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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 06.02.2009
Aktenzeichen: 5 K 920/08
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 116
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Verfahren

...

hat der 5. Senat

am 06. Februar 2009

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Forderungen des Finanzamtes über die in Entgelten enthaltene Umsatzsteuer zu den Insolvenzforderungen gehören, die zur Insolvenztabelle anzumelden wären, aber nicht gegen die Masse geltend gemacht werden können, wenn die Entgelte, die von einem Istversteuerer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen für von ihm vor der Insolvenzeröffnung erbrachte Leistungen vereinnahmt worden sind und ob auch bei der Istversteuerung die Umsatzsteuerforderung bei Erbringung der Leistung "begründet" i.S. des § 38 der Insolvenzordnung (InsO) ist.

Das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat diese Streitfragen im Sinne des klagenden Insolvenzverwalters bejaht. Gegen das Urteil vom 12. Juli 2007 (1 K 806/06, EFG 2007, 1737) ist beim Bundesfinanzhof - BFH - unter dem Aktenzeichen V R 64/07 ein Revisionsverfahren anhängig.

Das beklagte Finanzamt B hat in dem hier vorliegenden Streitfall vom Insolvenzverwalter vereinnahmte Forderungen in Höhe von 550 EUR im Jahr 2005 und in Höhe von 200 EUR im Jahr 2006 der Umsatzsteuer unterworfen. Da das schuldnerische Unternehmen die Steuer gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) schulde, seien die Zahlungseingänge nach Insolvenzeröffnung der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Umsatzsteuer stelle eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 InsO dar und sei vom Insolvenzverwalter zu tilgen (BMF-Schreiben vom 17. Dezember 1998, BStBl I 1998, 1500 Tz. 4.2). Die Einsprüche des Klägers gegen den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 29. März 2007 (mit dem die Umsatzsteuer auf 88,00 EUR festgesetzt wurde) und den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 16. April 2007 (mit dem die Umsatzsteuer auf 18,96 EUR festgesetzt wurde) hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 18. April 2008 - Blatt 40 der Rechtsbehelfsakte).

Der Kläger hat hierauf Klage erhoben. Die streitgegenständlichen Umsatzsteuerforderungen seien Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO und keine Masseforderungen. Der Umsatzsteuerbescheid 2005 sei entsprechend der Umsatzsteuererklärung vom 28. März 2006 dahingehend zu ändern, daß die Umsatzsteuer auf 0 EUR festgesetzt werde; der Umsatzsteuerbescheid 2006 sei dahingehend zu ändern, daß die Umsatzsteuer entsprechend der Umsatzsteuererklärung auf ./. 13,04 EUR herabgesetzt werde. Der Streitwert betrage 120 EUR. Vor dem Hintergrund der am 07. Februar 2006 angezeigten Masseunzulänglichkeit werde Prozeßkostenhilfe beantragt. Danach stellt sich die wirtschaftliche Situation der Masse wie folgt dar:

Unter Berücksichtigung der gefestigten Rechtsprechung, daß die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für den Verwalter die Regel sein solle, um die Prozeßführung zum Zwecke der Anreicherung der Masse zu ermöglichen, werde um Bewilligung des Prozeßkostenhilfeantrages gebeten.

Der Kläger beantragt sinngemäß, ihm unter Beiordnung von Herrn Wirtschaftsprüfer/Steuerberater L Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.

Der Beklagte ist dem Klagebegehren unter Hinweis auf das ihn bindende BMF-Schreiben entgegengetreten. Im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren sei er aber mit dem Ruhen des Verfahrens einverstanden. Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten sowie die mit Schriftsatz vom 12. November 2008 vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtsanwaltes S in seiner Eigenschaft als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der d GmbH, Amtsgericht D 530 IN 2893/05 verwiesen.

II. Der Antrag kann keinen Erfolg haben.

1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Dabei wird grundsätzlich vorausgesetzt, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 116 Satz 2 i.V.m. § 114 letzter Halbsatz ZPO - vgl. Bundesfinanzhof - BFH - Beschluß vom 09. Dezember 2004, VII S 29/03, BFH/NV 2005, 380 m.w.N.).

2. Im Streitfall ist dem Prozeßkostenhilfeantrag nicht zu entsprechen.

Der Kläger hat schlüssig und glaubhaft dargelegt, daß er die Kosten der Rechtsverteidigung nicht aus der von ihm verwalteten Insolvenzmasse (§ 35 InsO) aufbringen kann. Aus der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergibt sich, daß der gegenwärtige Barbestand der vorhandenen Masse bei weitem nicht ausreicht, die Massekosten (§ 54 InsO) und die sonstigen bereits fälligen sowie dem Grunde nach entstandenen Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) zu decken. Auch den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ist nicht zuzumuten, die Kosten der Rechtsverteidigung des Klägers aufzubringen. Für die Insolvenzgläubiger folgt dies bereits daraus, daß sich an der bestehenden Unterdeckung auch bei einem Obsiegen des Klägers nichts ändern würde; die Insolvenzgläubiger gehen in jedem Fall leer aus. Der Insolvenzverwalter (hinsichtlich der Mittel zur Aufbringung der Verwaltervergütung) und die Massegläubiger i.S. der §§ 53 ff InsO sind zwar ebenfalls wirtschaftlich am Gegenstand des Rechtsstreits beteiligt; es ist jedoch anerkannt, daß es weder dem Insolvenzverwalter noch den sog. echten Massegläubigern zuzumuten ist, Prozeßkosten aufzubringen (vgl. Zöller/ Philippi, a.a.O., § 116 Rn. 6, 10a und 10b, jeweils m.w.N.).

Im Streitfall bestehen auch hinreichende Erfolgsaussichten. Eine - für den Kläger positive - Entscheidung des BFH in dem Musterverfahren V R 64/07 erscheint möglich.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist jedoch mutwillig. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 114 Rn. 30).

Im Streitfall würde sich bei einem Erfolg des Rechtsstreits die zu verteilende Quote von 0% nicht ändern; ein meßbarer Erfolg für die Gesamtheit der Gläubiger bezüglich der zu verteilenden Masse kann sich nicht ergeben. Zwar ist anerkannt, daß der Insolvenzverwalter eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe, nämlich die Abwicklung eines geordneten Insolvenzverfahrens, wahrnimmt. Diese öffentliche Aufgabe ist selbst dann anzuerkennen, wenn durch die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Vermögenswerte zur Masse gezogen werden sollen, die unmittelbar den Insolvenzgläubigern zugute kommen, sondern wenn der Insolvenzverwalter dadurch überhaupt erst in die Lage versetzt werden soll, das Verfahren durchzuführen, was sich mittelbar zugunsten der Insolvenzgläubiger auswirken kann (vgl. OLG Hamm, 8. Zivilsenat, Beschluß vom 02. Dezember 2005, 8 W 47/05, ZInsO 2006, 164 m.w.N.). Im Streitfall sind die Verfahrenskosten aber bereits durch die Masse gedeckt; es bedarf nicht des streitgegenständlichen Umsatzsteuerbetrages in Höhe von 120 EUR um den Kläger in die Lage zu versetzen, das Insolvenzverfahren durchzuführen. Ein irgendwie gearteter unmittelbarer oder mittelbarer Nutzen des hier zu führenden Verfahrens für die Gläubiger der d GmbH ist nicht ersichtlich. Angesichts der durch die Klage zusätzlich verursachten Gerichts- und Anwaltskosten, die sich hier an dem Mindeststreitwert von 1.000 EUR bemessen, würde eine verständige Partei den vorliegenden Anspruch nicht verfolgen. Hiernach war dem Kläger Prozeßkostenhilfe nicht zu gewähren.

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da der Beschluß über die Prozeßkostenhilfe gerichtskostenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

Ende der Entscheidung

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