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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 16.05.2008
Aktenzeichen: 8 K 1647/06
Rechtsgebiete: AO, InvZulG 1999


Vorschriften:

AO § 155 Abs. 4
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
InvZulG 1999 § 7 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

8 K 1647/06

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Finanzrechtsstreit

Investitionszulage 2000

In dem Verfahren

...

hat der 8. Senat

am 16. Mai 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die erste Instanz wird abgelehnt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( § 128 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gründe:

I. Streitig ist die Änderung des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides über Investitionszulage 2000 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung - AO -.

Der Kläger wurde am 03.09.1999 im Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe mit den Gewerken Holz- und Bautenschutz sowie Einbau genormter Baufertigteile bei der Handwerkskammer zu Lz. eingetragen. Am 19.05.2000 bestellte er einen Kastenwagen, der am 30.10.2000 erstzugelassen wurde. Sodann wurde nachträglich eine Telefonanlage mit Freisprecheinrichtung eingebaut. Für die Zulassung und Überführung wurden dem Kläger mit Rechnung vom 01.11.2000 netto 500 DM, für den Einbau der Telefonanlage mit Rechnung vom 02.11.2000 netto 990 DM und für das Fahrzeug mit Rechnung vom 13.11.2000 netto 41.800 DM in Rechnung gestellt. Am 26.01.2001 beantragte der Kläger für die genannten Wirtschaftsgüter Investitionszulage in Höhe von 20 v.H. für einen Betrieb des verarbeitenden Gewerbes mit nicht mehr als 250 Arbeitnehmern. Es handele sich um eine Erstinvestition in Form der Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte. Ein Telefonat des zuständigen Sachbearbeiters des Beklagten mit einem Herrn B. von der Handwerkskammer zu Lz. am 29.01.2001 erbrachte die Auskunft, dass der Trockenbau seit dem 08.06.2000 gewerbefrei sei und eine Abmeldung bei der Handwerkskammer sowie eine Anmeldung bei der Industrie- und Handelskammer erfolgen müsse. Der Kläger sei noch bei der Handwerkskammer gemeldet. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12.02.2001 die beantragte Investitionszulage 2000 ab, weil der Betrieb des Klägers nicht im Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe eingetragen und auch nicht den Betrieben des verarbeitenden Gewerbes zuzuordnen sei. Dagegen legte der Kläger am 27.02.2001 Einspruch ein. Er sei bereits seit dem 03.09.1999 in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe bei der Handwerkskammer zu Lz. eingetragen. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.09.2001 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück, weil die Tätigkeit des Klägers nicht in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe bei der Handwerkskammer eingetragen sei. Die Einspruchsentscheidung wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 19.09.2001 zugestellt.

Unter dem 02.02.2005 beschwerte sich der Kläger beim Staatsminister der Finanzen unter Vorlage einer Bescheinigung der Handwerkskammer zu Lz. vom 27.01.2005, wonach er vom 03.09.1999 bis zum 31.03.2001 im Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe mit den Gewerken Holz- und Bautenschutz sowie Einbau genormter Fertigbauteile eingetragen war. Auf Grund dieser neuen Fakten müsse der Bescheid nach § 173 AO geändert werden. Nachdem der Änderungsantrag des Klägers an den zuständigen Beklagten weitergeleitet worden war, lehnte dieser die Änderung des Investitionszulagebescheides 2000 mit Bescheid vom 10.05.2005 ab. Durch das Gesetz zur Änderung des Übergangsgesetzes aus Anlass des zweiten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksähnlicher Vorschriften vom 31.05.2000 (BGBl. 2000 I S. 774) werde geregelt, dass der Akustik- und Trockenbau keine wesentliche Tätigkeit eines der in der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführten Gewerbe sei. Eine Eintragung in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe erfolge daher nicht mehr. Die Regelung sei am 01.06.2000 in Kraft getreten. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei zwar gemäß der OFD-Verfügung vom 11.11.2003 InvZ1220-4/4-St21 für vor dem 01.06.2006 begonnene Investitionen in Betrieben des Akustik- und Trockenbaues, die bei der Handwerkskammer eingetragen gewesen und auf Grund der Gesetzesänderung nunmehr gelöscht worden seien, die Investitionszulage nicht zurückzufordern. Die Anschaffung des Klägers sei jedoch erst am 03.11.2000 erfolgt. Außerdem habe die vorgelegte Bescheinigung bereits im Einspruchsverfahren vorgelegen, so dass auch keine neuen Tatsachen i.S.v. § 173 AO gegeben seien. Dagegen legte der Kläger am 13.06.2005 Einspruch ein. Neue Tatsache im Sinne des § 173 AO sei der Umstand, dass die Bestellung des Investitionsgutes bereits am 19.05.2000 erfolgt sei und daher die vom Beklagten in seinem Ablehnungsbescheid angesprochene Vertrauensschutzregelung greife. Auch wenn sich das Bestelldatum aus der vom Kläger bereits mit seinem Investitionszulageantrag vorgelegten Rechnung ergebe, sei es offensichtlich amtsseitig nicht bekannt gewesen. Noch mit dem Ablehnungsbescheid vom 10.05.2005 werde ausgeführt, dass die Anschaffung des LKW erst am 03.11.2000 erfolgt sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 03.08.2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Im Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung über die Investitionszulage 2000 mit Einspruchsentscheidung vom 17.09.2001 sei sowohl die Mitgliedschaft des Klägers in der Handwerkskammer als auch die Rechnung vom 13.11.2000, die das Bestelldatum ausweise, bekannt gewesen. Eine Änderung der ursprünglichen Festsetzung nach § 173 AO sei demnach aus verfahrenstechnischen Gründen nicht mehr möglich.

Am 05.09.2006 hat der Kläger Klage erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt.

Er sei zum Zeitpunkt der Bestellung und des Kaufes des LKWs Mitglied der Handwerkskammer gewesen. Die Investitionszulage sei aus Gründen des Vertrauensschutzes zu gewähren, weil er vor dem Beschluss am 31.05.2000 und dem Inkrafttreten am 01.06.2000 des Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung bereits unter dem 19.05.2000 seine Bestellung verbindlich ausgelöst habe. Das Finanzamt habe nicht richtig entschieden und ziehe immer wieder andere Gründe für die Ablehnung des Investitionszulageantrages heran. Eine Tatsache könne nur dann als bekannt im Sinne des § 173 AO angesehen werden, wenn sie vom zuständigen Entscheidungsträger auch wahrgenommen und berücksichtig worden sei. Wäre das hinsichtlich des Bestelldatums des Fahrzeuges geschehen, hätte die Investitionszulage gewährt werden müssen. Der Beklagte müsse sich daran festhalten lassen, wenn seine Mitarbeiter Bescheide unterschrieben, in denen ausgeführt sei, dass die Anschaffung des LKWs erst am 03.11.2000 erfolgt sei. Gehe man hingegen davon aus, dass nicht das Bestelldatum, wohl aber das Ende seiner Mitgliedschaft in der Handwerkskammer am 31.03.2001 eine neue Tatsache sei, müsse wenigstens das für eine Änderung nach § 173 AO genügen, unabhängig davon, ob letzterer Umstand für die Entscheidung über den Investitionszulageantrag erheblich sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 10.05.2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.08.2006 zu verpflichten, den Bescheid über Investitionszulage 2000 vom 12.02.2001 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.09.2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren und die Investitionszulage 2000 antragsgemäß festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

II. Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das im Rubrum bezeichnete Verpflichtungsklageverfahren hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO - erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Auslegung des Merkmals der "hinreichenden Erfolgsaussicht" ist der Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten, auch dem Unbemittelten dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gewährung effektiven Rechtschutzes ( Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz - GG -) entsprechend einen weitgehend ungehinderten Zugang zu Gericht zu ermöglichen. Die Rechtsverfolgung verspricht deshalb bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für seinen Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Geht es - wie im Streitfall - um Rechtsfragen, so muss in rechtlicher Hinsicht der Rechtstandpunkt des Antragstellers der Prozesskostenhilfe zutreffend oder zumindest vertretbar erscheinen. Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist im Verfahren der Prozesskostenhilfe wegen des Grundsatzes der Rechtsgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten unzulässig. Die Prozesskostenhilfe soll den Rechtsschutz nur ermöglichen, nicht aber selbst gewähren. Auch im Falle reiner Rechtsfragen können hinreichende Erfolgsaussichten zu bejahen sein, wenn sich diese als schwierig darstellen und eine abschließende Beurteilung nicht möglich ist, weil die rechtlichen Einwände des Klägers nicht von vorne herein aussichtslos erscheinen (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, 6. Aufl. 2006, § 142, Rz. 39 f., m.w.N.).

Im Streitfall hat die Rechtsverfolgung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das gilt für die Festsetzung der Investitionszulage als Steuervergütung sinngemäß (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Investitionszulagegesetz 1999 - InvZulG -, § 155 Abs. 4 AO).

Im Streitfall ist keine Tatsache und kein Beweismittel erkennbar, das nachträglich bekannt geworden ist und zu einer höheren Investitionszulage führt.

Nachträglich bekannt werden Tatsachen und Beweismittel, die den zuständigen Entscheidungsträgern im Finanzamt bei der abschließenden Entscheidung eines Steuerfalles, hier bei der Zeichnung der Einspruchsentscheidung am 17.09.2001, nicht bekannt waren. Dabei ist eine Tatsache allerdings bereits dann bekannt, wenn sie aktenkundig ist; nicht erforderlich ist, dass der zuständige Entscheidungsträger die Tatsache auch zutreffend wahrgenommen hat. Das bedeutet, dass der Entscheidungsträger entgegen der Auffassung des Klägers seiner abschließenden Entscheidung durchaus einerseits falsche Tatsachen zu Grunde legen kann und die richtigen Tatsachen andererseits gleichwohl nicht erst nachträglich im Sinne von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bekannt geworden sind, weil sie bereits Bestandteil des Inhalts der einschlägigen Steuerakten waren (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteil vom 13. Juli 1990 IV R 109/86, BStBl II 1990, 1047). Im Falle der Bestandskraft der abschließenden Festsetzung einer Steuer oder einer Steuervergütung geht grundsätzlich die Rechtssicherheit der materiellen Richtigkeit der getroffenen Entscheidung, die mit den gegebenen Rechtsbehelfen nicht fristgerecht geltend gemacht wurde, vor. Sowohl Änderungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu Gunsten als auch Änderungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu Ungunsten des Steuerpflichtigen stellen Ausnahmen dar. Diesem Grundsatz-Ausnahme-Verhältnis liefe es zuwider, würde man mit dem Kläger annehmen, dass jeder nicht zutreffend wahrgenommene und berücksichtigte Umstand eine nachträglich bekanntgewordene Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 AO sei, der die Änderungen bestandskräftiger Festsetzungen, sei es zu Ungunsten oder zu Gunsten des Steuerpflichtigen, ermöglichen würde. Gerade der Fall einer Änderung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen macht deutlich, dass die Rechtsansicht des Klägers nicht richtig sein kann. Trägt nämlich der Steuerpflichtige seinem Finanzamt alle entscheidungserheblichen Umstände zutreffend vor, muss er sich darauf verlassen können, dass die Steuerfestsetzung, die er anerkennt und nicht innerhalb der Rechtsbehelfsfristen anficht, Bestand hat. Das Finanzamt darf dann nicht Jahre später den Bescheid zu Ungunsten des Steuerpflichten ändern, weil es die vollständig und richtig vorgetragenen Umstände unzutreffend wahrgenommen oder unzutreffend berücksichtigt hat. Im umgekehrten und hier vorliegenden Fall einer Änderung zu Gunsten des Steuerpflichtigen kann aber nichts anderes gelten. Das Tatbestandsmerkmal der nachträglich bekannt gewordenen Tatsache entspricht sich in § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und in § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Auch das Finanzamt soll sich darauf verlassen können, dass seine Entscheidungen, wenn sie innerhalb der Rechtsbehelfsfristen nicht angefochten worden sind, Bestand haben, auch wenn nicht alle vorhandenen Entscheidungsgrundlagen zutreffend wahrgenommen oder gewürdigt wurden.

1. Ob der Umstand, dass der Kläger noch bis zum 31.03.2001 im Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe bei der Handwerkskammer zu Lz. mit seinem Betrieb eingetragen war, nachträglich bekannt geworden ist, kann dahin stehen, weil diese Tatsache nicht zu einer höheren Investitionszulage führt.

Auf Grund des Telefonates mit Herrn B. von der Handwerkskammer zu Lz. ging der Beklagte bis zur abschließenden Entscheidung über den Investitionszulageantrag des Klägers am 17.09.2001 davon aus, dass der Kläger nicht in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen war. Unklar ist, ob der Beklagte hier eine falsche Auskunft erhalten hat oder die telefonische Auskunft missverstanden hat. Dem Telefonvermerk zufolge war der Betrieb des Klägers noch bei der Handwerkskammer gemeldet, musste aber auf Grund einer Rechtsänderung zum 08.06.2000 abgemeldet und bei der Industrie- und Handelskammer angemeldet werden. Richtig ist, dass mit der Änderung der Handwerksordnung durch das Gesetz zur Änderung des Übergangsgesetzes aus Anlass des zweiten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 31.05.2000, das entgegen den Ausführungen des Beklagten im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid vom 10.05.2005 nicht am 01. sondern am 08.06.2000 in Kraft getreten ist, die Eintragung des Betriebes des Klägers im Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe materiell falsch geworden war. Gleichwohl führte die Rechtsänderung nicht automatisch zur Löschung nach § 13 Handwerksordnung - HwO -. Die Löschung ist ebenso wie die Eintragung ein Verwaltungsakt (vgl. z.B. VGH Mannheim, Beschluss vom 06.09.1991 14 S 1681/91, NVwZ-RR 1992, 473) und muss positiv vorgenommen werden. Das ist gemäß der Mitteilung der Handwerkskammer zu Lz. vom 27.01.2005 erst am 31.03.2001 erfolgt.

Jedenfalls führt das Fortbestehen der Eintragung des Betriebes des Klägers in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Berufe bis zum 31.03.2001 nicht zu einer höheren Investitionszulage. Wäre dieser Umstand nämlich im Zeitpunkt der abschließenden Zeichnung der Einspruchsentscheidung am 17.09.2001 zutreffend berücksichtigt worden, hätte der Investitionszulageantrag des Klägers für das Jahr 2000 gleichwohl abgelehnt werden müssen. Die Löschung aus dem Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe bei der Handwerkskammer zu Lz. am 31.03.2001 war am 17.09.2001 bereits erfolgt. Nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Sätze 1 und 2 InvZulG setzt die Begünstigung beweglicher Wirtschaftsgüter voraus, dass diese mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung einem Betrieb dienen, der in die Handwerksrolle oder in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen ist. Auf Grund der Löschung aus dem Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe am 31.03.2001 stand aber bereits fest, dass diese Voraussetzung nicht während des gesamten 5-Jahres-Zeitraums vorliegen wird.

2. Die Bestellung des streitbefangenen Lastkraftwagens durch den Kläger bereits am 19.05.2000 ist keine nachträglich bekannt gewordene Tatsache im Sinne von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Dieses Bestelldatum war auf der Rechnung vom 13.11.2000 vermerkt, die dem Beklagten bereits mit dem Investitionszulageantrag vom 26.01.2001 in Kopie vorgelegt worden ist. Das Bestelldatum war daher aktenkundig, auch wenn es die zuständigen Entscheidungsträger bis zur abschließenden Zeichnung der Einspruchsentscheidung am 17.09.2001 schon deshalb nicht beachtet haben, weil Vertrauensschutzgesichtspunkte damals nicht erwogen wurden.

War mithin die Bestellung des Lastkraftwagens bereits am 19.05.2000 keine nachträglich bekannt gewordene Tatsache, kann nunmehr nach Bestandskraft des Investitionszulagenbescheides 2000 dahinstehen, ob aufgrund des vor der Rechtsänderung am 08.06.2000 liegenden Bestelldatums die Investitionszulage aus Vertrauensschutzgründen zu bewilligen gewesen wäre. Es sei aber darauf hingewiesen, dass entgegen der Auffassung des Klägers mit dem ablehnenden Investitionszulagenbescheid 2000 in der Gestalt der Einspruchentscheidung vom 17.09.2001 im Ergebnis keineswegs offenkundig falsch entschieden worden ist. Der Kläger hatte zwar die Investition bereits mit der verbindlichen Bestellung am 19.05.2000 begonnen und konnte seine spätere Löschung aus dem Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe nicht absehen. Die OFD-Verfügung vom 11.11.2003 InvZ1220-4/4-St21 schließt aber nur eine spätere Aufhebung wegen der Rechtsänderung zum 08.06.2000, wonach der Trockenbau nicht mehr zu den handwerksähnlichen Gewerben zählt, aus; dabei geht die OFD-Verfügung offensichtlich von einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO aus und berücksichtigt, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 einer Bewilligung von Investitionszulage aus Billigkeitsgründen, nicht aber einem Absehen von einer Aufhebung gemäß § 175 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 AO nach Treu und Glauben entgegen steht (vgl. Stuhrmann in Blümich, EStG - KStG - GewStG, 91. Aufl., § 6 InvZulG 1999 Rz. 2). Auch wenn es gleichwohl denkbar erscheint, dass der verfassungsmäßig als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Grundsatz des Vertrauensschutzes unmittelbar nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 InvZulG 1999 bei grundgesetzkonformer Auslegung dieser Vorschrift eine Bewilligung der Investitionszulage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung am 17.09.2001 geboten hätte, ohne dass es auf eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO ankommt, kann anders als im Bereich der wegnehmenden Eingriffsverwaltung im Bereich der gewährenden Leistungsverwaltungen ebenso mit guten Gründen vertreten werden, dass sich der Vertrauensschutzgrundsatz nicht gegen rückbezügliche Rechtsänderung zu Lasten des Steuerpflichtigen durchzusetzen vermag.

Ende der Entscheidung

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