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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 4 K 1515/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

4 K 1515/07

Einkommensteuer 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 4. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. August 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Görlitz,

die Richterin am Finanzgericht Gradl,

den Richter am Finanzgericht Simböck,

den ehrenamtlichen Richter ... und

den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ein in B. gelegenes vermietetes Mehrfamilienhaus entgeltlich erworben hat und deshalb bei seinen hieraus erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Absetzungen für Abnutzungen (AfA) in unstreitiger Höhe von 3.768,00 EUR als Werbungskosten geltend machen kann.

Das Mehrfamilienhaus erwarb der Kläger mit notariellem Kaufvertrag vom 29. Oktober 2003 von seiner Mutter, Frau G.T. Neben anderen - hinsichtlich ihrer steuerlichen Beurteilung zwischen den Beteiligten nicht mehr streitigen - Vereinbarungen (Rentenzahlung auf Lebenszeit) enthält der Vertrag die Verpflichtung des Klägers, einen Kaufpreis i.H.v. 200.000,00 EUR an seine Mutter zu zahlen.

Weil er die tatsächliche Zahlung dieses Kaufpreises in Zweifel zog, versagte der Beklagte den Abzug der vom Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 geltend gemachten AfA.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger hiergegen Klage und begründet diese wie folgt: Der Betrag von 200.000,00 EUR sei ihm am 30. Oktober 2003 von seinem Vater in Form von Bargeld geschenkt und übergeben worden. Er habe den Betrag am selben Tag an seine Mutter ebenfalls in bar weitergegeben. Zum Nachweis hierfür legte der Kläger Kopien einer Bestätigung seines Vaters vom 30. Oktober 2003 über den Vollzug der Schenkung und seiner Mutter vom 01. August 2006 über den Empfang des Geldes vor. Außerdem hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe vor der Schenkung durch seinen Vater zunächst bei verschiedenen Freunden und Geschäftspartnern nachgefragt, ob diese ihm den Kaufpreis finanzieren würden. Dies sei jedoch nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Die Namen der Personen, die er im Zuge dessen angesprochen habe, wolle er nicht nennen. Bei Banken habe er nicht vorgesprochen, da er aufgrund seiner damals angespannten finanziellen Situation davon ausgegangen sei, nicht kreditwürdig zu sein.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 24. Oktober 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Absetzungen für Abnutzungen i.H.v. 3.768,00 EUR zusätzlich berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat weiterhin Zweifel daran, dass der Kläger den Kaufpreis tatsächlich an seine Mutter gezahlt hat und hält an seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Ansicht fest. Mangels Anschaffungskosten seien Werbungskosten in Form von AfA nicht zu berücksichtigen. In einem das Jahr 2003 betreffenden Rechtsbehelf, dem der gleiche Sachverhalt zugrunde gelegen habe, habe der Kläger telefonisch auf die Frage, warum keine Kontoauszüge zum Nachweis der Zahlung vorgelegt werden könnten, mitgeteilt, er habe sich den Geldbetrag von 200.000,00 EUR von Verwandten und Bekannten zusammengeborgt und in einer Schublade gesammelt. Vom Kläger wird diese Aussage bestritten.

Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen H.-J. und G.T. Hinsichtlich des Inhalts der Aussagen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Die den Streitfall betreffenden Akten haben dem Senat vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist abzuweisen, da es nicht zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststeht, dass der Kläger den Kaufpreis i.H.v. 200.000,00 EUR tatsächlich an seine Mutter entrichtet hat und hierdurch bei ihm Anschaffungskosten für das erworbene Hausgrundstück angefallen sind, die wiederum als Bemessungsgrundlage für AfA herangezogen werden können.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Im Streitfall beträgt die AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG unstreitig 3.768,00 EUR.

Zwar kommt es für den Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten in der Regel nicht darauf an, wie diese finanziert wurden. Zuschüsse von privater Seite, die aus privaten Gründen gegeben sind, mindern Anschaffungs- und Herstellungskosten grundsätzlich nicht (Drenseck in Schmidt EStG § 7 Rn. 63). Die Herkunft der Mittel, die tatsächliche finanzielle Belastung und die Kostentragung sind für den Betriebsausgabenabzug ohne Bedeutung. Für betriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen bestimmte unentgeltliche private Geldzuwendungen Dritter sind zum einen bei deren Einkommen-steuer nicht abziehbar, zum anderen aber bei der Einkommensteuer des Empfängers wiederum nicht zu versteuern (sog. Zuwendungsgedanke - Heinicke in Schmidt EStG § 4 Rn. 502).

Jedoch kann der Betrag von 3.768,00 EUR im Streitfall nur dann als AfA beim Kläger berücksichtigt werden, wenn der der Berechnung zugrundeliegende Betrag von 200.000,00 EUR tatsächlich Anschaffungskosten des Klägers darstellt. Dies wiederum ist nur dann der Fall, wenn dem Kläger der Betrag zur Verfügung stand und er ihn auch an seine Mutter gezahlt hat.

In den Jahren vor dem Erwerb des Hauses hatte der Kläger regelmäßig relativ geringe Einnahmen bzw. zum Teil auch Verluste aus Gewerbebetrieb. Auch weitere nennenswerte Einkünfte hatte der Kläger nicht erzielt, so dass er selbst den Kaufpreis für das Gebäude nicht hätte aufbringen können. Der Kläger trägt vor, er habe 200.000,00 EUR von seinem Vater am 30. Oktober 2003 geschenkt bekommen und diesen Betrag am selben Tag an seine Mutter gezahlt.

Es ist entscheidend, ob der Kläger tatsächlich den Kaufpreis von 200.000,00 EUR von seinem Vater übergeben bekam und ob er diesen an seine Mutter weiterleitete. In diesem Zusammenhang dürfte es sogar unschädlich sein, wenn der Vater den Betrag direkt der Mutter im Wege des abgekürzten Zahlungsweges hat zukommen lassen. Lediglich, wenn die 200.000,00 EUR der Mutter gar nicht zugeflossen sein sollten, müsste von einer (jetzt unmittelbaren) Grundstückschenkung der Mutter an den Kläger ausgegangen werden, die Anschaffungskosten beim Kläger ausschlösse und ihm eine AfA-Berücksichtigung verwehrte.

Es steht jedoch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger den Betrag von 200.000,00 EUR von seinem Vater erhalten und an seine Mutter weitergeleitet hat. Der entsprechende Vortrag des Klägers und die diesbezüglichen Aussagen der Zeugen konnten das Gericht nicht überzeugen.

Zwar konnten sich Kläger und beide Zeugen noch relativ genau daran erinnern, woher die 200.000,00 EUR ursprünglich stammten, nämlich von einer Tante der Zeugin G.T., die ihrer Nichte im Jahr 2000 einen Betrag von 1.000.000,00 DM aus dem Verkauf eines Hauses geschenkt hatte. Hiervon habe sie, so die Zeugin T., nach Abzug der Schenkungsteuer, etwa die Hälfte an ihren Ehemann weitergereicht.

Hinsichtlich der genauen Umstände der eigentlichen Geldübergabe vom Vater an den Kläger und von diesem an seine Mutter blieben die Aussagen jedoch insgesamt sehr vage und unbestimmt, bzw. konnten sich die Zeugen nicht mehr an Einzelheiten erinnern. So konnte sich die Zeugin T. z.B. nicht mehr daran erinnern, ob sie bei der Übergabe des Geldes von ihrem Ehemann an ihren Sohn mit anwesend war. Ebenso fehlte ihr eine genauere Erinnerung daran, ob ihr Ehemann anwesend war, als der Kläger ihr selbst diesen Kaufpreis weiter gereicht hatte, und dies obwohl der gesamte Vorgang, zumindest nach der Darlegung des Klägers am selben Tag in der Wohnung der Eltern in Anwesenheit aller drei Familienmitglieder stattgefunden haben soll und er den Kaufpreis unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an seine Mutter weitergereicht haben will. Auch die äußerst vagen Darlegungen des Klägers und der Zeugin T. auf die Frage, ob und wie sie jeweils das Geld nachgezählt haben, geben Anlass zu Zweifeln. So sagten zwar sowohl der Kläger als auch die Zeugin aus, dass sie jeweils selbst das Geld beim jeweiligen Erhalt nachgezählt hätten, wie genau sie dies bewerkstelligt hatten, war ihnen aber nicht erinnerlich. So führte der Kläger aus, er habe das Geld nicht nach einem besonderen System nachgezählt. Tatsächlich setzte sich der jeweils übergebene Betrag nach übereinstimmender Aussage von Kläger und Zeugen nicht aus lediglich einer Sorte Scheine zusammen. Zwar, so Zeuge und Zeugin T., habe es sich überwiegend um 500-EUR-Scheine gehandelt, jedoch seien auch niedrigere Scheine dabei gewesen. Gerade unter solchen Umständen ist es nahe liegend, zur Unterteilung kleinere Geldschein-Pakete mit gleichen Summen zu bilden, die zum Abschluss der Zählung dann aufaddiert werden können. Ein derartiger Vorgang war aber dem Kläger und auch den Zeugen nicht mehr erinnerlich. Selbst wenn man unterstellt, die gesamte Summe von 200.000,00 EUR sei ausschließlich in Form von 500-EUR-Scheinen übergeben worden, wären dies allein schon 400 Scheine. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann jedoch auch ein Päckchen von 400 Scheinen nicht in einem Zug durchgezählt werden. Da zumindest der Kläger jedenfalls bis zum Tag der Geldschenkung in der Regel nicht mit derart hohen Summen zu tun hatte, erscheint es unglaubwürdig, dass er sich an die genauen Umstände in diesem Zusammenhang nicht mehr erinnern kann.

Anlass zu Zweifeln gibt auch der Umstand, dass der Zeuge T. sich nicht mehr erinnern konnte, wie er den von seiner Ehefrau erhaltenen DM-Betrag, den er nach eigenem Vorbringen nicht auf ein Konto eingezahlt, sondern vielmehr zuhause aufbewahrt hatte, im Zuge der Währungsreform 2002 in Euro umgetauscht hatte. Es erscheint wenig glaubwürdig, dass die Umstände gerade eines derart ungewöhnlichen und einschneidenden Vorganges dem zwar schon älteren, aber nach dem Eindruck des Senats geistig sehr beweglichen Zeugen nicht mehr präsent sein sollen. Denn immerhin müssen im Zuge des Umtausches beinahe eine halbe Million D-Mark aus der Wohnung der Zeugen zu einem Geldinstitut transportiert und danach wieder zurück gebracht worden sein - ein selbst in wohlhabenden Haushalten sicherlich nicht ganz alltägliches Vorkommnis. Insoweit steht es jedenfalls nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Vater des Klägers tatsächlich über einen Barbetrag von 200.000,00 EUR verfügte, den er dem Kläger zum Erwerb des Hauses schenken konnte.

Insofern erscheint der alternativ mögliche Geschehensverlauf - nämlich dass der Kläger den Kaufpreis i.H.v. 200.000,00 EUR nicht an seine Mutter gezahlt, ihm das Haus vielmehr (zumindest mit diesem Wertanteil) schenkweise überlassen wurde - als eher naheliegend. Jedenfalls gehen die verbleibenden Zweifel an der tatsächlichen Durchführung der Kaufpreiszahlung zu Lasten des Klägers, so dass der Senat sich gezwungen sieht, von einem (teil-)unentgeltlichen Erwerb des Hauses auszugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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