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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 22.09.2005
Aktenzeichen: 2 K 1687/02
Rechtsgebiete: EStG, AO, DBA-Tschechoslovakei
Vorschriften:
AO § 180 Abs. 5 Nr. 1 | |
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a | |
AO § 179 Abs. 2 S. 2 | |
EStG § 32b Abs. 1 Nr. 3 | |
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 | |
EStG § 34c | |
DBA-Tschechoslovakei Art. 23 Abs. 1a | |
DBA-Tschechoslovakei Art. 7 Abs. 1 | |
DBA-Tschechoslovakei Art. 5 |
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 2. Senat durch Vizepräsidentin des Finanzgerichts, Richter am Finanzgericht, Richter am Amtsgericht und die ehrenamtlichen Richter ohne mündliche Verhandlung am 22. September 2005 für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Gewinne aus einer ausländischen Personengesellschaft, an der die Klägerin im Streitjahr beteiligt war, zur Feststellung des Progressionsvorbehaltes einheitlich und gesondert festgestellt werden dürfen.
Die Gesellschafter der Klägerin sind an der tschechischen C. als Kommanditisten beteiligt. Gegenstand der Firma der Klägerin ist die Vermietung einer Liegenschaft in P. an die C-gesellschaft mbH. Die C-gesellschaft mbH ist Komplementärin der C., die im Auftrag der C-gesellschaft Waren produziert.
In ihrer Steuererklärung 1995 vom 3. April 1996 gab die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 62.978 DM an. Angaben zu nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) steuerfreien ausländischen Einkünften/Progressionsvorbehalt erfolgten nicht. Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 1. August 1996 stellte der Beklagte die Einkünfte antragsgemäß fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde mit Bescheid vom 30. November 2000 aufgehoben. Im Rahmen einer für die Jahre 1996 bis 1998 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Fachprüfer für Auslandsbeziehungen fest, dass die Gewinnanteile 1995 an der C. zwar in Deutschland von der Besteuerung befreit seien, aber dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht des Fachprüfers vom 25. Mai 2000 (Seite 41ff der Akten über die Betriebsprüfung) verwiesen. Daraufhin änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid 1995 am 28. Dezember 2000 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und stellte um 75.741 DM höhere Gewinne fest, die in der Anlage 1, 2, 3 B als steuerermäßigt nach § 34c EStG ausgewiesen wurden. Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 29. Dezember 2000 zugestellt. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2002).
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass eine Besteuerung der Gewinnanteile aus der Beteiligung an der C. in Deutschland - und sei es auch nur im Rahmen der Auswirkungen des Progressionsvorbehaltes - unterbleiben müsse. Da die C. im tschechischen Steuerrecht als juristische Person behandelt werde, die ihren Gewinn ohne den Gewinnanteil der Komplementäre, aber einschließlich der Gewinnanteile der Kommanditisten versteuern müsse, falle sie unter den Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des weiter gültigen DBA Deutschland-Tschechoslovakei. Danach unterlägen die Gewinne der KS und damit auch die Gewinnanteile der Kommandisten nur der tschechischen Besteuerung. Art. 23 DBA, der den streitigen Progressionsvorbehalt regele, sei in dieser Konstellation nicht anwendbar, da es keine Einkünfte gebe, die von der deutschen Besteuerung freigestellt werden müssten und nur noch einem Progressionsvorbehalt unterliegen würden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1995 vom 28. Dezember 2000, zuletzt geändert mit Bescheid vom 13. September 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass das DBA nicht auf die KS anwendbar sei, da diese in Tschechien nicht unbeschränkt steuerpflichtig sei. Im Übrigen komme es nicht auf Art. 7 Abs. 1 DBA an, da die Frage, wie Deutschland die Doppelbesteuerung der Gesellschafter vermeide, sich ausschließlich aus Art. 23 DBA ergebe.
Der Beklagte hat mit Bescheid vom 13. September 2005 den Feststellungsbescheid vom 28. Dezember 2000 dahingehend geändert, dass er nunmehr die streitigen Beträge in Spalte 7 der Anlage 1, 2, 3, B erfasst hat. Dieser Änderungsbescheid ist zum Gegenstand des Verfahrens geworden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die dem dem Gericht vorgelegten Behördenakten Bezug genommen
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO werden die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Eine derartige Feststellung findet insbesondere hinsichtlich gewerblicher Einkünfte aus Gewinnanteilen an einer Mitunternehmerschaft und der von einzelnen Mitunternehmern bezogenen Sondervergütungen statt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Zum festzustellenden Gewinnanteil rechnen auch Erträge aus der Beteiligung einer Mitunternehmerschaft an einer ausländischen Personengesellschaft. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG enthält keine Beschränkung auf Einkünfte aus inländischen Personengesellschaften (vgl. BFH, BStBl II 1995, 683).
Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO sind nur die einkommen- und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte gesondert festzustellen. Nach § 180 Abs. 5 AO sind allerdings die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Einkünfte zusätzlich gesondert festzustellen, wenn sie - z.B. aus Gründen des Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) - bei der Festsetzung der Steuern der beteiligten Mitunternehmer von Bedeutung sind. Damit muss im Feststellungsbescheid eine eindeutige Zuordnung vorgenommen werden, welcher Anteil aus dem Gesamtgewinn/-Verlust der Mitunternehmerschaft auf die nach einem DBA steuerfreien Einkünfte entfällt. Maßgebend hierfür sind die Vorschriften des in Betracht kommenden DBA.
Die Einkünfte sind einheitlich und gesondert festzustellen, da sie nach dem weiter geltenden Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Techechoslovakei (DBA Tschechoslovakei) von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer auszunehmen und insoweit in Deutschland steuerfrei sind, aber einem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Die Gewinne der C. unterliegen der tschechischen Besteuerung dergestalt, dass der Gewinn der C. nach Abzug der Gewinnanteile der Komplementäre der Einkommensteuer der juristischen Personen unterworfen ist (Art. 7 Abs. 1 DBA Tschechoslovakei i.V.m. § 17 EStG-Tschechien). Die Gewinnanteile der Kommanditisten werden aus tschechischer Sicht Dividenden i.S.v. Art. 10 Abs. 4 DBA Tschechoslovakei gleichgestellt (vgl. Debatin/Wassermeyer, Kommentar zum DBA Tschechoslovakei, Art 10 Rdnr. 45 und Anhang Rdnr. 146: Besteuerungsgrundlage ist der im Veranlagungsjahr erzielte Gewinn). Die Frage der Besteuerung der C. nach dem DBA Tschechoslovakei ist jedoch von der Frage zu trennen, wie im Rahmen der deutschen Besteuerung Einkünfte aus Tschechien einzustufen sind. Die Qualifikation ausländischer Rechtsgebilde als Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft erfolgt ausschließlich nach den Regeln des deutschen Steuerrechts (vgl. Piltz, Grenzüberschreitende Sondervergütungen bei Personengesellschaften, in Besteuerungspraxis bei grenzüberschreitender Tätigkeit, herausgegeben von Jürgen Lüdicke, Seite 138). Ob die betreffende Gesellschaft in ihrem Heimatstaat zivilrechtlich eine juristische Person ist, spielt ebensowenig eine Rolle wie der Umstand, ob sie dort als Kapitalgesellschaft besteuert oder transparent behandelt wird und nur ihre Gesellschafter besteuert werden (vgl. Piltz, a.a.O.). Eine sogenannte Qualifizierungsverkettung in dem Sinne, dass die Einkunftseinstufung auf tschechischer Seite auch für die deutsche Steuererfassung maßgeblich wäre, ist aus dem Abkommen nicht herzuleiten (vgl. Korn/Debatin, Kommentar zur Doppelbesteuerung, Art. 1 Ziffer 2 c) DBA Tschechoslovakei). Ebenso wie z.B. Personengesellschaften im spanischen Rechtskreis, die als Körperschaften besteuert werden, für die deutsche Besteuerung als Mitunternehmerschaften behandelt werden (vgl. Piltz, a.a.O.), sind tschechische Personengesellschaften zu beurteilen, die in Tschechien als Körperschaften besteuert werden. Eine Doppelbesteuerung der in Deutschland ansässigen Gesellschafter der Klägerin im Hinblick auf ihre Beteiligung an der C. (aus tschechischer Sicht: Gewinnbesteuerung der KS, aus deutscher Sicht: Gewinnbesteuerung des Gesellschafter nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) wird durch die Anwendung von Art. 23 DBA Tschechoslovakei vermieden (vgl. BMF vom 13. Januar 1997, Ziffer I Nr. 2 a)). Deswegen greift für die aus der maßgeblichen deutschen Sicht anzunehmende Beteiligung an einer Personengesellschaft die Befreiung von der deutschen Steuerpflicht ein, wie dies nach der Grundregel des Art. 23. Abs. 1a) DBA Tschechoslovakei in Verbindung mit Art. 7 und 5 DBA Tschechoslovakei gilt (vgl. Korn/Debatin, a.a.O.; Krause, Internationale Doppelbesteuerung - Ursachen und Lösungen, IFSt-Schrift Nr. 405, Seite 50). Für die Gewinnanteile aus der tschechischen Personengesellschaft kommt auf deutscher Seite die für Gewinne geltende Steuerbefreiung unter Progressionsvorbehalt zur Anwendung (vgl. Korn/Debatin, a.a.O., Art. 23 Ziffer 4 c) cc); a.A. Debatin/Wassermeyer, a.a.O. Art. 23 Rdnr. 21). Danach sind - über § 32b EStG - die von der Steuer freigestellten, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegenden, Einkünfte der Gesellschafter der Klägerin aus der Beteiligung an der C. bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zu berücksichtigen. Dies geschieht in der Höhe zutreffend im streitigen Feststellungsbescheid. Deswegen hat die Klage keinen Erfolg.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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