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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 23.01.2007
Aktenzeichen: 4 K 30023/01
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 107 Abs. 1
AO 1977 § 158
AO 1977 § 162 Abs. 1
AO 1977 § 162 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

4 K 30023/01

Einkommensteuer 1992, 1993, 1994

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 4. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. Januar 2007

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Görlitz,

den Richter am Verwaltungsgericht Just,

den Richter am Finanzgericht Simböck,

die ehrenamtliche Richterin ...,

den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Der am 6. Februar 2007 niedergelegte Tenor wird gemäß § 107 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen eines Rechenfehlers wie folgt berichtigt:

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 11. Mai 1998 und der hierzu am 22. Dezember 2000 ergangenen Einspruchsentscheidung wird die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines um 74.757,58 DM geminderten Gewinns aus Gewerbebetrieb des Klägers festgesetzt.

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1993 vom 12. Juli 2000 und der hierzu am 22. Dezember 2000 ergangenen Einspruchsentscheidung wird die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines um 128.862,37 DM geminderten Gewinns aus Gewerbebetrieb des Klägers festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte ist befugt, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Kläger ihrerseits zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Hinzuschätzungen in den Jahren 1992 bis 1994.

Der Kläger erzielte u.a. als Einzelunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch das Aufstellen von und den Handel mit Waren-, Geldspiel- und Unterhaltungs-Automaten. Den Gewinn daraus ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich; es bestand Buchführungspflicht nach § 238 Handelsgesetzbuch (HGB).

Der Beklagte veranlagte die Kläger zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer; die Steuerfestsetzungen erfolgten unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Später führte der Beklagte für die Streitjahre eine Betriebsprüfung unter Beteiligung der Steuerfahndung durch, bei der aufgedeckt wurde, dass die Buchführung des Klägers nicht ordnungsgemäß war. Insbesondere die Kassenführung war fehlerhaft, was nach den Berechnungen der Prüferin umfangreiche Kassenfehlbeträge zur Folge hatte. Einlagen über große Beträge und die Herkunft der Mittel für verschiedene private und betriebliche Aufwendungen waren nicht nachvollziehbar. Deshalb ermittelte die Prüferin die Zahl der von dem Kläger aufgestellten und gehandelten Automaten und kalkulierte anhand dieser Zahlen den Gewinn. Das Ergebnis der Kalkulation wich erheblich von dem Ergebnis der Buchführung des Klägers ab. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 22. April 1998 (insbesondere Anlage 9) und die Einspruchsentscheidung vom 22. Dezember 2000 Bezug genommen.

Bezüglich des Automatenhandels stellte der Beklagte fest, dass die Anzahl der Geräte, die die Firma xxxxxx, yyyyyy, 1992 und 1993 ausweislich des bei ihr für den Kläger geführten Kundenkontos auf seinen Namen geliefert hatte, wesentlich größer war, als sich aus dem vom Kläger geführten Wareneinkaufskonto ergab. Lediglich von der Differenz für das Jahr 1993 konnte ein Bezug von Waren mit einem Preis von 32.072,50 DM einem Dritten zugeordnet werden, nämlich dem Unternehmen des Zeugen Z1. Aufgrund dessen erhöhte der Beklagte den Gewinn des Klägers um jeweils 25 v.H. der verbleibenden Differenz. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 22. April 1998 (insbesondere Anlage 10) Bezug genommen.

Wegen der Kassenfehlbeträge, der ungeklärten Herkunft der Mittel für verschiedene betriebliche und private Aufwendungen sowie des Ergebnisses seiner Nachkalkulation erhöhte der Beklagte die Umsätze um Sicherheitszuschläge i.H.v. 573.000,00 DM, 537.700,00 DM bzw. 166.000,00 DM und änderte die Steuerfestsetzungen der Streitjahre entsprechend. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 22. April 1998 (insbesondere Tz. 12 bis 54 und 57) und die Einspruchsentscheidung vom 22. Dezember 2000 Bezug genommen.

Nach Zurückweisung ihres Einspruchs tragen die Kläger im Klageverfahren vor, dass zwar die Buchführung des Klägers im Prüfungszeitraum nicht ordnungsgemäß gewesen sei, die Schätzung des Beklagten jedoch nicht mit der größtmöglich erreichbaren Wahrscheinlichkeit dem tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Ergebnis entspreche. Insbesondere habe der Beklagte nicht alle tatsächlichen Anhaltspunkte ausreichend berücksichtigt.

So hätten die Kassenfehlbeträge weitgehend beseitigt und der Geldtransfer zwischen Kasse und betrieblichem Bankkonto aufgeklärt werden können, indem die Kassenbelege in chronologischer Reihenfolge verbucht worden seien. Bisher seien Einnahmen und Ausgaben zu Gruppen zusammengefasst und am Monatsende summiert verbucht worden. Die nunmehr nach ordnungsgemäßen Grundsätzen nacherstellte Buchführung könne als Beweis dafür herangezogen werden, dass die auf der Grundlage der bisher nicht ordnungsgemäßen Buchführung ursprünglich erklärten Gewinne gleichwohl zutreffend gewesen seien.

Die durch den Beklagten vorgenommene Nachkalkulation der Erlöse aus der Aufstellung von und dem Handel mit Automaten sei dem Grunde nach zwar nicht zu beanstanden, jedoch seien ihre Grundlagen (Art, Anzahl und Aufstellungsort der Automaten einerseits, gelieferte Automaten andererseits) fehlerhaft. Der Kläger habe daher die tatsächlichen Zahlen anhand der Verträge und (Wirte-)Abrechnungen ermittelt, ergänzt um Informationen aus den sog. Montagebüchern. Dabei sei er zu Recht von diesen Abrechnungen ausgegangen, weil diese belegmäßig vollständig vorhanden seien. Dass er dabei mehrfach zu unterschiedlichen Zahlen gekommen sei, sei unschädlich, weil diese Abweichungen gering und derart arbeitsintensive Tätigkeiten naturgemäß mit Fehlerrisiken behaftet seien. Da auch Dritte an den Abrechnungen beteiligt gewesen seien (ein kassierender Mitarbeiter des Klägers und der jeweilige Wirt), bleibe kein Raum für Spekulationen. In den Streitjahren habe der Kläger die Automaten nicht selbst geleert, sondern nur durch seine Mitarbeiter leeren lassen.

Die vom Beklagten aus allen Aufstellverträgen und der darauf basierenden Unternehmensdarstellung aus 1991 abgeleitete Anzahl von Automaten vermittele ein verfälschtes Bild. Aus den aufgefundenen Verträgen seien die nicht zustande gekommenen (weil ein Wirt z.B. keine Lizenz bekommen habe) und die bereits ausgelaufenen zu eliminieren. Habe nämlich in einer Gaststätte ein Betreiberwechsel stattgefunden, so sei ein neuer Vertrag abgeschlossen worden, ohne dass das Exemplar des alten Vertrages vernichtet worden sei. Außerdem sei nicht jedes vertraglich vereinbarte Gerät auch tatsächlich aufgestellt worden. Die Unternehmensdarstellung von 1991 sei zum Zweck von Finanzierungsverhandlungen auf ein positives Bild des Unternehmens ausgerichtet gewesen und habe daher auch wirtschaftlich wertlose Verträge umfasst, bei denen z.B. der Wirt seinen Betrieb ohne Nachfolger aufgegeben habe oder bei denen z.B. das Gerät nichts eingespielt habe, aber auch nicht woanders habe eingesetzt werden können.

Bei seiner Schätzung sei der Beklagte auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Kassenabrechnungen Lücken enthalten hätten. Insbesondere ertragsschwache Standorte seien nämlich nicht jeden Monat zwecks Leerung aufgesucht und abgerechnet worden.

Zwar habe der Beklagte einen Abschlag vorgenommen, um seiner Schätzung der Gerätezahl etwa anhaftende Ungenauigkeiten auszugleichen; ein solcher Abschlag sei jedoch entbehrlich, wenn nur die tatsächlich aufgestellten Automaten berücksichtigt werden würden.

Außerdem hätte der Beklagte zum Nachweis der Richtigkeit seiner Hinzuschätzungen eine Vermögenszuwachsrechnung durchführen müssen. Denn eine solche hätte seine Kalkulation widerlegt. Es wäre nämlich erkennbar geworden, dass der Kläger über kein so hohes Vermögen verfüge, wie es auf Grund der nach Ansicht des Beklagten angeblich nicht erfassten Beträge hätte vorhanden sein müssen.

Schließlich hätte der Beklagte die Zahl der aufgestellten Automaten auch anhand der gezahlten Vergnügungssteuer verproben müssen. Entgegen der Behauptung des Beklagten hätten die zuständigen Gemeindebehörden auch in der Nachwendezeit ihre Aufgaben in vollem Umfang erfüllt.

Es wäre mit der vorhandenen Zahl von Mitarbeitern gar nicht möglich gewesen, die vom Beklagten ermittelte Zahl von Geräten zu warten und zu reparieren, weil der Kläger in den Streitjahren viele Gebrauchtgeräte mit hohem Wartungs- und Reparaturbedarf eingesetzt habe.

Bezüglich des Handels mit Automaten tragen die Kläger vor, dass bei einer Schätzung auf der Basis des bei der Firma xxxxxx für den Kläger geführten Kundenkontos berücksichtigt werden müsse, dass auch der Zeuge Z1 über dieses Konto Waren bezogen und bezahlt habe. Der Kläger habe nur bis etwa September 1992 von den in Zusammenhang mit dem Kundenkonto stehenden Sonderkonditionen Gebrauch gemacht; ab Januar 1993 habe der Zeuge Z1 den Automatenhandel des Klägers weiterbetrieben und sich dabei der Firma und der Kundennummer des Klägers bedient. Der in der Anlage 10 des Betriebsprüfungsberichts dargestellte Wareneinkauf 1993 sei in vollem Umfang von dem Zeugen Z1 getätigt worden. Bezüglich des Handels 1992 sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die Geräte unter ihrem Einkaufspreis veräußert und so lediglich Verluste erzielt habe. Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Vortrag dahingehend ergänzt, dass der in 1992 erzielte Umsatz erheblich über das bisher gebuchte Maß hinausgehe. Gleichzeitig erhöhe sich jedoch der Einkauf diesbezüglicher Handelsware. Ursache für die Steigerung dieser Volumina sei die seinerzeit praktizierte und entsprechend gebuchte Saldierung von Ein- und Verkaufsrechnungen. Zum Teil sei bei der Inzahlungnahme ganzer "Pakete" nur der Spitzenbetrag als Umsatz erfasst worden.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung, ergänzt durch Schriftsatz vom 24. Januar 2007 beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 11. Mai 1998, des Einkommensteuerbescheides 1993 vom 12. Juli 2000, des Einkommensteuerbescheides 1994 vom 13. Juni 2000 und der hierzu am 22. Dezember 2000 ergangenen Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Zuschlages von jeweils 15 v.H. für 1992 und 1993 bzw. 7,5 v.H. für 1994 auf die Einspielergebnisse der Geldspiel- und Unterhaltungsautomaten festzusetzen, unter Abzug von Wirteanteilen getrennt nach Geldspiel- und Unterhaltungsgeräten mit den vom Kläger ermittelten Vom-Hundert-Sätzen sowie der Berücksichtigung der Umsatzsteuerzahllasten bzw. -guthaben, soweit sie zu den jeweiligen Streitjahren gehören, d.h. einen Gewinn aus dem Automatenbetrieb des Klägers i.H.v. 34.630,33 DM für 1992, i.H.v. 51.366,84 DM für 1993 und i.H.v. 68.467,09 DM für 1994 anzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen mit der Maßgabe, dass der Umsatz- und Gewinnzuschlag 1992 von bisher 513.000 DM um 82.892 DM auf 430.108 DM vermindert wird.

Er hält an seinem bisherigen Vorbringen fest. Lediglich in 1992 sei auf Grund eines Rechenfehlers bei Einfügung der Kalkulationsergebnisse in die Gewinnermittlung aufgrund der Betriebsprüfung der Gewinn um 82.892 DM zu hoch ermittelt worden.

Am 10. Juni 2005 hat der Senat beschlossen Herrn Z1 als Zeugen zu der Frage zu hören, ob das bei der Firma xxxxxx, yyyyyy, (jetzt C GmbH, yyyyyy) für den Kläger geführte Kundenkonto in 1992 und 1993 auch von Dritten genutzt wurde bzw. genutzt werden konnte. Der Zeuge hat - auch zu der ausdrücklich gestellten Frage, ob er dieses Konto genutzt habe - schriftlich ausgesagt, dass er dies mangels Unterlagen nicht mehr nachvollziehen und deshalb dazu auch keine Angaben machen könne.

Zu der gleichen Frage hat der Senat in mündlicher Verhandlung vom 12. Juli 2005 Herrn Z2 als Zeugen gehört. Im Wesentlichen hat der Zeuge ausgesagt, dass auch Dritte das Konto des Klägers nutzen konnten, jedoch die Rechnungen in jedem Fall auf den Namen des Klägers ausgestellt wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten seiner Aussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Dem Gericht haben die für die Kläger vom Beklagten geführten Steuerakten, die Arbeitsakten der Betriebsprüfung und ein Band Nebenakten der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts Magdeburg I vorgelegen, auf die wegen der übrigen Einzelheiten Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

Das Gericht folgt - mit Ausnahme der folgenden Ausführungen - der Begründung des Beklagten in der Einspruchsentscheidung vom 22. Dezember 2000 und sieht daher gemäß § 105 Abs. 5 FGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

In Übereinstimmung mit den Beteiligten ist der Senat der Auffassung, dass infolge der Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung die Einkünfte des Klägers aus seinem Gewerbebetrieb gemäß § 162 Abs. 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 158 Abgabenordnung (AO) zu schätzen sind. Dabei ist der erkennende Senat gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz FGO zu einer eigenen Schätzung befugt.

Die Fehler in der Kassenführung sind als wesentlicher und schwerwiegender Mangel der Buchführung zu werten, weil die Betriebseinnahmen des Klägers überwiegend bar geflossen sind und sich daher ohne zeitnahe und zeitgerechte Aufzeichnungen jeder Überprüfung entziehen. Daher darf das Gericht ein gröberes Schätzungsverfahren anwenden und sich auch deshalb am oberen gebotenen Schätzungsrahmen orientieren, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger möglicherweise Einkünfte verheimlicht hat (vgl. BFH-Urteil vom 01. Oktober 1992 - IV R 34/90, BStBl. II 1993, 259 [260]).

In Ausübung dieser Schätzungsbefugnis erscheint es unter Betrachtung der Gesamtumstände des Falles erforderlich, aber auch ausreichend, von der Zahl der vom Beklagten anhand der Aufstellverträge und der Kassenabrechnungen für die einzelnen Streitjahre ermittelten aufgestellten Geräte, also von 101, 99 bzw. 93 Geldspielgeräten und 83, 94 bzw. 93 Unterhaltungsgeräten auszugehen. Entgegen der Ansicht der Beteiligten besteht kein Anlass, von diesen Zahlen einen Abschlag von jeweils einem Drittel vorzunehmen. Denn nach der vom Beklagten verwendeten Ermittlungsmethode sind nur Geräte erfasst worden, für die im jeweiligen Streitjahr in einem oder mehreren Monaten tatsächlich Einnahmen in der Buchführung des Klägers aufgezeichnet worden sind. Ob die Automaten nur in diesen Monaten oder auch in der Zeit davor und/oder danach eingesetzt worden waren, kann wegen der mangelhaften Kassenaufzeichnungen des Klägers nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Diese Unsicherheit muss zu Lasten der Kläger gehen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, warum der Schätzung lediglich eine Zahl von Automaten zu Grunde gelegt werden sollte, die nur ungefähr die Hälfte der Zahl erreicht, die sich aus den Aufstellverträgen ermitteln lässt. Letztlich behaupten die Kläger nur pauschal eine niedrigere Anzahl verwirklichter Verträge, ohne ihre Behauptung substantiieren oder gar beweisen zu können. Gegen einen weiteren Abschlag spricht ferner, dass vom Beklagten bereits während der einzelnen Berechnungsschritte Abschläge in hinreichendem Umfang vorgenommen wurden, um die Nichtdurchführung einzelner Verträge zu berücksichtigen. Zur weiteren Ermittlung der Erlöse aus der Automatenaufstellung geht der Senat von den vom Beklagten ermittelten durchschnittlichen Erlösen von 25,00 DM pro Geldspielgerät und 15,00 DM pro Unterhaltungsgerät bei einem jährlichen Einsatz an 270 Tagen aus. Sollten trotz dieser Verfahrensweise und den ausreichenden Abschlägen Ungenauigkeiten verbleiben, muss sie der Kläger als Schätzungsfolge hinnehmen, denn das geschätzte Ergebnis ist schlüssig, wirtschaftlich vernünftig und möglich.

Auf Grund der schwerwiegenden Buchführungsmängel folgt das Gericht auch bezüglich der Erlöse aus dem Automatenhandel den im Klageverfahren mehrfach korrigierten Angaben des Klägers hinsichtlich der Streitjahre 1992 und 1993 nicht. Insoweit geht das Gericht von dem sich aus dem auf den Namen des Klägers bei der Firma xxxxxx geführten Kundenkonto ergebenden Wareneinkauf von 1.160.524,51 DM in 1992 und von 227.555,22 DM in 1993 sowie von dem von den Klägern für 1994 erstmals im Klageverfahren erklärten Erlösen von 3.977,48 DM aus. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Inhalt der Akten ist das Gericht zwar überzeugt, dass auch andere Firmen über das Kundenkonto des Klägers bei der Firma xxxxxx Ware bezogen haben. In welchem Umfang dies über den bereits vom Beklagten ermittelten Betrag von 32.072,50 DM hinaus geschehen ist, ist allerdings nicht mehr feststellbar. Zum Ausgleich dieser Unsicherheit vermindert der Senat den Wareneinkauf der Jahre 1992 und 1993 um jeweils 10 v.H. Bei der Ermittlung des Gewinns aus dem Automatenhandel vermag das Gericht jedoch der durch nichts belegten Behauptung der Kläger, die Automaten seien aus Wettbewerbsgründen unterhalb des Einkaufspreises mit Verlust weiterveräußert worden, nicht zu folgen. Vielmehr geht das Gericht von einem Rohgewinnaufschlagsatz von 20 v.H. aus und bleibt damit zugunsten der Kläger unterhalb des vom Beklagten angenommenen Aufschlagsatzes von 25 v.H.

Als Wirteanteile setzt der Senat in allen Streitjahren 30 v.H. der Summe der geschätzten Erlöse aus der Aufstellung der Geldspielgeräte (inkl. Umsatzsteuer) und der Unterhaltungsgeräte (ohne Umsatzsteuer) an. Die Nichtberücksichtigung dieser mit Sicherheit beim Kläger angefallenen Betriebsausgaben durch den Beklagten hält der Senat für einen methodischen Fehler. Die Kassenfehlbeträge sind etwa so hoch wie die Kalkulationsdifferenzen. Der Senat nimmt deshalb an, dass sowohl die Fehlbeträge als auch die Differenzen ihre Ursache in dem Nichterklären derselben Einnahmen haben, also nicht doppelt zur Begründung von Hinzuschätzungen herangezogen werden dürfen.

Das danach verbleibende Ergebnis trägt nach der Überzeugung des Senats die höchstmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit in sich.

Entgegen der Ansicht des Klägers muss sich die Schätzung nicht an der von ihm nachträglich erstellten Buchführung orientieren. Diese kann die Mängel der ursprünglichen Aufzeichnungen nicht heilen, weil sie nicht zeitnah erstellt wurde. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, das auf Grund der gewählten Schätzungsmethode erzielte Ergebnis durch die Anwendung einer weiteren Schätzungsmethode zu überprüfen oder zu untermauern (BFH-Beschluss vom 03. September 1998 - XI B 209/95, BFH/NV 1999, 290). Nur am Rande sei bemerkt, dass die nachträglich erstellten Rechenwerke des Klägers methodisch nicht zweifelsfrei sind, wodurch das Gericht in seiner Überzeugung bestärkt wurde, dass die Buchführung des Klägers mit erheblichen und schwerwiegenden Mängeln behaftet ist. So wurde im ursprünglich eingereichten Jahresabschluss auf den 31.12.1992 ein Kassenendbestand von 549,98 DM ausgewiesen. Der nachträglich erstellten Buchführung zufolge soll der Kassenendbestand dagegen 2.407,68 DM betragen haben. Diese mangelnde Übereinstimmung wiederholt sich in den folgenden Jahren (zum 31.12.1993: 3.375,86 DM/11.321,28 DM; zum 31.12.1994: 2.047,46 DM/4.888,88 DM). Da der Kassenendbestand durch Auszählen zu ermitteln ist, sind diese mehrfachen, nicht unerheblichen Differenzen nicht lediglich mit einem Verzählen (zu den jeweiligen Stichtagen) zu erklären. Weiterhin wurden die Erlöse aus dem Automatenhandel zumindest in 1992 falsch verbucht, wie der Kläger selber (erst) in 2006 anhand einer nochmaligen Überprüfung festgestellt hat. Auch dies spricht für erhebliche und schwerwiegende Mängel und damit gegen die Verwendbarkeit der nachträglich erstellten Buchführung.

Weitere Minderungen des Gewinns sind nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht vorzunehmen.

Das Gericht vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass die über das Kundenkonto des Klägers abgerechneten Lieferungen der Firma xxxxxx über das bereits berücksichtigte Maß hinaus Dritten zuzurechnen sein sollten. Zwar hat der Zeuge Z2 ausgesagt, dass auch Dritte das Kundenkonto des Klägers hätten nutzen können. Jedoch konnte sich der Zeuge Z1, der nach der Behauptung des Klägers vor allem Geräte über dieses Konto bezogen haben soll, nicht mehr an diese Vorgänge erinnern.

Die Schätzung erscheint dem Senat auch deshalb als angemessen und erforderlich, weil der Kläger selbst vorgetragen hat, dass die Verbuchungen auf dem Wareneingangskonto zu niedrig erfolgt seien und dass er auch Barverkäufe getätigt habe. Soweit der Kläger behauptet, er habe aus dem Automatenhandel nur Verluste erwirtschaftet, weil er die Geräte aus Wettbewerbsgründen unter ihrem Einkaufspreis weiterveräußert habe, hat er diese Behauptung weder substantiiert glaubhaft gemacht noch nachgewiesen. Dies wäre nach Überzeugung des erkennenden Senats jedoch insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil der Kläger nach Aussage des Zeugen Z2 damals der größte und beste Kunde der Firma xxxxxx gewesen sei. Dementsprechend seien ihm Rabatte in Form von Preisnachlässen oder Sachleistungen (Gratis-Geräte) gewährt worden. Danach erscheint es nicht glaubhaft, dass der Kläger die Automaten mit Verlust weiter verkauft haben sollte. Denn dieses Verhalten wäre wirtschaftlich unvernünftig gewesen. Bereits durch Weitergabe der ihm gewährten Rabatte hätte der Kläger die Automaten konkurrenzlos günstig anbieten können.

Die Erlöse aus dem Automatenhandel schätzt das Gericht danach wie folgt:

 199219931994
 DMDMDM
Wareneinkauf lt. Kundenkonto xxxxxx1.160.524,51227.555,22 
Sicherheitsabschlag 10 v.H.116.052,4522.755,52 
Wareneinsatz1.044.472,16204.799,703.314,57
Rohgewinnaufschlag 20 v.H.208.894,4240.959,94662,91
Erlöse1.253.366,58245.759,643.977,48

Die Erlöse aus der Automatenaufstellung errechnet das Gericht wie folgt:

 1992 1993 1994 
 steuerfreisteuerpflichtigsteuerfreisteuerpflichtigsteuerfreisteuerpflichtig
Anzahl Geldspielgeräte101 99 93 
Anzahl Unterhaltungsgeräte 83 94 93
Erlös pro Tag DM25,0015,0025,0015,0025,0015,00
Anzahl Tage270270270270270270
Erlöse brutto DM681.750,00336.150,00668.250,00380.700,00627.750,00376.650,00
Erlöse netto DM598.026,32294.868,42586.184,21333.947,37550.657,89330.394,74
Umsatzsteuer DM83.723,6841.281,5882.065,7946.752,6377.092,1146.255,26

Der Gewinn des Klägers aus seinem Gewerbebetrieb ermittelt sich nach Überzeugung des Gerichts deshalb wie folgt:

 199219931994
 DMDMDM
Gewinn bisher9.204,213.261,6244.277,22
Umsatzerlöse bisher-1.334.929,55-344.583,30-421.335,56
USt auf Umsatzerlöse bisher-186.890,14-51.687,50-63.200,33
Erlöse Handel neu1.253.366,58245.759,643.977,48
Erlöse GSG neu681.750,00668.250,00627.750,00
Erlöse UG neu294.868,42333.947,37330.394,74
USt auf Erlöse neu312.197,90187.193,55144.318,33
sonstige Erlöse wie bisher7.895,80  
Skonti wie bisher166,20  
Wareneinkauf bisher925.115,702.843,260,00
Wareneinkauf neu-1.044.472,16-204.799,70-3.314,57
Wirteanteil GSG und UG neu-292.985,53-300.659,21-287.443,42
USt-Verbindlichkeit-125.307,76-135.506,06-81.118,00
Nicht abzugsfähige Vorsteuer-26.060,16  
Gewinn vor Gewerbesteuer473.919,51404.019,68294.305,89
 199219931994
 DMDMDM
Gewinn vor Gewerbesteuer473.919,51404.019,68294.305,89
Dauerschuldzinsen13.444,001.925,002.850,00
Freibetrag-36.000,00-48.000,00-48.000,00
Gewerbeertrag451.363,51357.944,68249.155,89
Vorl. GewSt-Messbetrag22.568,1817.897,2312.457,79
Vorl. GewSt (Hebesatz 200 %)45.136,3535.794,4737.373,38
GewSt-Rückstellung (Divisor 1,1)41.033,0532.540,4333.975,80
Gewinn nach Gewerbesteuer432.886,47371.479,25260.330,08

Soweit der danach ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb des Klägers für das Kalenderjahr 1994 den bisher durch den Beklagten ermittelten Gewinn übersteigt, verbleibt es bei der bisherigen Festsetzung, weil das Gericht aufgrund der Rechtsschutzfunktion des finanzgerichtlichen Verfahrens die Rechtsposition der Kläger im Vergleich zum Zustand vor Erhebung der Klage durch seine Entscheidung nicht verschlechtern darf (Verböserungsverbot, vgl. Gräber/von Groll, FGO, 6. Auflage 2006, Rdnr. 5 zu § 96 FGO m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1 i.V.m. 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 115 Abs. 2 FGO aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Der Streitfall ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil seine Entscheidung maßgeblich von der Beurteilung der tatsächlichen Besonderheiten des konkreten Sachverhalts abhängt (Gräber/Ruban, FGO, 6. Auflage 2006, Rdnr. 23 zu § 115 FGO m.w.N.). Es ist auch nicht vom Kläger geltend gemacht worden oder sonst erkennbar, dass eine Zulassung der Revision aus Gründen der Rechtsfortbildung oder der Sicherung der Rechtseinheit geboten wäre.

Die Berichtigung des am 6. Februar 2007 niedergelegte Tenors ist gemäß § 107 Abs. 1 FGO erforderlich, weil es bei der Berechnung der Einkünfte und der Kostenquote unter Verwendung des Tabellenkalkulationsprogramms Microsoft Excel zu einem nicht mehr nachvollziehbaren Eingabefehler oder zu einem unzutreffenden Zellbezug gekommen ist.



Ende der Entscheidung

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