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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 24.02.2009
Aktenzeichen: 5 K 1694/08 (Kg)
Rechtsgebiete: FGO, ZPO
Vorschriften:
FGO § 142 Abs. 1 | |
ZPO § 114 Abs. 1 |
In dem Verfahren
wegen Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Finanzrechtsstreit
...
hat der 5. Senat
durch
den Berichterstatter am 24.2.2009
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe:
I. Die Beteiligten hatten ursprünglich um die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und um die Rückforderung von Kindergeld gestritten. Gegen den diesbezüglichen Bescheid der Familienkasse vom 28.1.2008 hatte der Kläger Einspruch eingelegt, der mit Einspruchsentscheidung vom 26.8.2008 zurückgewiesen worden war. Für die hiergegen erhobene Klage hat der Kläger den vorliegenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt und am 20.10.2008 die Prozesskostenhilfe-Unterlagen eingereicht, bei denen sich ein Beschluss des Insolvenzgerichts D vom 28.8.2007 befand, mit dem über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Berichterstatter übersandte diesen Beschluss der Familienkasse mit dem Hinweis, dass der angefochtene Bescheid nicht hätte ergehen dürfen. Daraufhin teilte die Familienkasse mit, dass sie die Forderung zur Insolvenztabelle anmelden werde, erklärte am 7.1.2009 den Bescheid vom 28.1.2008 für nichtig und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Sie beantragte, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen, da sie erstmals im Klageverfahren Kenntnis über das Insolvenzverfahren erlangt habe.
Der Kläger erklärte ebenfalls die Hauptsache für erledigt mit dem Antrag, die Kosten des Verfahrens der Familienkasse aufzuerlegen. Auf Nachfrage des Berichterstatters hielt er seinen Prozesskostenhilfe-Antrag aufrecht, da er die Klage nicht mutwillig im Hinblick auf die Einleitung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhoben habe. Ihm sei eine Verbindung zwischen dem Insolvenzverfahren und dem hier vorliegenden Streitgegenstand nicht bekannt gewesen.
Aus der von der Familienkasse vorgelegten Kindergeldakte ist ersichtlich, dass der Kläger nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum einen von der Familienkasse am 30.10.2007 zur Nachreichung von Unterlagen aufgefordert wurde, anderenfalls er das Kindergeld zurückzahlen müsse, zum anderen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 28.1.2008 mit einer Zahlungsaufforderung vom selben Tage erhielt und des weiteren am 8.7.2008 bei der Familienkasse persönlich - auch wegen dieser Zahlungsaufforderung - vorsprach und Einspruch dagegen einlegte sowie am 1.8.2008 schriftlich darum bat, wegen des Einspruchsverfahrens bis zum 30.9.2008 von der Rückzahlungsforderung abzusehen. Bei keiner dieser Gelegenheiten hat der Kläger die Familienkasse von dem Insolvenzverfahren in Kenntnis gesetzt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die übersandte Kindergeldakte und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Der Antrag ist nicht begründet.
Nach § 142 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint mutwillig. Nach der neuerlichen Finanzgerichts-Rechtsprechung (zum Beispiel Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. August 2008 6 S 1617/04 PKH in [...], Urteil des Finanzgerichts Köln vom 18. Juni 2004 10 K 1157/04, EFG 2004, 1627; vgl. auch Gräber/Stapperfend, Kommentar zur FGO, 6. Auflage, § 142 Rz 43 mit weiteren Nachweisen) liegt Mutwilligkeit vor, wenn ein verständiger, ausreichend bemittelter Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder wenn der Beteiligte den von ihm verfolgten Zweck auf einem billigeren als dem von ihm eingeschlagenen Weg erreichen könnte (vgl. BFH-Beschluss vom 27. März 1986 I S 16/85, BFH/NV 1986, 632). Im Hinblick auf die Kostenfreiheit des außergerichtlichen Einspruchsverfahrens führt eine unterbliebene Mitwirkung des Antragstellers im Einspruchsverfahren zur Versagung von Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit. Davon ist nach dieser Rechtsprechung immer auszugehen, wenn der Kläger die zur Bescheidänderung erforderlichen Unterlagen erst im Klageverfahren vorlegt, obwohl er sie bei Erfüllung seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht ohne weiteres bereits im Verwaltungsverfahren hätte vorlegen und so einen Rechtsstreit vermeiden können.
In Anwendung dieser Grundsätze war die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig, weil ein verständiger, ausreichend bemittelter Beteiligter ein Klageverfahren dadurch vermieden hätte, dass er - anstatt Klage zu erheben - die Familienkasse zunächst über das Verfahrenshindernis des eröffneten Insolvenzverfahrens informiert und dadurch den Rückforderungsbescheid auf einem billigeren Weg aus der Welt geschafft hätte. Außerdem hätte der Kläger die Verwaltungsbehörde davon rechtzeitig während des Verlaufs des Verwaltungsverfahrens in Kenntnis setzen können. Denn durch den Eröffnungsbeschluss hat der Kläger gewusst, dass Forderungen gegen ihn einem besonderen Verfahren unterliegen. Dennoch hat er es unterlassen, die Familienkasse auf diesen Umstand hinzuweisen, obwohl er nach Aktenlage monatelang mehrfach Gelegenheit dazu gehabt hatte. Die Erhebung einer kostenpflichtigen Klage wäre nicht nötig gewesen. Nach den BFH-Beschlüssen vom 22. Dezember 1997 X B 90/97, BFH/NV 1998, 740, und vom 5. November 1992 X B 167/92, BFH/NV 1993, 324, verstößt ein Prozesskostenhilfegesuch gegen den auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, wenn den Rechtsuchenden wegen der Verletzung grundlegender Mitwirkungspflichten die Verantwortung dafür trifft, dass es überhaupt zu einem gerichtlichen Verfahren gekommen ist. Muss - wie im Streitfall - angenommen werden, dass dem Kläger auch bei erfolgreichem Abschluss des Klageverfahrens die Kosten gemäß § 137 Satz 1, § 138 Abs. 2 Satz 2 FGO zumindest teilweise aufzulegen sind, steht der Sinn und Zweck dieser Vorschriften der Gewährung von Prozesskostenhilfe entgegen.
Die begehrte Prozesskostenhilfe konnte daher nicht bewilligt werden.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde nicht gegeben, § 128 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Ende der Entscheidung
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