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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 06.05.2008
Aktenzeichen: 4 K 121/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 1
EStG § 62 Abs. 1
EStG § 63 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

4 K 121/05

Kindergeld (05/2004 + 08/2004)

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 4. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. Mai 2008

durch

den Richter am Finanzgericht ... als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit Streitgegenstand das Kindergeld für das Kind H. für den Monat Mai 2004 war.

Die Beklagte wird verpflichtet, für die Klägerin Kindergeld für deren Sohn H. für August 2004 festzusetzen, und der Bescheid der Familienkasse ... vom 03. August 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung (E 568/04) vom 12. Januar 2005 aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Die Beteiligten haben ihre außergerichtlichen Kosten jeder selbst zu tragen. Die Klägerin hat 25 v.H. der Gerichtskosten und die Beklagte 75 v.H. der Gerichtskosten zu tragen.

Der Streitwert für das Verfahren beträgt 1.000,00 Euro.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Kindergeld für das Kind H. für die Monate Mai und August 2004.

Unter dem 29. Juli 2004 beantragte die Klägerin die Festsetzung von Kindergeld unter anderem für ihren am 05. Mai 2004 geborenen Sohn H. Nach der Meldebestätigung der Verwaltungsgemeinschaft K. vom 29. Juli 2004, die sich in den Akten der Familienkasse befindet, befand sich der Sohn der Klägerin bis zum 28. Juli 2004 im Haushalt der Beigeladenen. Nach der am 03. August 2004 von der Familienkasse ... fernmündlich und schriftlich bei dem Sozial- und Jugendamt des Landkreises ... eingeholten Auskunft lebte das Kind H. Anfang August 2004 - unverändert - im Haushalt der Beigeladenen. Die Familienkasse ... lehnte den Antrag der Klägerin auf Festsetzung von Kindergeld für das Kind H. mit Bescheid vom 03. August 2004 ab, da das Kind in dem Haushalt der Pflegemutter - der Beigeladenen - aufgenommen worden sei.

Mit Schreiben vom 10. August 2004 erhob die Klägerin Einspruch gegen den Bescheid vom 03. August 2004 und führte hierzu aus, dass ihr Sohn H. bereits seit dem 28. Juli 2004 in ihrem Haushalt lebe.

Unter dem 19. August 2004 wiederholte die Klägerin ihren Antrag, für ihren Sohn H. Kindergeld festzusetzen. Nach der ebenfalls unter dem 19. August 2004 von der Verwaltungsgemeinschaft K. ausgestellten Haushaltsbescheinigung war der Sohn H. im Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung im Haushalt der Klägerin wohnhaft. Nach der am 21. August 2004 von der Familienkasse ... eingeholten fernmündlichen Auskunft des Sozial- und Jugendamtes des Landkreises ... lebt H. seit dem 20. August 2004 im Haushalt seiner Eltern, mithin im Haushalt der Klägerin. Unter dem 24. September 2004 teilte das Sozial- und Jugendamt des Landkreises ... der Familienkasse ... mit, dass für das Kind H. "im Zeitraum vom 18. Mai 2004 bis 19. August 2004 Hilfe zur Erziehung gemäß den §§ 27 und 33 SGB VIII" geleistet worden sei und das Kind seit dem 20. August 2004 wieder im elterlichen Haushalt lebe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2005 wies die Familienkasse ... den Einspruch der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 21. Januar 2005 Klage erhoben.

Hierzu macht sie geltend, ihr am 05. Mai 2004 geborener Sohn H. habe erst ab dem 18. Mai 2004 in der Pflegefamilie (der Beigeladenen) gelebt, weshalb ihr - der Klägerin - für Mai 2004 Kindergeld zustehe. Sie - die Klägerin - habe dann am "28. Juli 2004" den Kindergeldantrag für ihren Sohn gestellt, weil dieser seit diesem Tage wieder in ihrem Haushalt lebe. Sie beziehe sich insoweit auf die am 28. Juli 2004 erfolgte Ummeldung beim Einwohnermeldeamt. Die Sozialarbeiterin des Landkreises habe ihr seinerzeit versichert, dass H. sofort nach ihrem Krankenhausaufenthalt - dieser habe vom 18. Mai 2004 bis zum 21. Juli 2004 gedauert - aus der Pflegefamilie zu ihr zurückkehren könne; so sei es auch geschehen.

Im Rahmen des am 21. Juni 2005 durchgeführten Erörterungstermins, zu dem die Klägerin nicht erschienen ist, legte die Beklagte dem Gericht den Bescheid vom 04. April 2005 vor, in dem für das Kind H. für den Monat Mai 2004 Kindergeld festgesetzt wurde, und erklärte den Rechtsstreit insoweit - d.h. für den Monat Mai 2004 - in der Hauptsache für erledigt. Die Klägerin hat den Rechtsstreit in Bezug auf den Monat Mai 2004 mit Schreiben vom 23. Juni 2005 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Klägerin beantragt nunmehr nur noch,

die Beklagte zu verpflichten, ihr für ihren Sohn H. Kindergeld für August 2004 zu gewähren und den Bescheid der Familienkasse ... vom 03. August 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung (E 568/04) vom 12. Januar 2005 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, die Klage sei unzulässig, soweit Kindergeld für den Monat Mai 2004 begehrt worden sei, denn insoweit sei ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden. In Bezug auf den Monat August 2004 sei die Klage unbegründet, da die Angaben der Klägerin den amtlichen Auskünften des Sozial- und Jugendamtes und der Beigeladenen widersprächen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beigeladene teilte dem Gericht auf dessen Nachfrage mit Schreiben vom 24. Juni 2005 mit, das Kind habe in der Zeit vom 18. Mai 2004 bis zum 20. August 2004 in ihrem Haushalt gelebt.

Das Sozial- und Jugendamt des Landkreises ... teilte dem Gericht auf Anfrage mit Schreiben vom 28. Juni 2005 mit, das Kind H. sei - mit Ausnahme eines Krankenhausaufenthaltes - tatsächlich vom 18. Mai 2004 bis zum 19. August 2004 "gemäß den §§ 27 und 33 SGB VIII" bei der Pflegefamilie (der Beigeladenen) untergebracht gewesen. Die leiblichen Eltern hätten das Kind am 19. August 2004 im Rahmen eines "Umgangskontaktes" ohne Absprache mit zu sich nach Hause genommen, weshalb am 19. August 2004 - zunächst - auch die Polizei eingeschaltet worden sei. Die Polizei habe am 19. August 2004 bei der Klägerin einen Hausbesuch durchgeführt und das Kind H. (wohlbehalten) vorgefunden. Im Rahmen eines am 20. August 2004 durchgeführten Hausbesuches der Sozialarbeiterin sei dann festgelegt worden, dass H. mit sofortiger Wirkung im Haushalt der Klägerin bleibe. Die Ummeldung beim Einwohnermeldeamt sei nach Kenntnis der Sozialarbeiterin deshalb zum 28. Juli 2004 erfolgt, weil die leiblichen Eltern seinerzeit gehofft hätten, dass H. nach einem Krankenhausaufenthalt sofort in ihren Haushalt zurückkehren werde. Nach dem Protokoll über die am 27. Juli 2004 durchgeführte Beratung habe aber selbst der Ehemann der Klägerin geäußert, dass zu diesem Zeitpunkt die Betreuung des Kindes (noch) nicht möglich sei. Deshalb sei in dem Beratungsgespräch Übereinstimmung erzielt worden, H. in der Pflegefamilie - mithin bei der Beigeladenen - zu belassen. Die - soweit erkennbar - im Anschluss an das Beratungsgespräch erfolgte Ummeldung bei dem Einwohnermeldeamt sei wider besseren Wissens erfolgt. Weiterhin ergibt sich aus dem dem Gericht in Kopie vorliegenden, an die Klägerin und ihren Ehemann adressierten Bescheid über die Gewährung der Hilfe zur Erziehung des Landkreises ... vom 19. Mai 2004, dass der Klägerin für ihren Sohn H. "Hilfe zur Erziehung gem. § 27 SGB VIII i.V. mit § 33 SGB VIII" in der Form der Vollzeitpflege ab dem 18. Mai 2004 gewährt wurde. Diese Pflege wurde gemäß dem weiterhin vorliegenden Bescheid des Landkreises ... vom 23. August 2004 mit Wirkung vom 20. August 2004 beendet.

Zur Vorbereitung der am 6. Mai 2008 durchgeführten mündlichen Verhandlung holte das Gericht nochmals eine Auskunft bei dem Landkreis ... - dem Rechtsnachfolger des Landkreises ... - ein. Im Rahmen dieser Auskunft legte das Jugendamt dem Gericht mit Schreiben vom 22. April 2008 dar, dass das Kind H. bei einer sog. "Bereitschaftspflegefamilie" untergebracht worden sei. Eine Bereitschaftspflegestelle könne nur für maximal sechs Monate belegt werden. Spätestens zum Ende dieser sechs Monate müsse entschieden werden, ob das Kind in den elterlichen Haushalt zurückkehre, in ein Kinderheim komme oder auf Dauer in eine Pflegefamilie komme. Auf fernmündliche Nachfrage hierzu erläuterte der zuständige Sachbearbeiter des Jugendamtes dem Gericht, dass das Kind im Falle der Unterbringung in einer Pflegefamilie nicht in der sog. Bereitschaftspflegefamilie - hier: der Familie der Beigeladenen - verbleibe. Dies sei nicht möglich. Es werde dann vielmehr eine andere Pflegefamilie gesucht.

Dem erkennenden Gericht haben bei der Entscheidung zwei Bände Kindergeldakten einschließlich des Einspruchsvorganges der Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage entscheidet der Berichterstatter als Einzelrichter, denn der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 25. April 2005 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

I.

Infolge eines gesetzlichen Parteiwechsels richtet sich die - ursprünglich gegen die Familienkasse ... erhobene - Klage gegen die Familienkasse ..., denn aufgrund der Neuorganisation der Familienkassen besteht die Familienkasse ... seit dem 05. September 2005 nicht mehr. Deren Aufgaben werden seitdem von der Familienkasse ... wahrgenommen, die deshalb an die Stelle der Familienkasse ... tritt. Da der Parteiwechsel erst nach Rechtshängigkeit erfolgte, ist es unerheblich, dass die Familienkasse ... im Gerichtsbezirk des Thüringer Finanzgerichts liegt. Denn nach Eintritt der Rechtshängigkeit eintretende Veränderungen lassen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit § 70 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - die einmal begründete Zuständigkeit des erkennenden Gerichts nicht nachträglich entfallen.

II.

Soweit die Beteiligten ursprünglich auch um die Festsetzung von Kindergeld für den Monat Mai 2004 gestritten haben, ist das Verfahren analog § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO einzustellen, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

III.

Die im Übrigen zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Familienkasse ... vom 03. August 2004 und deren Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2005 sind - bezogen auf die Entscheidung über das Kindergeld für den Monat August 2004 - rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 und 4 FGO).

Rechtsgrundlage der Entscheidung der Familienkasse ..., die Festsetzung von Kindergeld für den Monat August 2004 abzulehnen, ist § 62 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit den §§ 63 Abs. 1 Nr. 1 und 32 Abs. 1 EStG.

Danach wird Kindergeld festgesetzt für Kinder, die im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandt sind (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sowie für Pflegekinder (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Pflegekinder sind gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden sind, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht. Da nach § 64 Abs. 1 EStG Kindergeld für jedes Kind nur einem Berechtigten gezahlt wird, bestimmt § 32 Abs. 2 Satz 1 EStG für das Verhältnis zwischen den leiblichen Eltern und den Pflegeeltern, dass die Berechtigung der Pflegeltern kindergeldrechtlich den Vorrang hat.

Die Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses setzt im Kern voraus, dass das Kind in der Absicht und zu dem Zweck aufgenommen wird, für das Kind wie für ein eheliches Kind zu sorgen. Für die Entscheidung, ob in diesem Sinne eine auf längere Dauer angelegte Beziehung begründet werden soll bzw. besteht, ist nicht entscheidend, ob die Haushaltszugehörigkeit des Kindes tatsächlich nur kurz war. Auch eine tatsächlich nur kurze Haushaltszugehörigkeit erfüllt die Voraussetzungen eines Pflegekindschaftsverhältnisses, wenn die Pflegepersonen zu einer langfristigen Aufnahme des Kindes entschlossen waren [Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Lieferung 230 (März 2008), § 32 EStG Anm. 46 m.w.N.]. Soweit es die von § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG geforderte Langfristigkeit der Haushaltsaufnahme betrifft, muss es sich angesichts des Regelungszweckes der Norm um einen Zeitraum handeln, der die Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses erlaubt. Insofern können bei Kleinkindern kürzere Zeiträume ausreichen als bei der Haushaltsaufnahme schulpflichtiger Kinder bzw. Jugendlicher und Heranwachsender.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist davon auszugehen, dass ein - auf Dauer angelegtes - Pflegekindschaftsverhältnis nicht begründet wurde und auch nicht begründet werden sollte, denn nach der seitens des Gerichts eingeholten Auskunft des Jugendamtes des Landkreises ... - vormals: Landkreis ... - vom 22. April 2008 erfolgte die Aufnahme des Kindes H. bei der Beigeladenen in der Form der Bereitschaftspflege, d.h. im Rahmen der Krisenintervention.

Bereitschaftspflege ist eine Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe und der Sache nach - nur - eine Inobhutnahme des Kindes (VG Ansbach, Urteil vom 20. September 2007 - AN 14 K 06.02544 - n.v.). Diese Wertung wird insbesondere durch § 5 der Kinder- und Jugendhilfe-Pflegegeld-Verordnung - KJH-PflG-VO - vom 25. März 2002 (GVBl. LSA 2002, S. 206) bestätigt. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung wird das Kind im Falle der Bereitschaftspflege "in Obhut genommen". Aus § 5 KJH-PflG-VO ergibt sich weiterhin, dass die Pflegepersonen das Kind in einer Not- oder Krisensituation unvorhergesehen, befristet und durch das Jugendamt vermittelt in Obhut nehmen. An die Pflegepersonen werden dabei ersichtlich erhöhte Anforderungen an Fachlichkeit und Mitwirkung bei der Krisenbewältigung für die Pflegezeit des Kindes gestellt. Bereitschaftspflege ist hiernach grundsätzlich nicht auf Dauer angelegt und deshalb nicht auf die Begründung eines (Pflege-) Kindschaftsverhältnisses ausgerichtet. Diese Wertung findet im Streitfall ihre Bestätigung darin, dass die Unterbringung des Kindes H. im Haushalt der Beigeladenen (von vornherein) auf - maximal - sechs Monate befristet war. Nur für diesen - eingeschränkten - Zeitraum stand die Bereitschaftspflegestelle nach der von dem Gericht eingeholten Auskunft des Jugendamtes - maximal - zur Verfügung. Denn nach der Praxis des Jugendamtes wird die Zeit während des Aufenthaltes in der Bereitschaftspflegefamilie genutzt, um die Krise zu bewältigen, damit das Kind alsbald - spätestens nach sechs Monaten - in den Haushalt seiner leiblichen Eltern zurückkehren kann. Gelingt dies nicht, besteht zwar auch die Möglichkeit, dass das Kind auf Dauer in einer Pflegefamilie aufgenommen wird. Diese Pflegefamilie wird aber nach Auskunft des Jugendamtes im Bedarfsfalle - während des Aufenthaltes des Kindes in der Bereitschaftspflegefamilie - gesucht. Eine dauerhafte Aufnahme des Kindes in der Familie der Beigeladenen durch "Überleitung" oder "Umwandlung" der Bereitschaftspflege in ein (normales) Pflegekindverhältnis war hiernach von vornherein ausgeschlossen. Die Unterbringung des Kindes H. in der Familie der Beigeladenen ist daher nicht geeignet, ein Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu begründen.

Das Gericht verkennt nicht, dass die Bereitschaftspflegefamilie - gerade im Hinblick auf die jeweilige Krisensituation - dem jeweils aufgenommen Kind mutmaßlich in erheblichem Umfang Zuwendung und Fürsorge zukommen lassen wird, zumal der bereits erwähnte § 5 KJH-PflG-VO eine entsprechende Qualifikation ausdrücklich voraussetzt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Aufnahme des Kindes in einer Bereitschaftspflegefamilie lediglich eine "Zwischenlösung" ist, die kindergeldrechtlich unerheblich ist. Denn regelmäßig liegt es insbesondere im Interesse des Kindes, trotz der (vorübergehenden) Unterbringung in der Bereitschaftspflegefamilie auf den Erhalt der familiären Bindung des Kindes an die leiblichen Eltern hinzuarbeiten. Dies bedeutet indes, dass im Rahmen einer Bereitschaftspflege ein Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG regelmäßig gerade nicht begründet werden soll. Ein von vornherein auf einige Monate befristeter Aufenthalt eines Kindes in einer Bereitschaftspflegefamilie - wie hier des Kindes H. - kann daher regelmäßig nicht zur kindergeldrechtlichen Berücksichtigung als Pflegekind führen. Denn nur bei einer auf Dauer angelegten Haushaltsaufnahme kann eine familienähnliche Bindung zwischen (Pflege-) Eltern und Kind entstehen, die es rechtfertigt, die Pflegeeltern kindergeldrechtlich wie Eltern zu behandeln, d.h. ihnen - statt den leiblichen Eltern - Kindergeld zu zahlen.

Die dargelegte Beurteilung wird im Übrigen auch durch die Angaben der Klägerin gestützt, denn sie führt an, dass H. nach der von ihr mit dem Jugendamt getroffenen Abrede nach dem Krankhausaufenthalt seiner Mutter - der Klägerin - wieder in den elterlichen Haushalt zurückkehren sollte. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob dem Vortrag der Klägerin in dieser Hinsicht uneingeschränkt gefolgt werden kann. Selbst wenn keine feste - d.h. verbindliche - Abrede des genannten Inhaltes bestand, sondern lediglich die ernstliche Prüfung in Aussicht genommen wurde, ob das Kind H. (schon) im Juli 2004 in den elterlichen Haushalt zurückkehren könne, handelt es sich bei der Aufnahme des Kindes H. im Haushalt der Beigeladenen um eine - von vornherein befristete - "Zwischenlösung".

Ist hiernach im Ergebnis davon auszugehen, dass die Beigeladene im Streitzeitraum keine Pflegemutter im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG war, ist kindergeldrechtlich allein die Berechtigung der Klägerin maßgebend, so dass die Klägerin Anspruch auf Kindergeld hat. Zu welchem Zeitpunkt ihr Sohn H. in den elterlichen Haushalt zurückkehrte, bedarf deshalb keiner weiteren Aufklärung.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht in Bezug auf den Monat August 2004 auf § 135 Abs. 1 FGO, im Übrigen auf § 138 Abs. 1 FGO. Billigem Ermessen entspricht es, der Klägerin - in etwa anteilig - die Kosten des Verfahrens in Bezug auf den Monat Mai 2004 aufzuerlegen, denn die Klage war insoweit unzulässig. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihren Einspruch ausdrücklich auf das Kindergeld für den Monat August 2004 begrenzt hatte. Dass sich der Rechtsstreit für den Monat Mai 2004 dadurch erledigt, dass die Beklagte - entsprechend der materiellen Rechtslage - dem Begehren der Klägerin entsprochen hat, ist kostenrechtlich unerheblich.

Hinsichtlich der Beigeladenen beruht die Kostenentscheidung im Übrigen auf § 139 Abs. 4 FGO. Danach kann das Gericht aus Billigkeitsgründen bestimmen, dass die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen erstattungsfähig sind. Umstände, die für eine derartige Billigkeitsentscheidung sprechen könnten, sind jedoch nicht erkennbar, denn die Beigeladene hat - mit Ausnahme der Beantwortung der schriftlichen gestellten Fragen des Gerichts - nicht weiter am Verfahren mitgewirkt und auch nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.

V.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 52 Abs. 4, 63 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG - in der durch Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (BGBl. I 2004, 718) mit Wirkung ab dem 01. Juli 2004 eingeführten Fassung des Gesetzes. Die Klägerin hat mit ihrer Klage zwar lediglich Kindergeld für zwei Monate erstreiten wollen, also die Festsetzung von insgesamt 358,00 Euro. § 52 Abs. 4 GKG bestimmt aber für Klagen, die - wie hier - nach dem 30. Juni 2004 anhängig gemacht wurden, dass der Streitwert nicht unter 1.000,00 Euro angenommen werden dürfe.



Ende der Entscheidung

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