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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 23.05.2006
Aktenzeichen: 2 K 1672/05
Rechtsgebiete: InvZulG


Vorschriften:

InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 Nr. 1
InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

2 K 1672/05

Investitionszulage 2003

In dem Finanzrechtsstreit

[...]

hat der 2. Senat

unter Mitwirkung

von Vizepräsidentin des Finanzgerichts ... Richter am Finanzgericht ... Richter am Amtsgericht ... Frau ... und Frau ... als ehrenamtliche Richterinnen

ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 23. Mai 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Umbau einer Fabrikhalle zu einem Wohngebäude investitionszulagenbegünstigt ist.

Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus den Gesellschaftern J. U. und M. S.. Sie erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Oktober 2002 eine Teilfläche des Grundstücks O. Str. 96 in C. (Bl. 12 - 28 IZ-Akte). Die erworbene Fläche war mit einem Fabrikgebäude und einer später abgerissenen Lagerhalle bebaut, die Gebäude wurden vor der Veräußerung für die Produktion von Handschuhen genutzt. Die Klägerin ließ in dem Gebäude in Trockenbauweise Wohnungen errichten, die mit Ausnahme einer durch Herrn U. genutzten Wohnung vermietet werden. Veränderungen am Fundament oder tragenden Wänden erfolgten nicht. Die Aufwendungen der Klägerin betrugen EUR 259.867, von denen EUR 201.708 auf den vermieteten Wohnraum entfielen. Die Klägerin beantragte am 17. März 2003 beim Beklagten eine Investitionszulage für 2003, die nach Durchführung einer betriebsnahen Veranlagung am 10. Juni 2004 mit Bescheid vom 14. Juni 2004 abgelehnt wurde, da keine nachträglichen Herstellungskosten entstanden seien, sondern ein anderes (neues) Gebäude errichtet worden wäre. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und begründete diesen damit, dass kein bautechnisch neues Gebäude hergestellt worden sei. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 8. August 2005 zurück, wogegen sich die vorliegende Klage wendet.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass kein neues Gebäude errichtet worden sei, sondern nachträgliche Herstellungskosten vorlägen, die investitionszulagebegünstigt seien. Die Arbeiten der Klägerin hätten das bestehende Gebäude vervollständigt und seien räumlich und bautechnisch mit diesem verbunden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Modernisierung und Sanierung des Altbaubestandes gefördert werden. Weder das Einkommensteuergesetz noch das Investitionszulagengesetz 1999 (InvZulG) enthielten den Begriff des "anderen" Gebäudes, § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 unterscheide lediglich zwischen Neubau und nachträglichen Herstellungskosten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid über eine Investitionszulage für 2003 vom 14. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2005 dahingehend zu ändern, dass eine Investitionszulage für 2003 in Höhe von EUR 26.513,70 festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung der Auffassung, dass § 3 InvZulG 1999 Modernisierungsmaßnahmen nur an Mietwohngebäuden oder Mietwohnungsneubau begünstige. Die Klägerin habe aber keine nachträglichen Herstellungsarbeiten an einem Mietwohngebäude, sondern an einem Fabrikgebäude ausgeführt. Die Maßnahmen der Klägerin hätten zur Entstehung eines Mietwohngebäudes geführt und sie hätte dadurch ein neues Wirtschaftsgut geschaffen, weil es für eine andere als die bisherige Nutzung umgestaltet worden sei. Die Beurteilung der Entstehung eines neuen Wirtschaftsgutes richte sich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen und stehe nach § 2 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 einem Gebäude i. S. des InvZulG 1999 gleich. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Fertigstellung der Umbaumaßnahmen, die zur Entstehung eines neuen Wirtschaftsgutes führten, daher könne im Streitfall keine nachträgliche Herstellung angenommen werden.

Dies entspreche auch dem Ziel des Gesetzgebers, aufgrund des großen Sanierungsbedarfs die Modernisierung des Mietwohnungsbestandes zu fördern.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Investitionszulagen- und Rechtsbehelftsakte sowie der Akte über die Dauerunterlagen Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senates ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Investitionszulagenbescheid vom 14. Juni 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 8. August 2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Investitionszulage für das Jahr 2003 nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 InvZulG 1999.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999 sind nachträgliche Herstellungsarbeiten an Gebäuden begünstigt, die vor dem 1. 1. 1991 fertig gestellt wurden. Bei den von der Klägerin durchgeführten Herstellungsarbeiten handelt es sich nicht um nachträgliche Herstellungsarbeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1999. Die Klägerin hat zwar Herstellungsarbeiten ausgeführt, indem das Gebäude von einem Fabrikgebäude zu einem Wohngebäude umgebaut wurde. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um nachträgliche Herstellungsarbeiten. Solche können begrifflich nur an einem vorhandenen Gebäude durchgeführt werden. Die Klägerin führte jedoch keine Arbeiten an einem bestehenden Gebäude im Sinne des InvZulG 1999 durch, die Maßnahmen führten vielmehr zur Entstehung eines Gebäudes.

a) Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass durch die vorgenommenen Baumaßnahmen kein bautechnisch neues Gebäude hergestellt wurde (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH -, vom 15. Mai 2002 - X R 36/99, BFH/NV 2002, 1158), sodass § 3 Abs. 1 Nr. 4 1999 InvZulG nicht anwendbar ist.

b) Durch die Herstellungsarbeiten ist aber ein neues Wirtschaftsgut im ertragsteuerlichen Sinne entstanden. Für die Auslegung der Begriffe des Begünstigungstatbestandes sind die ertragsteuerlichen Grundsätze anzuwenden (Stuhrmann in Blümich, § 2 InvZulG 1999, Rn. 3). Nach der ertragsteuerlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird ein neues Wirtschaftsgut hergestellt, wenn ein Gebäude oder ein Gebäudeteil für eine andere als die bisherige Nutzung umgestaltet werden (BFH-Urteil vom 4. März 1998 - X R 151/94, BFH/NV 1998, 1086). Die an den ertragsteuerlichen Abgrenzungsmerkmalen orientierte Gebäudedefinition des § 2 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 gilt auch für § 3 InvZulG 1999 (Urteil des Finanzgerichts Brandenburg vom 6. November 2003 - 5 K 1398/01, EFG 2004, 366; Blümich, Nebengesetze, InvZulG 1999 § 3 Rdnr. 2). Im Streitfall entstand hiernach durch die Umgestaltung des Gebäudes in Mietwohnungen eine von der bisherigen Verwendung als Handschuhfabrik abweichende Nutzung und Funktion und damit ein neues Wirtschaftsgut im ertragsteuerlichen Sinne.

c) Die Beschränkung auf die Sanierung des vorhandenen Wohnungsbestandes bzw. die begrenzte Förderung des Wohnungsneubaus entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der bereits durch die gewählte Überschrift "Modernisierungsmaßnahmen an Mietwohngebäuden" zum Ausdruck kommt. Der Gesetzgeber wollte die notwendige Sanierung im Wohnungs- und Städtebau fördern, indem vorhandene Mietwohngebäude modernisiert bzw. saniert werden (BT-Drucksache 13/7792, S. 1, 7, 13), nicht aber auch neuen Wohnraum durch die Umnutzung vorhandener anderer Gebäude schaffen (dazu weiter Urteil des Finanzgerichtes Brandenburg vom 8. Dezember 2004 - 5 K 2188/02, EFG 2005, 897).

2. Der Auffassung, dass Baumaßnahmen, die zur Entstehung eines anderen Wirtschaftsgutes führten, zwingend als nachträglichen Herstellungsarbeiten zu betrachten seien, da das Gesetz lediglich zwischen nachträglichen Herstellungsarbeiten und Neubauten unterscheide (so Stuhrmann in Blümich, Nebengesetze, InvZulG 1999 § 3 Rdnr. 5), wird nicht gefolgt, da ertragsteuerlich ein anderes Wirtschaftsgut entstanden ist, an dem nicht nachträgliche Herstellungsarbeiten durchgeführt werden können (Urteil des Finanzgerichts Brandenburg vom 6. November 2003 - 5 K 1398/01, a.a.O.). Der Begriff des anderen Wirtschaftsgutes entstammt - wie die Klägerin zu Recht meint - nicht dem InvZulG 1999. Er wird aber ertragsteuerlich verwendet (vgl. Einkommensteuerrichtlinie EStR 43 Abs. 5) und findet daher über die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 InvZulG 1999 Eingang in alle Förderungstatbestände des InvZulG 1999.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



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