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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 13.11.2009
Aktenzeichen: 3 Ko 1557/09
Rechtsgebiete: GKG, FGO


Vorschriften:

GKG § 66 Abs. 6
GKG § 66 Abs. 7
GKG § 66 Abs. 8
FGO § 69 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 3. Senat

durch

die Berichterstatterin als Einzelrichterin

gemäß § 66 Abs. 6 und 7 GKG i.V.m. § 6 FGO

am 13. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung der Erinnerung vom 7. September 2009 gegen den Kostenansatz der Landesjustizkasse Chemnitz vom 26. August 2009 (KSB ) wird in Höhe von EUR angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache wegen der Höhe der Gerichtsgebühren im Verfahren 2 K 788/05 (2 K 685/05).

Der Antragsteller wandte sich als Feststellungsbeteiligter im Verfahren 2 K 788/05 gegen Feststellungsbescheide für die Jahre 1992 bis 1996 der R KG. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 30. März 2007 mit denen anderer Feststellungsbeteiligter zum Verfahren 2 K 685/05 verbunden. In diesem Verfahren war der Antragsteller der Kläger zu 12. Der Antragsteller hatte im Klageverfahren beantragt festzustellen, dass die ursprünglichen Steuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1996 wirksam sind und dass die negativen Feststellungsbescheide für die Jahre 1992 bis 1996 vom 4. Juli 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 7. April 2005 nichtig seien, hilfsweise, die negativen Feststellungsbescheide für die Jahre 1992 bis 1996 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben. Die Klage hatte im Hilfsantrag teilweise Erfolg. Die Kosten wurden den Klägern zu 2/3 auferlegt (Urteil vom 25. Oktober 2007, 2 K 685/05).

Zur Berechnung des Streitwertes ging die Kostenbeamtin des Finanzgerichts von einem pauschalen Steuersatz von 50% des Unterschiedsbetrages zwischen festgestellten und begehrten Einkünften aus. Den so errechneten Streitwert für die fünf Streitjahre 1992 bis 1996 verdoppelte sie, da sowohl die Feststellung der Nichtigkeit als auch die Aufhebung der Bescheide beantragt worden sei. Über beide Klagen sei entschieden worden. Der Streitwert wurde wie folgt errechnet:

Festgestellte Eink. lt. EE begehrte Eink. Steuersatz Streitwert 1992 DM DM 50% EUR 1993 DM DM 50% EUR 1994 DM DM 50% EUR 1995 DM DM 50% EUR 1996 DM DM 50% EUR Summe Streitwert: EUR Gesamtstreitwert Feststellungs- und Anfechtungsklage: EUR Den so errechneten Streitwert von EUR legte die Kostenbeamtin ihrer Kostenrechnung vom 11. August 2009 zugrunde. Die Landesjustizkasse stellte dem Antragsteller EUR in Rechnung.

Mit Schriftsatz vom 7. September 2009 legte der Antragsteller Erinnerung ein: Er habe nur eine Klage erhoben und lediglich

hilfsweise beantragt,

die Bescheide 1992 bis 1996 aufzuheben. Der Streitwert dürfe daher nicht verdoppelt werden. Ferner dürften bei Feststellungsbescheiden lediglich 25% des streitigen Gewinnbetrages angenommen werden, auch wenn der Streit um Verluste oder Verlustbeträge gehe. Die Ergebniszuweisungen des Finanzamtes über die Streitjahre hinweg (Gewinne und Verluste) seien zu saldieren. Danach betrage der Streitwert nur EUR. Die Höhe des Streitwertes werde außerdem begrenzt durch die Höhe der Steuernachzahlung, zu der der Antragsteller verpflichtet sei und über deren Höhe das Finanzamt P Auskunft erteilen könne.

Der Antragsteller hat gleichzeitig beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Erinnerung anzuordnen.

Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Gemäß § 66 Abs. 7 GKG ist die aufschiebende Wirkung i.H.v. EUR anzuordnen. Vorläufig ist von einem Streitwert von EUR auszugehen. Bei Zugrundelegung dieses Streitwertes betrüge der vom Antragsteller noch zu zahlende Kostenteil EUR. Im Übrigen war der Antrag abzuweisen.

Grundsätzlich haben Erinnerungen gegen den Kostenansatz keine aufschiebende Wirkung (§ 66 Abs. 7 Satz 1 GKG). Der Einzelrichter, der nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG über die Erinnerung zu entscheiden hat, kann aber auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 66 Abs. 7 Satz 2 GKG).

Die Anordnung ist in das Ermessen des Gerichts gestellt (vgl. OLG München, Beschluss vom 24. September 1984 11 W 2509/84, MDR 1985, S. 333). Das Gericht übt sein Ermessen dahingehend aus, dass die aufschiebende Wirkung angeordnet wird, soweit - entsprechend § 69 Abs. 2 und Abs. 3 FGO - bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Kostenansatzes bestehen (so auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 30. März 2009 5 B 281/09, zitiert nach [...]).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - zu § 69 Abs. 2 und Abs. 3 FGO sind ernstliche Zweifel zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umstände gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten von Tatfragen bewirken. Die für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe brauchen nicht zu überwiegen (vgl. m.w.N. Koch in Gräber, FGO 6. Auflage 2006 § 69 FGO, Rz. 86).

Das Gericht folgt damit im Ergebnis nicht der Rechtsprechung des Sächsischen OVG (a.a.O.), das - entsprechend seiner Auslegung des § 80 VwGO - ernstliche Zweifel nur bei überwiegend wahrscheinlicher Rechtswidrigkeit des Kostenansatzes annimmt und diese verneint, wenn die Rechtslage offen ist.

Ernstliche Zweifel sind im Streitfall zu bejahen, soweit eine Verdoppelung des Streitwertes wegen der hilfsweise erhobenen Klage auf Aufhebung des Bescheides stattgefunden hat (s. unten 1) und soweit die Kostenbeamtin von einem Streitwert von 50% und nicht 25% der streitigen Einkünftefeststellung ausgegangen ist (s. unten 2). Der von der Kostenbeamtin angesetzte Streitwert ist daher vorläufig nur zu einem Viertel zugrunde zu legen. Im Übrigen begegnet die Streitwertberechnung bei summarischer Prüfung keinen Bedenken (s. unten 3).

1. Es bestehen ernstliche Zweifel, ob die Kostenbeamtin zu Recht von einem verdoppelten Streitwert wegen Erhebung einer Nichtigkeitsfeststellungsklage und hilfsweiser Erhebung einer Anfechtungsklage ausgegangen ist. Hat der Kläger neben dem Hauptantrag einen Hilfsantrag gestellt und wird über beide Anträge - wie im Streitfall - entschieden, so ist der Streitwert nach dem Wert des weitestgehenden Antrages zu bemessen, wenn Haupt- und Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen; betreffen Haupt- und Hilfsantrag unterschiedliche Gegenstände, so sind die Streitwerte zusammenzurechnen (vgl. m.w.N. Ruban in Gräber, a.a.O. vor § 135, Rz. 30). Wird im Hauptantrag die Feststellung der Nichtigkeit begehrt und im Hilfsantrag die ersatzlose Aufhebung des Bescheids, so findet nach der Rechtsprechung des BFH keine Zusammenrechnung der Streitwerte von Haupt- und Hilfsantrag statt, weil Haupt- und Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen (BFH-Beschluss vom 23. November 1999 IX E 7/99, BFH/NV 2000, S. 727 - zitiert nach [...]). Denn in beiden Fällen ist das Interesse des Klägers in erster Linie auf einen gerichtlichen Ausspruch gerichtet, aus dem hervorgeht, dass von einem Verwaltungsakt keine Rechtswirkungen (mehr) ausgehen. Ob der Verwaltungsakt dabei von vornherein unwirksam oder nichtig oder ob er lediglich rechtswidrig und damit anfechtbar war, ist zumeist nicht von Belang (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII E 13/05, BFH/NV 2006, S. 2100, zitiert nach [...]). Der von der Kostenbeamtin zugrunde gelegte Streitwert ist daher zu halbieren. Zweifel gegen die Richtigkeit der Berechnung der festgestellten und begehrten Einkünfte hat der Antragsteller nicht erhoben, sie sind auch aus den Akten nicht ersichtlich.

2. Im Streitfall bestehen auch ernstliche Zweifel, ob die Kostenbeamtin zu Recht einen Vomhundertsatz von 50% der streitigen Feststellungen angenommen hat.

Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung bemisst sich der Streitwert nach den einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen der streitigen Feststellungen, d.h. dem Unterschiedsbetrag zwischen den begehrten und den tatsächlich erfolgten Feststellungen. Die steuerlichen Auswirkungen sind in der Regel pauschal mit 25% des streitigen Gewinns oder Verlustes zu bestimmen und zwar unabhängig davon, ob mit der Klage eine Gewinnminderung bzw. Verlusterhöhung oder eine Gewinnerhöhung bzw. Verlustminderung angestrebt wird. Nur in Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden, wenn nämlich ohne Weiteres erkennbar ist, dass der Vomhundertsatz den tatsächlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Einkommensteuer der Gesellschafter nicht gerecht wird. In solchen Fällen ist ein Pauschalsatz anhand des im jeweiligen Streitjahres geltenden Steuertarifs zu ermitteln (vgl. m.w.N. Ruban in Gräber, a.a.O., vor § 135 FGO, Rz. 35 Stichwort "Einheitliche Gewinnfeststellung, unter a). Bei Abschreibungsgesellschaften, d.h. bei einer mit Verlustzuweisungen werbenden Gesellschaft, ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung von einem Streitwert von 50% der streitigen Verluste auszugehen (vgl. Ruban, a.a.O. unter b, sowie BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1999 IX E 8/99, BFH/NV 2000, S. 848).

Im Streitfall lässt sich der Akte nicht mit der hinreichenden Sicherheit entnehmen, dass es sich um eine sog. Abschreibungsgesellschaft handelt. Die KG machte zwar in den Streitjahren 1992 bis 1995 laut Urteil erhebliche Verluste geltend; im Streitjahr 1996 jedoch einen Gewinn von Mio DM. Zwar haben die Gesellschafter recht hohe Gewinn- und Verlustanteile geltend gemacht; es lässt sich aber hieraus nicht mit der erforderlichen Sicherheit schließen, dass für alle Streitjahre ein pauschaler Prozentsatz von 50% angemessen wäre. Daher bleibt es bis zur Entscheidung über die Erinnerung bzw. bis zur gerichtlichen Streitwertfestsetzung bei dem Regelsatz von 25% der streitigen Einkünfte. Der von der Kostenbeamtin zugrunde gelegte Streitwert ist daher nochmals zu halbieren.

3. Keine ernstlichen Zweifel ergeben sich aus dem Vortrag des Antragstellers, die Ergebniszuweisungen des Finanzamtes seien zu saldieren. Der Streitwert ist vielmehr wie oben dargestellt nach dem Unterschiedsbetrag zwischen begehrten und festgestellten Einkünften für jedes Streitjahr zu berechnen. Eine Verrechnung von mehreren Streitjahren findet nur dergestalt statt, dass die Streitwerte der einzelnen Streitjahre zu addieren sind (objektive Klagehäufung, vgl. hierzu Ruban, a.a.O. vor § 135 FGO, Rz. 29).

Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Kostenansatzes ergeben sich aus dem weiteren Vortrag des Antragstellers, es dürfe als Höchstbetrag nur die tatsächliche steuerliche Auswirkung der Feststellungen zugrunde gelegt werden. Eine solche Ermittlung soll bei der Feststellung des Streitwertes gerade nicht vorgenommen werden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Februar 1994 VIII E 4/93, BFH/NV 1994, S. 895; Ruban, a.a.O. Rz. 27).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 66 Abs. 8 GKG.

Ende der Entscheidung

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