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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 8 K 327/07
Rechtsgebiete: EStG, FördG


Vorschriften:

EStG § 7 Abs. 4
EStG § 7 Abs. 5a
FördG § 1
FördG § 3
FördG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 8. Senat

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters ... am Finanzgericht,

des Richters ... am Finanzgericht und

des Richters ... am Finanzgericht sowie

der ehrenamtlichen Richter Herr ... und Herr ...

ohne mündliche Verhandlung

in der Sitzung vom 10.12.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999 bis 2003 vom 18.03.2005 und der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 vom 24.04.2006 jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19.01.2007 werden dahingehend geändert, dass für die Absetzung für Abnutzung und die Sonderabschreibung der Eigentumswohnungen der Klägerin Anschaffungskosten für die Gebäudeanteile in Höhe von insgesamt 75.037 DM und Anschaffungskosten, die auf Modernisierungsmaßnahmen und andere nachträgliche Herstellungsarbeiten entfallen, in Höhe von insgesamt 587.756 DM zugrunde gelegt werden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Streitig ist die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für Absetzungen für Abnutzung und Sonderabschreibungen aus einem Gesamtkaufpreis für Eigentumswohnungen in einem Altbau, die vom Veräußerer zu modernisieren bzw. vertragsgemäß herzustellen waren.

Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 29.12.1998 drei Eigentumswohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 238,01 m2 in dem 880 m2 großen Mietwohngrundstück G.-Str. 1 in M.. Der Gesamtkaufpreis betrug 737.731 DM. Laut dem Kaufvertrag entfielen davon auf den anteiligen Grund und Boden 32.214 DM, auf die anteilige Altbausubstanz 75.165 DM und auf die Sanierungsaufwendungen für die Wohnungen 630.452 DM. In einer Nachtragsurkunde vom 12.02.1999 wurde u.a. die Kaufpreisaufteilung dahingehend geändert, dass für den anteiligen Grund und Boden und die anteilige Altbausubstanz jeweils 75.037 DM und für die Sanierungsaufwendungen für die Wohnungen 578.756 DM angesetzt wurden. Diese Kaufpreisaufteilung wurde von der Klägerin ihren Feststellungserklärungen zugrunde gelegt. Die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999 bis 2003 ergingen zunächst erklärungsgemäß. Auf Grund einer Außenprüfung im Jahr 2004 wurden sie mit Bescheiden vom 18.03.2005 geändert. Dabei wurde u.a. die Kaufpreisaufteilung abweichend von den Erklärungen der Antragstellerin entsprechend dem Verhältnis der beim veräußernden Bauträger angefallenen Kosten vorgenommen. Hiergegen legte die Klägerin am 21.04.2005 Einsprüche ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichte sie die Feststellungserklärung für das Jahr 2004 ein. Im daraufhin am 24.04.2006 erlassenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 wich der Beklagte hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung entsprechend der Feststellung der Außenprüfung für die Vorjahre von der Erklärung der Klägerin ab. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.05.2006 Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 19.01.2007 änderte der Beklagte die Feststellungsbescheide 1999 bis 2004 erneut u.a. hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung. Er ging nunmehr von Kaufpreisanteilen für den anteiligen Grund und Boden und die anteilige Altbausubstanz der Eigentumswohnungen der Klägerin von jeweils 94.811 DM und für ihre Sanierung von 548.109 DM aus. Nach seinen Feststellungen hatte der veräußernde Bauträger die Mietwohngrundstücke G.-Str. 1, 3 und 5 mit einer Gesamtgrundstücksgröße von 2.450 m2 und Wohnflächen von insgesamt 1.566,47 m2 für zusammen 910.000 DM erworben. Zudem waren ihm Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 135.275,32 DM entstanden. An Sanierungskosten fielen beim Bauträger Genehmigungs- und Planungskosten in Höhe von 121.508,37 DM und sonstige Sanierungsaufwendungen in Höhe von 2.632.334 DM an. Ferner hatte der Bauträger Zwischenfinanzierungskosten in Höhe von 110.000 DM. Der Beklagte setzte mit der Einspruchsentscheidung die Anschaffungs- und die Anschaffungsnebenkosten des Bauträgers ins Verhältnis zu seinen Planungs-, Genehmigungs- und sonstigen Sanierungskosten. Das so ermittelte Kostenverhältnis von zusammen 27,51% für Grund und Boden und Altbausubstanz und 72,49% für die Sanierung der Mietwohngrundstücke überprüfte der Beklagte hinsichtlich des Grund und Bodens anhand der Bodenrichtwerte und hinsichtlich des Gebäudes nach dem Sachwertverfahren. Dabei kam er für die Eigentumswohnungen der Klägerin auf einen Wert des anteiligen Grund und Bodens von 105.736 DM und für das anteilige unsanierte Mietwohngebäude von 97.823 DM, wodurch er die Kaufpreisaufteilung nach dem Kostenverhältnis beim Bauträgers bestätigt sah. Die Kaufpreisaufteilung der Klägerin hielt der Beklagte demgegenüber für fragwürdig, weil die anteiligen Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten des Bauträgers für die von der Klägerin erworbenen Wohnungen von zusammen 148.890 DM die von der Klägerin angenommenen Kosten für den anteiligen Grund und Boden und die anteilige Altbausubstanz von zusammen 150.074 DM überstiegen. Hinzu komme, dass die nachträgliche Änderung der Aufteilung des Gesamtkaufpreises von der Klägerin nicht begründet worden sei.

Am 19.07.2007 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie ist der Auffassung, dass die von den Vertragsbeteiligten vereinbarte Kaufpreisaufteilung auch steuerlich maßgeblich sei, wenn die Preisabsprache ernstlich gewollt sei. Abgesehen davon, dass ihr die Kalkulationsgrundlagen des Bauträgers nicht vorlägen, weiche die von dem Beklagten anhand dieser Unterlagen ermittelte Aufteilung von 74,3% Sanierungsaufwendungen und jeweils 12,85% Aufwendungen für Grund und Boden und für die Altbausubstanz nur unwesentlich von der vereinbarten Kaufpreisaufteilung von 79,66% für Sanierungsaufwendungen und jeweils 10,19% für den Grund und Boden und die Altbausubstanz ab. Auch sei durch nichts überprüfbar, ob die Kalkulation des Bauträgers dem Verhältnis der Verkehrswerte entspreche.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Feststellungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.01.2007 in der Weise abzuändern, dass die im Nachtrag von 12.02.1999 zur Urkunde vom 29.12.1998 über den Kauf des Wohnungseigentums in der G.-Str. 1 vereinbarte Aufteilung des Kaufpreises der Ermittlung der Abschreibungen nach § 7 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG - und nach § 4 Abs. 3 Fördergebietsgesetz - FördG - zugrunde gelegt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt seine in der Einspruchsentscheidung vertretene Auffassung. Den Kalkulationsunterlagen des Bauträgers käme hinsichtlich der Aufteilung des Kaufpreises nach dem Verhältnis der Verkehrswerte zumindest eine indizielle Wirkung zu. Sie spiegele die konkret angefallenen Aufwendungen für die einzelnen Bestandteile wider und beachte die am Markt hierfür erzielbaren Preise. Ein einheitlicher Kaufpreis müsse gemäß dem BMF-Schreiben vom 21.11.1997 IV B 3 S 1988 - 112/97 nach dem Verhältnis der Verkehrswerte aufgeteilt werden. Es bestünden Bedenken, ob die in dem Nachtrag zum Kaufvertrag angegebene Kaufpreisaufteilung den tatsächlichen Verkehrswerten entspreche. Sie sei nicht durch die Vorlage eines Gutachtens belegt worden.

Mit Schriftsatz vom 15.07.2008 hat der Beklagte und mit Schriftsatz vom 17.11.2008 die Klägerin auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Die angefochtenen Feststellungsbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 44 Abs. 2 FGO) sind rechtswidrig und verletzen die Feststellungsbeteiligten in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO).

Die Bemessungsgrundlagen für die Absetzung für Abnutzung des Gebäudeanteils der Eigentumswohnungen, der ein selbständiges Wirtschaftsgut darstellt, nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 5a EStG bzw. für die Sonderabschreibungen nach § 1, § 3 Nr. 3, § 4 FördG auf Modernisierungsmaßnahmen und andere nachträgliche Herstellungsarbeiten nach Abschluss des Kaufvertrages, die "wie ein selbständiges unbewegliches Wirtschaftsgut" zu behandeln sind (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Januar 2007 IX B 84/06, BFH/NV 2007, 1104 m.w.N.), ergeben sich aus der von den am Erwerbsvorgang beteiligten Vertragsparteien vorgenommenen Aufteilung des Gesamtkaufpreises, solange dagegen keine nennenswerten Bedenken bestehen. Eine schätzungsweise Aufteilung nach § 162 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Abgabenordnung - AO -, wie sie der Beklagte im Ergebnis vorgenommen hat, ist nur dann geboten und zulässig, wenn Zweifel an der wirtschaftlichen Haltbarkeit einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung bestehen, namentlich wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die vereinbarte Kaufpreisaufteilung nicht den Marktgegebenheiten entspricht (vgl. SächsFG, Urteil vom 07. April 2006 5 K 2174/03, zitiert nach [...], und nachgehend BFH-Beschluss vom 24. Januar 2007 IX B 84/06, BFH/NV 2007, 1104 m.w.N.).

Im Streitfall bestehen keine vernünftigen Zweifel an der wirtschaftlichen Haltbarkeit der im Nachtrag zum Kaufvertrag über die streitbefangenen Eigentumswohnungen vom 12.02.1999 vorgenommenen Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die anteilige Altbausubstanz und die anteiligen Sanierungsaufwendungen.

Der Bauträger hat die Grundstücke, zu denen auch das u.a. in die streitbefangenen Eigentumswohnungen aufgeteilte Grundstück gehört, mit Wohnflächen von insgesamt 1.566,47 m2 am Markt für 910.000 DM erworben. Der Quadratmeter Wohnfläche im unsanierten Mietwohngrundstück hatte mithin einen durchschnittlichen Marktwert von 580,92 DM. Dieser durch einen tatsächlichen zeitnahen Verkaufsfall belegte Wert hat nach Auffassung des erkennenden Senats eine deutlich höhere Aussagekraft, als die vom Beklagte überschlägig vorgenommene Wertermittlung anhand des Bodenrichtwertes, der Gebäudenormalherstellungskosten und des Baupreisindexes. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es nicht statthaft, die Erwerbsnebenkosten des Bauträgers dem Verkehrswert der Altbausubstanz und des Grund und Bodens zuzuschlagen. Das würde im Ergebnis bedeuten, dass der Verkehrswert einer Immobilie allein dadurch steigt, dass sie mehrfach zwischenveräußert wird.

Dem stehen nach den Feststellungen des Beklagten Sanierungsaufwendungen des Bauträgers in Höhe von 2.753.842,30 DM für die Wohnflächen von insgesamt 1.566,47 m² gegenüber. Es entfallen mithin auf den Quadratmeter Wohnfläche durchschnittlich 1.758 DM, so dass sich ein Verkehrswertverhältnis von 24,84% für den anteiligen Grund und Boden und die Altbausubstanz und von 75,16% für den anteiligen Sanierungsaufwand ergibt. Die von den Vertragsparteien zuletzt vorgenommene Kaufpreisaufteilung von 20,38% für den anteiligen Grund und Boden und die Altbausubstanz und von 79,62% für den anteiligen Sanierungsaufwand weicht hiervon nur unwesentlich ab.

Dass die Kaufpreisaufteilung zunächst abweichend hiervon festgelegt und dann erst mit der Nachtragsurkunde vom 12.02.1999 auf 20,38% zu 79,62% geändert wurde, spricht entgegen der Auffassung des Beklagten eher für als gegen eine Bewertung der Vertragsparteien nach den Marktgegebenheiten. Sie zeigt einerseits, dass sich die Vertragsparteien über die Kaufpreisaufteilung ernstlich Gedanken gemacht und nicht willkürlich und unbesehen irgendwelche Werte in die Urkunde aufgenommen haben. Und andererseits spricht gerade die erhebliche Erhöhung des auf den nichtabschreibbaren Grund und Boden entfallenden Betrages dafür, dass dabei nach wirtschaftlichen und nicht nach steuerlichen Gesichtspunkten verfahren wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 Sätze 1 und 2 und § 709 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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