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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 16.07.2008
Aktenzeichen: 1 K 1769/05
Rechtsgebiete: KStG, EStG, HGB


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8
EStG § 5 Abs. 1
HGB § 249 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

1 K 1769/05

Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 1998 bis 2001 und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG jeweils zum 31.12. 1998 bis 2001

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 1. Senat

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht S.

des Richters am Finanzgericht H.

der Richterin am Finanzgericht F.sowie

der ehrenamtlichen Richter Fr. und Si.

auf Grund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 16. Juli 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Verfahren wegen gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1998 bis 31.12.2001 sowie wegen Körperschaftsteuer 1999 werden nach Klagerücknahme gemäß § 72 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung eingestellt.

2. Unter Änderung des Bescheides über Körperschaftsteuer 2000 vom 11. März 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2008 wird die Körperschaftsteuer auf den Betrag festgesetzt, der sich bei Berücksichtigung einer zusätzlichen Rückstellung in Höhe von 388.000,-- DM ergibt.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 auferlegt.

5. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

6. Der Streitwert wird auf 256.500,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung von Arbeits- und Berufskleidung, hauptsächlich von Schuhwerk für die Bundeswehr. Ihr Wirtschaftsjahr endet jeweils zum 31. Januar. Geschäftsführer der Klägerin waren bis 22. Oktober 1998 die Gesellschafter Bern. S. (Gesellschaftsanteil: 70%) und Si. Ba.. (Gesellschaftsanteil: 30%). Die Anstellungsverträge wurden mündlich geschlossen, alle späteren Änderungen beruhen auf Gesellschafterbeschlüssen. Regelungen über die Kündigungsfrist oder den Anspruch auf eine Abfindung im Falle einer Kündigung sind in den Anstellungsverträgen nicht enthalten. Das letzte Monatsgehalt von Herrn S. vor seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung betrug DM 15.400,--.

Streitjahr 1998

Im Zuge eines kartellrechtlichen Verfahrens informierte das Bundesministerium der Verteidigung der Klägerin mit Schreiben vom 14. September 1998 darüber, dass es aufgrund staatsanwaltlicher Ermittlungen die Prüfung der Zuverlässigkeit des Unternehmens eingeleitet habe. Es behalte sich vor, die Klägerin bei der Vergabe von Aufträgen nicht zu berücksichtigen (Blatt 160 der FG-Akte). Des Weiteren teilte das Ministerium bei der Rücksendung von Ausschreibungsunterlagen in einem Zusatz mit, dass es sich vorbehalte, die Klägerin nicht zu berücksichtigen, "sofern nicht durch geeignete personelle oder organisatorische Maßnahmen die Zuverlässigkeit Ihres Unternehmens wieder hergestellt ist" (Blatt 129 der FG-Akte).

In der Folge übertrug Herr S. mit Vertrag vom 22. Oktober 1998 einen Gesellschaftsanteil von 36% unentgeltlich an seine Ehefrau. Mit gleicher Urkunde bot diese Herrn S. unwiderruflich den Rückkauf an. In einem Stimmbindungsvertrag vom 22. Oktober 1998 verpflichtete sie sich darüber hinaus, ihr Stimmverhalten dem ihres Ehemannes anzupassen. Zudem wurden Herr S. und Herr Ba.. mit Gesellschafterbeschluss vom 22. Oktober 1998 mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen (Blatt 168 der FG-Akte). Am 28. Oktober 1998 beschloss die Gesellschafterversammlung, den beiden ehemaligen Geschäftsführern eine Abfindung mit einem Limit von sechs Monatsgehältern zu gewähren, und beauftragte die Geschäftsleitung, weitere Details über die Ausscheidensmodalitäten mit den Betroffenen auszuhandeln (Blatt 128 der FG-Akte).

Mit Schreiben vom 10. November 1998 (Blatt 127 der FG-Akte), unterzeichnet von der neuen Geschäftsführerin sowie dem Prokuristen, kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit Herrn S. zum 30. November 1998. Ohne weitere schriftliche Vereinbarung zahlte sie Herrn S. eine Abfindung von DM 92.400,-- (= sechs Monatsgehälter à DM 15.400,--) und behandelte den Betrag einkommensmindernd als Betriebsausgabe. Herr Ba.. erhielt ebenso eine Abfindung in Höhe von sechs Monatsgehältern. Am 17. Dezember 1998 schloss die Klägerin mit Herrn S. einen Beratervertrag (Blatt 60 der Rechtsbehelfsakte), wonach dieser sie in Fragen der Geschäftsführung für ein monatliches Honorar von DM 12.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer, Auslagenersatz und Firmenwagen beraten sollte.

Der Beklagte (das Finanzamt) veranlagte die Klägerin zunächst antragsgemäß. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2001 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Abfindung an Herrn S. in Höhe von DM 92.400,-- in 1998 als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln sei (Tz. 1.18 des Betriebsprüfungsberichtes vom 29. Januar 2004, Blatt 33 der FG-Akte). Das Finanzamt folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und setzte mit Bescheid vom 11. März 2004 die Körperschaftsteuer 1998 auf EUR 31.482,29 (DM 61.574,--) fest.

Streitjahr 2000

Mit Datum vom 30. Juni 1999 leitete das Bundeskartellamt der Klägerin den Entwurf eines Bußgeldbescheides zu, in dem Herrn S. zur Last gelegt wurde, sich in den Jahren 1996 bis 1997 an der Durchführung von vier einzelnen Absprachen über die Festlegung von Quoten und Preisen für den Verkauf von Kampfschuhen an die Bundeswehr beteiligt zu haben. Gegen die Klägerin (sog. Nebenbetroffene) sollte daher gemäß § 30 Abs. 1 OWiG als sog. Verbandsbuße ein Bußgeld von insgesamt DM 485.000,-- verhängt werden. Unter Ziff. C 6 der Begründung (Blatt 84 der FG-Akte) heißt es u.a.:

"Die Geldbußen sind aufgrund des Bußgeldrahmens des § 38 Abs. 4 GWB a.F. unter Beachtung von § 17 Abs. 1 bis 3 OWiG festgesetzt worden. (...) Bei der Bemessung der Geldbuße gegen den Betroffenen und die Nebenbetroffene war über die obengenannten Gesichtspunkte hinaus zu berücksichtigen, dass beiden infolge ihrer Beteiligung am Kartell erhebliche Mehrerlöse zugeflossen sind (...). Die Höhe des durch die Absprachen erzielten Mehrerlöses wird auf 4 DM pro Paar Kampfschuhe geschätzt (...). Sie (die Beschlußabteilung) sieht unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen und der Nebenbetroffenen die Abschöpfung des um eine DM erhöhten Mehrerlöses, also von 5 DM für (...) jedes der von der Nebenbetroffenen gelieferten 97.000 Paare Kampfschuhe als ausreichend, aber auch erforderlich an"(Blatt 84 der FG-Akte, Klammerzusätze hinzugefügt).

Im endgültigen Bußgeldbescheid vom 16. November 2000 wurde das Bußgeld für die Klägerin auf 291.000,-- DM festgesetzt. Dort heißt es in der Begründung (Blatt 98 ff der FG-Akte):

"Die Geldbußen sind aufgrund des Bußgeldrahmens des § 38 Abs. 4 GWB a.F. unter Beachtung von § 17 Absatz 1 bis 3 OWiG festgesetzt worden (...). Bei der Bemessung der Geldbuße sieht sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen die Erhöhung des Mehrerlöses um eine DM, also 3 DM für jedes der von der Nebenbetroffenen gelieferten 97.000 Paare Kampfschuhe als ausreichend, aber auch als erforderlich an. Die Beschlussabteilung hat bei der Bemessung der Geldbuße ausschließlich das vorgeworfene Verhalten geahndet. Eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils ist damit nicht beabsichtigt".

Laut Schreiben des Bundeskartellamts vom 15. Januar 2007 (Blatt 347 der FG-Akte) war mit dem genannten Bußgeldbescheid beabsichtigt, nur das vorgeworfene Verhalten zu ahnden und nicht den wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen.

Wegen der drohenden Geldbuße bildete die Klägerin erstmals in der Bilanz zum 31. Januar 1999 eine Rückstellung in Höhe von DM 485.000,--, die sie in den Folgejahren unverändert beibehielt.

Im Rahmen der Betriebsprüfung vertrat der Prüfer hierzu die Auffassung, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass das steuerliche Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG für die vom Kartellamt angedrohte Buße nicht gelte und erkannte die insoweit gebildete Rückstellung in Höhe von DM 485.000,-- nicht an (Ziff.1.15 a des Betriebsprüfungsberichts, Blatt 32 der FG-Akte). Das Finanzamt folgte den Feststellungen und der rechtlichen Würdigung der Betriebsprüfung und setzte die Körperschaftsteuer für das Streitjahr 2000 mit Bescheid vom 11. März 2004 auf EUR 108.842,79 (DM 212.878,--) fest, wobei es auch andere - hier nicht streitige - Änderungen berücksichtigte.

Streitjahr 2001

In ihrer Bilanz zum 31. Januar 2001 bildete die Klägerin u.a. eine pauschale Garantierückstellung in Höhe von DM 1.036.243,--.

Im Rahmen der Betriebsprüfung vertrat der Prüfer in diesem Punkt die Auffassung, dass mangels Aufzeichnungen über den Umfang von Garantiefällen im Prüfungszeitraum in 2001 nur eine pauschale Rückstellung des garantiebehafteten Umsatzes in Höhe von 2% anerkannt werden könne. Davon seien noch 50% der Subunternehmerleistungen wegen Rückgriffsmöglichkeiten abzuziehen, da bei den überwiegend in Osteuropa ansässigen Subunternehmern ein Rückgriff erheblichen Einschränkungen unterliege. Der Prüfer errechnete so eine Garantierückstellung iHv. DM 602.796,-- (Gewinnunterschied: DM 433.447,--). Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf Anlage 16 des Betriebsprüfungsberichts vom 29. Januar 2004 (Blatt 57 der FG-Akte) Bezug genommen. Das Finanzamt folgte den Feststellungen und der rechtlichen Würdigung der Betriebsprüfung und setzte zuletzt mit Änderungsbescheid vom 5. April 2004 die Körperschaftsteuer 2001 auf EUR 27.701,79 EUR (54.180,-- DM) fest, wobei es auch andere - hier nicht streitige - Änderungen berücksichtigte.

Der gegen die Bescheide über Körperschaftsteuer 1998 bis 2001 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 22. August 2005).

Mit Ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass die Abfindung an Herrn S. nicht als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen sei. Die Kündigung sei für das Unternehmen aufgrund äußerer Zwänge notwendig gewesen. Bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses sei es unter Berücksichtigung der qualifizierten Tätigkeit im Rahmen der Geschäftsführung durchaus üblich, Abfindungen in dieser Höhe zu leisten. Die Geschäftsführerin habe sich im Vorfeld kundig gemacht, welche Abfindungszahlungen in derartigen Fällen üblich seien. Zudem sei die Auflösung des Anstellungsvertrages vor Ablauf der normalen Kündigungsfrist von zwei Monaten erfolgt. Anhaltspunkte für die Höhe einer dem Grunde nach zulässigen Abfindung könnten sich auch aus § 10 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ergeben. Ein Betrag von 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr werde nach der überwiegenden Rechtssprechung als angemessen angesehen. Zudem seien mit dem Gesellschafter am 17. November 1997 eine Direktversicherung und eine Pensionszuge vereinbart worden. Da eine Umsetzung dieser Vereinbarung nicht erfolgt sei, würden mit der Abfindung auch Ansprüche aus der zugesagten Altersvorsorge abgegolten. Zudem sei der Gesellschafterbeschluss über die Abfindung zeitlich vor der Kündigung erfolgt, klar und eindeutig gefasst und auch so durchgeführt worden. Auch sei der Fremdvergleich erfüllt, da der weitere Geschäftsführer Ba.. ebenfalls eine Abfindung von sechs Monatsgehältern erhalten habe. An der betrieblichen Veranlassung der Abfindung könne der - entgegen vorheriger Planung - erforderlich gewordene Beratervertrag nichts ändern.

Die Rückstellung für die Geldbuße sei ebenfalls gerechtfertigt, da die Abschöpfung eines wirtschaftlichen Vorteils beabsichtigt gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass das Bußgeld unter Abschöpfung des um 1 DM erhöhten Mehrerlöses festgesetzt worden sei. Es spiele keine Rolle, dass mit dem Entwurf des Bußgeldbescheides die Festsetzung nur auf § 17 Abs. 1 bis 3 OWiG gestützt sei und nicht auf Abs. 4 der Vorschrift. Eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils sei auch in Fällen gegeben, in denen es nicht zu einer Erweiterung des Bußgeldrahmens nach § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG komme. Im Streitfall lasse sich aus dem Entwurf des Bußgeldbescheides eindeutig erkennen, dass der Mehrerlös und nicht der Gewinn nach Abzug von Steuern für die Bemessung der Buße ausschlaggebend gewesen sei. Bestenfalls dem über den Abschöpfungsteil hinausgehenden Betrag von 1 DM komme ein Ahndungscharakter zu. Daran ändere auch der Vermerk im endgültigen Bescheid nichts, dass eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils nicht beabsichtigt sei. Das Abzugsverbot hänge nicht vom Willen der erlassenden Behörde ab, vielmehr sei die tatsächliche Ausrichtung am Mehrerlös und den daraus entstehenden wirtschaftlichen Folgen für die Abzugsfähigkeit maßgebend.

Schließlich müsse die Garantierückstellung in Höhe von 3% der Umsätze der Klägerin ohne Begrenzung durch potentielle Regressforderungen gebildet werden. Das höhere Gewährleistungsrisiko sei durch die beispielhaft vorgelegten Unterlagen mit weitaus höheren Minderungsbeträgen hinreichend nachgewiesen. Hohe Qualitätsanforderungen und entsprechende Kürzungen bei Nichterfüllung seien die Regel. Auch in den allgemeinen Einkaufsbedingungen der Bundeswehr werde unter § 6.1. eine Sicherheit in Höhe von 3% der Abrechnungssumme verlangt. Rückgriffsmöglichkeiten gegenüber Zulieferern dürften die Rückstellung nicht begrenzen, da diese hinsichtlich der vorwiegend aus dem osteuropäischen Ausland bezogenen Fremdleistungen nicht vollwertig seien. Ferner bestehe bei den Lieferungen an die Bundeswehr eine auf zwölf Monate verlängerte Gewährleistungsfrist. Häufig seien die Gewährleistungsfristen gegenüber den Zulieferern von in der Regel sechs Monaten abgelaufen, wenn die Bundeswehr noch Gewährleistungsansprüche geltend machen könne. Nur in Einzelfällen seien Rückgriffe möglich gewesen. Der im Jahre 1998 erfolgte Rückgriff gegenüber der Firma MIDLAND in Tschechien sei eher untypisch. Der Buchhaltung des Jahres 2001 sei ein Gewährleistungsaufwand nur schwerlich zu entnehmen, da die Gewährleistung in der Regel durch die Kaufpreisminderung zum Ansatz komme und diese direkt in den Umsatzerlösen mindernd berücksichtigt werde.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid über Körperschaftsteuer 1998 vom 11. März 2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. August 2008 in der Weise zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen 1998 um 92.400,-- DM gemindert wird,

2. den Bescheid über Körperschaftsteuer 2000 vom 11. März 2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. August 2008 in der Weise zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen 1999 um 485.000,-- DM gemindert wird,

3. den Bescheid über Körperschaftsteuer 2001 vom 5. April 2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. August 2008 in der Weise zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen 2001 um 433.447,-- DM gemindert wird,

4. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt hierzu vor, dass die Abfindung als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen sei. Herr S. habe durch Abschluss des Stimmbindungsvertrages und die Vereinbarung der Rückkaufsoption auch nach dem 22. Oktober 1998 eine beherrschende Stellung ausgeübt. Für die Abfindungszahlung fehle es an einer klaren und vorherigen Vereinbarung. Der Beschluss über die Abfindung sei zeitlich nach der Abberufung als Geschäftsführer erfolgt. Ein Vertrag über die genaue Höhe der Abfindung sei nicht abgeschlossen worden. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass Herr S., anders als Herr Ba.., nur "pro forma" aus der Geschäftsführung ausgeschieden sei. Das Beraterhonorar von DM 12.000,-- monatlich sei höher als das Geschäftsführergehalt der neuen Geschäftsführerin. Damit liege ein Bedürfnis für eine Absicherung nach Beendigung des Arbeitnehmerverhältnisses nicht vor.

Eine Rückstellung für die drohende Geldbuße könne wegen § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG nicht gebildet werden. Bereits aus dem Entwurf des Bußgeldbescheides gehe hervor, dass eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils i.S.d.. § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG nicht vorgesehen sei, da die Bemessung der Buße nur auf § 17 Abs. 1 bis Abs. 3 OWiG gestützt werde und nicht auf Abs. 4 der Vorschrift. Der Verweis auf die Mehrerlöse diene nur als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Buße. Auch im endgültigen Bescheid werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils nicht beabsichtigt gewesen sei. Das Bundeskartellamt habe dies im Schreiben vom 15. Januar 2007 bestätigt.

Schließlich sei die Gewährleistungsrückstellung nur in dem von der Betriebsprüfung zugelassenen Umfang zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Die vorgelegten Unterlagen aus dem Jahre 1995 und 2001 seien aufgrund der weit auseinanderliegenden Zeiträume nicht geeignet, ein "jederzeit" bestehendes Gewährleistungsrisiko darzulegen. Der Steuerpflichtige trage insoweit die Feststellungslast. Während der Prüfung sei weiterhin festgestellt worden, dass gegenüber der Klägerin geltend gemachte Garantieansprüche im Jahre 1998 mit Erfolg an die Subunternehmer in Tschechien weitergereicht worden seien. Die Behauptung, ein Rückgriff ins osteuropäische Ausland sei nicht möglich, treffe damit nicht zu. Der erschwerten Rückgriffsmöglichkeit sei durch einen Abschlag von 50% Rechnung getragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Steuerakten, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur teilweise begründet.

I.

Das Gericht legt den Antrag der Klägerin dahingehend aus, dass die Festsetzungen des Solidaritätszuschlags 1998, 1999 und 2001 nicht gesondert angefochten sind. Denn hierbei handelt es sich um Folgebescheide zum Körperschaftsteuerbescheid, die nicht in zulässiger Weise mit Einwendungen angefochten werden können, über die im Grundlagenbescheid verbindlich entschieden wird.

II.

Die Klage ist insoweit begründet, als das Finanzamt die Anerkennung einer Rückstellung für die drohende Geldbuße in Höhe von DM 388.000,-- in der Bilanz auf den 31. Januar 2000 abgelehnt hat. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

1. Verdeckte Gewinnausschüttung durch Abfindungszahlung

Das Finanzamt hat die in 1998 an Herrn S. gezahlte Abfindung in Höhe von 92.400,-- DM zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilt.

a) Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d.. § 8 Abs. 3 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Bei Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren beherrschenden Gesellschafter oder eine diesem nahestehenden Person liegt ein Indiz für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Vermögensminderung außerdem dann vor, wenn den Leistungen keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt oder die entsprechende Vereinbarung nicht durchgeführt wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Juli 1996 I R 115/95, BStBl. II 1997, S. 138).

b) Bei Anlegung dieses Maßstabes ist im Streitfall die Abfindungszahlung als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen. Dies beruht auf folgenden Erwägungen.

Bei Herrn S. handelt es sich um den beherrschenden Gesellschafter der Klägerin. Nachdem er bis zu seinem Ausscheiden mit 70% an der Klägerin beteiligt war, verfügte er auch nach der teilweisen Anteilsübertragung auf seine Ehefrau aufgrund des Stimmbindungsvertrags über die Mehrheit der Stimmrechte und war in der Lage, die Klägerin weiterhin zu beherrschen.

Es fehlt an einer eindeutigen, im voraus abgeschlossenen Abfindungsregelung. Zwar muss eine solche nicht unbedingt bereits im Anstellungsvertrag getroffen werden, vielmehr genügt eine Vereinbarung im Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses kurz vor der Zahlung der Abfindung (vgl. Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, KStG nF, § 8 Abs. 3 Rn. 820 und Anh. zu § 8 Abs. 2 "Abfindungen"). Der im Streitfall hierfür allein in Betracht kommende Gesellschafterbeschluss vom 28. Oktober 1998 enthält aber keine eindeutige Vereinbarung über Höhe oder Berechnung der Abfindung, sondern nur einen Rahmen und den Auftrag an die Geschäftsleitung, eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen. Nachfolgend wurde keine weitere Abmachung über Höhe und Auszahlungsmodalitäten. getroffen. Damit ist die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Zahlung indiziert. Denn von einer verdeckten Gewinnausschüttung ist im allgemeinen auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft und ihr beherrschender Gesellschafter die Bemessungsgrundlage für eine zu zahlende Vergütung nicht dergestalt festlegen, dass diese allein durch Rechenvorgänge ermittelt werden kann, und ohne dass es noch der Ausübung irgendwelcher Ermessensakte seitens der Geschäftsführung oder der Gesellschafterversammlung bedarf (vgl. BFH-Urteile vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BStBl II 1998, 545 und vom 21. Juli 1976 I R 223/74, BStBl II 1976, 734).

Der Vorteil wäre zudem bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt worden (Fremdvergleich). Die Klägerin musste zwar aufgrund der zu befürchtenden Auftragsverluste an einer möglichst kurzfristigen Auflösung des Dienstverhältnisses interessiert sein. Im Anstellungsvertrag war aber keine Abfindungsregelung für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Geschäftsführers getroffen, so dass kein Rechtsanspruch auf eine Abfindung bestand. Im Falle einer fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrags wegen eines Fehlverhaltens des Geschäftsführers wäre die freiwillige Zahlung einer Abfindung in keinem Fall angezeigt gewesen. Aber auch im Falle einer ordentlichen Kündigung hätte ein Nichtgesellschafter nicht mit einer Abfindung rechnen können. Denn an einen Nichtgesellschafter würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer bei vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur den Betrag als Abfindung leisten, den die Gesellschaft unter Einhaltung der Kündigungsfrist an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlen hätte (vgl. FG München, Urteil vom 26. November 1999, 7 K 3313/97, DStRE 2000, 591; FG Köln Urteil vom 5. September 2002 13 K 521/02, DStRE 2003, 520). Im Streitfall wurde aber die Kündigungsfrist des § 621 Nr. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) - spätestens am fünfzehnten eines Monats für den Schluss des Kalendermonats - eingehalten. Daran vermag nichts zu ändern, dass in der Rechtssprechung umstritten ist, ob für Geschäftsführer die Kündigungsfrist des § 621 Nr. 3 BGB oder die Frist des § 622 Abs. 2 Nr. 2 BGB (zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats) gilt. Denn zumindest für den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist davon auszugehen, dass die Schutzvorschriften des § 622 BGB keine Anwendung finden, da dessen Anstellungsvertrag ohnehin nicht gegen seinen Willen gekündigt werden kann (vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG - vom 8. Mai 2007 9 AZR 777/06, BB 2007, 2298; OLG Düsseldorf vom 14. April 2000 16 U 106/99, DStZ 2000, 839). Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte in diesem Falle die für ihn günstigere Regelung angewandt und nicht ohne Weiteres freiwillig eine darüber hinausgehende Abfindung gezahlt.

Keine Rolle spielt, dass laut Vorbringen der Klägerin auch zugesagte Pensionsansprüche mit der Abfindung abgegolten werden sollten. Denn der Abfindungszahlung liegt keine konkrete, nachvollziehbare Berechnung zu Grunde. Weder eine etwaige Abgeltung von Ansprüchen noch deren Höhe gehen aus dem Gesellschafterbeschluss vom 28. Oktober 1998 hervor. Insoweit fehlt es wiederum an einer klaren, im voraus getroffenen Vereinbarung. Ein nicht an der Klägerin beteiligter Geschäftsführer hätte eine pauschale Abgeltung ohne nähere Berechnung wohl keinesfalls akzeptiert. Im Übrigen kommt in Betracht, dass der Gesellschafter S. weiterhin Ansprüche aus der - bislang nicht erfüllten - Zusage geltend machen kann.

An dem gefundenen Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass Herr Ba.. eine Abfindung in gleicher Höhe erhalten hat. Ein (interner) Fremdvergleich kann insoweit nicht erfolgen, da bei beiden Gesellschafter-Geschäftsführern hinsichtlich der Abfindung eine gleichgerichtete Interessenlage bestand, so dass die Abfindungszahlung an den damaligen Gesellschafter Ba.. steuerrechtlich unbeachtlich ist. Denn eine beherrschende Gesellschafterposition liegt bei einem Minderheitsgesellschafter auch dann vor, wenn die Möglichkeit der Einflussnahme auf sachlich begrenzte Bereiche beschränkt ist. Ein solcher begrenzter Einflussbereich liegt dann vor, wenn mehrere Gesellschafter mit gleichgerichteten Interessen zusammenwirken, um eine ihren Interessen entsprechende einheitliche Willensbildung der Gesellschafter herbeizuführen.

Die Tatsache, dass der Gesellschafter S. zusammen mit seiner Ehefrau einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben konnte, steht der Annahme eines Zusammenwirkens mit dem Gesellschafter Ba.. bei den Abfindungszahlungen nicht entgegen. Die Interessenlage ist nicht schon deshalb grundsätzlich anders, weil der Gesellschafter S. zusammen mit seiner Ehefrau Mehrheitsgesellschafter ist. Denn ein Minderheitsgesellschafter kann sich bei der Beschlussfassung des Einflusses des Mehrheitsgesellschafters bedienen. Davon ist auch im Streitfall auszugehen.

Ein herrschender Gesellschafter ist grundsätzlich nicht auf ein gesellschaftsrechtliches Zusammenwirken mit dem Minderheitsgesellschafter angewiesen. Das bedeutet aber nicht, dass er seinen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft ohne jede Beschränkungen geltend machen darf. Solche Beschränkungen - und die ihnen entsprechenden Kontrollbefugnisse der Minderheitsgesellschafter als Grundlage eines gesellschaftsrechtlichen Zusammenwirkens mit dem beherrschenden Gesellschafter - sind sowohl bei einer Einflussnahme des beherrschenden Gesellschafters auf die Entscheidung der Geschäftsführung als auch bei der Ausübung seines Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung zu beachten. Das gilt insbesondere, wenn ein Gesellschafter über eine solche Einflussnahme für sich Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter zu erreichen sucht. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, die geeignet sind, diesem Zweck zu dienen, sind anfechtbar. Auch bei Maßnahmen der Geschäftsführung verlangt die für eine Gesellschaftermehrheit bestehende Möglichkeit, gesellschaftsbezogene Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen. Eine solche Pflichtverletzung liegt u.a. dann vor, wenn Vermögenszuwendungen der Gesellschaft auf einzelne Gesellschafter beschränkt bleiben, ohne dass für die unterschiedliche Behandlung ausreichende sachliche Gründe vorliegen. In diesen Fällen ist die Schmälerung des Gewinnbezugsrechts der übrigen Gesellschafter, das diesen entsprechend der Höhe ihres Gesellschaftsanteils zusteht (§ 29 Abs. 2 Satz 1 GmbHG) rechtswidrig. Eine einseitige Abfindungszahlung zugunsten des Gesellschafters S. wäre eine rechtswidrige ungleichmäßige Gewährung von Vorteilen. Die Klägerin hat das Anstellungsverhältnis mit den Gesellschaftern S. und Ba.. gekündigt. Gesichtspunkte, die eine Differenzierung bei diesen Kündigungen rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich; die Abfindungszahlung an den Gesellschafter S. wäre deshalb ohne die Mitwirkung des Gesellschafters Ba.. nicht durchsetzbar gewesen (BFH in BStBl II 1976, 734 mit weiteren Nachweisen).

c) Die verdeckte Gewinnausschüttung ist auch in 1998 anzusetzen. Zwar wurde die Abfindung erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs 1998 (zum 31. Januar 1998) bezahlt. Nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 EStG gilt aber nur der Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahrs in vollem Umfang als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Die außerhalb der Gewinnermittlung vorzunehmende Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung ist von dieser Regelung dementsprechend nicht erfasst. Da Veranlagungszeitraum weiterhin das Kalenderjahr ist, war die verdeckte Gewinnausschüttung im Kalenderjahr des Zuflusses zu berücksichtigen.

2. Rückstellung wegen Geldbuße

Die Klage hat insoweit Erfolg, soweit sie sich gegen die Aberkennung der Rückstellung in Höhe von 388.000,-- DM in der Bilanz zum 31. Januar 2000 wendet.

a) Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG dürfen die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich des EStG oder von Organen der Europäischen Gemeinschaften festgesetzten Geldbußen den steuerlichen Gewinn nicht mindern. Das bedeutet zugleich, dass das Drohen einer solchen Geldbuße nicht die Bildung einer gewinnmindernden Rückstellung r(echtfertigt BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 64/97, BStBl II 1999, 656). Nach Satz 4 der Vorschrift gilt das Abzugsverbot von Geldbußen nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind. Die Prüfung der Abzugsfähigkeit einer Kartellgeldbuße am Maßstab des § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG macht es demnach erforderlich, zunächst in einem ersten Schritt zu prüfen, in welchem betragsmäßigen Umfang die festgesetzte Geldbuße der Abschöpfung des durch den Gesetzesverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils diente und sodann in einem zweiten Schritt bezogen auf diesen Abschöpfungsteil der Geldbuße zu prüfen, ob bei dessen Berechnung die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallenden Steuern vom Einkommen und Ertrag abgezogen worden sind (BFH-Beschluss vom 24. März 2004 I B 203/03, BFH/NV 2004, S. 959). Diese Prüfung ist grundsätzlich anhand des Bußgeldbescheides und der darin zur Begründung der Höhe der festgesetzten Geldbuße gemachten Ausführungen vorzunehmen (vgl. FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 20. September 2001 3 K 168/01, EFG 2002, S. 72, rechtskräftig).

b) Im Streitfall ist die Rückstellung insoweit zulässig, als die zu erwartende Geldbuße auf einer Schätzung der Mehrerlöse von 4,-- DM pro Paar Schuhe beruht (97.000 Paar x 4,-- DM = 388.000,-- DM). Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

(1) Nach der Rechtsprechung des BFH schließt eine Geldbuße, die vor allem der Ahndung des Verstoßes und der Abschreckung potentieller Nachahmer dient, nicht aus, dass die Geldbuße zugleich eine Abschöpfung des Mehrerlöses und damit des wirtschaftlichen Vorteils i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG bewirkt (BFH-Beschluss vom 24. März 2004 I B 203/03, BFH/NV 2004, S. 959). Die kartellrechtlich vorgesehene Abschöpfung eines "Mehrerlöses" ist in der Regel zugleich als Abschöpfung des "wirtschaftlichen Vorteils" i.S. des § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG anzusehen. Denn die Begriffe "Mehrerlös" in § 38 Abs. 4 GWB a.F. und § 17 Abs. 4 OWiG und § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG decken sich in weiten Bereichen, ohne gänzlich identisch zu sein. Stellt der erlangte wirtschaftliche Vorteil als Untergrenze den Sockelbetrag für die Bemessung der Geldbuße gemäß § 17 Abs. 1 OWiG dar, die ihrerseits der Höhe nach durch den erlangten Mehrerlös gemäß § 38 Abs. 4 GWB a.F. mitbestimmt wird, dann wird der wirtschaftliche Vorteil grundsätzlich unabhängig davon abgeschöpft, ob der wirtschaftliche Vorteil sich in Form einer zusätzlichen Erhöhung der Buße nach § 17 Abs. 4 OWiG auswirkt oder ob der wirtschaftliche Vorteil von vornherein in die Bemessung des Bußgeldrahmens nach § 17 Abs. 1 OWiG oder § 38 Abs. 4 GWB a.F. einbezogen wird (vgl. zum ganzen BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 100/97, BStBl. II 1999, S. 658; Urteil des FG Münster vom 21. Juli 1997 9 K 4978/93 K, EFG 1997, S. 1422; ebenso BFH-Beschluss vom 24. März 2004 a.a.O.; FG Baden-Württemberg vom 20. September 2001, a.a.O..).

(2) Im Streitfall geht aus dem Entwurf des Bußgeldbescheides eindeutig hervor, dass die Behörde die Geldbuße, wie § 38 Abs. 4 GWB a.F. dies vorsieht, an dem durch die Zuwiderhandlung erlangten Mehrerlös orientiert und hierbei einen Betrag von DM 4,-- pro Paar Schuhe zu Grunde gelegt hat. Es erscheint sachgerecht, gemäß der Berechnung der Kartellbehörde, die dem Mehrerlös zugeschlagenen 1 DM pro Paar Schuhe als ahndenden und nicht abschöpfenden Teil der Buße anzusehen. Hierbei ist zu beachten, dass zur Ermittlung der Höhe des abschöpfenden Teils ein schätzweiser Nachweis genügt.

(3) Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist unerheblich, dass das Bundeskartellamt in der Begründung § 17 Abs. 4 OWiG nicht genannt hat. Denn dieser Umstand kann nicht bedeuten, dass es die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils außer Acht gelassen hat, da es hierzu verpflichtet war und nur in Ausnahmefällen von einer Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils absehen durfte. Die vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG gewählte Formulierung spricht dafür, dass jede betragsmäßige Korrespondenz zwischen der Höhe der Buße einerseits und dem wirtschaftlichen Vorteil andererseits zur Abziehbarkeit führen soll. Außerdem steht bei sog. Verbandsbußen regelmäßig der Ahndungscharakter im Hintergrund und die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Vordergrund (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 a.a.O. m.w.N.).

(4) Auch ist davon auszugehen, dass die Kartellbehörde bei der Berechnung die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallenden Steuern vom Einkommen und Ertrag nicht berücksichtigt hat. Zur Anwendung des § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG kann ausreichen, dass die Kartellbehörde entweder stillschweigend von der Abziehbarkeit der Geldbußen ausgegangen ist oder dass sie sich hierüber keinerlei Gedanken gemacht hat. (vgl. BFH-Beschluss vom 24. März 2004, a.a.O.). Aus dem Bußgeldbescheid selbst ist nicht ersichtlich, dass das Kartellamt bei Bemessung der Buße die auf die Mehrerlöse gezahlten Steuern in irgendeiner Form berücksichtigt hätte oder sich hierüber Gedanken gemacht hat (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 24. März 2004, a.a.O. unter 2 c der Gründe).

c) Die Rückstellung ist entgegen der ursprünglichen Behandlung im Streitjahr 2000 zu bilden. Denn erst mit dem Schreiben der Kartellbehörde vom 30. Juni 1999, also nach dem Bilanzstichtag (Ende des Wirtschaftsjahrs: 31. Januar 1999), hat die Klägerin von den Ermittlungen und dem beabsichtigten Bußgeldbescheid Kenntnis erlangt. Frühestens zu diesem Zeitpunkt lagen hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine wahrscheinliche Inanspruchnahme vor. Eine auf den Bilanzstichtag 31. Januar 1999 zurückwirkende wertaufhellende Tatsache liegt im Streitfall nicht vor, da der Bescheidentwurf nicht etwa nachträglich bekannt geworden, sondern erst nach dem Bilanzstichtag ergangen ist. Damit lagen die Voraussetzungen, die das Gesetz an eine Rückstellungsbildung knüpft, erst nach dem Bilanzstichtag vor. Aus dem selben Grund liegt im endgültigen Bußgeldbescheid vom 16. November 2000 keine auf den Bilanzansatz zum 31. Januar 2000 zurückwirkende wertaufhellende Tatsache. Die Rückstellung ist daher in der Bilanz zum 31. Januar 2000 zu bilden; der so ermittelte Gewinn gilt gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG als in 2000 bezogen.

3. Pauschale Rückstellung für Gewährleistung

Die vom Finanzamt errechnete und berücksichtigte pauschale Gewinnrückstellung ist nicht zu beanstanden. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen reichen nicht aus, die von ihr beantragte erhöhte Rückstellung zu rechtfertigen.

a) Garantierückstellungen sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Sie sind gemäß § 5 Abs. 1 EStG iVm. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB für Gewährleistungsverpflichtungen zu bilden, die dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewiss sind, wenn und soweit eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist. Sie geben das Risiko künftiger Erlösminderungen an, das einzeln, pauschal oder gemischt erfasst werden kann. Es können auch noch nicht gerügte Mängel zu berücksichtigen sein, wenn nach den Erfahrungen der Vergangenheit mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist. Regressansprüche gegenüber Subunternehmern begrenzen eine solche Rückstellung (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 1993 X R 60/89, BStBl. II 1993, S. 437). Ob eine Verbindlichkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit besteht oder entstehen wird, ist nach objektiven, am Bilanzstichtag vorliegenden und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbaren Tatsachen zu prüfen. Für die Bildung von Pauschalrückstellungen wird vorausgesetzt, dass der Kaufmann aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit Gewährleistungsinanspruchnahmen rechnen muss oder dass sich aus der Erfahrung in der jeweiligen Branche und der individuellen Gestaltung des Betriebs die Wahrscheinlichkeit ergibt, Gewährleistungen erbringen zu müssen (EuGH, DStR 1999, 1645 ). Dabei ist die Höhe der Rückstellung auf den notwendigen Betrag begrenzt. Der Steuerpflichtige ist deshalb verpflichtet, zur Rechtfertigung der von ihm begehrten Rückstellung konkrete Tatsachen darzulegen, soweit das nach den betrieblichen Verhältnissen zumutbar ist. Denn er trägt die Feststellungslast für steuerentlastende Tatsachen mit der Folge, dass ein Ansatz einer Rückstellung für Gewährleistungsansprüche in der Bilanz nicht zulässig ist, wenn die von ihm behaupteten Umstände nicht feststellbar sind (BFH-Urteil vom 30. April 1998 III R 40/95, BFH/NV 1998, 1217 m.w.N.).

b) Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt und nachgewiesen, dass vor Erstellung der Bilanz zum 31. Januar 2001 Erfahrungen der Vergangenheit bestanden, wonach mit einer Gewährleistung in der von der Klägerin behaupteten Höhe zu rechnen war. Sie hat lediglich einzelne Gewährleistungsfälle aus den Jahren 1995 bis 2001 dargelegt, bei denen nicht nachvollzogen werden kann, ob sie vollständig sind oder in welchem Verhältnis sie zum Gesamtumsatz stehen. Zwar weisen die vorgelegten Gewährleistungsfälle überwiegend Minderungsbeträge aus, die über einem Anteil von 2% der Auftragssumme liegen. Dies lässt aber keine Rückschlüsse darüber zu, in welcher Höhe bezogen auf den Gesamtumsatz durchschnittlich mit Gewährleistungsansprüchen zu rechnen ist. Auch der Vortrag, welche Standards bei der Produktion von Spezialschuhen einzuhalten sind und dass aufgrund der strengen Standards in einer Vielzahl von Fällen mangelhafte Ware geliefert wurde, gibt hierüber keinen Aufschluss. Aus der Tatsache, dass bei der Fertigung von Schuhen ein bestimmter Teil mangelbehaftet ist, kann ebenso wenig auf den durchschnittlichen Gewährleistungsaufwand geschlossen werden, wie aus den hierzu vorgelegten Fehlerprotokollen.

Soweit die Klägerin auf die allgemeinen Einkaufsbedingungen ihres Hauptabnehmers vom November 2003 verweist, der eine 3%ige Sicherheitsleistung für Gewährleistung vorsieht, weist sie nur auf das Gewährleistungsrisiko hin, das nach Einschätzung ihrer Auftraggeber besteht. Es kommt jedoch auf die aus der Sicht des Unternehmens zu erwartende tatsächliche, nicht auf eine nach Einschätzung der Vertragspartner mögliche Inanspruchnahme der Steuerpflichtigen an (vgl. BFH-Beschluss vom 6. Mai 2003 VIII B 163/02, BFH/NV 2003, S. 1313).

Auch hat die Klägerin lediglich behauptet, bei ihren Zulieferern wegen mangelnder Bonität niemals Rückgriff nehmen zu können. Der hierzu vorgelegte Schriftverkehr aus 1995 über Schwierigkeiten beim Versuch, einen Rückgriff gegenüber einen Zulieferer geltend zu machen, reicht als Nachweis hierzu keinesfalls aus, zumal in einem anderen vorliegenden Fall in 1998 ein Rückgriff gegen ein tschechisches Unternehmen Erfolg hatte. Zudem hat das Finanzamt dem Rückgriffsrisiko mit einem Abschlag von 50% der bezogenen Fremdleistungen bereits Rechnung getragen.

Die Klägerin hätte zum Nachweis der wahrscheinlichen Inanspruchnahme über einen repräsentativen Zeitraum vor dem Streitjahr belegbare Aufzeichnungen vorlegen müssen, aus denen sich ergibt, welche Aufwendungen für Gewährleistungen sie hatte und welche Regressansprüche gegeben waren und verwirklicht worden sind. Hierzu sieht sie sich nach eigenen Angaben aber nicht in der Lage. Da die Klägerin für die Bildung der Rückstellung die Feststellungslast trägt, verbleibt es daher bei der schlüssig berechneten pauschalen Rückstellung des Finanzamtes.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), soweit die Klage zurückgenommen wurde, im Übrigen auf § 136 Abs. 1 FGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und den Vollstreckungsschutz ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Insbesondere weicht das Urteil nicht von der Rechtssprechung des BFH ab.



Ende der Entscheidung

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