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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 23.03.2009
Aktenzeichen: 3 Ko 272/09
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 21 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 2
GKG § 66 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 3. Senat

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts ,

die Richterin am Finanzgericht sowie

den Richter am Finanzgericht

am 23.03.2009

beschlossen:

Tenor:

1. Von der Erhebung der Gerichtskosten im Verfahren 4 K 1057/05 (Kostenrechnung vom 02.02.2009 KSB in Verbindung mit der Eingangskostenrechnung vom 24.11.2008 KSB ) wird in Höhe von 382,00 EUR abgesehen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.

3. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

I. Mit ihrer Erinnerung wendet sich die Erinnerungsführerin gegen die Gerichtskostenrechnung im Verfahren 4 K 1057/05. In diesem Klageverfahren vor dem Sächsischen Finanzgericht hatte die Erinnerungsführerin gegen das Finanzamt L wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2000 und gesonderter Gewinnfeststellung 2000 Klage erhoben. Für die am 13.06.2005 beim Finanzgericht eingegangene Klage beantragte die nicht durch einen Rechtsanwalt oder einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertretene Erinnerungsführerin am 24.06.2005 die Gewährung von Prozesskostenhilfe, da sie seit Januar 2005 nur Arbeitslosengeld II beziehe. Ihre Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der sie den Bewilligungsbescheid der zuständigen Behörde beifügte, reichte sie am 19.07.2005 beim Finanzgericht ein. Mit Schriftsätzen vom 17.07.2008 (Erinnerungsführerin) und vom 20.07.2005 (Finanzamt) erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie durch den Berichterstatter.

Nach Setzung einer Ausschlussfrist gem. § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO durch den Berichterstatter substantiierte die Erinnerungsführerin durch Schriftsatz vom 29.08.2005 ihr Klagebegehren und fügte Anlagen bei. Hierzu nahm das Finanzamt durch Schriftsatz vom 05.10.2005 Stellung.

Durch Beschluss vom 22.10.2008 lehnte der Berichterstatter die Gewährung von Prozesskostenhilfe an die Erinnerungsführerin ab. Zur Begründung führte er aus, es bestehe keine Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg ihrer Klage. Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch den Beklagten sei angesichts der fehlenden Mitwirkung der Erinnerungsführerin nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen nahm er auf das Urteil vom selben Tage Bezug.

Durch dieses Urteil wies der Berichterstatter die Klage der Erinnerungsführerin ab und erlegte ihr die Kosten des Rechtsstreits auf. Die Revision wurde in dem Urteil nicht zugelassen. Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Urteil Bezug genommen. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

II. Mit Schriftsatz vom 18.02.2009 hat die Erinnerungsführerin gegen die Schlusskostenrechnung über 784,00 EUR Erinnerung eingelegt. Sie trägt vor, sie könne die neue Gerichtskostenrechnung nicht nachvollziehen. Der Vorgang sei bereits 2005 abgeschlossen worden. Es sei eine gemeinsame Erledigung mit dem Finanzamt L erfolgt. Die erforderlichen Unterlagen seien alle nachgereicht worden. Es sei auch eine Erledigungserklärung abgegeben worden. Auch habe sie keinen Hinweis zur kostenfreien Rücknahme der Klage erhalten, falls die Prozesskostenhilfe nicht gewährt werde. Ansonsten hätte sie die Klage zurückgenommen, zumal sich die Angelegenheit bereits 2005 geklärt habe und die Klage sich erübrigt habe. Aber seither habe sie auch nichts mehr vom Gericht gehört. Da sie nur Arbeitslosengeld II erhalte, sei sie ohnehin nicht in der Lage, irgendwelche Zahlungen zu leisten.

Mit Verfügung vom 20.02.2009 hat die Kostenbeamtin des Sächsischen Finanzgerichts die Erinnerung dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

III. Die Erinnerung der Erinnerungsführerin gegen den Kostenansatz im Verfahren 4 K 1057/05 ist statthaft (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz [GKG]). Ist - wie hier - bereits eine Kostenrechnung dem Erinnerungsführer zugegangen, so ist der Antrag auf Nichterhebung von Kosten, wie er hier gestellt worden ist, als Erinnerung im Sinne von § 66 Abs. 1 GKG auszulegen (Bundesfinanzhof [BFH] , Beschluss vom 25.04.2006 VIII E 2/06 m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung dieses Gerichtshofes).

Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die wegen unrichtiger Sachbehandlung angefallen sind, nicht erhoben. Als unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Bestimmung kommt auch eine richterliche Handlung in Betracht (Hartmann, Kostengesetze, 35. Auflage 2005, § 21 GKG Rdnr. 6 m.w.N.). Von einer unrichtigen Sachbehandlung kann jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn die entsprechende Verfahrensweise des Gerichts offensichtlich und eindeutig gegen eine gesetzliche Bestimmung verstoßen hat (Hartmann, a.a.O., Rdnr. 8). Auf ein Verschulden des Gerichts kommt es hierbei nicht an (BFH-Beschluss vom 05.08.2002 VII B 56/00, BFH/NV 2002, 1492).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, soweit es sich um die Erhebung von zwei der vier im Verfahren 4 K 1057/05 angefallenen Gerichtsgebühren handelt.

Der Berichterstatter des 4. Senats hat den Prozesskostenhilfeantrag der Erinnerungsführerin, den diese formgerecht gestellt und mit entsprechenden Unterlagen untersetzt hatte, durch Beschluss vom 22.10.2008 mangels Erfolgsaussicht ihrer Klage abgelehnt. Zugleich - und sich hierauf in dem genannten Beschluss beziehend - hat er diese Klage als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Angesichts dessen war der Erinnerungsführerin jede Möglichkeit genommen, auf den ablehnenden Beschluss zur Prozesskostenhilfe mit einer Rücknahme oder einer Erledigungserklärung ihrer Klage zu reagieren. Eine solche Erklärung hat die Erinnerungsführerin im Übrigen - wie das Finanzamt L mit Schriftsatz vom 09.03.2009 mitgeteilt hat - auch nicht außergerichtlich abgegeben. Hätte sie jedoch eine solche Reaktion gezeigt, so wären nach den einschlägigen Bestimmungen des Kostenrechts (Nr. 6111 des Kostenverzeichnisses zum GKG) nur zwei anstatt der nach Nr. 6110 des genannten Verzeichnisses sonst gegebenen vier Gerichtsgebühren angefallen.

Die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe soll der bedürftigen Partei, soweit sie ablehnend ergeht, gerade auch Gelegenheit geben, die Fortführung des - dann vollständig auf eigenes Kostenrisiko zu betreibenden - Verfahrens im Lichte dieses Risikos kritisch zu prüfen und ggf. dieses Risiko durch Rücknahme bzw. Erledigungserklärung auf das unvermeidliche Mindestmaß von zwei Gerichtsgebühren zu reduzieren. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall geschehen - zugleich mit der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe bereits das klageabweisende Urteil ergeht, ist der mittellosen Partei diese Möglichkeit abgeschnitten. Dies widerspricht offensichtlich dem Zweck des Verfahrens der Prozesskostenhilfe (BFH-Beschluss vom 09.07.1996 - VII S 16/95, BFH/NV 1997, 143 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.07.1992 - 1 BvR 99/90, NJW-RR 1993, 382) und stellt eine unrichtige Sachbehandlung dar (Hessischer Verwaltungsgerichtshof , Beschluss vom 27.02.1984, 4 TI 63/83, NJW 1985, 218; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.09.1985, Bs VII 466/85, Rpfleger. 1986, 68; BFH, Beschluss vom 09.07.1996 VII R 93/95, [...]). Daran vermag auch nicht zu ändern, dass sich im vorliegenden Fall auch die Erinnerungsführerin - ebenso wie das beklagte Finanzamt - mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt hatte und eben eine solche Entscheidung in dem Urteil vom 22.10.2008 sodann ergangen ist. Denn der Verzicht auf mündliche Verhandlung bedeutet zwar, dass die Beteiligten keine mündliche Aussprache vor dem Gericht für erforderlich halten, ändert jedoch nichts an dem vorerwähnten Verhältnis zwischen der (ablehnenden) Entscheidung über die Prozesskostenhilfe und der Frage der Fortführung eines Klageverfahrens durch die mittellose Partei.

Angesichts dessen ist die Erinnerungsführerin so zu stellen, wie wenn ihr nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe hinreichende Gelegenheit gegeben worden wäre, ihre Klage zurückzunehmen bzw. in der Hauptsache für erledigt zu erklären. In diesem Fall aber wären - wie bereits erwähnt - lediglich zwei Gerichtsgebühren angefallen.

Hinsichtlich des Streitwertes, aus dem die Gerichtsgebühren bemessen worden sind, ist die angefochtene Kostenrechnung dagegen nicht zu beanstanden. Angesichts der auch vom Beklagten des Ausgangsverfahrens gesehenen Unmöglichkeit, in dem bei Gericht erreichten Verfahrensstadium das Begehren der Erinnerungsführerin hinsichtlich der zwei Streitpunkte jeweils konkret zu beziffern (vgl. Schriftsatz des Finanzamts vom 20.07.2005, Bl. 17 der Gerichtsakte 4 K 1057/05), war es sachgerecht, für beide Begehren jeweils den Auffangstreitwert von 5.000 EUR gem. § 52 Abs. 2 GKG zu Grunde zulegen. Hiergegen hat die Erinnerungsführerin auch keine Einwendungen vorgebracht.

Eine einzige Gerichtsgebühr aus einem solchen Streitwert von insgesamt 10.000 EUR beträgt nach der Gebührentabelle für Gerichtskosten (Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 2 GKG) 196,00 EUR, zwei solche Gebühren also 392,00 EUR. Von dem überschießenden Betrag von - weiteren - 392,00 EUR (gemessen an den Verfahrenskosten insgesamt), ist die Erinnerungsführerin im Wege des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG freizustellen.

Dagegen ist es nicht geboten, die Erinnerungsführerin auch von den verbleibenden zwei Gerichtsgebühren zu befreien. Sie hat ihre Klage seinerzeit ohne gleichzeitige Beantragung von Prozesskostenhilfe eingereicht und damit das Risiko, derartige Kosten tragen zu müssen, bewusst in Kauf genommen. An dieser Entscheidung muss sich die Erinnerungsführerin festhalten lassen.

IV. Die vorliegende Entscheidung ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde nicht gegeben (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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