Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: 1 K 143/03
Rechtsgebiete: GewStG, KStG


Vorschriften:

GewStG § 2 Abs. 2
GewStG § 8 Nr. 7
KStG § 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Schleswig-Holstein

1 K 143/03

Gewerbesteuermessbetrag 1996

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 26. April 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die wirtschaftliche Eingliederung als Organgesellschaft setzt voraus, dass das beherrschende Unternehmen eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der Organgesellschaft gefördert wird und die innerhalb des Organkreises von nicht lediglich untergeordneter Bedeutung ist.

Die Bedeutung der absoluten Höhe der gewerblichen Umsätze des herrschenden Unternehmens tritt zurück, wenn dieses nach Übertragung seiner wesentlichen Betriebsgrundlagen nur noch Restgeschäfte abwickelt.

Die aktive Ausübung von Anteilseignerrechten in GmbH-Gesellschafter-versammlungen durch die GmbH-Gesellschafter stellt noch keine einheitliche Konzernleitung durch eine OHG dar, welche ebenfalls von den GmbH-Gesellschaftern beherrscht wird.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer gewerbesteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der ... OHG (nachfolgend OHG) sowie über die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG).

Die Klägerin wurde mit notariell beurkundetem Vertrag von August 1994 mit einem Stammkapital von 200.000 DM gegründet. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Übernahme und Durchführung von Erschließungsarbeiten und Erschließungsmaßnahmen, insbesondere Straßen-, Tief und Wasserbau, Landeskulturbau, Spezialtiefbau und Abbrüchen sowie der Betrieb von Kiesgruben und Containerdiensten. Gründungsgesellschafter waren der in 1994 verstorbene A X (Anteil: 160.000 DM) sowie B und C X (Anteil jeweils 20.000 DM). Ab dem 19. Dezember 1994 (bis zum 8. Dezember 1998) hielten B und C X Stammeinlagen in Höhe von jeweils 99.000 DM. Weiterer Gesellschafter war Frau D X mit einem Anteil in Höhe von 2.000 DM.

A X übte seine gesamte unternehmerische Tätigkeit bis zu seinem Tode über das Einzelunternehmen A X Tiefbau aus. Der Geschäftsgegenstand des Einzelunternehmens umfasste die Erschließung und Veräußerung von Grundstücken sowie verschiedene Tiefbauarbeiten für öffentliche und private Auftraggeber. Aufgrund testamentarischer Teilungsanordnung traten B und C X zu gleichen Teilen die Rechtsnachfolge des A X im Einzelunternehmen an, welches fortan zur OHG wurde. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10. November 1995 legten die Gesellschafter ihre OHG-Kapitalanteile auf jeweils 200.000 DM fest und verfügten, dass der bisherige Unternehmensgegenstand des Einzelunternehmens bestehen bleibt. Auf den näheren Inhalt des OHG-Vertrages wird Bezug genommen.

Ende 1994 nahm auch die X Bauträger und Erschließungsgesellschaft mbH (nachfolgend XBE GmbH) ihre aktive Tätigkeit auf. Sie ist im Wege der Umfirmierung aus der bis dahin ruhenden BE GmbH hervorgegangen. Unternehmensgegenstand der XBE GmbH sind Ingenieurleistungen, Leistungen im Rahmen der Bauträgertätigkeit, Leistungen im Bereich des Umweltschutzes, der Handel mit Baumaterialien, die Erstellung von Tiefbauarbeiten aller Art u.a. Am Stammkapital in Höhe von 50.000 DM sind B und C X mit jeweils 24.500 DM beteiligt. Die Gesellschafter Y und Z halten jeweils Stammeinlagen in Höhe von 500 DM.

Die Gesellschaften der Familie X sind durch verschiedene Verträge verbunden:

Am 29. Dezember 1994 schloss die OHG als Verpächter mit der Klägerin als Pächterin einen Pachtvertrag (Vertragsbeginn 1. Januar 1995). In § 1 des Vertrages ist der Pachtgegenstand wie folgt beschrieben:

"Der Verpächter verpachtet der Pächterin das im Grundbuch des Amtsgerichts eingetragene Grundstück mit aufstehenden Gebäuden, in ... sowie das Lagergrundstück an der ... Straße. Der Betrieb des Tiefbauunternehmens wird für die Dauer der Miet- und Pachtverträge auf die GmbH übertragen. Die Nutzung des Firmenwertes ist durch die vereinbarten Mieten und Pachten abgegolten".

Ebenfalls am 29. Dezember 1994 schlossen die OHG als Vermieter und die Klägerin als Mieterin einen Mietvertrag (Vertragsbeginn: 1. Januar 1995 - Laufzeit 5 Jahre). Der Vertragsgegenstand ist unter § 1 wie folgt beschrieben:

"Der Vermieter vermietet die in der Anlage [...] aufgeführten Gegenstände. Während der Vertragslaufzeit werden Gegenstände nach Bedarf und Einvernehmen der Vertragsparteien hinzukommen oder ausscheiden. Der Betrieb des Tiefbauunternehmens wird für die Dauer der Miet- und Pachtverträge an die GmbH übertragen. Die Nutzung des Firmenwertes ist durch die vereinnahmten Mieten und Pachten abgegolten".

Am 20. Januar 1995 schloss die XBE GmbH mit der Klägerin als Dienstnehmer einen Dienstvertrag. Darin verpflichtete sich die Klägerin zur Übernahme aller Aufgaben, die mit der technischen und kaufmännischen Verwaltung der allgemeinen Geschäftstätigkeit verbunden sind.

Auf den näheren Inhalt aller vorgenannten Verträge wird verwiesen.

Im Anschluss an eine Außenprüfung gelangte der Beklagte - das Finanzamt (FA) - zu der Überzeugung, dass das der Messbetragsrechnung zugrunde zu legende Einkommen der Klägerin zu erhöhen sei und zudem eine Hinzurechnung der hälftigen Miet- und Pachtzahlungen gemäß § 8 Nr. 7 GewStG in Höhe von 907.673 DM zu erfolgen habe. Mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 14. September 2001 setzte das FA den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1996 von zuvor 1.821 DM auf 41.076 DM herauf. Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch, mit welchem sie eine gewerbesteuerliche Organschaft mit der OHG als Organträgerin geltend machte. Das FA lehnte die Anerkennung einer Organschaft wegen fehlender wirtschaftlicher Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen der OHG ab. Mit Einspruchsentscheidung vom 7. März 2003 setzte es den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1996 auf 20.471,01 EUR = 40.566 DM herab und wies den Einspruch im Übrigen zurück: Es sei nicht erkennbar, dass sich die Klägerin den gewerblichen Zwecken der OHG nach Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung untergeordnet habe. Durch den Mietvertrag vom 29. Dezember 1994 sei der Betrieb des Tiefbauunternehmens von der OHG auf die Klägerin übertragen worden. Ihre Bauträgertätigkeit habe die OHG auf die XBE GmbH übertragen. Im Prüfungszeitraum habe sich die Tätigkeit der OHG deshalb im Wesentlichen auf das Vermieten wesentlicher Betriebsgrundlagen an die Klägerin sowie die Veräußerung bereits im Jahre 1995 in ihrem Eigentum befindlicher Grundstücke beschränkt. So seien von ihr in 1995 neun, in 1996 zwei, in 1997 und 1998 jeweils ein und in 1999 zwei Grundstücke veräußert worden. Die Bauerlöse der OHG aus 1995 und 1996 resultierten aus dem Abarbeiten der "Teilfertigen Arbeiten" und der Auflösung des Bestandes "Teilfertige Arbeiten". Die OHG habe kein eigenes Personal beschäftigt. Die anteiligen Umsätze der OHG innerhalb der X Gruppe seien zudem stark rückläufig (1995: 34,39%; 1996: 3,68%; 1997: 2,5%; 1998: 3,5%). Dass die Gesellschafter der OHG deren Aktivitäten nunmehr wieder stark beleben wollten, belege nicht den Tatbestand einer wirtschaftlichen Eingliederung für die Vergangenheit. Die OHG könne auch nicht als geschäftsleitende Holding qualifiziert werden. Eine einheitliche Konzernleitung durch die OHG sei nicht erkennbar. Dass die Gesellschafter der OHG ihre Geschäftsführungsaufgaben in den einzelnen Gesellschaften der Gruppe stillschweigend koordinierten, reiche für eine Qualifikation der OHG als geschäftsleitende Holding nicht aus. Die Hinzurechnung der hälftigen Mietzahlungen nach § 8 Nr. 7 GewStG sei ebenfalls rechtmäßig. Nach dem Inhalt der vorliegenden Verträge sei hinsichtlich des Geschäftsbereichs Tiefbau von einem vermieteten Teilbetrieb auszugehen.

Mit der am 10. April 2003 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:

Die rechtlichen Voraussetzungen einer gewerbesteuerlichen Organschaft zwischen der OHG als Organträgerin und der Klägerin sowie der XBE GmbH als Organgesellschaften seien erfüllt. Die OHG habe die Tätigkeit des früheren Einzelunternehmens des A X ohne Einschränkungen fortgesetzt und auch während des Prüfungszeitraums nicht geändert. Im Prüfungszeitraum und danach seien von ihr verschiedene Grundstücke erworben worden. Im Streitjahr habe sie Umsätze in Höhe von 5.075 TDM erzielt. Dies entspreche einem Anteil von 14,48% am Gesamtumsatz 1996 der X-Gruppe in Höhe von 35.047 TDM. Eine Ausgliederung der unternehmerischen Tätigkeit der OHG auf Teilbetriebe habe nicht stattgefunden. Die OHG habe ihre betriebliche Tätigkeit weder auslaufen lassen noch heruntergefahren. Sie habe diese vielmehr zielorientiert als lenkendes Organ der X Gruppe ausgebaut. Dies werde durch die Firmierung auf ihrem Briefkopf auch nach außen getragen.

Neben der finanziellen und organisatorischen Eingliederung sei hier auch der Tatbestand der wirtschaftlichen Eingliederung erfüllt. Die OHG habe einen Jahresüberschuss von 234 TDM erzielt, was für ein mittelständisches Unternehmen der Baubranche beachtlich sei. Die Tätigkeit der OHG werde auch durch die Tätigkeiten der ihr untergeordneten GmbHs gefördert. Es gebe praxisnahe Überschneidungen. Sämtliche Unternehmen könnten im Tiefbaubereich tätig werden. Bereits die gleichartige und in räumlicher Nähe ausgeübte gewerbliche Tätigkeit aller X-Gesellschaften indiziere den einheitlichen Verbund. Es bestehe zudem eine Arbeitsteilung mit einer herausgehobenen Funktion der OHG. Die OHG biete Bauland an, welches erst durch die Tätigkeit der GmbHs als solches vermarktet werden könne. Durch den Zukauf des Bauerwartungslandes trage die OHG das höhere wirtschaftliche Unternehmensrisiko und gebe den Geschäftsablauf im Organkreis vor. Die Annahme einer auslaufenden Tätigkeit der OHG durch Abverkäufe von Grundstücken sei nicht gerechtfertigt. Das FA verkenne, dass im Handel mit Bauerwartungsland häufig langjährige Anlaufphasen bestünden. Hinzu komme, dass die OHG neben ihrer eigenen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Tätigkeit auch die Geschäfte der ihr untergeordneten GmbHs einheitlich und verbindlich leite. Sie übe deshalb auch die Tätigkeit einer geschäftsleitenden Holding aus. Dies werde belegt durch den Inhalt der GmbH-Gesellschaftsverträge und der darin getroffenen Einschränkungen zur Geschäftsführungsbefugnis der GmbH-Geschäftsführer. So seien alle wesentlichen Entscheidungen von den GmbH-Gesellschafterversammlungen und damit von den OHG-Gesellschaftern zu treffen. Die der Gesellschafterversammlung zugewiesenen Entscheidungs- und Kontrollbefugnisse seien von ihr auch tatsächlich ausgeübt worden, was sich aus den als Anlagen K 4 und K 5 vorgelegten Protokollen über Gesellschafterversammlungen der Klägerin vom 17. Februar 1995 und vom 15. März 1995 ergebe. In jedem Falle sei aber aus den im Schriftsatz vom 25. April 2007 ergänzend vorgebrachten Gründen von einer Organschaft zwischen der Klägerin und der OHG auszugehen.

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen sei die Anwendung der Hinzurechnungsnorm des § 8 Nr. 7 GewStG in keinem Falle gerechtfertigt. Die Voraussetzungen für die Verpachtung/Vermietung eines Gesamt- oder Teilbetriebes seien hier nicht gegeben. Das FA verkenne, dass es insoweit nicht auf die Mieter, sondern auf die Vermieterperspektive ankomme. § 8 Nr. 7 GewStG sei nur dann einschlägig, wenn der Vermieter bzw. Verpächter die bisher ausgeübte Tätigkeit im Zuge der Übertragung einstelle. Dies sei hier nicht der Fall.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1996 vom 14. September 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. März 2003 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Gründe der Einspruchsentscheidung seien durch das Klagevorbringen nicht entkräftet worden. Die Behauptung einer uneingeschränkt fortgesetzten gewerblichen Tätigkeit der OHG sei nicht belegt. Aus den sinkenden Umsatzzahlen ergebe sich vielmehr das Gegenteil. Darüber hinaus werde in den Jahresabschlüssen der OHG ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Bautätigkeit 1996 auf die Klägerin übertragen worden sei und die OHG nur noch Abwicklungsarbeiten erledige. Eine Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit ergebe sich auch nicht aus den angesprochenen Grundstückserwerben. Zum einen seien in den Verträgen vom 27. Dezember 1996 und vom 23. Juni 1997 nicht die OHG, sondern die Herren B und C X in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Käufer aufgetreten. Zum anderen seien die Verträge nicht zur Durchführung gelangt, sondern durch Vereinbarungen von 26. Oktober 2001 wieder aufgehoben worden. Mit Vertrag vom gleichen Tage habe dann die X Tiefbau GmbH & Co KG eine Teilfläche der betreffenden Grundstücke erworben. Eine Holdingfunktion der OHG sei hier auch nicht unter Berücksichtigung mittelständischer Besonderheiten erkennbar. Sie ergebe sich insbesondere nicht aus den vorgelegten Protokollen über Gesellschafterversammlungen. Die persönliche Abstimmung der GmbH-Gesellschafter über wichtige geschäftliche Fragen in GmbH-Gesellschafterversammlungen ersetze nicht die einheitliche Konzernleitung durch die OHG selbst.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den Schriftsatz der Klägerin vom 25. April 1997 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2007 verwiesen.

Die steuerlichen Vorgänge sind beigezogen worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Steuerbescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Das FA hat zu Recht den Tatbestand einer gewerbesteuerlichen Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 GewStG i.V.m. § 14 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) verneint. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin im Streitjahr in die OHG wirtschaftlich eingegliedert war. Dies hat zu ihren Lasten zu gehen, weil sie die Feststellungslast für steuerbegünstigende Tatsachen trägt.

Die wirtschaftliche Eingliederung einer Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1991 i.V.m. § 14 Nr. 2 KStG 1991 setzt voraus, dass das herrschende Unternehmen (Organträger) eigene gewerbliche Zwecke verfolgt, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn das beherrschende Unternehmen eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der Organgesellschaft gefördert wird und die im Rahmen des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden. Hieran fehlt es, wenn sich das Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung darauf beschränkt, wesentliche Wirtschaftsgüter dem Betriebsunternehmen zu verpachten (Zum ganzen: Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 17. September 2003 I R 98/01, BFH/NV 2004, 808 mit weiteren Nachweisen).

Im Streitfall ist die Ausübung einer nennenswerten eigenen gewerblichen Betätigung der OHG, welche über ihre Verpachtungs- und Vermietungsaufgabe hinausgeht und in diesem Umfang durch den Betrieb der GmbHs zweckabhängig gefördert wurde, nicht erkennbar. Die hierzu von der Klägerseite vorgebrachten Behauptungen finden in den eingereichten Verträgen und Protokollen sowie den beigezogenen Jahresabschlussakten der betroffenen Unternehmen keine hinreichende Bestätigung.

Allerdings ergibt sich aus den Ausführungen im Anhang zum Jahresabschluss der OHG zum 31. Dezember 1996, dass im Streitjahr ein Organschaftsverhältnis der OHG mit der Klägerin als Organgesellschaft gewollt war. Hierzu ist auf den Seiten 8 f. des Jahresabschlusses ausgeführt:

"Die Geschäftstätigkeit [der Klägerin] wurde am 1. Januar 1995 aufgenommen. Zu diesem Zweck wurden die dem Tiefbauunternehmen dienenden unbeweglichen und beweglichen Sachanlagen an die GmbH [= Klägerin] verpachtet. Die GmbH ist als Pächterin verpflichtet, den übernommenen Betrieb aufrechtzuerhalten und ordnungsgemäß fortzuführen. Sie ist in sämtliche Verträge der OHG, die sich auf den Betrieb beziehen, eingetreten. Die GmbH ist wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch in die OHG eingegliedert. Es ist somit ein Organschaftsverhältnis gegeben. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung sind erfüllt. Demgemäß sind die Anteile der Herren C und B X als notwendiges Betriebsvermögen der OHG zu bilanzieren".

Allein der Wille zur Bildung einer Organschaft reicht jedoch zu deren rechtswirksamer Begründung nicht aus. Die Gesellschafter sind offenbar von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen und haben demzufolge einen anderweitigen Sachverhalt realisiert: Die in Bezug genommene Betriebsaufspaltung vermag eine wirtschaftliche Eingliederung gerade nicht zu begründen. Entsprechendes gilt für die Übertragung des Tiefbauunternehmens auf die GmbH. Die Übertragung eines Geschäftsbereichs nebst dazugehöriger wesentlicher Betriebsgrundlagen bedeutet die Einstellung der bisher selbst ausgeübten Aktivitäten und lässt keinen Raum mehr für die erforderliche zweckabhängige Zusammenarbeit zwischen Mutter und Tochter in dem betreffenden Geschäftsbereich. Die Klägerin hat auch nicht plausibel erläutern können und unter Beweis gestellt, inwiefern die OHG das Tiefbaugeschäft ohne die hierzu erforderlichen Sachanlagen und ohne eigenes Personal fortgesetzt haben will. Den beigezogenen Jahresabschlüssen lässt sich hierzu ebenfalls nichts Sachdienliches entnehmen. Im Jahresabschluss der OHG ist auf Seite 7 des Anhangs ausdrücklich klargestellt, dass die Sachanlagen mit Ausnahme der Wohngrundstücke der OHG der Klägerin zur Nutzung überlassen sind. Zur Bautätigkeit der OHG im Streitjahr ist auf Seite 9 ihres Jahresabschlusses ausgeführt: Die Bautätigkeit wurde auf die Klägerin übertragen. Unfertige Bauten (Vj. = DM 2.427.518,00) waren nicht mehr zu bilanzieren. Eine eigene gewerbliche Betätigung der OHG im Tiefbaugeschäft von nicht lediglich untergeordneter Bedeutung lässt sich auf dieser Grundlage nicht feststellen.

Die Umsätze der Gesellschaften und deren Aufgliederung sprechen ebenfalls gegen eine wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der OHG. Die relevanten Zahlen stellen sich im Zeitablauf wie folgt dar:

 Klägerin1995199619971998
Bauerlöse16.528,5 TDM20.499,8 TDM23.354,9 TDM15.786,8 TDM
sonstige Umsatzerlöse732,9 TDM848,1 TDM680,4 TDM1.864,8 TDM
Bestandsveränderung unfertige Bauten+ 6.009,6 TDM+ 1.751 TDM- 2.407,3 TDM+ 756,5 TDM
Summe (Gesamtleistung) 23.271 TDM23.098,9 TDM21.628 TDM18.408,1 TDM

 OHG1995199619971998
Bauerlöse15.625 TDM3.062 TDM33,8 TDM128,1 TDM
Erlöse GrVerkäufe1.153,5 TDM117,3 TDM214,2 DM108,7 TDM
Mieteinnahmen1.882 TDM1.895,3 TDM1.663,6 TDM1.436,8 TDM
Sonstige Umsätze2,5 TDM0 TDM2,5 TDM0 TDM
Bestandsveränderung unfertige Bauten- 6.491,5 TDM- 2.427,5 TDM0 TDM0 TDM
Summe12.171,5 TDM2.647,1 TDM1.914,1 TDM1.673,6 TDM

Die vorstehenden Zahlen widersprechen dem Vorbringen der Klägerin, die OHG habe das Tiefbaugeschäft des früheren Einzelunternehmens im Wesentlichen unverändert fortgesetzt. Die Umsätze der OHG sind sowohl im Verhältnis zu den Umsätzen der Gruppe als auch in absoluter Höhe stark rückläufig. Nach Bereinigung um die aus der Betriebsaufspaltung resultierenden Miet- bzw. Pachteinnahmen sind ab dem Jahre 1997 keine nennenswerten Umsätze mehr erzielt worden. Zwar konnten von der OHG im Streitjahr 1996 noch Bauerlöse in Höhe von 3.062 TDM vereinnahmt werden. Allein hieraus lässt sich jedoch nicht auf eine gewerbliche (Bau-)Tätigkeit der OHG, für welche die GmbHs zweckabhängig in untergeordneter Weise tätig wurden, schließen. Zum einen ist nicht erkennbar, dass die entsprechenden Umsätze aus 1996 noch aus einer in 1996 ausgeübten aktiven Bautätigkeit resultieren. Hiergegen spricht der Umstand, dass das operative Baugeschäft bereits auf die Klägerin übertragen war. Zum anderen ist die erforderliche zweckabhängige Unterordnung der GmbHs in die eigenständige gewerbliche Tätigkeit der OHG im Tiefbaugeschäft für das Geschäftsjahr 1996 weder qualifiziert vorgetragen noch sonst erkennbar. Vor diesem Hintergrund tritt die Bedeutung der absoluten Höhe der von der OHG in 1996 noch erzielten Umsätze zurück.

Dass die GmbHs in sonstige aktive gewerbliche Geschäftsbereiche der OHG wirtschaftlich eingegliedert gewesen wären, ist ebenfalls nicht qualifiziert dargetan und unter Beweis gestellt. Soweit die OHG nach der Übertragung des Tiefbaugeschäfts noch einzelne Grundstücksgeschäfte durchführte, ist nicht erkennbar, inwiefern die GmbHs gerade in diesem Geschäftsbereich unterstützend für die OHG tätig geworden sind, ganz abgesehen davon, dass die Grundstücksgeschäfte ab dem Streitjahr stark rückläufig wurden.

Eine unterstützende Einbindung der GmbHs in das eigene Geschäft der OHG ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer von der OHG verantworteten und/oder koordinierten Aufgabe der Grundstücksveredelung. Zum einen ist weder dargetan noch sonst erkennbar, dass die GmbHs für die OHG in nennenswertem Umfang zum Zwecke der Herstellung der Vemarktungsreife als Subunternehmer tätig geworden sind. Zum anderen ergibt sich aus den beigezogenen Jahresabschlussakten der XBE GmbH, dass diese die wesentliche Erlöse aus den Verkaufsgrundstücken erzielte (Umsätze 1995: 2.713,1 TDM; 1996: 8.524,9 TDM; 1997: 5.488,2 TDM; 1998: 11.781,2 TDM). Demgegenüber sind die Erlöse der OHG aus Verkaufsgrundstücken (Umsätze 1995: 1.153,5 TDM; 1996: 117,3 TDM; 1997: 214,2 TDM; 1998 108,7 TDM) ab dem Streitjahr 1996 deutlich geringer. Der Vergleich der Umsätze lässt nicht erkennen, dass die OHG in diesem Geschäftsbereich eine Leitfunktion oder eine sonstige Funktion von mehr als untergeordneter Bedeutung für die Gruppe wahrnahm.

Die OHG ist hier auch nicht als sogenannte geschäftsleitende Holding tätig geworden. Allerdings kann die eigene gewerbliche Tätigkeit der Organträger-Gesellschaft auch darin bestehen, dass sie als geschäftsleitende Holding die einheitliche Leitung über mehrere Organgesellschaften ausübt und diese damit zu einer wirtschaftlichen Einheit, die neben die einzelnen Unternehmen tritt, zusammenfasst. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Obergesellschaft die Qualifikation einer geschäftsleitenden Holding nicht schon dann zukommt, wenn die Konzernleitung mittels Personalunion in der Geschäftsleitung durch einen die verschiedenen Konzerngesellschaften beherrschenden Gesellschafter wahrgenommen wird. Vielmehr muss anhand äußerer Merkmale erkennbar sein, dass die Konzernleitung durch die Obergesellschaft selbst ausgeübt wird. Die Konzernleitung durch eine Obergesellschaft ist ferner von dem Sachverhalt zu unterscheiden, dass die Konzernleitung durch den Gesellschafter der Obergesellschaft ausgeübt wird und dieser dadurch ein eigenes gewerbliches Unternehmen betreibt, in das die Organgesellschaften (ggf. auch die Obergesellschaft) finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert sind. Ebenso wie die Qualifikation der Obergesellschaft als Organträgerin setzt auch die Organträgerstellung des Gesellschafters voraus, dass dieser nicht lediglich stillschweigend seine Geschäftsführungsfunktionen in den einzelnen Unternehmen koordiniert, sondern die einheitliche Konzernleitung nach außen erkennbar ausübt (BFH/NV 2004, 808).

Die vorstehenden Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Die OHG war nicht selbst an der Klägerin und der XBE GmbH beteiligt und hatte daher keine eigenen gesellschaftsrechtlich abgesicherten Herrschaftsrechte gegenüber diesen Gesellschaften. Dem zu den Akten gereichten Gesellschaftsvertrag der OHG lässt sich auch nichts über eine etwaige Holding- oder sonstige konzernleitende Funktion entnehmen. Allein die Tatsache, dass die OHG-Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als GmbH-Anteilseigner zugleich die GmbHs kontrollieren konnten und ihre GmbH-Anteile in das steuerliche Betriebsvermögen der OHG einlegten, reicht für die Begründung einer tatsächlich durch die OHG ausgeübten Konzernleitungsfunktion nicht aus. Es ist auch nicht erkennbar, dass die OHG selbst eine einheitliche Konzernpolitik entworfen und umgesetzt hätte. Der einheitliche Außenauftritt unter dem Logo "AX" stellt eine zweckmäßige Geschäftsbriefgestaltung bzw. Werbemaßnahme dar, reicht aber für die Annahme einer koordinierten Konzernleitungsfunktion durch die OHG nicht aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den in Bezug genommenen Protokollen über GmbH-Gesellschafterversammlungen. Diese zeigen lediglich, dass die Herren B und C X die ihnen gemäß der GmbH-Satzung vorbehaltenen Anteilseignerrechte in GmbH- Gesellschafterversammlungen auch ausgeübt haben. Sie beweisen keine einheitliche Konzernleitung durch die OHG selbst. Die weiteren hierzu von der Klägerseite vorgebrachten Behauptungen sind nicht näher substantiiert und unter Beweis gestellt.

Die Hinzurechnung der hälftigen Miet- und Pachtzinsen zum Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 7 GewStG ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Nach § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgezogen wurden. Nach § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG gilt dies nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, es sei denn, dass ein Betrieb oder Teilbetrieb vermietet oder verpachtet worden ist und der Betrag der Miet- oder Pachtzinsen 250.000 DM übersteigt.

Der gewerbesteuerrechtliche Begriff des (Teil-)Betriebs entspricht dem des § 16 des Einkommensteuergesetzes. Die Verpachtung eines (Teil-)Betriebs i.S. des § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG setzt somit voraus, dass der Verpächter die wesentlichen Grundlagen eines als (Teil-)Betrieb allein lebensfähigen wirtschaftlichen Organismus verpachtet hat. Die Betriebsaufspaltung indiziert noch keine Verpachtung eines (Teil-)Betriebs. Für die sachliche Verflechtung zweier Unternehmen als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung reicht es aus, dass das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen ein Wirtschaftsgut zur Nutzung überlässt, das eine wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens ist. Es kommt somit darauf an, welche Bedeutung das Wirtschaftsgut für den Betrieb des Pächters (Betriebsunternehmen) hat. Demgegenüber setzt die Verpachtung eines (Teil-) Betriebs i.S. des § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG voraus, dass Wirtschaftsgüter verpachtet werden, die wesentliche Betriebsgrundlagen eines Betriebs des Verpächters sind und für sich allein einen lebensfähigen wirtschaftlichen Organismus darstellen.

Mit den vorliegenden Miet- und Pachtverträgen vom 29. Dezember 1994 wurde ausdrücklich der Betrieb des Tiefbauunternehmens von der OHG auf die Klägerin übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Formulierung irrtümlich gewählt wurde, sind nicht erkennbar. Hiergegen sprechen indiziell auch die weiteren vertraglichen Bestimmungen, welche die Überlassung des Betriebs- und Geschäftsgrundstücks, des Lagergrundstücks sowie der wesentlichen beweglichen Betriebsgrundlagen vorsehen. Die Vertragsparteien haben sogar eine Regelung über die Abgeltung des überlassenen Firmenwertes vereinbart. Vor diesem Hintergrund sind die gegenläufigen Behauptungen der Klägerseite nicht nachvollziehbar. Die ergänzend vorgebrachte rechtliche Erwägung, eine Hinzurechnung sei auch dann nicht statthaft, wenn aus der Perspektive des Vermieters bzw. Verpächters der Betrieb oder Teilbetrieb nicht vollständig übertragen worden sei, rechtfertigt ebenfalls keine andere Entscheidung. Zum einen findet die Behauptung einer nur unvollständigen Übertragung des Tiefbaugeschäfts in den vorliegenden Verträgen keine Bestätigung und ist auch sonst nicht qualifiziert unter Beweis gestellt. Zum anderen kommt es nach ständiger Rechtsprechung allein darauf an, ob ein lebensfähiger wirtschaftlicher Organismus miet- bzw. pachtweise überlassen wurde (vgl. BFH, Urteile vom 10. Juli 1996 I R 132/94, BStBl II 1997, 226 undvom 27. August 1997 I R 76/96, BFH/NV 1998, 742). Das ist hier zur Überzeugung des Senats der Fall.

Nach allem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 FGO.



Ende der Entscheidung

Zurück