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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 02.08.2006
Aktenzeichen: 6 K 1632/03 (Ez)
Rechtsgebiete: InvZulG 1999, AO
Vorschriften:
InvZulG 1999 § 3 | |
AO § 42 |
Finanzgericht Sachsen
6 K 1632/03 (Ez)
Investitionszulage 1999 und Eigenheimzulage ab 2002
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 6. Senat
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ..., der Richter am Finanzgericht ... und ... und der ehrenamtlichen Richter ... und ...
auf Grund mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 2. August 2006
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 9/10 und die Klägerin zu 1/10.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7/6 des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Eltern der Klägerin, die Eheleute , waren Eigentümer eines Zweifamilienhauses, dessen eine Wohnung von der Klägerin bewohnt wurde. Die Eheleute gaben am 25. März 1990 eine "gemeinsame Willenserklärung" ab, derzufolge die Klägerin nach dem Ableben der Eltern das Haus erben sollte. Die Klägerin habe statt einer Miete die auf dem Grundstück lastenden Kredite von insgesamt DM 47.565,-- zu 75% zu tilgen. Die anderen Töchter sollten die übrigen Sach- und Geldwerte erben.
Mit Vertrag vom 27. Mai 1997 erwarb die Klägerin von den Eheleuten das Grundstück zum Kaufpreis von DM 233.000,--. Wegen der Zusammensetzung des Kaufpreises wird auf den Vertrag Bezug genommen (Blatt 54 der Finanzgerichtsakte). Die "gemeinsame Willenserklärung" wurde zum Vertragsbestandteil gemacht. Der Kaufpreis war nach Maßgabe einer Kreditvereinbarung vom 27. Mai 1997 zu entrichten. (Blatt 62 der Finanzgerichtsakte). Dort war vorgesehen, dass die Klägerin eine vierteljährliche Rate von DM 3.300,-- zu leisten hätte. Hierin enthalten sind 4% Zinsen. Die Kaufpreisraten seien mit Mietzahlungen zu verrechnen. Sicherheiten waren nicht vereinbart.
Unter Ziff. 3 des Kaufvertrages bewilligte die Klägerin ein lebenslängliches Wohnrecht für die Wohnung im 1. Obergeschoß nebst Mitbenutzung des Kellers, des Dachbodens und des Gartens für die Eheleute . Schuldrechtlich werde weiter bestimmt, dass die Berechtigten eine Miete zu zahlen hätten. Ebenfalls am 27. Mai 1997 schlossen die Klägerin und ihre Eltern als Mieter einen Mietvertrag ab dem 1. Juni 1997 ab. Der Mietzins betrage vierteljährlich DM 1.950,--. Die Nebenabgaben wurden vierteljährlich "fest" mit DM 1.350,-- vereinbart. Nach § 9 des Vertrages ist dieser nicht einseitig kündbar (Blatt 60 der Finanzgerichtsakte).
Mit Antrag vom 5. August 2001 beantragte die Klägerin für die Modernisierung des vermieteten Teils des Hauses Investitionszulage nach § 3 InvZulG 1999 iHv. 15% aus einer Bemessungsgrundlage von DM 14.568. Zunächst gewährte der Beklagte - das Finanzamt - mit Bescheid vom 26. November 2001 Investitionszulage iHv. DM 1.184,--.
Mit Antrag vom 3. Juni 1997 beantragte die Klägerin die Gewährung von Eigenheimzulage für den eigengenutzten Teil des Hauses. Mit Bescheid vom 30. September 1997 wurde die Eigenheimzulage ab 1997 bis 2004 auf DM 5.500,-- festgesetzt.
Mit Schreiben vom 4. März 2002 teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass es die Grundstücksübertragung als unentgeltlich ansehe und daher die Gewährung von Eigenheimzulage ab 2002 nach § 11 Abs. 5 EigZulG aufzuheben sei. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. April 2002 hob das Finanzamt die Gewährung der Eigenheimzulage ab 2002 auf. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. April 2003 hob das Finanzamt die Festsetzung der Investitionszulage auf. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 29. September 2003).
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, es handele sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei der gewählten Gestaltung nicht um einen Gestaltungsmißbrauch i.S.d.. § 42 AO.
Die von den Eltern bewohnte Wohnung sei auch entgeltlich zu Wohnzwecken i.S.d.. § 3 InvZulG 1999 überlassen worden. Der Mietvertrag halte einem Fremdvergleich stand. Die Kaltmiete entspreche dem Ortsüblichen. Unerheblich sei es, dass die Miete nur vierteljährlich bezahlt worden sei. Die Parteien des Mietvertrages seien insoweit in ihren Vereinbarungen frei gewesen. Da ohnehin wegen der Verrechnung mit dem Darlehen kein Geld geflossen sei, habe die vierteljährliche Zahlung die Parteien des Mietvertrages auch nicht wirtschaftlich belastet.
Auch die monatliche Pauschale für Nebenkosten sei anhand der tatsächlich für das gesamte Hausgrundstück anfallenden Nebenkosten ermittelt und eine Erhöhung in den Folgejahren einkalkuliert worden. Die Nebenkosten seien auch abgerechnet worden. Die Klägerin legte im Verfahren 6 K 2631/03 Kostenaufstellungen vor, auf die Bezug genommen wird (Blatt 108 bis 110 der Finanzgerichtsakte 6 K 2631/03). Die Klägerin legt ferner eine Erklärung von Herrn vor (Blatt 69 der Finanzgerichtsakte). U.a. ist dort ausgeführt, dass der Nachweis der tatsächlich angefallenen Kosten durchaus geführt werden könne. Dies erfordere jedoch einige Mühe, da in dem internen Verhältnis auch Kosten mit erfaßt worden seien und würden, die im eigentlichen Sinne nicht in jedem Falle zu den Betriebskosten zu zählen seien.
Dem Begehren der Klägerin, den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage ab 2002 vom 5. April 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. September 2003 aufzuheben, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 2. August 2006 entsprochen; der Rechtsstreit wurde beiderseits insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
den Bescheid über die Aufhebung der Investitionszulage vom 16. April 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 29. September 2003 aufzuheben.
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen,
da in der gesamten Gestaltung ein Gestaltungsmißbrauch i.S.d.. § 42 AO zu sehen sei.
Der Mietvertrag entspreche auch nicht dem zwischen Fremden Üblichen, da die Nebenkosten unüblich hoch seien, keine Abrechnung vorgenommen worden sei und ein fremder Dritter gerade bei einer Nebenkostenvorauszahlung auf einer Abrechnung bestehen würde. Die erstmals im Klageverfahren vorgelegte Abrechnung entspreche nicht dem zwischen Fremden Üblichen, da auch diverse Kosten aufgelistet worden seien, die keine Betriebskosten seien (Telefongebühren, Werkzeuge, Gartenbedarf). Außerdem würden zwischen fremden Dritten keine vierteljährlichen Mietvorauszahlungen geleistet.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Steuerakten, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den protokollierten Vortrag in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Da die Beteiligten hinsichtlich der Gewährung von Eigenheimzulage den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, war nur noch diesbezüglich über die Kosten und über die Gewährung von Investitionszulage zu entscheiden. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Das Finanzamt hat zu Recht die Festsetzung der Investitionszulage aufgehoben.
Die Gewährung von Investitionszulage nach § 3 des Investitionszulagengesetzes 1999 setzt neben anderen - hier nicht streitigen - Voraussetzungen voraus, dass das Gebäude nach der Fertigstellung der entgeltlichen Überlassung von Wohnzwecken dient. Unter "entgeltlicher Überlassung zu Wohnzwecken" ist nur ein steuerlich anzuerkennendes Mietverhältnis zu verstehen. Ein solches liegt im Streitfall nicht vor.
1. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes liegt allerdings in der gewählten Gestaltung kein Gestaltungsmißbrauch i.S.d.. § 42 AO.
Ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die, gemessen an dem erstrebten Ziel, unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. Januar 1996 IX R 13/92, BStBl. II 1996, S. 214). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1999 IX R 39/99, BStBl. II 2000, S. 224.
Die (teilentgeltliche) Übertragung eines Hausgrundstückes und Rückanmietung durch den Verkäufer stellt keinen Gestaltungsmißbrauch in diesem Sinne dar. Dem Eigentümer einer Immobilie steht es frei, diese ohne jede Auflage oder Einschränkung zu übertragen oder im Zuge der unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Übertragung mit dem Erwerber eine - wie auch immer geartete - Nutzungsmöglichkeit für sich vorzusehen (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 10. Dezember 2003 IX R 12/01, BStBl. II 2004, S. 643). Wird der Mietzins aus einem mit dem Veräußerer geschlossenen Mietvertrag mit der Rückzahlung eines mit dem Veräußerer vereinbarten Darlehens verrechnet und entsprechen sich beide Leistungen der Höhe nach, so stellt dies ebenfalls keinen Gestaltungsmißbrauch dar (BFH-Urteil vom 26. November 1996 IX R 51/94, BFH/NV 1997, S. 404).
2. Auch wenn kein Gestaltungsmißbrauch vorliegt, ist der Mietvertrag daraufhin zu überprüfen, ob er dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1996 IX R 51/94, a.a.O., das den Rechtsstreit wegen dieser Frage an das Finanzgericht zurückverwies). Im Streitfall ist der Mietvertrag zwischen der Klägerin und den Eheleuten bei einer Gesamtbetrachtung der objektiven Gegebenheiten steuerlich nicht anzuerkennen, da er nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht.
Ein Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen - um solche handelt es sich bei der Klägerin und ihren Eltern - ist nur steuerrechtlich anzuerkennen, wenn er zum einen bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 10. Dezember 2003 IX R 12/01, a.a.O.). Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen Beweisanzeichen je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dementsprechend schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Allerdings sind an den Nachweis, dass es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handelt, um so strengere Anforderungen zu stellen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuten (vgl. m.w.N. BFH-Urteil vom 20. Oktober 1997 IX R 38/97, BStBl. II 1998, S. 106).
a) Besondere und letztlich entscheidende Bedeutung kommt im Streitfall der vertraglichen Regelung zu, dass der Mietvertrag von keiner Seite kündbar sein soll. Bei unbefristeten Dauerschuldverhältnissen gehört das Kündigungsrecht zu den Rechten, auf die fremde Dritte keinesfalls verzichten würden, da sonst keine Möglichkeit bestünde, das Dauerschuldverhältnis einseitig zu beenden. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten der Kläger unterstellt, dass mit der vertraglichen Vereinbarung nur das ordentliche, nicht aber das außerordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen ist.
b) In Zusammenschau mit dem ausgeschlossenen Kündigungsrecht gewinnt auch die Vereinbarung einer vierteljährlichen Mietzahlung stärkere Bedeutung. Für sich allein genommen wäre diese Abweichung vom üblichen zwar kein Grund, dem Mietverhältnis die steuerliche Anerkennung zu versagen, zumal diese Vereinbarung für die Vertragsbeteiligten wegen der Verrechnung der Miete mit der Darlehensrückführung keine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Gleichwohl erscheint es fraglich, ob sich ein fremder Mieter auf eine solche Regelung eingelassen hätte. Denn die übliche monatliche Mietzahlung gibt dem Mieter im Falle der Mangelhaftigkeit der Mietsache eine wirkungsvolle Möglichkeit, durch Mietminderung eine schnelle Behebung des Mangels zu erreichen. Dies wird erschwert, wenn die Miete in größeren Zeitabständen bezahlt wird.
c) Auch die Regelung der Nebenkosten hat im Streitfall Bedeutung für die steuerliche Beurteilung des Mietverhältnisses. Der Senat interpretiert die von der Klägerin in Bezug genommene Erklärung von Herrn dahingehend, dass tatsächlich keine Nebenkostenabrechnung stattgefunden hat. Da es sich aber bei der vereinbarten Miete um eine Brutto-Warmmiete (vgl. hierzu Palandt, BGB 65. Auflage, § 535, Rz. 73) handelte, war die Klägerin als Vermieterin auch nicht zur Erstellung einer Nebenkostenabrechnung verpflichtet (§ 556 Abs. 2 und 3 BGB). Daher greifen die vom Finanzamt erhobenen Bedenken insoweit nicht durch. Dies ändert allerdings nichts daran, dass fremde Dritte - gerade wegen der Schwankung von Heizkosten - üblicherweise zumindest die Heizungs-, Strom- und Warmwasserkosten gesondert abrechnen. Dieser Umstand hätte für sich genommen nicht zur Versagung der Anerkennung des Mietverhältnisses geführt, zusammengenommen mit den übrigen Umständen führt aber auch er zur Versagung der steuerlichen Berücksichtigung.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Hinsichtlich der Eigenheimzulage war, nachdem der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nur noch über die Kosten zu entscheiden. Insoweit richtet sich die Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 2 FGO. Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen die § 151 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung zugrunde. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.
Ende der Entscheidung
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