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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 11.09.2008
Aktenzeichen: 3 K 235/05
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 179 Abs. 1
AO § 180 Abs. 2
EStG § 10 Abs. 2 S. 2
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

3 K 235/05

Gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 3. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. September 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Schurwanz,

den Richter am Finanzgericht Burckgard,

den Richter am Finanzgericht Kerber,

den ehrenamtlichen Richter ... und

den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Der Kläger gründete im Jahr 1993 mit H. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der Gesellschaftsvertrag wurde zunächst nur mündlich geschlossen. Ein schriftlicher Vertrag existiert ab dem 15. Februar 1995; eine Kopie dieses Vertrages liegt dem Gericht vor. Nach dem schriftlichen Vertrag ist Gesellschaftszweck der Erwerb, die Bebauung und die Verwaltung von Grundbesitz. In § 3 des schriftlichen Gesellschaftsvertrages wird u.a. ausgeführt, dass die GbR Eigentümer der Liegenschaft ...straße ...(Hintergelände) in D. sei. Dieses Grundstück (Gemarkung D. Flur ... Flurstück ... zur Größe von 472 qm, eingetragen im Grundbuch von D., Blatt ...) hatten der Kläger und H. mit notariell beurkundetem Vertrag vom 01. Dezember 1993 je zur ideellen Hälfte von der ... GmbH zu einem Kaufpreis von 100.000,00 DM erworben. Der Kläger und H. wurden im Grundbuch als Eigentümer zu je ein Halb Anteil eingetragen. Es war beabsichtigt, das Grundstück nach Erwerb zu sanieren und zu vermieten.

Der Kläger schloss mit der ...bank (Filiale D.) zum Zwecke der "Baufinanzierung" - so die Überschrift über die Vertragsurkunde - einen Darlehensvertrag (Vertragsdatum 16. Dezember 1993 / 28. Dezember 1993). Der nominale Darlehensbetrag betrug 200.000,00 DM; nach Abzug einer Bearbeitungsgebühr von 2.000,00 DM ergab sich ein Nettodarlehensbetrag von 198.000,00 DM. Bei dem Darlehen handelte es sich um ein endfälliges Darlehen, dessen Rückführung durch eine Lebensversicherung erfolgen sollte. Hierzu - dies ergibt sich aus dem Darlehensvertrag selbst - wurde bei der ... Lebensversicherungs-AG eine entsprechende Versicherung mit einer Versicherungssumme von 150.000,00 DM abgeschlossen. Mit Abtretungsvereinbarung vom 14. / 15. Dezember 1993 trat der Kläger seine Ansprüche aus der Lebensversicherung in Höhe von 198.000,00 DM zur Sicherung aller bestehenden, künftigen, auch bedingten Ansprüchen der ...bank aus dem Darlehensvertrag vom 16. Dezember 1993 ab.

Das Darlehen wurde in zwei Teilbeträgen von 100.000,00 DM am 30. Dezember 1993 und von 98.000,00 DM am 12. Januar 1994 auf das bei der ...bank geführte Konto der GbR mit der Kontonummer ... ausgezahlt.

Der Mitgesellschafter H. schloss entsprechende Verträge ab. Sein Nettodarlehensbetrag wurde am 12. Januar 1994 ebenfalls auf das vorgenannte Konto der GbR überwiesen.

Die Bewegungen auf dem Konto ... stellen sich im Einzelnen - und soweit für den den Streitfall von Bedeutung - wie folgt dar:

 Auszug- Nr. Buchungstext (ggf. Erläuterung durch Beleg) Valuta DM Umsatz DM Neuer Saldo DM
1 Scheckheftgeb. 05.01. - 2,50 - 2,50
2 Scheck (Bauherrn-Haftpflicht) 10.01. - 533,10  
2 Scheck (Bauwesenversicherung) 10.01. - 1.883,80 - 2.419,40
3 Teilvalutierung ...bank - Baufinanzierung Endfälliges Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.12. + 100.000,00 + 97.580,60
4 Vollauszahlung ...bank - Baufinanzierung Endfälliges Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 12.01. + 98.000,00  
4 Vollauszahlung ...bank - Baufinanzierung Endfälliges Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 12.01. + 198.000,00 + 393.580,60
5 Überweisung (Kaufpreiszahlung) 30.12. - 100.000,00  
5 Scheck (Wedlich, Teilherstellungskosten) 14.01. - 45.000,00 + 248.580,60
6 Scheck (Notarkosten Kaufvertrag) 17.01. - 771,65  
6 Scheck (Ingenieurbüro ...) 17.01. - 29.500,00 + 218.308,95
7 Scheck (Abschlag Heizung/Sanitär) 24.01. - 67.851,50 + 150.457,45
8 Scheck (Knipping, Bauelemente) 26.01. - 8.193,11  
8 Scheck (..., Treppe) 26.01. - 9.924,00  
8 Scheck (Dachdecker) 26.01. - 9.700,06  
8 Scheck (Fliesenleger) 26.01. - 19.400,00  
8 Scheck (Malerarbeiten, Wärmedämmung) 26.01. - 19.400,00 + 84.840,28
9 Scheck (Elektro ...) 27.01. - 19.400,00 + 65.440,28
10 Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.01. - 715,00  
- Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.01. - 958,10 + 63.767,18
11 Überweisung (Eintragung Grundschuld) 17.02. - 1.184,00 + 62.583,18
12 Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.02. - 1.191,67  
- Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.02. - 1.191,67 + 60.199,84
13 Scheck (Entnahme ...) 03.03. - 12.000,00 + 48.199,84
14 Scheck (Entnahme H.) 11.03. - 12.000,00 + 36.199,84
15 Scheck (Stempel) 17.03. - 19,33 + 36.180,51
16 Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.03. - 1.191,67  
16 Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto Ref. ... 30.03. - 1.191,67 + 33.797,17
17 Überweisung (abgetretenes USt-Guthaben) 05.04. + 48.093,14 + 81.890,31
18 Sollzinsen, Gebühren, Auszugskosten 30.03. - 71,40  
18 Scheck (Abschlag Heizung/Sanitär) 07.04. - 25.000,00 + 56.818,91
19 Scheck (Kernbohrung) 14.04. - 319,15 + 56.499,76
20 Scheck (..., Trockenfußböden) 22.04. - 10.498,95 + 46.000,81
21 Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.03. - 1.191,67  
- Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.03. - 1.191,67 + 43.617,47
22 Scheck (Leitungsgraben) 17.05. - 4.451,82 + 39.165,65
23 Scheckheftgebühren 18.05. - 2,50  
 Scheck (Leitungsgraben) 19.05. - 7.621,89 + 31.541,26
24 Scheck (Miete April/Mai, Kaution 25.05. + 25.800,00 + 57.341,26
25 Scheck (Restzahlung Heizung) 26.05. - 13.799,50  
 Scheck (Restzahlung Installation) 26.05. - 19.400,00  
 Scheck (..., Türen, etc.) 26.05. - 22.835,98 + 1.305,78
26 Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.05. - 1.191,67  
- Zinsen [...] Darlehen (CB-BF III) Konto ... Ref. ... 30.05. - 1.191,67  
 Kontoausgleich 31.05. + 30.000,00 + 28.922,44

Ende des Jahres 2003 erfolgte eine Umschuldung. Hierzu schloss der Kläger mit der ... am 03. Dezember 2003 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 100.000,00 EUR ab (Darlehenskonto Nr. ...). Zur Sicherheit sollte der Kläger seine Rechte und Ansprüche aus der Kapitallebensversicherung Nr. ... bei der ... Lebensversicherungs-AG mit einer Versicherungssumme über 76.700,00 EUR (= 150.012,16 DM) abtreten. Die Rückzahlung des Darlehens sollte aus der Lebensversicherung erfolgen.

Mit gesonderter Abtretungserklärung vom 03. Dezember 2003 trat der Kläger seine gegenwärtigen und zukünftigen Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag in Höhe eines erstrangigen Teilbetrags von 100.000,00 EUR an die ... zur Sicherung des Anspruchs der ... auf Rückzahlung des noch nicht getilgten Nettokreditbetrages aus dem Darlehensvertrag vom 03. Dezember 2003 ab.

Am 21. Januar 2004 ging beim Beklagten eine Anzeige nach § 29 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) vom 04. Dezember 2003 ein. In dem dem Kläger zugesandten Fragebogen erklärte er u.a. auf die Frage welcher Zeitraum zwischen der Überweisung des Darlehens auf dem Darlehenskonto und der Bezahlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten lag, dass die Sanierung des Objekts ...straße ... innerhalb von sechs Monaten erfolgt und das Darlehen während dieser Zeit "verwendet" worden sei. Mit Schreiben vom 06. April 2004 erläuterte der Kläger, dass die Darlehenssumme auf das damalige Girokonto der GbR bei der ...bank D. ausgezahlt worden sei. Er habe Vollmacht für dieses Konto gehabt, so dass für den Verbrauch der Darlehensmittel keinerlei vorherige Absprache mit der ...bank notwendig gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Ablösung habe die Darlehensvaluta 102.258,38 EUR (Anm.: dies entspricht 200.000,00 DM) betragen.

Unter dem Datum vom 20. April 2004 erließ der Beklagte einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen betreffend den Vertrag ... bei der ... Lebensversicherungs-AG. Der Beklagte stellte fest, dass wegen der Verwendung "Ablösung Baufinanzierungsdarlehen" die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der Versicherung enthaltenen Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung insgesamt einkommensteuerpflichtig sind. Die Feststellung erfolge auf Grund der Anzeige nach § 29 EStDV. Die Schädlichkeit ergebe sich aufgrund der steuerschädlichen Verwendung des Ursprungsdarlehens.

Der Kläger legte durch seine seinerzeitige Bevollmächtigte am 14. Mai 2004 Einspruch ein. Er vertrat die Auffassung, dass kein steuerschädlicher Sachverhalt vorliege. Die Auffassung des Beklagten, dass zwischen dem Eingang der Darlehensmittel auf dem Baukonto und der Verwendung der Mittel für Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur ein Zeitraum von nicht mehr als dreißig Tagen liegen dürfe, finde im Gesetz keine Grundlage. Die im BMF-Schreiben vom 15. Juni 2000 (BStBl I 2000, 1118) unter Tz. 53 vertretene Ansicht sei nicht willkürfrei und stelle keine zulässige Auslegung des Gesetzestextes dar. Das Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verwendung beinhalte kein zeitliches sondern ausschließlich ein sachliches Element. Auch decke sich die Auffassung des Beklagten nicht mit dem Gesetzeszweck.

Da die Aufwendungen aber die zunächst auf das Konto der GbR eingezahlten Mittel deutlich überstiegen hätten, mussten die Gesellschafter zum Ausgleich von Sollsalden und zur Bereitstellung der Mittel für weitere Sanierungskosten zusätzliche Einzahlungen auf das Konto der GbR leisten: am 31. Mai 2004 30.000,00 DM und am 14. Juni 2004 25.000,00 DM.

Der Kläger trug vor, dass der Darlehensvertrag mit der ...bank "zur Finanzierung seiner Einlage" gedient habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten zur Einspruchsbegründung wird auf das Schreiben der Bevollmächtigten vom 29. Juli 2004 Bezug genommen.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2005 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 10. Februar 2005 Klage erhoben. Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass der Beklagte unzutreffenderweise davon ausgehe, dass das mit Vertrag vom 16. / 28. Dezember 1993 aufgenommene Darlehen nicht unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Grundstücks ...straße ... in D. diene.

Die gesamten Sanierungsaufwendungen seien im Wesentlichen in einem Zeitraum von vier Monaten angefallen. Das Darlehen sei ausschließlich zur Finanzierung der Anschaffungskosten des Grundstücks und der Sanierungskosten verwendet worden. Die Gesamtaufwendungen von 521.277,84 DM seien durch die beiden Darlehen bei der ...bank (400.000,00 DM) und Eigenkapital von 121.277,84 DM finanziert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum klägerischen Vortrag wird auf die Klageschrift und die im Verfahren eingereichten Schriftsätze, insbesondere den vom 11. April 2008, Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 20. April 2004 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bleibt bei seiner Auffassung, dass eine steuerschädliche Verwendung des Darlehens vorliege.

Entscheidungsgründe:

1. Der Kläger hat richtigerweise einen Kassationsantrag gestellt.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Verwaltungsakt sind §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 16. Dezember 1994 (BGBl. I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3). Nach § 9 dieser Verordnung stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Hieraus folgt, dass die Feststellung nur für den Fall vorgesehen ist, dass die entsprechenden Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt sind. Sind sie erfüllt, ist ausgehend vom Gesetzeswortlaut eine Feststellung nicht vorgesehen, auch nicht des Inhalts, dass die Zinsen nicht einkommensteuerpflichtig sind (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juni 2003 7 K 5670/01 F, EFG 2003, 1308, dessen Tatbestand sich auch ein Aufhebungsantrag entnehmen lässt).

2. Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt und die Zinsen aus den Beiträgen zu der bei der ... Lebensversicherungs-AG abgeschlossenen Lebensversicherung einkommensteuerpflichtig sind.

a) Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl. I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) - nunmehr: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung - gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können (vgl. dazu im Einzelnen und mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift BFH-Urteile vom 13. Juli 2004 VIII R 48/02 , BFHE 207, 136 , BStBl II 2004, 1060 ; VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181 , und VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184 ). Anwendbar ist die Neufassung des Gesetzes, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem 13. Februar 1992 zur Sicherung eines Darlehens dienen (vgl. § 52 Abs. 13a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992).

b) Die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug sind im Streitfall auch nach dieser erweiterten Fassung des Gesetzes nicht erfüllt.

aa) Die hier zu beurteilende Lebensversicherung ist eine Versicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.

bb) Die Versicherungsbeiträge können nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, denn die Ansprüche aus der Versicherung dienen während ihrer Dauer im Erlebensfall der Tilgung bzw. Sicherung eines Darlehens, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten sind (§ 10 Abs. 2 Satz 2 EStG). Die Zinsen für das Darlehen bei der ...bank stellen bei dem Kläger (Sonder-)Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar, die der Kläger gemeinsam mit H. aus der entgeltlichen Überlassung des Grundstücks ...straße ... erzielt.

cc) Der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG ist nicht erfüllt.

(a) Da das Darlehen bei der ...bank unstreitig nicht zur Finanzierung einer betrieblichen Maßnahme abgeschlossen wurde und damit kein betriebliches Darlehen war (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe c EStG) und es sich bei der Lebensversicherung auch nicht um eine Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe b EStG), kann die Steuerpflicht nur dann entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Dies ist im Streitfall zu verneinen.

(b) Das Gericht hält es bereits für zweifelhaft, ob ein Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wurde, das zum Entfallen der Steuerpflicht führen kann.

Dem Akteninhalt lassen sich Anhaltpunkte dafür entnehmen, dass das Darlehen nicht der Finanzierung des Erwerbs des Miteigentumsanteils an dem Grundstück und der anschließenden zu Herstellungskosten führenden Sanierung des Grundstücks diente, sondern der Finanzierung der vom Kläger zu erbringenden (Bar-)Einlage in das Gesellschaftsvermögen der GbR. So wurde im Einspruchsverfahren vom seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers vorgetragen, dass die GbR das Grundstück erwerben wollte und der Kläger das Darlehen "zum Zwecke der Finanzierung seiner Einlage" aufgenommen habe. Hierzu passt, dass in der Vertragsurkunde aus dem Jahr 1995 ausgeführt wird, die GbR sei Eigentümer der Liegenschaft ...straße ... (Hintergelände) in D. Diente das Darlehen aber der Finanzierung des vom Kläger an die Gesellschaft zu erbringenden Beitrages, so handelte es sich nicht um eine Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes, das die Steuerpflicht entfallen lässt (vgl. auch BFH-Urteil vom 07. November 2006 VIII R 1/06, wonach es sich bei einer Beteiligung oder einem Anteil an Personengesellschaften oder Grundstücksgemeinschaften nicht um Wirtschaftsgüter im steuerlichen Sinne handelt). Im Widerspruch dazu steht allerdings der Inhalt des Kaufvertrages und des Grundbuchs, in denen sich kein Hinweis auf die GbR findet.

Letztlich konnte das Gericht diesen Punkt offen lassen, weil das Entfallen der Steuerpflicht auch aus anderen Gründen scheitert.

(c) Geht man davon aus, dass das Darlehen bei der ...bank der Finanzierung von Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Grundstücks ...straße bzw. des klägerischen Anteils an diesem Grundstück diente, so entfällt die Steuerpflicht dennoch nicht, denn das Darlehen diente nicht "ausschließlich" dieser Finanzierung.

Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG wird ein Darlehen, dessen Zinsen Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, neben weiteren Voraussetzungen nur begünstigt, wenn es unmittelbar und "ausschließlich" der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten dient. Die Begünstigung tritt nach dem Gesetzeswortlaut nicht ein, "soweit" das Darlehen für den genannten Zweck verwendet wird; vielmehr hat der Gesetzgeber ausdrücklich nur ein solches Darlehen begünstigt, das "ausschließlich" diesem Zweck dient. Dient das Darlehen anteilig auch einem steuerschädlichen Zweck, entfällt die Begünstigung insgesamt; eine teilweise steuerschädliche Verwendung "infiziert" das Gesamtdarlehen (BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184; BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 48/02, BStBl II 2004, 1080; BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181). Das Gesetz sieht es nur bei einem Teilbetrag bis zu 5.000,00 DM (2.556,00 EUR) als unerheblich an, wenn die Voraussetzungen für ein Entfallen der Steuerpflicht nicht erfüllt sind (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a 2. Halbsatz EStG).

Im Streitfall wurde neben dem Darlehen des Klägers auch das Darlehen des Mitgesellschafters auf ein Konto der GbR überwiesen. Auf diesem Konto waren bis zum Eingang der Darlehensbeträge keine Zahlungseingänge und damit auch kein Guthaben zu verzeichnen. Erstmals am 05. April 1994 erfolgte ein weiterer Zugang. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden alle Kontobelastungen aus den zugeführten Darlehensmittel bedient, unter Anderem auch eine Privatentnahme zugunsten des Klägers am 03. März 1994 und eine zugunsten des anderen Gesellschafters am 11. März 1994 in Höhe von jeweils 12.000,00 DM. Allein diese Entnahmen, die nicht für Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet wurden, führen dazu, dass das Darlehen insgesamt als steuerschädlich verwendet anzusehen ist. Aber auch die bis zum 05. April 1994 fälligen Zinsen, die insgesamt ebenfalls die Unerheblichkeitsgrenze überschreiten und bei denen es sich nicht um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt, wurden aus den Darlehensmitteln bedient.

Das Gericht konnte offen lassen, ob es möglicherweise geboten wäre, die steuerschädlichen Verwendungen der Darlehensmittel anteilig auf das Darlehen des Klägers und das Darlehen des Mitgesellschafters aufzuteilen. Denn auch eine Aufteilung (ggf. durch konkrete Zuordnung bzw. nach Miteigentumsanteilen) würde nichts daran ändern, dass für das Darlehen des Klägers eine über 5.000,00 DM hinausgehende schädliche Verwendung vorliegt.

Auch brauchte das Gericht nicht darüber zu befinden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn vor Überschreiten der Überheblichkeitsgrenze auf den Konto der GbR Gutschriften erfolgt wären. Fraglich ist, ob man die schädlichen Abgänge ohne Weiteres vorrangig als durch diese Gutschriften bedient ansehen müsste, oder die Vermischung und mangelnde konkrete Zuordnung der Belastungen zu dem (den) Darlehen bzw. zu den sonstigen Gutschriften eine Schädlichkeit nach sich ziehen würde. Im Streitfall ist eine sonstige Gutschrift erst erfolgt nachdem die Unerheblichkeitsgrenze bereits überschritten war.

Eine rückschauende Betrachtung, wie sie der Kläger haben möchte, die dem Darlehensbetrag die Summe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gegenüberstellt, die dem Konto insgesamt belastet wurden, hält das Gericht angesichts des Gesetzeswortlauts nicht für möglich. Denn bei einem gemischten Konto, wie es von der GbR geführt wurde, ist regelmäßig - wie auch im Streitfall - nicht nachvollziehbar, ob und in welcher Höhe Darlehensmittel oder andere Mittel (Einlagen, Mieteinnahmen, o.ä.) für Anschaffungs-/Herstellungskosten bzw. für andere Aufwendungen (z.B. Werbungskosten) verwendet wurden. Durch diese Vermischung ist eine "ausschließliche" Verwendung nicht feststellbar. Der Kläger hätte dieses Problem einfach dadurch umgehen können, indem er die Darlehensmittel auf ein eigenständiges Konto hätte überweisen lassen und von diesem Konto ausschließlich solche Aufwendungen beglichen hätte, bei denen es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelte.

(d) Das Darlehen diente auch nicht "unmittelbar" der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Grundstücks ...straße ... bzw. des klägerischen Anteils an diesem Grundstück.

Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung, der das erkennende Gericht folgt, geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass durch die Auszahlung des Darlehensbetrages auf ein Girokonto das Darlehen unmittelbar zur Begründung einer Forderung gegenüber der kontoführenden Bank verwendet wurde, was eine steuerschädliche Verwendung darstellt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49; BFH-Beschluss vom 27. März 2007 VIII S 23/06, BFH/NV 2007, 148). Dieses wortlautgemäße Gesetzesverständnis hat indes zur Folge hat, dass bei der üblichen Zahlungsabwicklung über ein Girokonto des Darlehensnehmers und anschließender Auszahlung der Darlehensvaluta auf ein anderes Konto regelmäßig Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG eintritt. Dieses Ergebnis geht jedenfalls dann über den Gesetzeszweck hinaus, wenn es sich bei einer derartigen Verfahrensweise um einen üblichen und typischen Zahlungsweg handelt. Deshalb ist die Auszahlung der Darlehensvaluta auf ein Girokonto und die damit zwischenzeitlich verbundene Begründung einer Forderung durch das Darlehen ausnahmsweise dann steuerunschädlich, wenn die Zahlung auf das Girokonto lediglich ein "notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung" mit nachfolgender Überweisung auf ein Konto des Grundstücksverkäufers bzw. der die Herstellungsarbeiten erbringenden Unternehmen wäre (BFH-Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49; BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184). Im Streitfall kann hiervon nicht die Rede sein. Es ist nicht erkennbar, weshalb es wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein soll, die Darlehenssumme zunächst in voller Höhe dem Konto der GbR gutschreiben zu lassen und die Mittel dann über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten nach und nach aufzubrauchen. Dies wird insbesondere durch den Umstand betont, dass für den Kläger und den Mitgesellschafter Anfang März 1994 insgesamt 24.000,00 DM entnommen worden, woraus man schließen kann, dass es wirtschaftlich nicht unbedingt sinnvoll war, dass dieser Betrag auf dem Konto bis zur endgültigen Verwendung "geparkt" war. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die Zahlung der Darlehensvaluta auf das Konto der GbR beruhe auf den üblichen Gepflogenheiten des Geldverkehrs. Er hätte nämlich ohne Weiteres dafür Sorge tragen können, dass die Darlehensvaluta kurzfristig nach jeweiligem Rechnungseingang auf das Konto der GbR überwiesen wird oder er hätte den Darlehensgeber veranlassen können, die Darlehensvaluta sukzessive unmittelbar an den Grundstücksverkäufer und die Bauunternehmen auszuzahlen (BFH-Urteil vom 04. Juli 2007 VIII R 46/06, BStBl II 2008, 49).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

4. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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