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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 19.12.2006
Aktenzeichen: 2 K 1763/03
Rechtsgebiete: KStG, EStG, EStDV 2000, HGB


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3
EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 2
EStG § 5 Abs. 1
EStDV 2000 § 60 Abs. 2
HGB § 316
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 2. Senat unter Mitwirkung von Vizepräsidentin des Finanzgerichts ,

Richter am Finanzgericht ...

und Richter am Amtsgericht ...

und der ehrenamtlichen Richterinnen ... und

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 19. Dezember 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung sowie die Verwendung von Bilanzen.

Die GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 7. Dezember 1990 gegründet. An ihr waren zunächst J (35%), P (30%), D (25%) und G (10%) beteiligt. Bezüglich des Anteils von P bestanden Treuhandverträge mit L bzw. I , die zum 14. Februar 1994 aufgehoben wurden. Nach Einziehung der Anteile von Herrn D änderte sich die Beteiligung von J auf 40%, von P auf 46,7% und von G auf 13,3%. Geschäftsführer der Klägerin waren bis 1998 J und P . Mit notariellem Vertrag vom 26. August 2003 nannte sich diese Gesellschaft in GmbH um und gliederte die gleichzeitig gegründete Klägerin aus, die alle Passiva und Aktiva der alten Gesellschaft übernahm.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 27. Dezember 1991 gründeten die Gesellschafter J (25%), P (25%), D (25%) E (25%) die GmbH (GmbH), zu deren Geschäftsführer bis zum 22. April 1998 J und P bestellt waren. Zum Zeitpunkt des Gesamtvollstreckungsverfahrens beim Amtsgericht (Az. N /98), dessen Eröffnung am 13. September 1998 beantragt wurde, war seit 21. Januar 1998 Gesellschafter F , der treuhänderisch jeweils ein Drittel der Geschäftsanteile für P und G hielt. Die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens wurde mit Beschluss vom 29. April 1999 mangels Masse abgewiesen.

Die Klägerin gewährte der GmbH beginnend mit dem Jahr 1992 Kredite, so unter dem Datum des 10. Januar 1992 einen Kontokorrentkredit von bis zu DM 50.000,00, am 24. November 1992 einen Kredit über DM 162.163,92, der mit 10% zu verzinsen war, für den weder eine Laufzeit noch Rückzahlungsmodalitäten vereinbart wurden, am 1. Januar 1993 über DM 3.112,08 für die Zinsen aus diesem Kredit sowie am 4. Januar 1994 einen Kredit von DM 500.000,00, für den weder eine Laufzeit noch Rückzahlungsmodalitäten vereinbart wurden. Weitere Erhöhungen der Darlehen erfolgten dadurch, dass die Klägerin von 1995 bis 1997 laufende Verbindlichkeiten für die GmbH übernahm.

Zum 1. Januar 1995 belief sich die Forderung der Klägerin auf DM 406.302,61, zum 1. Januar 1996 auf DM 389.170,97 und zum 1. Januar 1997 auf DM 466.361,58 bzw. zum 31. Dezember 1997 auf DM 561.942,51. Die Zinsen, die die GmbH nicht zahlte, berechnete die Klägerin mit 8% statt 10%. Im Jahr 1995 nahm die Klägerin eine Wertberichtigung in Höhe von DM 280.000,00 vor und im Jahr 1998 eine von DM 198.767,00, welche dem zu diesem Zeitpunkt noch offenen Restbetrag entsprach. Eine Reduzierung des Kreditvolumens war dadurch eingetreten, dass die Klägerin ihr mit Vertrag vom 5. Juli 1997 sicherungsübereignete Container für DM 83.175,00 verwertete.

Der Gesamtvollstreckungsverwalter der GmbH stellte in Vorbereitung seines Gutachtens fest, dass die wesentlichen Geschäftsunterlagen der Gemeinschuldnerin von der Klägerin in Besitz genommen worden waren. Im Rahmen des Gesamtvollstreckungsverfahrens wurde der ehemalige Geschäftsführer der GmbH am 25. März 1999 angehört, nachdem er zuvor auf seine Wahrheitspflicht hingewiesen wurde. Zur Sache gab er an:

"Die C hat Forderungen in Höhe von ca 1,2 Mio. wegen ausgereichter Darlehen an die L. Es handelt sich um laufende Forderungen und Darlehen. Bei den sonstigen Forderungen handelt es sich z.B. um eine Finanzierung eines LKW, welche die C für die L übernommen hat. Die L war finanziell nicht mehr in der Lage den Kaufpreis zu zahlen, so daß die C die Finanzierung mit der Bank übernommen hat. Im übrigen sind Lohnkosten und Reparaturkosten angefallen sowie Kosten für Investitionen für Behälter. Zu dem damaligen Zeitpunkt war ich sowohl Geschäftsführer der L als auch der C und 25%iger Gesellschafter der L. Die o.a. Rechnungen hat die C für die L beglichen, weil diese finanziell dazu nicht in der Lage war. ....."(Bl. 66ff der Gesamtvollstreckungsakte)

Zur Vermögenslage stellte der Gesamtvollstreckungsverwalter fest, dass 1998 DM 870.000 an Passiva keine Aktiva gegenüberstanden und sich aus den vorhandenen Bilanzen im Jahr 1994 ein Fehlbetrag von DM 996.942,37 ergab und für 1995 von DM 968.590,47 sowie für 1996 ein weiterer Verlust von DM 134.350,76.

Der Beklagte führte bei der Klägerin vom 16. November 2000 bis 26. April 2001 eine Betriebsprüfung durch, im Rahmen derer die Prüferin zu dem Ergebnis kam, dass die Darlehensgewährung an die L GmbH insgesamt als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu werten sei. Der Beklagte schloss sich den Feststellungen an und setzte unter Berücksichtigung einer vGA in Höhe von DM 280.000,00 im Jahr 1995 und von DM 198.767 im Jahr 1998 die streitgegenständlichen Bescheide neu fest. Im Rahmen der Betriebsprüfung reichte die Klägerin außerdem neue Bilanzen für 1995 bis 1998 ein, in denen die Klägerin u.a. Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz nicht mehr geltend machte. Der Beklagte legte bei der Steuerfestsetzung weiterhin die ursprünglich eingereichten Bilanzen zugrunde, da er der Auffassung war, dass kein Fall des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG vorläge. Gegen die geänderten bzw. teilweise nicht geänderten Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2003 zurückwies. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Die Klägerin trägt vor, mangels Identität von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern keine Zuwendungen an nahestehenden Personen vorlägen. Selbst wenn eine solche Zuwendung vorläge, hielten die der L GmbH gewährten Darlehen einem Fremdvergleich stand. Zum einen habe die Klägerin sich sowohl Container sicherungsübereignen lassen wie auch die für die L GmbH erworbenen Fahrzeuge. Dies sei auch daraus ersichtlich, dass sie im Rahmen des Gesamtvollstreckungsverfahrens eine entsprechende Verwertung vorgenommen habe. Soweit Container durch Diebstahl oder Unterschlagung nicht mehr vorhanden gewesen seien, könne das nicht der Klägerin als vGA angelastet werden, da dies zu einer doppelten Benachteiligung führen würde. Auch habe die Klägerin Vorteile aus der geschäftlichen Verbindung mit der L GmbH gehabt, da diese ihr die Kontingente bei Deponien überlassen habe, die diese selbst nicht habe ausnutzen können. Dadurch habe sich ein wirtschaftlicher Vorteil ergeben, da die Deponiegebühren in wesentlich günstiger gewesen seien als in , selbst unter Berücksichtigung der Fahrtkosten. Sie selbst hätte die Kontingente nicht erhalten.

Der Beklagte sei verpflichtet, die geänderten Bilanzen der Besteuerung zugrundezulegen. Die Klägerin sei eine mittelgroße Kapitalgesellschaft, bei der § 316 HGB zwingend die Prüfung des Jahresabschlusses vorsähe. Ohne die Prüfung sei der Jahresabschluss nichtig. Die Klägerin sei daher so zu behandeln, wie wenn die Einreichung der geänderten Bilanzen die erstmalige Einreichung von Bilanzen sei. Die Änderungsnormen des Einkommensteuergesetzes fänden daher keine Anwendung.

Die Klägerin beantragt,

die Körperschaftsteuerbescheide und die Gewerbesteuermessbescheide für 1995, 1996, 1997 und 1998 vom 19. November 2001 in Form der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2003 sowie den Körperschaftsteuerbescheid für 1999 vom 13. März 2001 in der geänderten Fassung vom 19. November 2001 in Form der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2003 dahingehend zu ändern, dass kein Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung für die Wertberichtigung der Forderung der Darlehensforderung der L GmbH für 1995 in Höhe von DM 280.000,00 und für die Ausbuchung des Restbetrages dieser Darlehensforderung 1998 in Höhe von DM 198.767,00 erfolgt und die anlässlich der Betriebsprüfung vom 16. November 2000 eingereichten geprüften Jahresabschlüsse für 1995, 1996, 1997 und 1998 den Bescheiden zugrunde gelegt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertieft seine bereits in der Einspruchsentscheidung vertretene Auffassung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen, die beigezogene Gesamtvollstreckungsakte des Amtsgerichts ( N /98), die vorliegenden Steuerakten sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Der Beklagte hat zu Recht die Darlehensgewährung an die L GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet und der Steuerfestsetzung die ursprünglich eingereichten Bilanzen zugrunde gelegt, so dass die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt ist, § 100 FGO.

1. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG darf eine vGA das steuerlich zu erfassende Einkommen einer Körperschaft nicht mindern. VGA in diesem Sinne sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. April 2005, BFH/NV 2005, 1633). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. September 1999, BFH/NV 1999, 1515 m.w.N.). Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter steht die an einen Dritten gleich, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 1996, BStBl II 1997, 301). Auf die Frage, ob es sich um beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer handelt, kam es nicht an.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin durch die Darlehensgewährung ihren Gesellschaftern etwas zugewandt, da die Gesellschafter J und P sowohl Gesellschafter der Klägerin als auch der L GmbH waren. Zur Begründung des "Nahestehens" reicht jede Beziehung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu einer anderen Person aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an die andere Person beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 1996, a.a.O., m.w.N.). Im Übrigen kommt es darauf an, dass die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der L den Anforderungen entsprechen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter in einem solchen Fall zu beachten hätte.

Hier fehlt es bereits an einer entsprechenden Darlehensvereinbarung. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurden bereits drei Darlehen aus den Jahren 1992 bis 1994 sowie ein Kontokorrentkredit aus dem Jahr 1992 festgestellt. Vereinbarungen zu Tilgungen, Laufzeit oder Sicherheiten fehlten. Dies ist auch hier zu beachten, da die Höhe der Darlehensgewährung nicht allein aus in den Streitjahren gewährten Darlehen stammt, sondern u.a. aus den eben genannten Darlehen resultiert. Die Einlassung der Klägerin in der Betriebsprüfung und im Einspruchsverfahren zur Gewährung der Darlehen lässt ebenfalls nicht erkennen, dass konkrete Absprachen bestanden. Die Klägerin hat wohl letztendlich auf "Zuruf" Verbindlichkeiten der L GmbH getilgt.

Soweit vorgetragen wird, dass Fahrzeuge finanziert worden seien, die im Eigentum der Klägerin verblieben, lässt sich dies nicht aus den vorliegenden Unterlagen entnehmen. Eine genaue Bezeichnung, welche Fahrzeuge dies im einzelnen waren, in welchem Jahr diese für welchen Kaufpreis erworben wurden, ist aus den vor der Klägerin hierzu vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich. Hinzutritt, dass die Betriebsprüferin in Auswertung der Unterlagen nur festgestellt hat, dass die Klägerin laufende Kosten bestritten hat, nicht aber die Anschaffung von Wirtschaftsgütern.

Ein gewissenhafter Geschäftsleiter hätte der L GmbH keine weiteren Kredite gewährt. Wie sich aus deren Bilanzen, die den Geschäftsführern der Klägerin, die gleichzeitig auch Geschäftsführer der L GmbH waren, bekannt sein musste, ergab, arbeitete diese mit Verlust. Die im Juli 1995 vorgenommene Sicherungsübereignung kann daran nichts ändern. Mit dem Vertrag sicherungsübereignete die L GmbH der Klägerin 25 fünf Jahre alte Container mit einem ursprünglichen Kaufpreis von DM 101.275,70, 26 vier Jahre alte Container mit einem ursprünglichen Kaufpreis von DM 42.836,52 und 4 zwei Jahre alte Container mit einem ursprünglichen Kaufpreis von DM 5.920,00. Die nach dem Vertrag geschuldete Versicherung schloss die L GmbH nicht ab. Die Vereinbarung enthält keine genauen Aussagen dazu, wie die Parteien das Sicherungsgut bewertet haben - die Klägerin selbst hat die in ihrem Anlagevermögen vorhandenen Container nach sechs Jahren auf DM 0,00 abgeschrieben - und für welche Forderung der Klägerin eine Sicherheit bestellt wird. Eine solche Sicherungsabrede für bestehende oder künftige Darlehen entspricht nicht den Vereinbarungen, die ein gewissenhafter Geschäftsführer getroffen hätte. Der aus der Abrede erzielte Betrag ist im Übrigen nicht als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet worden.

Auch die Überlassung von Deponiekontingenten kann nicht als Ausgleich für die Darlehensgewährung gesehen werden. Es fehlt an einer - zumindest überschlägigen - Berechnung dazu, inwieweit die Klägerin etwa in Höhe der gewährten Darlehen einschließlich der darauf entfallenden Zinsen Vorteile aus der Übernahme der Kontingente bei den Deponien gezogen hat.

Bereits wegen der fehlenden Absprache und der Handhabung lässt sich der Schluss ziehen, dass der Beklagte die Ausbuchung der Darlehen bzw. den dadurch erklärten Verzicht zutreffend als vGA gewertet hat. Ganz deutlich wird dies aber aus der Aussage des Geschäftsführer-Gesellschafters Morschett am 25. März 1999, in der er angibt, dass die Darlehen an die L GmbH ausgereicht wurden, weil diese die Zahlungen nicht mehr finanzieren konnte. In einer solchen Situation hätte kein fremder Dritter der L GmbH ein Darlehen mehr gewährt.

2. Die von der Klägerin zunächst eingereichten Bilanzen sind als Steuerbilanzen zu werten und binden diese bezüglich ihrer steuerlichen Wahlrechte.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist das Betriebsvermögen anzusetzen, dass der Gewerbetreibende nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ermittelt. Er kann dazu die Handelsbilanz, eventuell ergänzt um besondere steuerliche Erklärungen, aber auch eine eigene Steuerbilanz vorlegen (§ 60 Abs. 2 EStDV; Bordewin/Brandt, EStG, § 4-5, Rdnr. 1370). Hierfür gelten die Formvorschriften des HGB, insbesondere des § 316 HGB nicht. Sinn und Zweck der Norm des § 5 Abs. 1 EStG ist die Gewährung der im wesentlichen einheitlichen Bewertung der Bilanzansätze nach Handels- und Steuerrecht sowie die möglichst genaue Feststellung des tatsächlich erzielten Gewinns (Kirchhof, EStG Kommentar, 4. Auflage, § 5 Rdnr. 9f). Ein in der Steuerbilanz ausgeübtes Wahlrecht darf nicht in Widerspruch mit der Handelsbilanz stehen, § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG. Dies bedeutet aber nicht, dass dann wenn eine Handelsbilanz - noch - nicht existiert, weil sie etwa wegen Verletzung der Prüfungspflicht des § 316 HGB nichtig ist (Beck'scher Bilanzkommentar, 4. Auflage, Förschle/Kofahl, § 316, Rdnr. 45), die als Steuerbilanz zu betrachtende Bilanz ohne Beachtung der Vorschriften des § 4 Abs. 2 EStG geändert werden kann. Vielmehr ist die formell ordnungsgemäß zu erstellende Handelsbilanz den in der existierenden Steuerbilanz ausgeübten Wahlrechten anzupassen. Ein Verstoß gegen die ordnungsgemäße Gewinnermittlung oder das Vorliegen der Möglichkeit der Änderung nach § 4 Abs. 2 EStG trägt die Klägerin nicht vor.

Das Handelsrecht wird wesentlich von Gläubigerschutzinteressen beeinflusst, das Steuerrecht ist dagegen öffentliches, d.h. in seinem Kern zwingendes Recht. Es wird wesentlich von dem Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung geprägt. Grund und Höhe der Besteuerung können deshalb nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig gemacht werde (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 7. August 2000, BStBl II 2000, 632). Ein Steuerpflichtiger, der sowohl die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung wie auch § 316 HGB eingehalten hätte, würde sonst erheblich schlechter stehen, da er eine Änderung nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 EStG erreichen könnte, als ein Steuerpflichtiger, der u.U. bewusst die Formvorschrift des § 316 HGB verletzt hat.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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