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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: 8 K 1098/08
Rechtsgebiete: LStR i.V.m. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1052, EStG, AO


Vorschriften:

LStR i.V.m. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1052 R 40 Abs. 2
EStG § 2 Abs. 1
EStG § 2 Abs. 2
EStG § 3c Abs. 1
EStG § 8 Abs. 1
EStG § 9 Abs. 1
EStG § 19 Abs. 1
AO § 162
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 8. Senat

durch

Richter am Finanzgericht ... als Einzelrichter

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 04.03.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob ein Arbeitnehmer, dem beruflich veranlasste Übernachtungskosten im Ausland in voller Höhe von seinem Arbeitgeber steuerfrei erstattet wurden, Werbungskosten nach den Pauschbeträgen gemäß R 40 Abs. 2 Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - i.V.m. BMF-Schreiben vom 09.11.2004, BStBl I 2004, 1052, geltend machen kann, soweit diese über die tatsächlichen Übernachtungskosten hinausgehen.

Die Kläger wurden mit Bescheid vom 02.08.2007 zur Einkommensteuer 2006 zusammen veranlagt. Dagegen legten die Kläger am 13.08.2007 u.a. deshalb Einspruch ein, weil der Beklagte Werbungskosten des Klägers für Auslandsübernachtungen in Höhe der Pauschbeträge gemäß R 40 Abs. 2 LStR i.V.m. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1052 soweit diese über seine tatsächlich entstandenen und vom Arbeitgeber erstatteten Übernachtungskosten hinausgehen, nicht berücksichtigt hatte. Mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 23.05.2008 wies der Beklagte den Einspruch in diesem Punkt als unbegründet zurück.

Am 16.06.2008 haben die Kläger Klage erhoben.

Sie verweisen auf den BFH-Beschluss vom 22.04.2004 VI B 13/04, DStRE 2004, 932. Danach seien Pauschbeträge für Übernachtungskosten im Ausland auch dann anzusetzen, wenn die tatsächlichen Übernachtungskosten erwiesenermaßen niedriger seien. Eine Ausnahme hiervon gelte nur in den Fällen, in denen eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Pauschbeträgen und den tatsächlichen Kosten zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führe. § 3 c Einkommensteuergesetz - EStG - stehe einem Abzug der Pauschbeträge in Höhe des Differenzbetrages zu den tatsächlichen Übernachtungskosten nicht im Wege, weil insoweit kein Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen vorliege.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 02.08.2007 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom 23.05.2008 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 3.823 Euro für den Kläger berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 03.12.2008 hat der Senat den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung 2006 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung (§ 44 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 367 Abs. 2a Abgabenordnung - AO -) ist rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO). Ohne Rechtsfehler hat der Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten für Auslandsübernachtungen in Höhe der über seine vom Arbeitgeber steuerfrei erstatteten tatsächlichen Werbungskosten hinausgehenden Pauschbeträge nach R 40 Abs. 2 EStR i.V.m. BMF-Schreiben in BStBl. I 2004, 1052 nicht zum Abzug zugelassen.

Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG der Überschuss der Einnahmen, also alle Güter, die ihn in Geld oder Geldeswert im Rahmen seiner nichtselbständigen Einkünfte zufließen (§ 8 Abs. 1 EStG), über die Werbungskosten, d.h. seine Aufwendung zur Sicherung und -erhaltung dieser Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Zu den Werbungskosten im genannten Sinne gehören auch die beruflich veranlassten Übernachtungskosten im Ausland.

1. Der Höhe nach kann der Kläger die Aufwendungen für seine Auslandsübernachtungen mit den Pauschbeträgen gemäß in R 40 Abs. 2 LStR i.V.m. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1052 ansetzten.

Werbungskosten sind zwar grundsätzlich in tatsächlicher Höhe nachzuweisen. Die Finanzverwaltung hat jedoch in R 40 Abs. 2 LStR i.V.m. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1052 Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen zugelassen. Dabei handelt es sich um eine finanzamtliche Schätzung nach § 162 AO zur vereinfachten Sachverhaltsermittlung. Diese Verwaltungsanweisung führt wegen des Gebotes der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) zu einer Selbstbindung der Verwaltung und begründet grundsätzlich einen Anspruch des Steuerpflichtigen auf Anwendung der Pauschalen. Allerdings sind die Pauschbeträge nur auf solche Sachverhalte anzuwenden, für die die genannten Verwaltungsvorschriften nach ihrem Wortlaut und dem Verständnis der Verwaltung gelten sollen (vgl. zuletzt BFH-Beschluss vom 09.05.2005 VI B 3/05, BFH/NV 2005, 1550, m.w.N.).

Nach R 40 Abs. 2 Satz 1 LStR können die Übernachtungskosten bei einer Dienstreise als Reisekosten angesetzt und als Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie nicht vom Arbeitgeber nach Abs. 3 der Regelung in Form von Pauschbeträgen für Übernachtungen im Inland oder nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei ersetzt worden sind. Die in der Verwaltungsvorschrift für den Werbungskostenabzug dem Grunde nach genannten Einschränkungen treffen aber für den Kläger nicht zu. Es geht nicht um pauschal erstattete Inlandsübernachtungen sondern vom Arbeitgeber in der tatsächlichen Höhe ersetzte Auslandsübernachtungen. Auch sind die Kostenerstattungen durch den Arbeitgeber des Klägers zwar steuerfrei; weil sie aber nicht aus öffentlichen Kassen und außerhalb des öffentlichen Dienstes erstattet wurden nicht nach § 3 Nr. 13 EStG, sondern nach § 3 Nr. 16 EStG. Von daher ist R 40 Abs. 2 LStR dem Grund nach anwendbar und der Kläger darf seine Übernachtungskosten der Höhe nach gemäß den Sätzen 2 bis 4 der Regelung in Verbindung mit BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1052 nach den dort genannten Pauschbeträgen für Auslandsübernachtungen ermitteln.

2. Im Ergebnis steht dem Abzug der Auslandsübernachtungskosten in Höhe der Pauschbeträge dann aber § 3 c Abs. 1 Halbs. 1 EStG entgegen.

Nach dieser Vorschrift dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Zu prüfen ist, ob steuerfreie Einnahmen nach ihrer Entstehung und Zweckbestimmung so eng mit beruflichen Ausgaben verbunden sind, dass die Ausgaben ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen sind, die diese Einnahmen betreffen. Unabhängig von der Einkunftsart müssen beide durch das selbe Ereignis veranlasst sein. Es bedarf keines finalen oder zeitlichen Zusammenhangs, wohl aber einer eindeutig feststellbaren, klar abgrenzbaren Beziehung zwischen Ausgaben und steuerfreien Einnahmen (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 25. Aufl. 2006, § 3 c, Rz. 2 m.w.N.).

Im Streitfall stehen die vom Kläger in Höhe der Pauschbeträge geltend gemachten Übernachtungsaufwendungen danach in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfreien Arbeitgebererstattungen. Sie dürfen daher insoweit nicht abgezogen werden. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der nichtabziehbare Teil der Werbungskosten indessen nicht betragsmäßig auf die Höhe der Arbeitgebererstattungen beschränkt. Der nichtabziehbare Teil ist vielmehr verhältnismäßig zu bestimmen (vgl. BFH-Urteil vom 26.03.2002, VI R 26/00, BStBl II 2002, 823, m.w.N.). Das bedeutet für den Streitfall, in dem die Übernachtungsaufwendungen unmittelbar den steuerfreien Arbeitgebererstattungen zuzuordnen sind, weil sie durch diese unmittelbar abgegolten werden (vgl. BFH-Urteil in BStBL II 2002, 823, m.w.N.), dass bei einer Erstattung von 100 v.H. der Übernachtungsaufwendungen auch die Werbungskosten in Höhe der Pauschbeträge zu 100 v.H. dem Abzugsverbot des § 3 c Abs. 1 Halbs. 1 EStG unterfallen.

Nach diesem zutreffenden Verständnis der Vorschrift treten auch die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung am 04.03.2009 beschriebenen Konflikte mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht auf. Denn erstattet der Arbeitgeber z.B. nur 99 v.H. der Auslandsübernachtungskosten, unterliegen 99 v.H. der nach den Pauschbeträgen ermittelbaren tatsächlichen Kosten dem Abzugsverbot; auch in diesem von den Klägern gebildeten Beispiel ist mithin nicht die volle Differenz zwischen den erstatteten Aufwendungen und den nach den Pauschbeträgen ermittelten Auslandsübernachtungskosten als Werbungskosten abziehbar, sondern nur der verhältnismäßig vom Arbeitgeber nicht erstattete Anteil.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Eine Rückübertragung des Rechtsstreites auf den Senat nach § 6 Abs. 3 Satz 1 FGO ist indessen trotz der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nicht möglich, weil sich die grundsätzliche Bedeutung nicht aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage sondern daraus ergibt, dass entgegen der Senatsauffassung im Zeitpunkt der Einzelrichterübertragung die Verwaltungsanweisung hinsichtlich der Pauschbeträge für Auslandsübernachtungen, also R 40 Abs. 2 LStR i.V.m BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 1052, nach der im Ergebnis der mündlichen Verhandlung durch den erkennenden Einzelrichter gewonnenen richterlichen Überzeugung doch dem Grunde und damit auch der Höhe nach anwendbar ist, und es daher auf die insoweit noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärte Rechtsfolge des § 3c Abs. 1 Halbs. 1 EStG streitentscheidend ankommt.

Ende der Entscheidung

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