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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 1 K 50128/04
Rechtsgebiete: AO, BGB


Vorschriften:

AO § 180 Abs. 1
BGB § 705
BGB § 741
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 25. Juni 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1994 bis 1996 vom 11. August 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. März 2004 werden geändert. Die darin festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, 1994: ./. 170.262 DM, 1995: ./. 41.223 DM und 1996: ./. 15.490 DM, sind der Klägerin und dem Beigeladenen jeweils zur Hälfte zuzurechnen.

Die Kosten des Verfahrens haben der Beklagte und der Beigeladene jeweils zur Hälfte zu tragen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem Kostenschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Gläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Verteilung gesondert und einheitlich festgestellter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffend die Jahre 1994 bis 1996.

Die Klägerin und ihr mit Beschluss vom 19. Januar 2005 beigeladener früherer Ehegatte waren bis 1996 verheiratet. Ab 1995 lebten sie dauerhaft getrennt. Zuvor erwarben sie jeweils zur ideellen Hälfte eine Eigentumswohnung in X (1989) sowie ein Reihenhausgrundstück in Y (1994). Beide Objekte wurden zu Vermietungszwecken genutzt. Durch Scheidungsfolgenvereinbarung vom 25. November 1996, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, vereinbarten sie den Übergang der Eigentumsanteile der Klägerin auf den Beigeladenen. Mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1994 bis 1996 vom 11. August 1999 stellte der Beklagte - das Finanzamt (FA) - Einkünfte der Miteigentümer aus Vermietung und Verpachtung in folgender Höhe fest: 1994 ./. 170.262 DM, 1995 /. 41.224 DM, 1996 ./. 18.516 DM und verteilte sie auf die Feststellungsbeteiligten wie folgt:

 KlägerinBeigeladener
1994./. 61.698 DM./. 108.654 DM
1995./. 7.770 DM./. 33.454 DM
19965.178 DM./. 23.694 DM

Hiergegen erhob der Beigeladene am 10. September 1999 Einspruch, mit welchem er eine vollständige Zurechnung der Verluste auf seine Person begehrte. Mit Schreiben vom 17. August 2001 zog das FA die Klägerin gemäß § 360 Abs. 1 und 3 der Abgabenordnung (AO) zum Einspruchsverfahren hinzu. In seiner Einspruchsentscheidung vom 17. März 2004 änderte es die angefochtenen Feststellungsbescheide. Es stellte die Summe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1994 auf ./. 170.262 DM, 1995 auf ./. 41.223 DM und 1996 auf ./. 15.490 DM fest und verteilte sie auf die Beteiligten wie folgt:

 KlägerinBeigeladener
1994./. 2.566 DM./. 167.696 DM
1995./. 2.344 DM./. 38.879 DM
1996./. 2.185 DM./. 13.305 DM

Einnahmen, Werbungskosten und Sonderabschreibungen des 1994 erworbenen Objekts in Y seien vollständig dem Beigeladenen zuzurechnen, weil dieser die Mieten allein vereinnahmt habe und auch allein mit den Kosten belastet gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass er die alleinige Finanzierung des Objekts glaubhaft gemacht habe. Auf den näheren Inhalt der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit ihrer am 7. April 2004 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Zuordnung der in der Einspruchsentscheidung festgestellten Gesamteinkünfte auf die Miteigentümer zu jeweils 50%. Die früheren Eheleute seien zu gleichen Teilen Gesellschafter einer Grundstücksgesellschaft gewesen. Sie hätten die zur Finanzierung der Anschaffungskosten erforderlichen Fremdmittel gemeinsam besorgt und die sich aus der Darlehensaufnahme ergebenden Lasten bis zur Auflösung der Gesellschaft zu gleichen Teilen getragen. Die Klägerin habe durch laufende Überweisungen an den Beigeladenen sichergestellt, dass beide Investoren gleichhohe Beträge aufgebracht hätten. Auf diese Weise habe sie alle Anschaffungskosten bis zur Auflösung der Grundstücksgesellschaft hälftig mitfinanziert. Die gegenläufigen Angaben des Beigeladenen im Verwaltungs- und Einspruchsverfahren seien nicht mit ihr abgestimmt gewesen und inhaltlich unzutreffend.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Das FA und der Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

Das FA verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung, welche durch das Klagevorbringen nicht entkräftet seien. Die von der Klägerin behauptete hälftige Kostenbeteiligung auch hinsichtlich des Objekts in Y sei nicht nachgewiesen.

Der Beigeladene macht im Wesentlichen geltend:

Er habe die Mieteinkünfte in 1994 - 1996 allein erzielt. Eine Grundstücksgesellschaft sei zu keiner Zeit vereinbart worden, es habe sich lediglich um eine Bruchteilsgemeinschaft gehandelt, so dass auch das angeführte BFH-Urteil vom 23. November 2004 IX R 50/01 nicht einschlägig sei. Die Behauptungen der Klägerin zur Kostenübenahme im Innenverhältnis seien unzutreffend. Die Kosten seien ausschließlich von ihm getragen worden. Die Klägerin habe sich geweigert, den Kreditvertrag zur Finanzierung des Objekts in Y zu unterzeichnen. Eine Mahnung der Lanbesbezirkskasse bezüglich des vorgenannten Objekts habe sie im September 1995 an ihn weitergeleitet mit der wörtlichen Bemerkung, "Ich möchte damit nicht behelligt werden". Dies zeige sehr deutlich, dass die Klägerin jedenfalls hinsichtlich des Yér Objekts bis zum Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung eine nur noch formale Miteigentümerin gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2008 verwiesen.

Die steuerlichen Vorgänge sind beigezogen worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die vom FA in den angefochtenen Bescheiden festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind zwar der Gesamthöhe nach nicht zu beanstanden. Die Verteilung der Einkünfte verletzt jedoch die Klägerin in ihren steuerlichen Rechten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob hier von einer BGB-Gesellschaft oder einer Miteigentümergemeinschaft auszugehen ist. In beiden Fällen steht der Klägerin als hälftige Miteigentümerin der Objekte ein Anspruch auf hälftige Zurechnung der Verluste bis zum Übergabestichtag 25. November 1996 zu.

Eine gemeinschaftliche Einkünfteerzielung im Sinne des § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO ist dann gegeben, wenn die Vermietung durch eine BGB-Gesellschaft im Sinne der §§ 705 ff. BGB oder durch eine Miteigentümergemeinschaft, also eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB erfolgt. Die Einkünfte sind grundsätzlich nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile auf die einzelnen Gemeinschafter zu verteilen. Eine anderweitige Einkünftebeteilung kann grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn diese auch zwischen den Miteigentümern in Abweichung von der anteilsbezogenen Regelung in den §§ 743 Abs. 1, 748 BGB bzw. im Falle der Personengesellschaft von der Pro-Kopf-Regelung in § 722 Abs. 1 BGB schuldrechtlich vereinbart wird und die Vereinbarung einkommen-steuerrechtlich anzuerkennen ist (vgl. BFH, Urteile vom 23. November 2004 IX R 59/01, BStBl II 2005, 454 und vom 27. Juni 1978 VIII R 168/73, BStBl II 1978, 674; FG München, Urteil vom 22. Juni 2006 15 K 3577/03, EFG 2006, 1887). Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn die Vereinbarung ihren Grund im Gemeinschafts- bzw. Gesellschaftsverhältnis hat und sie keine Einkommensverwendung darstellt. Für eine abweichende Zurechnung reicht es nicht aus, dass ein Gesellschafter bzw. Miteigentümer höhere Ausgaben getragen hat, als es der gesetzlichen Regelung bzw. seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung entspricht (BFH, Beschluss vom 23. Juli 2004 IX B 61/04, BFH/NV 2005, 41).

Gemessen an diesem Maßstab bestehen hinsichtlich beider Mietobjekte keine zureichenden Gründe für eine von den Eigentums- bzw. Anteilsverhältnissen abweichende Einkünfteverteilung.

Im Streitfall ist zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen weder eine schriftliche Regelung noch sonst eine aussagekräftige Vereinbarung über den jeweiligen Umfang ihrer Beteiligung an den Mieteinkünften getroffen worden. Der Scheidungsfolgenvereinbarung vom 25. November 1996 lässt sich hierzu ebenfalls nichts Relevantes entnehmen. Es lässt sich auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Feststellungsbeteiligten im Wege der konkludenten Verständigung eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Einkünfteverteilung gewollt hatten. Allein die Tatsache, dass sich die Klägerin im Zuge der Trennung der Eheleute möglicherweise weigerte, den bereits mündlich mit der Bank vereinbarten Kreditvertrag zu unterzeichnen und auch sonst keine Kosten für das neu erworbene Objekt in Y mehr übernehmen wollte, reicht zu einer solchen Annahme nicht aus. In Trennungsfällen erfolgt die vermögensrechtliche Auseinanderstetzung üblicherweise erst im Scheidungsverfahren bzw. durch privatautonome Scheidungsfolgenvereinbarung. Diese sieht aber gerade keine disquotale Zurechnung der Einkünfte aus den gemeinsamen Mietobjekten vor. Unerheblich ist auch, dass der Beigeladene möglicherweise den weit überwiegenden Teil der Aufwendungen für die Mietobjekte getragen hat. Dies schon deshalb, weil es sich insoweit auch um ehebedingte Zuwendungen und damit um eine Einkommensverwendung handeln kann und es sich für die Zeit nach der Trennung mit Rücksicht auf seinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 748 BGB bzw. § 426 BGB ohnehin nur um eine vorläufige Leistung handelte. Eine abschließende Regelung der hiermit verbundenen Fragen wurde erst in der Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen.

Nach allem ist der Klage mit der Kostenfolge aus den §§ 135 Abs. 1, 3 und 5, 139 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stattzugeben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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