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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: 2 K 1070/05
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 9 Abs. 1 S. 1 |
Finanzgericht Sachsen
Ges. Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2001
In dem Finanzrechtsstreit ..
hat der 2. Senat
unter Mitwirkung
von Vizepräsidentin des Finanzgerichts , Richter am Finanzgericht, Richterin am Landgericht und der ehrenamtlichen Richter
am 27. April 2006 ohne mündliche Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob eine Rückzahlung von anläßlich der Wiedervereinigung rechtswidrig umgestellten DDR-Geldvermögens als Werbungskosten bei den Einkünften aus unselbstständiger Tätigkeit oder bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist. Der Kläger war einer von mehreren Geschäftsführern der B.- GmbH (GmbH).
Mit Umstellungsantrag für natürliche Personen wurde am 26. Juni 1990 durch Herrn R. K. (K) als Kontoinhaber beantragt, das Konto A bei der Stadt- und Kreissparkasse L. im Verhältnis 2 : 1 umzustellen. Dem Antrag wurde entsprochen. Das Bundesamt für Finanzen stellte nachträglich fest, dass zumindest für einen Teil der Gelder (180.000 M/DDR) die Herkunft nicht erkennbar sei. Vielmehr habe der Kläger diese Gelder zur Verfügung gestellt, damit sie auf dem Konto eingezahlt und im Verhältnis 2 : 1 statt 3 : 1 umgestellt würden. Dieser Geldfluss sei durch einen nicht vollzogenen Darlehensvertrag abgedeckt worden. Nach der Währungsumstellung habe K den Kontobetrag abgehoben und der Kläger habe davon 157.000 DM erhalten. Auf den Bescheid des Bundesamtes für Finanzen vom 25. September 2001 und den Beschluß des VG Berlin vom 14. Juni 1999 (Az. VG 20 A 268.96) wird Bezug genommen. Der Kläger wurde - neben drei weiteren Beteiligten, u.a. auch der GmbH - gesamtschuldnerisch in Haftung genommen. Den Beteiligten wurde gemeinsam aufgegeben, den sich aus dem vom Bundesamt für Finanzen erlassenen Bescheid wegen rechtswidriger Handlungen bei der Währungsumstellung ergebenden Betrag in Höhe von 164.334,01 DM nebst Zinsen zu zahlen. Den im Erlasswege auf 103.676,29 DM gekürzten Rückforderungsbetrag zahlte der Kläger im Jahre 2001. Seine vor dem Verwaltungsgericht Berlin anhängige Klage gegen den Rückforderungsbescheid nahm der Kläger zeitgleich zurück.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die GmbH eigene Gelder rechtswidrig umgestellt habe, indem sie sich eines Dritten bedient habe. Richtigerweise hätten die GmbH-Gelder nur im Verhältnis 3 : 1 umgetauscht werden dürfen. Für diese rechtswidrige Umstellung der GmbH-Gelder werde er als Geschäftsführer nach § 2 Abs. 2 Satz 4 WUFG in Haftung genommen. Diese Inhaftungnahme sei wegen seiner Geschäftsführerstellung erfolgt und stehe damit in einem Veranlassungszusammenhang mit seiner damaligen unselbständigen Tätigkeit.
Der Kläger beantragt,
der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2001 vom 18. November 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 2005 werden dergestalt geändert, dass der festgestellte Verlust um 52.906,86 Euro erhöht wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass K als formeller Kontoinhaber nur die Einnahmen aus den Verkäufen der Imbisswagen der GmbH auf ein DDR-Konto einzahlen und dieses dann umtauschen sollte. Aus dem Bescheid des Bundesamtes für Finanzen gehe hervor, dass vom 15. Mai 1990 bis zur Währungsumstellung erhebliche Habenumsätze auf dem Umstellungskonto erfolgt seien. Durch K seien sieben Bareinzahlungen auf das Umstellungskonto mit einem Betrag von insgesamt 328.625,40 M/DDR getätigt worden, darunter allein nach dem 28. Juni 1990 zwei Beträge von insgesamt 282.100,00 M/DDR. Zwar sei es möglich, dass ein Teil des Geldes aus den Erlösen der Verkaufswagen stamme. Dies sei aber nicht mehr nachprüfbar, da die dort vereinnahmten Gelder vom Kläger und auch dem damals ebenfalls an der GmbH beteiligten Herrn W. (W) zunächst mitgenommen und danach in Beträgen von 60.000,00 bis 70.000,00 M/DDR wieder an K übergeben worden seien, der sie dann auf das Konto eingezahlt habe. Zudem sei über einen Betrag von 180.000,00 M/DDR am 5. Mai 1990 zwischen K und dem Kläger eine Vereinbarung über ein K gewährtes Darlehen unterzeichnet worden. Dieses angebliche Darlehen habe K nicht zur Verfügung gestanden, er habe nur am 20. Juli 1990 eine Quittung für die Rückzahlung erhalten.
Nach maßgeblicher wirtschaftlicher Betrachtungsweise handele es sich zumindest bei den an den Kläger zurückgeflossenen Beträgen um solche des Klägers. Das werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach dem Bescheid, der den Rückzahlungsbetrag festsetze, die GmbH als wirtschaftlicher Inhaber des Kontos bezeichnet werde. Denn nicht die GmbH, sondern der Kläger habe das umgestellte Guthaben erhalten. Der Gewinn sollte zwischen den Beteiligten K, H. M. (M) und dem Kläger geteilt werden. Die GmbH sei danach an den Erträgen nicht beteiligt gewesen, es fehle daher an einem betrieblichen bzw. berufsbedingten Zusammenhang.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Zahlungen aufgrund einer Haftung können bei einem GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer im Einzelfall als Erwerbsaufwendungen anzuerkennen sein.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (vgl. BFH, BStBl. II 1981, 368) sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht. Die Aufwendungen müssen zu einer Einkunftsart in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Ob ein solcher besteht, richtet sich nach der - wertenden - Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und der Zuweisung dieses Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. BFH, BStBl. II 1990, 817). Auch schuldhaft verursachte Aufwendungen können als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen sein. In diesen Fällen ist nicht stets die private Lebensführung des Steuerpflichtigen betroffen. Dementsprechend können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen und die sich aus ihnen ergebenden Schadensersatzverpflichtungen zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben führen (vgl. BFH, BFH/NV 1995, 198; BFH, BStBl. II 1993, 153; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 26. Juli 2005, 3 K 2397/03).
Die Annahme von Erwerbsaufwendungen setzt in diesen Fällen allerdings voraus, dass die - die Aufwendungen auslösenden - schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den betrieblichen oder beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft (vgl. BFH; BStBl. II 2004, 641; BFH, BFH/NV 1987, 577; FG München, EFG 1999, 108). Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat (vgl. BFH, BStBl. II 2004, 641; BFH, BFH/NV 1988, 353; BFH, BFH/NV 1986, 392; BFH, BStBl II 1981, 362). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze können auch auf Bescheide nach § 2 WUFG geleistete Zahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH als Erwerbsaufwendungen abziehbar sein, wenn sich die rechtswidrige Währungsumstellung (noch) innerhalb der einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre bewegt. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Nach den Feststellungen des Bundesamtes für Finanzen bestand kein Hinderungsgrund, das für juristische Personen relevante Umstellungsverhältnis von 3 : 1 in Anspruch zu nehmen. Die GmbH hätte - unterstellt, die bei der Umstellung geltend gemachten Gelder seien solche der GmbH - den ihr zustehende Umstellungsbetrag erhalten und weiter für ihre betrieblichen Zwecke nutzen können. Der Kläger hat den Vorteil, betriebliche Gelder nach dem für natürliche Personen geltenden Verhältnis von 2 : 1 umzustellen, aus Gesichtspunkten der Bereicherung zu Lasten des Umstellungsfonds genutzt, ohne dass ersichtlich ist, dass dieser Vorteil der GmbH zu Gute kommen sollte oder gekommen ist. Der Kläger hat vielmehr aus der rechtswidrigen Währungsumstellung selbst einen eigenen Vorteil gezogen, als er einen Teil der rechtswidrig umgestellten Gelder selbst erhalten hat. Dass diesem Vorgang eine vertragliche Grundlage oder eine Gewinnausschüttung nach entsprechendem Gesellschafterbschluss zu Grunde lag, ist nicht ersichtlich. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist anzunehmen, dass die rechtswidrigen, die Haftungsinanspruchnahme auslösenden Handlungen des Klägers eindeutig im Rahmen seiner privaten, sich zu Lasten des Umstellungsfonds bereichernden Zielvorstellungen lagen.
Gleiches gilt für die Frage, ob die Zahlungen des Klägers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) zu beurteilen sind. Entsprechend den obigen Ausführungen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Zahlungen ausnahmsweise als auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhend anzusehen sind (vgl. hierzu BFH, BFH/NV 2003, 164; BFH, BStBl. II 2001, 668).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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