 zu erlassen. Denn der Antragsteller spricht in seiner Antragsschrift von einem "eilbedürftigen Antrag" auf Erlass der Kraftfahrzeugsteuer.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Gemäß § 114 Abs.1 FGO kann das Gericht anordnen, dass ein eingetretener Zustand im Interesse einer sonst gefährdeten Rechtsverwirklichung vorläufig erhalten bleibt (Sicherungsanordnung, § 114 Abs.1 Satz 1 FGO) oder dass ein vorläufiger Zustand herbeigeführt wird (Regelungsanordnung, § 114 Abs.1 Satz 2 FGO). Im Streitfall kommt eine Regelungsanordnung in Betracht, da die Antragstellerin einen Erlass gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) , d.h. eine neue, günstigere Rechtssituation erstrebt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind (§ 114 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO -). Im hier zu entscheidenden Verfahren fehlt es zumindest an einem Anordnungsanspruch.

Nach § 227 Abs.1 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

Die Entscheidung über einen Erlassantrag aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, die im finanzgerichtlichen Verfahren nur dahin geprüft werden kann, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 FGO).

Die Ablehnung des Erlasses durch den Antragsgegner ist nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden. Denn sein Ermessen ist nicht dahingehend reduziert, dass nur eine einzige mögliche Entscheidung - Erlass der Kraftfahrzeugsteuer - verbleibt (sog. Ermessensreduktion auf Null).

Eine Unbilligkeit der Einziehung der Steuern aus sachlichen Gründen hat der Antragsteller nach summarischer Prüfung rechtsfehlerfrei verneint. Weder hat der Antragsteller Gründe für einen Erlass aus sachlichen Gründen genannt noch sind solche Gründe der Akte zu entnehmen.

Nach summarischer Prüfung ist auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen abgelehnt hat. Ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen setzt u.a. voraus, dass der Erlass der Steuer dem Steuerpflichtigen und nicht einem Dritten (Gläubiger des Steuerpflichtigen) zugute kommt (BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1999 V B 130/99, BFH/NV 2000, 411). Im Streitfall hat der Antragsteller selbst seine völlige Mittellosigkeit dargestellt. Mithin käme ein Erlass der Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 160,55 EUR nicht dem Antragsteller, sondern seinen übrigen Gläubigern zu Gute. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner die Auffassung vertritt, dass von der Allgemeinheit ein Zuschuss zum Betreiben eines Fahrzeugs durch einen Steuererlass nicht verlangt werden kann. Die Auffassung des Antragsgegners, dass auf Grund der wegen Umsatzsteuer 2002 bis 2005 erhobenen Klagen keine aufrechenbare Erstattungsansprüche bestehen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Ob der Antragsgegner rechtsfehlerfrei einen Antrag auf Abmeldung des Fahrzeugs von Amts wegen gestellt hat, ist nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Verfahrens.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen, § 135 Abs. 1 FGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, da die Beschwerde nicht zugelassen worden ist (§ 128 Abs. 3 FGO).



Ende der Entscheidung

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